Columbarium

Columbarium
Kolumbarium des Pariser Friedhofs Père Lachaise

Kolumbarium, auch Columbarium (von lateinisch columbarium, der Taubenschlag; zu columba, die Taube, bzw. eigentlich die Dunkle), war ursprünglich die Bezeichnung für einen Taubenschlag; wegen der optischen Ähnlichkeit wurden dann auch altrömische Grabkammern mit reihenweise übereinander angebrachten Nischen zur Aufnahme von Urnen nach Feuerbestattungen so benannt. Heute bezeichnet man als Kolumbarium ein Gebäude oder Gewölbe, das der Aufbewahrung von Urnen dient und oft einem Friedhof oder Krematorium angegliedert ist.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Kolumbarium auf dem Nordfriedhof Wiesbaden
Innenansicht des Kolumbariums Nordfriedhof Wiesbaden
Das ehemalige Kolumbarium in Berlin-Friedrichsfelde
Kolumbarium im Mauerwerk des Ghettos von Theresienstadt

Die bisher entdeckten antiken Kolumbarien (über 100 sind bekannt) finden sich in Rom und dessen nächster Umgebung und stammen fast sämtlich aus dem ersten Jahrhundert n. Chr. In der Regel wurden solche Kolumbarien von reichen Leuten angelegt, die für ihre zahlreichen Sklaven und Freigelassenen auch nach deren Tod sorgen mussten. Dem entsprechend waren diese Kolumbarien schlicht und zum Zweck einer möglichst kostengünstigen Bestattung errichtet worden. Die Bauweise war halb oder ganz unterirdisch. Als Urnen dienten tönerne Aschentöpfe (Ollae), die in die etwa einen halben Meter breiten Nischen eingelassen waren. Über den Nischen angebrachte Marmortäfelchen gaben die Namen der Beigesetzten an.

Für freie Bürger, die zur Erwerbung eines eignen Grabes nicht die Mittel hatten, legten Spekulanten in Rom Kolumbarien an, in denen man einen Platz erwerben konnte. Eine andere Variante waren Sterbekassen-Gesellschaften, die den Beteiligten gegen einmalige Kapitalzahlung und laufende Beiträge das Anrecht auf ein anständiges Begräbnis und eine Grabnische sicherten. Letztendlich wurden Kolumbarien auch von religiösen oder gewerblichen Vereinen für ihre Mitglieder gestiftet. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang, dass im Christentum die Feuerbestattung wegen der wörtlichen Auslegung des Auferstehungsgedankens jahrhundertelang abgelehnt und erst Mitte des 20. Jahrhunderts von der katholischen Kirche akzeptiert wurde.

Kolumbarien in Deutschland

In Deutschland begann sich diese Beisetzungsart mit der Einführung der Feuerbestattung ab 1879 zu etablieren. Mit der Eröffnung des ersten Krematoriums im deutschsprachigen Raum im Dezember 1878 in Gotha [1] wurden auch deutsche Kolumbarien errichtet. Ursprünglich gab es im Gothaer Krematorium nur eine etwa 50 m lange Säulenhalle, die im neoklassizistischen Stil erbaute Urnenkollonade. Als diese nicht mehr ausreichte, wurde 1892 ein Kolumbarium angegliedert.

Ein anderes bedeutendes und unter Denkmalschutz stehendes Kolumbarium ist das auf dem Leipziger Südfriedhof. Es schließt sich rückseitig an den 1910 eröffneten und von Otto Wilhelm Scharenberg erbauten Trauerhallenkomplex an und ist nach Ansicht von Fachleuten von hohem Denkmalswert. Die Wände sind mit Schmuckelementen und Zeichnungen versehen. In den Wandnischen finden mehr als 2800 Urnen Platz. Dieses Kolumbarium ist Bestandteil des größten Friedhofsbauwerks in Deutschland, befindet sich derzeit aber in einem beklagenswerten Zustand. Von 2007 bis 2010 soll die einsturzgefährdete Urnenkammer für insgesamt 950.000 Euro in drei Bauabschnitten denkmalgerecht restauriert werden.[2]

Ein weiteres Beispiel aus Deutschland ist das 1912 auf dem Berliner Zentralfriedhof Friedrichsfelde für die Familien Vohsen und von den Steinen errichtete Kolumbarium.[3] Das turmähnliche Gebäude wurde aus Natursteinen auf einem künstlichen Hügel errichtet und mit sparsamem Außenschmuck versehen: ein Dreiecksgiebel und ein umlaufender Fries mit Blüten und Tierköpfen zieren ihn. Der Innenraum wurde mit Elbsandstein verkleidet. Heute wird das Gebäude nicht mehr als Kolumbarium genutzt, es steht jedoch unter Denkmalschutz.[4]

Das Kolumbarium auf dem Nordfriedhof in Wiesbaden wurde 1902 eröffnet und ist im neoromanischen Stil ausgeführt, einige Details, wie die Schriftgestaltung, lassen jedoch den anbrechenden Jugendstil bereits erahnen. Es verfügt über 512 Nischen zur Aufnahme von Urnen. Es wurde vom Stadtbaumeister Felix Genzmer entworfen.

