Cyberspace

Cyberspace
Heute technisch mögliches Cyberspace-Erlebnis, hier mit einer VR-Ausrüstung der NASA

Der Begriff Cyberspace ist ein Kunstwort, das aus Cyber (englische Kurzform für „Kybernetik“, von griechisch Kybernetike, „Kunst des Steuermanns“) und Space (englisch für „(Welt)Raum“) zusammengesetzt ist. Ins Deutsche lässt es sich als „kybernetischer Raum“ übersetzen. In Analogie zum Weltraum wird auch das Wort Datenraum dafür verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Konzept

Die erste ernstzunehmende Ausformulierung des Konzepts findet sich bereits 1964 in Stanislaw Lems Buch Summa technologiae, wo das Konzept des Cyberspace unter der Bezeichnung Periphere Phantomatik beschrieben wird. Eine weitere ernstzunehmende Ausformulierung des Konzepts findet sich in Oswald Wieners Buch die verbesserung von mitteleuropa, roman von 1969, in den Abschnitten notizen zum konzept des bio-adapters und appendix A. der bio-adapter. Wörtlich ist von Cyberspace erst erheblich später in der Kurzgeschichte Burning Chrome (1982) des US-amerikanischen Science-Fiction-Autors William Gibson die Rede, der allgemein zur Cyberpunk-Literatur gezählt wird. Gibson beschreibt den Cyberspace als konsensuelle Halluzination eines computergenerierten grafischen Raums:

„Troden auf, und da waren sie, alle Daten der Welt, dicht an dicht wie eine einzige riesige Neonstadt, so dass man herumziehen konnte und einen gewissen Zugang zu ihnen hatte – zumindest optisch, denn sonst war es zu kompliziert, sich an bestimmte Daten ranzupirschen, die man suchte.“

William Gibson: Mona Lisa Overdrive, Kap. 2.

In seinen Romanen erzeugen die Menschen den Cyberspace – der von Gibson auch als „Matrix“ bezeichnet wird – indem sie sich über eine neuronale Schnittstelle an vernetzte Computer anschließen. Das hier beschriebene völlige Eintauchen in den kybernetischen Raum scheint die Immersion der virtuellen Realität vorwegzunehmen, wie sie ab den späten 1980er Jahren als Computertechnik der Raumsimulation realisiert wurde. Als Vordenker der virtuellen Realität wird allgemein Jaron Lanier bezeichnet. Eine ähnliche Technologie wird bei Neal Stephenson Metaverse genannt. Der 2008 erschienene Roman Der Birkenwald verwendet den Cyberraum als Homomorphismus der geistigen Welt. Die im Cyberspace gefangenen Menschen leben zwar in einer virtuellen Welt, hier aber mit dem Anspruch, die Gedankenkraft des Menschen zu verdeutlichen.

Umgangssprachlich diente der Ausdruck Cyberspace vor allem in den 90er Jahren zumeist als Synonym für das Internet oder spezieller das World Wide Web (WWW). Die technik- und sozialwissenschaftliche Forschung tendiert jedoch dahin, Internet und WWW als Infrastrukturen vom Cyberspace zu unterscheiden. Cyberspace erscheint hier als virtualisierter Raumeindruck, der keine topographische Lokalität aufweist. Darüber hinaus wird Cyberspace in aktuellen sozialwissenschaftlichen Forschungsansätzen als „computermedial erzeugter Sinnhorizont“ verstanden. Wer in den Cyberspace eintritt, dessen soziale, sachliche, räumliche und zeitliche Wahrnehmungen werden virtualisiert.

Ein wichtiger Text zu den rechtlichen Bedingungen solcher virtueller Räume ist die Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace von John Perry Barlow, die eine Freiheit von Kontrolle durch nationale Regierungen forderte.

Die Fernsehserie Max Headroom spielte in den 1980er Jahren (ebenso wie der Film „Tron“) als eine der ersten mit den Möglichkeiten der virtuellen Realität und virtueller Existenzen. 1999 waren Andy und Larry Wachowski mit dem Film Matrix international höchst erfolgreich. Der Film eXistenZ, auch 1999, arbeitet mit den Möglichkeiten des Cyberspace und eröffnet dem Betrachter immer neue virtuelle Räume. Solche virtuellen Räume kann man auch im Film Animatrix (zum Beispiel im Segment Matriculated) sehen.

Kybernetik

Eine Hochphase erlebte die Kybernetik von 1946 bis 1953 auf den weltberühmten Macy-Konferenzen. Bedeutende Wissenschaftler wie Alan Turing, John von Neumann und Heinz von Foerster legten hier die Grundsteine der modernen Computertechnik wie im Bereich der Rechnerarchitektur, die heute Voraussetzung sind für den realen Cyberspace auf Computern. Der reale Cyberspace wurde durch Second Life geöffnet. Bewegt man sich von der Fiktion in die Realität, so spricht man vom Web.3D oder von sogenannten Metaversen.

Metaversen

Nach dem Hype um die virtuelle Welt Second Life entstanden viele weitere Metaversen. SLTalk bezeichnet diese Metaversen auch als internetbasierte 3D-Infrastrukturen oder es ist auch die Rede von Web3D. Hier wird auch von anderen Metaversen neben Second Life berichtet wie Secret City, There, Entropia, sMeet, StageSpace, Metaverse oder Utopia. Insbesondere das Zusammenspiel der Begriffe Fiktion, Realität, Virtualität und Kybernetik werden hier behandelt. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch der Begriff der virtuellen Realität.

Siehe auch

Literatur

  • Lutz Ellrich: Die Realität virtueller Räume. Soziologische Überlegungen zur „Verortung“ des Cyberspace, in: Rudolf Maresch, Niels Werber (Hrsg.): Raum Wissen Macht, Frankfurt/M., 2002, S. 92-113.
  • Michael Featherstone, Roger Burrows: Cyberspace, Cyberbodies, Cyberpunk, London: Thousand Oakes, 1995.
  • William Gibson: Neuromancer, New York, 1984.
  • Jaron Lanier: Was heißt „Virtuelle Realität“. Ein Interview mit Jaron Lanier, in: Manfred Waffender (Hrsg.): Cyberspace. Ausflüge in virtuelle Wirklichkeiten, Reinbek, 1991, S. 67-87.
  • Udo Thiedeke: Cyberspace: Die Matrix der Erwartungen, in: ders. (Hrsg.): Soziologie des Cyberspace. Medien, Strukturen und Semantiken, Wiesbaden, , 2004, S. 121-143.
  • Oswald Wiener: notizen zum konzept des bio-adapters und appendix A. der bio-adapter, in ders.: die verbesserung von mitteleuropa, roman, Reinbek b. Hamburg: Rowohlt, 1969/1985, S. CXXXIV-CLIII bzw. S. CLXXV-CLXXXIII
  • Gillian Cross: Auf Wiedersehn im Cyberspace von 1994, Verlag dtv

Weblinks


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