Creative Writing

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Kreatives Schreiben ist eine Bezeichnung für Schreibansätze, die davon ausgehen, dass Schreiben ein kreativ-sprachlicher Prozess ist, zu dem jeder Mensch methodisch angeleitet werden kann. Kreatives Schreiben geht damit über klassischen Schreibunterricht hinaus, indem der Schwerpunkt auf den Prozess des Schreibens selbst gelegt und "durch assoziative, gestaltende und überarbeitende Methoden trainiert"[1] wird. Eine einheitliche Beschreibung dessen, was kreatives Schreiben umfasst, lässt sich kaum geben, weil die Ansätze sich in Grundlagen, Methoden und Zielen zum Teil sehr stark unterscheiden.[2]

Inhaltsverzeichnis

Begriff und Geschichte

Der Ausdruck "Kreatives Schreiben" leitet sich ursprünglich vom englischen 'creative writing' ab. Erstmals taucht der Ausdruck am Ende des 19. Jahrhunderts an amerikanischen Universitäten als Bezeichnung für Seminare auf, in denen Studenten der Literaturwissenschaft praktische Schreiberfahrungen sammeln sollen. Kurze Zeit später erscheinen unter dem Titel "Creative Writing" erste Handbücher.[3]

Wird "Kreatives Schreiben" in einem weiteren Sinn verstanden, so fallen unter den Begriff sämtliche Schreibformen, die auf Methoden der Ideenfindung zurückgreifen. Schriftsteller aller Zeiten haben Methoden und Techniken angewendet, die ihnen bei der Textproduktion geholfen haben. In diesem weiteren Sinne reicht die Geschichte des Kreativen Schreibens bis in die Antike zurück. So wurden bereits in der Antike Schreibspiele verwendet. Im Barock war der spielerische Umgang mit Sprache Zeichen von hoher Bildung und Eloquenz. Im frühen 20. Jahrhundert haben künstlerische Bewegungen wie Dadaismus und Surrealismus Schreibspiele als Inspirationsquelle neu entdeckt. [4]

Konzepte

Es lassen sich vier Hauptkonzepte unterscheiden:

  1. kreatives Schreiben als Spiel mit der Sprache
  2. kreatives Schreiben als therapeutisches Mittel und Methode der autobiografischen Selbstreflexion
  3. kreatives Schreiben in der schulischen Schreibdidaktik
  4. kreatives Schreiben als Pragmatik des Schreibens in Literatur, Theater, Film und Wissenschaft.

Spiel mit der Sprache

Schreibspiele sind als Methode darauf spezialisiert, den oft schreibhemmenden Respekt vor dem geschriebenen Wort abzubauen. Vor allem in Schreibwerkstätten, aber auch in der Schule sind Schreibspiele oft Einstiegsübungen in komplexere Methoden des kreativen Schreibens. Schreibspiele werden in fast allen Konzeptionen in unterschiedlichen Formen eingesetzt. Sie helfen dabei, einen lustvollen Zugang zum sprachlichen Ausdruck und zur eigenen Sprache zu finden. Dennoch kommt der ausschließliche Einsatz von Schreibspielen bald an seine Grenzen. In der Regel kommen deshalb heute Konzeptionen, die allein auf Sprachspielen beruhen, kaum noch vor. Sie sind in der Regel eingebunden in weitergehende Konzepte.

Therapie und autobiografische Selbstreflexion

Schreibprozesse haben häufig eine therapeutische Dimension: Eigene Erlebnisse und Erfahrungen, Ängste und Wünsche werden schreibend aufgegriffen und gestaltet. Regelmäßige Schreiberfahrung kann dazu führen, Entdeckungen über unbewusste Neigungen und Wünsche zu machen, weil der Schreibprozess immer wieder zu ähnlichen Themen, Stichworten und weiterführenden Gedanken führt.

Dieses Phänomen lässt sich therapeutisch nutzen. Ähnlich wie das selbstverständliche Sprechen in der Therapie ist Schreiben eine Form von Selbstausdruck, bei der der Schreiber nicht nur handelt, sondern zugleich das Ergebnis seines Handelns betrachtet. Jürgen vom Scheidt unterscheidet deshalb zwischen dem inneren Schreiber und dem beobachtenden Ich. Obwohl die meisten Schreibprozesse in dieser Perspektive betrachtet werden können, ist es ratsam, den bewussten therapeutischen Einsatz kreativer Schreibmethoden professionell von einem Poesie- und Schreibtherapeuten begleiten zu lassen.

Eine einfache Methode, schreibend über sich selbst nachzudenken, ist das Führen eines Tagebuchs oder (bei begrenzten Zeitabschnitten) eines Journals. Es wird von Lutz von Werder empfohlen, im Tagebuch wie auch im Journal – gleichgültig zu welchen Themen – immer wieder auch mit literarischen Formen zu arbeiten (z.B. Gedanken in Haikus oder Senryus zu „gießen“ oder in die Gedichtform „Elfchen“). Auch das bewusste Festhalten von Lebenserinnerung und Verfassen von Memoiren gehört hierzu. Zahlreiche fiktionale Texte enthalten autobiographische Spuren, die man sich in der Auseinandersetzung mit den eigenen Texten bewusst machen kann.

