DR-Baureihe 188.3

DR-Baureihe 188.3
DR-Baureihe 188.3
DBAG-Baureihe 708.3
708 324 auf der ersten Probefahrt nach dem Umbau im Bahnhof Wittenberge, schön zu sehen der längs eingebaute Kühler (Motorkühlwasser, Motoröl und Ladeluftkühlung)
Nummerierung: 708 301–337
Anzahl: 37
Hersteller: VEB Waggonbau Görlitz
Baujahr(e): 1987–1991
Achsformel: (1A)'2'
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge über Puffer: 22.400 mm
Höhe: 4.200 mm
Dienstmasse: 61 t
Reibungsmasse: 32t
Höchstgeschwindigkeit: 100 km/h
Installierte Leistung: 330 kW (neu 367 kW)
Traktionsleistung: 320kW
Treibraddurchmesser: 920 mm
Antrieb: dieselhydraulisch
Bremse: KE-GP m. Z. (D)
Zugsicherung: PZ80R System PZB 90 V 1.6(teilweise schon Update auf V2.01)

Die als Baureihe 188.3 der Deutschen Reichsbahn der DDR (DR) bzw. 708.3 der Deutschen Bahn AG bezeichneten Fahrzeuge sind die dritte Generation von Oberleitungsrevisionstriebwagen (ORT) der DR.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Durch die fortschreitende Elektrifizierung bei der DR der DDR wurde es Mitte der 1980er-Jahre notwendig, ein neues Fahrzeug zur Wartung und Störungsbehebung an Oberleitungsanlagen zu beschaffen, um die älteren ORT-Baureihen 188.0 und 188.2 zu ergänzen und längerfristig zu ersetzen. So entwickelte die VES-M Halle, der VEB Waggonbau Görlitz und das RAW Wittenberge ein komplett neues Fahrzeug. Auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1987 wurden schließlich die Prototypen 188 301 und 188 302 vorgestellt und anschließend bei den Bahnstromwerken Dresden und Halle eingehend getestet. Diese Tests zeigten die prinzipielle Eignung und ein paar kleine Unzulänglichkeiten, die aber nicht die Gesamtkonstruktion betrafen. Nun begann die Serienfertigung mit der Ablieferung des 188 303 am 27. Juni 1989 an die DR, ihm folgten bis Dezember 1991 noch 34 weitere Fahrzeuge, die im gesamten Gebiet der DDR stationiert wurden. Geplant waren eigentlich 50 Triebwagen zu beschaffen, was aber durch die Deutsche Wiedervereinigung verhindert wurde. Nun bevorzugte man kleinere Fahrzeuge, die einen separaten Antrieb für die Arbeitsfahrt besitzen. Ab August 1991 wurden die restlichen 5 Fahrzeuge direkt mit der Nummer nach DB Schema 708.3 und in einem leicht geänderten Farbton abgeliefert. Heute sind nicht mehr alle Fahrzeuge im Bestand der DB Netz AG, einige wurden im AW Wittenberge verschrottet und einige wurden z-gestellt, außerdem wurde der Prototyp 708 302 an die Firma Siemens verkauft. Alle Fahrzeuge, die sich heute noch im Bestand der DB Netz Notfalltechnik befinden, sind im gesamten Bundesgebiet anzutreffen.

