Czorneboh

Czorneboh
Czorneboh
Berggasthof mit Turm

Berggasthof mit Turm

Höhe 555,7 m ü. HN
Lage Freistaat Sachsen, Deutschland
Gebirge Lausitzer Bergland
Geographische Lage 51° 7′ 9″ N, 14° 31′ 33″ O51.11916666666714.525833333333555.7Koordinaten: 51° 7′ 9″ N, 14° 31′ 33″ O
Czorneboh (Sachsen)
Czorneboh
Gestein Granodiorit

Der Czorneboh (obersorbisch: Čornobóh) ist ein Berg nahe dem Ort Cunewalde in der Oberlausitz. Er gehört zu der südöstlich von Bautzen gelegenen Czorneboh-Bergkette und ist mit einer Höhe von 555,7 m über Normalnull der höchste Punkt dieses Ausläufers des Lausitzer Berglandes. Er leitet als Landschaftselement die wellige Granitlandschaft der Lausitzer Vorbergzone ein.

Inhaltsverzeichnis

Name

Der Name Czorneboh als Bezeichnung für die früher Schleifberg oder Praschwiza genannte höchste Erhebung des Höhenzuges zwischen den Gemeinden Cunewalde und Hochkirch ist wahrscheinlich eine Erfindung des 18. Jahrhunderts. Sie nimmt ihren Anfang in einer fragwürdigen Erwähnung Helmold von Bosaus in seiner Slawenchronik, in der er von einem angeblichen slawischen Gott Zcerneboch berichtet. Dieser Zcerneboch wurde von frühneuzeitlichen Chronisten im 16. und 17. Jahrhundert aufgegriffen und in die Oberlausitz projiziert. So will der Großpostwitzer Pfarrer Michał Frencel am Ende des 17. Jahrhunderts zwar wissen, dass die Sorben den Zernebog verehrten, kann aber gleichzeitig berichten, dass dafür keinerlei Hinweise mehr zu finden seien. Auch in den Akten der Stadt Bautzen, in deren Besitz sich der Berg befand, finden sich noch bis ins 19. Jahrhundert lediglich die Bezeichnungen Schleifberg, Exanberg oder Finsterwald. Wahrscheinlich findet sich für die Steingruppe auf dem Berggipfel außerdem die Bezeichnung Caczca.

Die Nordseite des Czorneboh mit dem Dorf Pielitz

Als Namen eines nicht näher bezeichneten Berges „bei Wuißke“ taucht die Bezeichnung Czernebog erstmals in Karl Gottlob Antons „Erste Linien eines Versuchs über der Alten Slaven Ursprung, Sitten, Gebräuche, Meinungen und Kenntnisse“ (Leipzig 1783) auf. Vollkommen unabhängig davon erwähnt Anton aber an einer anderen Stelle seines Werkes den Schleifberg, sowie dessen slawischen Namen Praschwiza. Sieben Jahre später taucht das Wissen um einen vermeintlichen Berg Czernebog erstmals im „Lausizischen Wochenblatt“ auf, auch hier als nicht näher bezeichneter Berg bei Wuißke und mit offensichtlicher Bezugnahme auf die Schrift Antons. 1791 schließlich ist im 6. Heft der „Lausizischen Monatsschrift“ erstmals eindeutig der heutige Czorneboh als solcher bezeichnet.

Getragen vom Geist der Romantik setzt er sich nun bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts als alleinige Bezeichnung für den Berg der Name Czorneboh durch. Teufelssagen und Sagen um eine angebliche slawische Kultstätte auf dem Czorneboh werden mit dem neuen Namen in Verbindung gebracht oder neu erfunden. Noch 1828 war Karl Benjamin Preusker in seinen „Oberlausitzer Alterthümern“ keine solche Sage bekannt. Die erste taucht 1839 in Heinrich Gottlob Gräves „Volkssagen und volksthümliche Denkmale der Lausitz“ auf.[1] Um die Mitte des Jahrhunderts gibt es dann bereits mehr als ein halbes Dutzend.[2]

Im Dritten Reich wurde dem Berg im Zuge der Eindeutschung von Ortsnamen der Name Schleifberg wieder verbindlich gemacht.

