Corinthium aes

Corinthium aes

Korinthisches Erz (lateinisch: aes Corinthium, häufiger Corinthium aes) ist schon im Römischen Reich hochgeschätztes Metall, wobei jedoch schon ägyptische Quellen auf seine Herstellung und Eigenschaften eingehen[1]. Es ist eine Bronze- oder häufiger Kupferlegierung[2] mit Beimischung von Edelmetallen, wie Gold und Silber.

Aes cuprum, also Kupfer, wurde dem Gold näher zugeordnet als z. B. Bronze, aes brundisium. Hierin dürfte der Grund zu finden sein, weshalb Kupferlegierung bei der Mehrzahl der Verwendungen – vor allem Schmuckarbeiten – vorkam.

Korinthisches Erz wurde hauptsächlich für die Herstellung von Statuen und Luxusartikeln verwendet. Außer in Korinth waren berühmte Erzfabriken insbesondere auf Delos und Ägina.

Tatsächlich finden sich in antiken Quellen, insbesondere römischer Herkunft, Angaben über die Zusammensetzung des Corinthium Aes (Plinius, Naturkunde, 34,5 vgl. Giumlia-Mair & Craddock 1993 [1]), die es als eine Mischung aus Kupfer, Silber und Gold beschreiben. Der zunächst unlogisch erscheinende Sachverhalt, dass geringe Edelmetallzusätze in einer Kupferlegierung bewusst zugesetzt wurden, um gezielte Veränderungen, wie in diesem Fall die schwarze Patinabildung bewirken zu können, wurde von der Fachwelt lange angezweifelt. Man glaubte, es handelte sich um Verwechslungen oder Fehlinterpretationen der Übersetzer. Auch wurden schwarzfarbene Metalleinlagen antiker Objekte lange Zeit fälschlicherweise für Niello gehalten (Giumlia-Mair 1996 b[3])

Licht ins Dunkel brachte erstmals die Arbeit der Archäometallurgin Alessandra R. Giumlia-Mair von der Universität Udine, Italien. In ihrem gemeinsam mit Paul T. Craddock vom Britischen Museum London verfassten Buch über „Corinthium Aes – das schwarze Gold der Alchimisten“ (auf Deutsch erschienen 1993 im Verlag Philipp von Zabern[1]) vertritt sie die Theorie, dass eine Verbindung besteht zwischen schwarz patinierten Legierungen antiker Objekte aus Ägypten, Palästina, Mykene, dem Römischen Reich und solchen Objekten jüngeren Datums aus einigen Ländern Asiens mit gleicher oder erstaunlich ähnlicher Zusammensetzung und ebenfalls schwarzer Patina. Ihr gelingt es, den Bogen zu spannen von den antiken ägyptisch-mykenischen Legierungen zu den neuzeitlich japanischen Irogane-Legierungen, unter denen Shakudo besonders durch seine auberginefarbene Patina hervorsticht, die durch Zusätze von Edelmetall, insbesondere Gold, hervorgerufen wird. Analysen antiker Objekte, wie beispielsweise das Krokodil von El Fayum in der Ägyptischen Sammlung in München und vieler weiterer (Giumlia-Mair 1996a[4]) zeigen, dass eine im Grunde ähnliche Legierungszusammensetzung (Hauptbestandteil Kupfer, Zusätze von max. 5 % Gold, des Weiteren Silber, Blei, Zinn, Arsen, Eisen u. a.) immer wieder im Laufe der Zeit unter verschiedenen Namen an verschiedenen Orten auftauchen (Giumlia-Mair & Craddock 1993 [1]) Beginnend mit den ägyptischen Schwarzbronzen unter der Bezeichnung HSMN-KM oder NMTI-KM über das mykenische Kyanos wurde schließlich im Römischen Reich der Begriff Corinthium Aes geprägt, vermutlich Bezug nehmend auf die in Korinth befindlichen berühmten Metallwerkstätten. Die Verdrängung des Wissens um Corinthium Aes aus dem mediterranen Raum vollzieht sich parallel zur Wanderung der frühchristlichen häretischen Mönche in Folge der politischen und religiösen Veränderungen in der Zeit nach dem Konzil von Konstantinopel 431. Allmählich wanderte das alchimistische Wissen nach Osten, wo sich zeitlich versetzt in Syrien, Persien, Indien und China immer wieder Zeugnisse dieser Technik in Form von Überlieferungen und Artefakten nachweisen lassen. Die japanischen Irogane-Legierungen, darunter das blau-schwarze, zuweilen violett-schwarze Shakudo, tauchen nach den bisherigen Erkenntnissen erst später auf (Giumlia-Mair & Craddock 1993 [1])