In heutiger Zeit werden verstärkt neue Kolumbarien angelegt. So befindet sich ein Kolumbarium auf dem alten Teil des Braunschweiger Stadtfriedhofs.[5] Eines der ersten in einer Kirche eingerichteten Kolumbarien ist seit 2006 in der Aachener Grabeskirche St. Josef zu finden; im gleichen Jahr wurde in der neuen Evangelischen Hoffnungskirche in Leverkusen eines errichtet. Seit 2007 gibt es ein weiteres in der Allerheiligenkirche in Erfurt. In Norddeutschland gibt es Kolumbarien in den Kapellen 8 und 11 des Hauptfriedhofs Hamburg Ohlsdorf.[6] Dort werden die Urnen in Wandnischen beigesetzt. Private Kolumbarien gibt es seit 2006 in Bestattunghäusern in Duisburg und in Düsseldorf. Diese wurden in Trägerschaft der Altkatholischen Kirche Nordrhein-Westfalen errichtet.[7] Bei diesem Trägermodell wird das Kolumbarium vom jeweiligen Bestatter errichtet und betrieben.

Weitere Beispiele

Buddhistisches (links) und christliches (rechts) Kolumbarium in Taipeh (Taiwan). Auf der städtischen Anlage[8] befindet sich als drittes Gebäude auch noch ein daoistisches Kolumbarium. Obwohl offiziell nicht zugelassen, gibt es in Taiwan auch an Tempel angeschlossene Kolumbarien.
  • In Japan und im chinesischen Kulturraum sind Kolumbarien in Ballungsgebieten wegen Platzmangels und aus Kostengründen eine Alternative zu Friedhöfen.
  • Kolumbarium des Pomponius Hylas in den Gärten der Scipionen, Rom, 1. Jahrhundert
  • Erhalten ist ein von Livia, der Gemahlin Kaiser Augustus', errichtetes Kolumbarium an der Via Appia in Rom, entdeckt 1726.
  • Das San Francisco Columbarium in San Francisco (USA) beherbergt auch eine Ausstellung außergewöhnlicher Urnen und Särge, z. B. die berühmt-berüchigte cookie jar (Keksdosen-)Urne.[9]

Siehe auch

Literatur

  • Walter Hatto Groß: Columbarium. In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 1, Stuttgart 1964, Sp. 1250–1251.
  • H. v. Hesberg, M. Pfanner: Ein augusteisches Columbarium im Park der Villa Borghese. In: Jahrbuch des DAI 103 (1988). S. 465-487

Einzelnachweise

  1. http://www.bestattung-gotha.de/fried_krematorium.htm
  2. Leipziger Volkszeitung vom 19. Juli 2007.
  3. http://www.sozialistenfriedhof.de/vohsen_vondensteinen.html
  4. Berliner Landesdenkmalliste: Kolumbarium auf dem Städtischen Zentralfriedhof
  5. http://www.braunschweig.de/rat_verwaltung/verwaltung/fb67_3/grabarten_kolumbarium.html
  6. http://www.friedhof-hamburg.de/ohlsdorf/grabstaetten/kolumbarium.htm
  7. http://www.kolumbarium.org
  8. http://www.zionpark.com.tw/
  9. http://www.sanfranciscocemeteries.com/Clbrm.html

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  • columbarium — subterranean sepulchre in ancient Roman places with niches for urns holding remains, neut. of L. columbarius, dove cote (so called from resemblance), lit. pertaining to doves; from columba dove. Lit. sense of dove cote is attested in English from …   Etymology dictionary

  • columbarium — [käl΄əm ber′ē əm] n. pl. columbaria [käl΄əm ber′ēə] [L, lit., dovecote < columba, dove, orig., gray bird < IE base * kel , *kāl , grayish color > Gr chelainos, black ] ☆ 1. a vault with niches for urns containing the ashes of cremated… …   English World dictionary

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