Aufbau

Wagenkasten, Innenraum und Ausstattung

708 319-9 im Einsatz in Augsburg

Der kantige Wagenkasten ist eine Schweißkonstruktion, die über die gesamte Fahrzeuglänge reicht. Zu betreten ist der Triebwagen über zwei versetzt angeordnete, nach innen öffnende Drehtüren an jedem Ende und über zwei Doppelschiebetüren in der Fahrzeugmitte. Diese führen in den großen Werkstattraum, die Drehtüren ebenfalls in den Werkstattraum und in den Aufenthaltsraum. An jedem Wagenende befindet sich ein Führerraum, diese sind nach DR üblichen ergonomischen Grundsätzen gestaltet, er weist starke Ähnlichkeiten mit dem Führerpult der DR-Baureihe 243 in der Ursprungsausführung, allerdings wurde er natürlich für die Verhältnisse des Dieselantriebs angepasst. Der Fahrschalter arbeitet mit einer Strom-Druckübersetzung bei der die Stellung per elektrischen Strom abgegriffen wird und über ein Druckluftventil die Drehzahl des Fahrmotors einstellt. Vom Führerstand I gelangt man direkt in den Werkstattraum, in dem sich diverse Werkzeuge, Ersatzteile, die Hydraulik für die Hubarbeitsbühne und der Dom befinden. Dieser ist über eine Treppe zu betreten und ermöglicht die Beobachtung des Fahrdrahtverlaufs an dem Messstromabnehmer VS H4, außerdem ist hier über eine zweite Treppe der Ausstieg aufs Dach möglich, die Ausstiegstüren lassen sich allerdings nur Öffnen wenn der Bügel am Fahrdraht anliegt und über einen Erdungsschalter bahngeerdet ist. Hier in der Fahrzeugmitte befinden sich auch die beiden seitlichen Schiebetüren zum ein- und ausladen von sperrigen Gütern, dafür ist dort auch ein Ladekran an der Decke angeordnet, welcher sich nach draußen verschieben lässt und eine maximale Tragkraft von 300kg aufweist. Am Dom vorbei kommt man am Schrank für die PZ 80R vorbei zum Waschraum, der bis zum 188 330 über Waschbecken und Toilette verfügte, danach war nur noch ein Waschbecken vorhanden. Die Toilette ist in offener Bauweise ausgeführt. Am WC vorbei führt eine Tür in den 3602 mm langen Aufenthaltsraum in dem sich ein Tisch und zwei Bänke befinden, außerdem ist hier eine kleine Küchenzeile mit Kühlschrank, Spülbecken und Kochgelegenheit eingerichtet. Vom Aufenthaltsraum gelangt man direkt in den Führerraum II welcher größtenteils dem Führerstand I entspricht, allerdings ist hier noch die Erdungsvorrichtung für den Stromabnehmer, an der Decke der Beimannseite vorhanden. Auf dem Dach befinden sich über dem Werkstattraum die 6290 mm lange Hubarbeitsbühne, welche hydraulisch 2m angehoben und gedreht werden kann, außerdem noch eine 4400 mm lange feste Bühne, somit entsteht eine nutzbare Arbeitsfläche von 17,7 m². Am anderen Wagenende befindet sich der Mess- und Erdungsstromabnehmer VS H4, dieser ist im Anpressdruck stufenweise einstellbar und besitzt eine Skala um den Zickzack-Lauf der Fahrleitung zu kontrollieren. Des Weiteren befinden sich auf dem Dach mehrere Suchscheinwerfer und Leuchtstofflampen zur Arbeitsfeldbeleuchtung.

Antrieb und Technik

Alle Triebwagen verfügten ursprünglich über einen Unterflur eingebauten 6-Zylinder-Dieselmotor aus dem Motorenwerk Roßlau/Elbe der Bauart 6 VD 18/15 AL2 HRW 123. Dieser überträgt seine Kraft über Kardanwellen und ein Wandlergetriebe vom Typ GS 20/4,2 (Anfahr- und Marschwandler) an ein Achsgetriebe AYD 145 und durch dieses an den Achstrieb AKK 145. Die elektrische Ausrüstung besteht aus drei Stromkreisen. Zum Anlassen des Fahrmotors und des BSA sowie zum Betrieb der Wechselsprechanlage ist eine 24V Anlage vorhanden, die ihre Energie aus einer Lichtmaschine mit 2kW Leistung oder aus einer Batterie mit 195Ah bezieht. Eine 110V Anlage zur Fahrzeugsteuerung, zum Betrieb der Hilfsbetriebe, Beleuchtung und der MESA wird von einem an das Strömungsgetriebe angeflanschten Drehstromgenerator mit 15kW Leistung versorgt, zur Aufrechterhaltung der Spannung bei Fahrzeugstillstand sind zudem noch Bleibatterien mit 240Ah Kapazität vorhanden. Zum Betrieb der Hubarbeitsbühne und der Werkzeuge ist zudem noch eine 380/220V Drehstromanlage installiert, sie wird vom BSA gespeist und kann über einen Transformator und Gleichrichter die 110V und 24V Batterien laden. Als Sicherheitseinrichtungen besitzen alle Fahrzeuge eine Indusi der Bauart PZ 80R mit der Funktionalität PZB 90 V 1.6 (Teilweise schon Update V 2.01), die Betriebstauglichkeit wird durch eine elektronische Anforderungssifa 86 sichergestellt. Werkseitig waren alle Triebwagen mit einer mobilen Eisenbahnstreckenfunkanlage (MESA) ausgerüstet, bei der Modernisierung wurde diese ausgebaut und durch eine GSM-R Anlage ersetzt.