Schulische Schreibdidaktik

Mit dem Bekanntwerden des kreativen Schreibens in der Bundesrepublik hatte die Schreibbewegung auch Einfluss auf den schulischen Unterricht. Bis in die 1970er Jahre dominierten das Diktat und der klassische Aufsatz die Schreibdidaktik. Dabei war der Aufsatzunterricht von schulischen Normen geprägt: Es galt, die wichtigsten schriftliche Darstellungsformen als regelgerechtes Schreiben zu vermitteln. Zu ihnen gehörten:

Freie Formen wie der Erlebnisbericht hatten dabei schulgerechten Normen zu genügen, die eine einheitliche Benotung ermöglichen.

Die Protagonisten des kreativen Schreibens haben den schulischen Unterricht von Anfang an als zu stark normiert kritisiert und Schreibhemmungen als Folge des normierten Unterrichts diagnostiziert. Pädagogen haben diese Kritik aufgenommen und versucht, Alternativen zum klassischen Aufsatzunterricht zu entwickeln. Den Anfang machte in den 1970er Jahren der curriculumsorientierte kommunikative Aufsatzunterricht, der in den 1980ern von bildungs- und identitätstheoretischen Ansätzen abgelöst wurde.

In der heutigen Schreibdidaktik sind kreative Schreibmethoden zu selbstverständlichen methodischen Elementen geworden, die längst über den Deutschunterricht hinausgehen. Im Unterschied zu den Entwicklungen der 1970er und 1980er Jahre ist seit den 1990er Jahren ein Methoden- und Konzeptionspluralismus zu verzeichnen. Sofern konzeptionell über den Einsatz von Techniken des kreativen Schreibens im Unterricht nachgedacht wird, ist das Bemühen zu bemerken, die verschiedenen Ansätze zu integrieren.

Pragmatik des Schreibens

Während universitäre Ausbildungsgänge (Master of Creative Writing) im anglo-amerikanischen Sprachraum selbstverständlich sind, gibt es in Deutschland nur begrenzte universitäre Angebote. Das Hauptangebot besteht in Schreibkursen an Volkshochschulen oder in Schreibwerkstätten, Romanwerkstätten und Schreibseminaren von Vereinen und privaten Anbietern. Einige Universitäten bieten über die Studienberatung oder ähnliche Einrichtungen Kurse im kreativen wissenschaftlichen Schreiben an. An der Universität Hildesheim (Studiengang Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus) und der Universität Leipzig (Deutsches Literaturinstitut Leipzig) gibt es eine Ausbildung zum Schriftsteller. Die Alice-Salomon-Fachhochschule bietet einen Masteraufbaustudiengang im Kreativen und Autobiografischen Schreiben an.

Literarisches Schreiben

Kreatives Schreiben will Anleitung zum Schreiben sein, ohne notwendigerweise anspruchsvolle Texte zu produzieren. Oft geht es darum, Spaß am schreibenden Umgang mit Sprache zu vermitteln oder die eigene soziale bzw. individuelle Rolle zu reflektieren. Allenfalls als Fernziel rückt dabei eine Textproduktion in den Blick, die höheren Ansprüchen genügen kann und auf Veröffentlichung abzielt.

Allerdings kennzeichnet dies den eigenständigen Ansatz in der deutschen kreativen Schreibbewegung. Die Grundzüge des amerikanischen creative writing waren allerdings von Anfang an darauf ausgerichtet, zu professionellem Schreiben und zur Selbsterfahrung anzuleiten. Dies ist erst seit den 1990er Jahren auch in Deutschland verbreiteter. Das literarische Schreiben zielt auf klassische Lyrik- und Prosaformen der Literatur sowie auf szenisches Schreiben. Aus den Schreibwerkstätten sind so allmählich Roman- und Dichtwerkstätten geworden, in denen klassisches Formwissen mit den Methoden des kreativen Schreibens verbunden wird. Zahlreiche Schreibsinstitute und einige universitäre Studiengänge bieten Lehrgänge und Fortbildungen für angehende Schriftsteller und Schreibpädagogen an. In den USA gibt es zum kreativen Schreiben 16 Zeitschriften. Seit 2000 gibt es mit „TextArt“ auch eine erste deutsche Zeitschrift für kreatives Schreiben.

