Culmer Land

Culmer Land
Altpreußische Landschaften und Stämme: Kulmer Land im Weichselknie

Das Kulmerland, auch Kulmer Land, Culmerland oder Culmer Land, polnisch Ziemia chełmińska, ist eine historische Region in Polen, deren Hauptstadt Culm/Kulm/Chełmno war. Das Kulmerland liegt östlich der Weichsel und wird begrenzt von den Flüssen Drewenz im Süden und Ossa im Norden. Der Name Kulm leitet sich von baltisch kulminai („Höhenpunkt“) ab[1].

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Kulmer Land zählt zu den zwölf prußischen Stämmen. Die ersten slawischen Siedlungen im Gebiet des heutigen Kulmerlandes werden aufgrund archäologischer Funde ins 8. Jahrhundert datiert, doch noch im 13. Jahrhundert war es baltisch-slawisches Mischgebiet. [2] Sog. lechische Stämme waren in dies Gebiet eingewandert. Bei der slawischen Bebauungsart handelt es sich um befestigte Wallanlagen mit zugehörigen frei stehenden Behausungen. Im 10. Jahrhundert wurde das Kulmerland durch den polnischen Herzog Mieszko I. erobert, und somit in den polnischen Staat integriert. Dies führte im Rahmen der sogenannten „Taufe Polens966 zur Christianisierung der bis dahin heidnischen slawischen Stämme, die in diesem Gebiet lebten.

Hellgrau: Herzogtum Preußen
Farbig: Preußen königlichen Anteils mit seinen Wojewodschafen in Personalunion mit dem Königreich Polen und Litauen

Während der feudalen Zersplitterung Polens (1138–1320) gehörte das Kulmerland zum Herzogtum Masowien. Zu Verteidigungszwecken war es in Burgbereiche unterteilt, die sich während des 12. Jahrhunderts zu größeren administrativen Einheiten, den Kastellaneien, zusammengeschlossen hatten. Diese wurde im Namen des Herzogs von Wojwoden verwaltet. Die Kastellanei von Kulm beispielsweise verteidigte die nördlichen Ränder des Kulmerlandes gegen die Einfälle der Pomesanier, einem Stamm der Prußen, die damals noch Heiden waren und in den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts eine ständige Bedrohung für das Kulmerland darstellten.

1215 nahm mit Christian von Preußen, einem Zisterzienser aus Łekno, der erste Bischof Preußens seinen Sitz in Kulm, das in einst prußischem Land lag. Von hier aus wurden nun die Versuche der Christianisierung der Prußen forciert. Diese wehrten sich erbittert gegen die fortschreitende polnische Expansion und den ihnen aufgezwungenen fremden Glauben, sodass das Kulmerland ebenso wie Masowien zum umkämpften Grenzgebiet wurde. Beim prußischen Einfall von 1216 wurde nicht nur die Burg von Kulm zerstört, sondern auch Kirchen und Dörfer in Schutt und Asche gelegt sowie deren Bewohner verschleppt. In den folgenden Jahren unternommene Gegenstöße polnischer und deutscher Kreuzfahrer, die von Bischof Christian mitorganisiert worden waren, und an denen auch polnische Kleriker teilnahmen, brachten militärisch keinerlei Entscheidung. Da der damalige polnische Herzog, Konrad von Masowien, diesen Überfällen selbst nicht mehr Herr werden konnte, und die Prußen auch andere Regionen seines Machtbereiches bedrohten, rief er wohl auf Vorschlag Heinrichs des Bärtigen, dem Herzog von Schlesien, den Deutschen Ritterorden zu Hilfe. Der Orden erhielt im April 1228 das Kulmerland verliehen, das er von den ihm ebenfalls übertragenen Besitzungen in Kujawien aus planmäßig zu erobern begann. Damit ging auch die Unterwerfung und Christianisierung bzw. Vertreibung der Prußen einher. Im Laufe des Jahres 1232 hatten die Ordensritter schließlich den größten Teil des Kulmerlandes besetzt und konnten nun mit dem Wiederaufbau und der Wiederbesiedlung der von den Prußen zerstörten Siedlungen und Burgen beginnen. 1233 erhielten Kulm und Thorn mit der Kulmer Handfeste als erste Ansiedlungen im Kulmerland das Stadtrecht verliehen[3].