Aussichtsturm

Aussichtsturm auf dem Czorneboh

Auf dem Berg befindet sich ein Aussichtsturm aus dem 19. Jahrhundert und eine Gaststätte mit einem Biergarten. Der Bau wurde 1850 durch den Oberförster Walde aus Wuischke beim Stadtrat von Bautzen beantragt. Zunächst wurde der Turm nach dem Entwurf des Architekten Traugott Hobjan aus Bautzen durch den Malermeister Karl Traugott Eichler aus Lauba errichtet. Dieser wurde am 17. Mai 1851 vollendet und 1852 zusammen mit dem Wirtshaus eröffnet. Im Jahre 1856 wurde ein Brunnen fertiggestellt. Der steinerne Turm ist der älteste seiner Art in der Oberlausitz. Im Jahre 1928 erhielt der Turm einen hölzernen Aufbau, der jedoch am 19. Dezember 1944 abbrannte. Aufgrund seiner Nähe zu Bautzen und der guten Infrastruktur am Berg ist der Gipfel des Czorneboh ein beliebtes Ausflugsziel.

Religiöse Kultstätte

Bereits bevor der Czorneboh diesen mythologisch aufgeladenen Namen erhielt verbanden sich mit der Steingruppe auf seinem Gipfel Vorstellungen von einer slawischen Kultstätte auf dem Berg. So wurde die sorbische Bezeichnung des Berges als Praschwiza häufig als „Frageberg“ gedeutet. Wahrscheinlicher ist freilich, dass sie sich auf das mühsame (sorb. sprócniwy) Besteigen des Berges bezieht. Archäologisch konnten keinerlei Hinweise auf eine vermeintliche Funktion, der auf natürliche Weise entstandenen Steingruppe auf dem Czorneboh festgestellt werden.[3]

Sagen

Obwohl der Czorneboh nahezu mit Sicherheit kein slawischer Kultplatz gewesen ist, war er schon in der Frühen Neuzeit Projektionsfläche vielfältiger mythologischer Vorstellungen. Ihren Hauptgegenstand bildete die Felsgruppe auf dem Gipfel des Berges. In ihnen vermeinte man aufgeschichtete Altäre, mit Opferbecken, Fackelhaltern und „Frageloch“ zu erkennen. Auf dem nahegelegenen „Hromadnik“ sah man, des Namens wegen, eine alte slawische Versammlungsstätte. Verbunden mit dem Aufleben regionalgeschichtlichem Interesses und der Rezeption mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Historiographen, lag es dann nahe, im Finsterwald (ćěmny oder čorny lěs) auch den Kult des schwarzen Gottes (čorny bóh), Czorneboh, oder zumindest einer Nacht- und Todesgöttin Čornybóh-Pya zu verorten. Schlichtweg erfunden und in das Ensemble eingefügt wurde der Gott Bieleboh, für den sich keinerlei Quellenbeleg finden lässt. Auch er erhielt einen Berg, der sich nun nicht nur am äußersten Rande, sondern ganz außerhalb des frühmittelalterlichen Siedlungsgebietes der Milzener befand. Daneben finden sich auch klassische christliche Topoi, wie der „Teufelsfuß“, ein Stein mit einem Eindruck in Form eines Hufes, oder das „Teufelsfenster“ (gleichzeitig das besagte „Frageloch“) mit dazugehörender Sage vom „Teufelsfenster am Czorneboh“.[4]

Literatur

  • Erwin Wienecke: Czorneboh und Bieleboh. Eine quellenkritische Studie aus dem Gebiet der slawischen Religionsgeschichte. In: Bautzener Geschichtshefte 4.6 (1927), S. 205-240.
  • Zwischen Strohmberg, Czorneboh und Kottmar. 1. Auflage. Akademie-Verlag Berlin, Berlin 1974 (Werte unserer Heimat. Band 24).

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Heinrich Gottlob Gräve: Volkssagen und volksthümliche Denkmale der Lausitz. Bautzen 1839, S. 57 Digitalisat
  2. Johann Georg Theodor Grässe u.a.: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Dresden 1855, S. 486ff. Digitalisat
  3. Peter Donat, Joachim Herrmann (Hg): Corpus archäologischer Quellen zur Frühgeschichte auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik (7. bis 12. Jahrhundert). 4. Bd. Bezirke Cottbus, Dresden, Karl-Marx-Stadt und Leipzig. Berlin 1985.
  4. Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Dresden 1855, S. 488. Digitalisat

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