1993 bildete A. Giumlia-Mair mit dem Goldschmied und damaligen Studenten an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg Matthias Lehr ein interdisziplinäres Forschungsteam zur weiteren Vertiefung und Untermauerung der bisherigen Entdeckungen. Durch die Auswertung der Analysedaten und die Umsetzung einander gegenüber gestellter Rezepturen sowohl aus der antiken Überlieferung (u. a. Pausanias [5], Bar Bahlul[6], Plinius[7], Zosimos von Panopolis[8]) als auch neuzeitlicher Quellen (u. a. Buchner 1914, S.196-197; Krupp 1922, S.378-379; Uno 1929; Untracht 1982, La Niece 1990, S. 87-94) gelang dabei erstmals eine Resynthese von Corinthium Aes. Die ausführlichste zu ihren experimental-archäologischen Versuchen herangezogene Rezeptur liefert die Schrift „über die Herstellung und Färbung der Corinthischen Bronze oder des schwarzen Metalls“ des Alchimisten Zosimos von Panopolis (2. Jahrhundert) in Form einer von den sog. Jakobiten auf Syrisch verfassten frühmittelalterlichen Abschrift des Manuskriptes, heute befindlich in der Universität von Cambridge, 1893 ins Französische übersetzt von Marcellin Berthelot[9].

In ihrer gemeinsam 1998 in Japan auf der Internationalen Archäologischen Konferenz über die Erstverwendung von Metallen und Legierungen vom 25.-27. Mai 1998 in Matsue, Japan vorgestellten Arbeit lieferten sie klare Beweise für die Funktionsweise des gesamten Verfahrens und die Richtigkeit der antiken Quellen (Giumlia-Mair & Lehr 1998[10]). In weiterer gemeinsamer Arbeit untersuchten sie anhand experimenteller Materialproben die Verarbeitbarkeit und die Patinierbarkeit solcher edelmetallhaltiger Legierungen in Abhängigkeit von weiteren Legierungszusätzen und diversen Patinierbädern. Dabei wurde u. a. auch Quellwasser der Peirene wie bei Pausanias[5] beschrieben zu Versuchszwecken mit einbezogen (Giumlia-Mair & Lehr 2001[11]).

In den folgenden Jahren widmete der Goldschmied M. Lehr seine Arbeit der Optimierung der wiederentdeckten Legierung unter verfahrenstechnischen sowie gesundheits- und umweltgerechten Gesichtspunkten unterstützt durch ein Förderstipendium des Freistaates Bayern. Wichtigste Neuerungen waren der Verzicht auf die problembehafteten Zusätze Arsen und Blei sowie eine Reduktion des Edelmetallgehaltes bei gleicher Patinierbarkeit. Seine Ergebnisse stellt M. Lehr im Rahmen von Ausstellungen, Publikationen, Vorträgen und Lehrveranstaltungen der Öffentlichkeit seit 2001 vor. (Goldschmiedezeitung 1/2000[12], Symposium der europäischen Silberschmiede 2006[13], „Placido-Zuloaga-Ausstellung“ im Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim; "Corinthium Aes", Galerie Aurum, Biberach, "der Fisch", Galerie Handwerk d. Handwerkskammer München). Seit 2001 finden jährlich Corinthium-Aes-Seminare im europäischen Fortbildungszentrum der Juweliere, Gold- und Silberschmiede in Ahlen, Westfalen, statt mit dem Ziel, die neu gewonnenen Erkenntnisse einem breiten Publikum von Fachkollegen und Interessierten verfügbar zu machen.