In einem Dokument vom 28. Juli 1243 wurde Preußen vom päpstlichen Legaten Wilhelm von Modena in vier Bistümer aufgeteilt. Diese waren Kulmerland, Pomesanien, Ermland und Samland, welche dem Erzbistum Riga unterstellt wurden. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass 2/3 der durch den Deutschen Ritterorden eroberten prußischen Gebiete dem Deutschen Ritterorden, 1/3 den Kulmer Bischöfen gehören sollte. Der Deutsche Orden erhielt 1308 auch vom Kaiser die Regierung Pomerellens und Danzigs, an Stelle Brandenburgs. Nach dem Dreizehnjährigen Krieg (1454-1466) zwischen Polen und dem Deutschen Ritterorden kam das Kulmerland im 2. Thorner Frieden als Teil Preußen königlichen Anteils wieder zu Polen. Es wurde, erweitert um das Michelauer Land, eine der drei Woiwodschaften (und damit einer der vier Landesteile) von Königlich-Preußen. Dieses wurde 1569 Teil der polnisch-litauischen Rzeczpospolita.

Im 18. Jahrhundert siedelten im (zur damaligen Zeit polnischen) Kulmerland zahlreiche protestantische Exulanten (Glaubensflüchtlinge) aus dem Salzburger und Berchtesgadener Land, aus Norddeutschland und dem heutigen Holland. Sie erhielten Ländereien nach dem sog. Holländerrecht, welches sie vom Frondienst und vom Zehnten befreite, ihnen Glaubensfreiheit und eine Reihe weiterer Privilegien einräumte. Sie prägten noch bis vor dem Zweiten Weltkrieg auch die hier gesprochene Mundart.

Nach der Ersten Teilung Polens 1772 wurde das Kulmerland in die Provinz Westpreußen eingegliedert und blieb dort mit kurzen Unterbrechungen bis 1920. Nachdem Polen seine Souveränität zurückerlangt hatte, wurde das Kulmerland am 20. Januar 1920 wieder Teil des polnischen Staates.

Zwischen 1939 und 1945 gehörte das Kulmerland wieder zum Deutschen Reich und kam 1945 zu Polen. Die deutsche Bevölkerung wurde vertrieben.

Legende

Der Sage nach war Chelmo der zwölfte Sohn des Königs Waidewut/Widewuto, der das Land zwischen Mokra, Istula (Weichsel) und Driwantza (Drewens) erhielt. Er baute sich eine Feste namens Chelmo, die später Althaus Culm hieß. Eine weitere Feste benannte er nach seinem Sohn Potto, die später Potterberg hieß.

Staatliche Zugehörigkeit (Übersicht)

Das Kulmerland wechselte in seiner Geschichte mehrfach die politische Zugehörigkeit. Hier eine kurze Zusammenfassung:

Verweise

Literatur

  • Brauns: Geschichte des Culmerlandes bis zum Thorner Frieden. Thorn: 1881
  • Buga, Kazimieras.: Die Vorgeschichte der aistischen Stämme, Leipzig 1924
  • Duwe, Albrecht: Damerau, Essen
  • Gerullis, Georg: Die altpreußischen Ortsnamen, Berlin, Leipzig 1922
  • Lęga: Das Kulmerland z.Z. des Übergangs von der Bronze- zur Eisenzeit, in: Rocznik Grudziądzki, 1960
  • Maerker, Hans: Geschichte der ländlichen Orte und der drei kleinen Städte des Kreises Thorn, Danzig 1899/1900
  • Schulz, Franz: Geschichte der Stadt und des Kreises Kulm, Danzig 1876
  • Ziemia Chełmińska w przeszłości: wybór tekstów źródłowych, pod red. Mariana Biskupa. Toruń 1961 (Digitalisat)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Das slawische Wort chlm bezeichnet einen bewaldeten Hügel. Vgl. dazu auch die Begriffserklärung Kulm. Dieser Ort lag zunächst am wenige Kilometer entfernten Lorenzberg (poln. Gora sw. Wawrzynca).
  2. [1]
  3. Das auf der Kulmer Handfeste fußende Kulmer Recht (auch: Culmer Recht) galt später für den gesamten Deutschordensstaat.

53.41666666666718.8333333333337Koordinaten: 53° 25′ N, 18° 50′ O


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