Szenisches Schreiben

Unter szenischem Schreiben versteht man das Verfassen von Dramentexten (Theaterstücke) und Drehbüchern (Film und Fernsehen). Das Schreiben von Dialogen, Szenen und Szenenfolgen erfordert im Unterschied zum belletristischen Schreiben spezielle Fähigkeiten. Hierzu gehört:

  • das Einhalten der Handlungslogik
  • das Aufrechterhalten des Spannungsbogens über das gesamte Stück
  • die Charakterisierung der Figuren allein durch ihr Handeln und Reden
  • das Gestalten realistischer Dialoge
  • das Verfassen von Regieanweisungen
  • das Verfassen von Szenen nach konkreten Vorgaben (meist durch das Format festgelegt)
  • das Gestalten eines formgerechten Drehbuchs

Das szenische Schreiben ist insbesondere durch die vermehrte Produktion von Fernsehfilmen und Fernsehserien durch die privaten Fernsehsender zu einem Tätigkeitsfeld mit großem Bedarf an professionellen Autoren geworden. Dem entstandenen Berufsbild des Drehbuchautors wurde in berufsbildender Hinsicht durch die Einrichtung von Studiengängen zum szenischen Schreiben an verschiedenen deutschen Hochschulen Rechnung getragen.

Wissenschaftliches Schreiben

Die Professionalisierung der Schreibschulen setzt sich allmählich auch im Bereich des wissenschaftlichen Schreibens durch. Wo bis in die 1990er Jahre wissenschaftliche Proseminare ausschließlich formale Aspekte des Schreibens wissenschaftlicher Texte behandelt haben (korrekte Zitation, Fußnoten, Literaturverzeichnisse, Propädeutik etc.), wird mittlerweile auch die wissenschaftliche Arbeit als Prosaform begriffen, die in unterschiedliche Weise durch kreative Methoden angeleitet werden kann. Vor allem Lutz von Werder hat dazu beigetragen, zu verdeutlichen, dass wissenschaftliches und kreatives Arbeiten einander bedürfen und fördern.

Methoden

Beim kreativen Schreiben kommen Methoden zum Einsatz, mit deren Hilfe man Schreibblockaden abbauen, die Motivation steigern und beim Schreiben Selbsterfahrung machen kann. Um dies zu erreichen, sollen beim Schreiben möglichst beide Gehirnhälften eingesetzt, das heißt begriffliches und bildhaftes Denken miteinander verbunden werden. Als Inspirationsquellen dienen persönliche Erfahrungen und Erlebnisse aus Kindheit, Träume und Imagination, sowie das Schreiben an Orten wie Cafés.

Die eingesetzten Kreativitätstechniken und -methoden sind zum Teil für das kreative Schreiben entwickelt worden, weitere entstammen anderen kreativen Arbeitsfeldern.

Beispiele für reine Schreibmethoden sind

Methoden, die nicht ausschließlich für das kreative Schreiben entwickelt wurden, sind z.B.

Oft kommen nicht einzelne Methoden zum Einsatz, sondern eine Vielzahl, für die dann ein entsprechender organisatorischer Rahmen notwendig wird. Beispiele dafür sind

Einzelnachweise

  1. Böttcher, Ingrid (Hrsg.): Kreatives Schreiben. Grundlagen und Methoden. Berlin: Cornelsen Scriptor, 1999, S. 7.
  2. Werder, Lutz von: Lehrbuch des kreativen Schreibens, 4. Auflage, Berlin: Schibri-Verlag 2004, S. 21ff.
  3. Glindemann, Barbara: Creative writing. Zu den kulturellen Hintergründen und zum literaturwissenschaftlichen und institutionellen Kontext im Vergleich zwischen England, USA und Deutschland, Hamburg, Univ., Diss., 2000, S. 1ff. Online-Resource
  4. Böttcher, a.a.O., S. 13f.

Weiteres

Literatur

  • Fritz Gesing: Kreativ schreiben, Köln: DuMont, ISBN 3-8321-7472-9
  • Rüdiger Heins: Handbuch des Kreativen Schreibens, Schneider ISBN 3-8340-0005-1
  • Otto Kruse: Keine Angst vor dem leeren Blatt. Frankfurt/New York: Campus Verlag, 2005
  • Ulrich Liebnau: EigenSinn. Kreatives Schreiben – Anregungen und Methoden.Frankfurt am Main: Diesterweg, ISBN 3-425-01650-4
  • Valentin Merkelbach: Kreatives Schreiben. Braunschweig: Westermann, 1993.
  • Gabriele L. Rico: Garantiert schreiben lernen. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1998, ISBN 3-499-60605-4
  • Jürgen vom Scheidt: Kreatives Schreiben, ISBN 3-596-24611-3
  • Sol Stein: Über das Schreiben. Frankfurt: Zweitausendeins, ISBN 3-86150-226-7
  • Lutz von Werder: Lehrbuch des kreativen Schreibens, Berlin: Schibri-Verlag 2004, 4. Auflage, ISBN 3-928878-05-0
  • Lutz von Werder: Einführung in das kreative Schreiben. Schibri-Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-928878-44-1

Weblinks


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