Eine der für Gold- und Silberschmiede interessantesten Eigenschaften ist die Tatsache, dass es eine aubergine-schwarze Patina entwickelt, die sich durch Hautkontakt immer wieder nachbildet. Eine Vernarbung z. B. des Schmuckes geschieht also nicht[14]. Die Neubildung der Patina erfolgt dabei durch Oxidation der Kupferlegierung mit Luftsauerstoff (und teilweise Schweiß, siehe auch Harnsäure).

Eine Renaissance als Metall und eine Neuverwendung im Bereich Schmuckdesign / -herstellung in Deutschland erlebt Corinthium aes auch durch die Verwendung bei Mokume-Gane-Damast seit 2003. Bedingt wurde diese durch den günstigeren Preis als Palladium, Weißgold und Gold, seine gute Verarbeitbarkeit sowie seine interessanten Farbwechsel (von kupferfarben zu dunkelbraun, fast schwarz) und die Vernarbungsfreiheit.

Korinthisches Erz gehört dabei nicht zu den klassischen Mokume-Gane-Damast-Materialien und wurde erst in den letzten Jahren durch eine Reihe von Mokume Gane Künstlern erprobt und als fester Bestandteil hinzugenommen. Als einer der ersten Gold- und Silberschmiede zeichnete sich der saarländische Goldschmiedemeister Markus Eckardt seit 2003 durch eine Reihe von Vorträgen[15] und Designentwicklungen aus, die in einer eigenständigen „Mokume Gane Corinthium Aes“-Serie[16] mündeten.

Literatur

  • von Bibra, Ernst: Die Bronzen und Kupferlegierungen der alten Völker. Erlangen 1869

Quellen

  1. a b c d e Alessandra R. Giumlia-Mair und Paul T. Craddock, Das schwarze Gold der Alchimisten - Corinthium Aes (Gebundene Ausgabe), Verlag Philipp v. Zabern, 1993. ISBN 3-805-31419-1
  2. Aus: archaeometallurgie.de, Stand 31.01.2008
  3. A. Giumlia-Mair: Das Sichelschwert von Balata-Sichem. in „Antike Welt“, Jg 27, 4 (1996), S. 340
  4. A. Giumlia-Mair: Das Krokodil und Amenemhat III aus el-Faiyum - Hmti km- Exemplare aus dem Mittleren Reich. in Antike Welt, Jg 27, 4 (1996), S. 257-267
  5. a b Pausanias, Ellados Perigisis, 2,3,3
  6. Bar Bahlul, übers. v. Berthelot 1893,II,XVI 1
  7. Plinius, Naturalis Historia, 34,48
  8. Zosimos, übers. v. Berthelot 1893, II, Seite 223 & E. Hunter, Cambridge University
  9. M. Berthelot: La Chimie au Moyen Âge, II, 1893, Seite 223
  10. A. Giumlia-Mair & M. Lehr: Patinating Black Bronzes: Texts and Tests. Proceedings of the 4th International Conference on the Beginning of the Use on Metals and Alloys, Matsue, Japan
  11. A. Giumlia-Mair & M. Lehr: „Experimental reproduction of artificially patinated alloys identified in ancient egyptian, palestinian, mycenean and roman objects“ in: Archeologie sperimentali, Comano Terme-Fiavè, Italy 13.–15. Sept 2001, S..291-310, ISBN 88-86602-58-8
  12. M. Lehr & A. Giumlia-Mair: Herstellung von Corinthium Aes. Goldschmiedezeitung 1/2000, S. 104–107
  13. Vortrag "Corinthium Aes" im Germanischen Nationalmuseum beim Symposium der europäischen Silberschmiede, Mai 2006
  14. Dr. Andreas Neumann: Mokume Gane Damast als Beispiel japanischer Entwicklungslinien. Astarte Verlag, Seite 21, Offene Abstract- u. Essay-Sammlung der All Asian Society 2000-2007
  15. IN: "Alte Metalle nähern sich an", VHS Skriptreihe, Dozent: Markus Eckardt. 2003
  16. Aus: Mokume Gane trifft Europa, Seiten 14 und 15, GsZ 2003

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