Laufwerk und Bremsen

Die Fahrzeuge laufen auf 2 Drehgestellen der modifizierten Bauart Görlitz Va, Trieb- und Laufdrehgestell sind in ihrer Konstruktion prinzipiell baugleich. Sie besitzen einen Achsstand von 2.500 mm und sind Primär und Sekundär mit Schraubenfedern ausgerüstet. Abgebremst wird der Triebwagen über eine Druckluft-Scheibenbremse der Bauart KE-GP mZ (D), die über ein DAKO BS 4m oder Knorr EE4 Bremsventil auf 4 Bremsscheiben im Laufdrehgestell und 2 Bremsscheiben im Triebdrehgestell wirkt und ein Bremsgewicht von 62t in der Bremsstellung P (54t in G) erzeugt.

Modernisierung

Aufgrund der relativ jungen Konstruktion, der guten Substanz und der schwieriger werdenden Ersatzteillage beschloss die DB Netz AG im Jahr 2004 die Modernisierung der Baureihe 708.3, somit erteilte man dem AW Wittenberge (WWX) den Auftrag, ein Konzept zur Modernisierung zu entwickeln. Das Konzept sah vor, den Fahrmotor gegen einen 6-Zylinder-LKW-Dieselmotor von MAN zu tauschen, das ursprüngliche Strömungsgetriebe bei MAN und Voith in Heidenheim an der Brenz aufzuarbeiten, die Kühlanlagen gegen eine Behr-Kühlanlage zu ersetzen, die Arbeitsfeldbeleuchtung zu verbessern und die Suchscheinwerfer auf Xenon-Gasentladungslampen umzubauen. Außerdem wurde das Bordstromaggregat gegen ein neues mit einem Motor von Hatz getauscht, die Leistung wurde dadurch von 14kW auf 22 kW gesteigert, des Weiteren wurde eine elektronische Motorsteuerung eingebaut und die Anzeigen für Kühlwasser-, Strömungsgetriebetemperatur und Motordrehzahl auf LED Laufbandanzeige umgestellt, neu hinzu kam an den Tankklappen eine LED Anzeige für den Dieselkraftstoffstand ähnlich der Wasseranzeige bei Reisezugwagen. Im Oktober 2004 verließ mit 708 324 der erste modernisierte ORT das Werk und wurde sogleich eingehend bei DB Netz Wittenberge getestet, was sich anbot, da sich hier durch die örtliche Nähe zum betreuenden Ausbesserungswerk ein möglicher Schaden schnell beheben lässt. Bis zum heutigen Tage (Stand: 29. November 2009) wurden insgesamt 19 ORT umgebaut, die ersten Fahrzeuge wurden in der Ursprungslackierung neu lackiert oder ausgebessert und ab Oktober 2006 wurde mit 708 334 die gelbe Standardlackierung für Bahndienstfahrzeuge in RAL 1004 eingeführt, welche allerdings vielerorts als hässlich bezeichnet wird.

708 311-6 in aktueller Lackierung

Siemens 708 302

Der Prototyp 188 302 wurde zum 31. Juli 2002 an die Firma Siemens verkauft, dort wurde er zu einem hochmodernen Messfahrzeug umgebaut und gehört seit 2008 zur Flotte von Eurailscout. Er verlor dabei seine Arbeitsbühnen und der Stromabnehmer wurde gegen einen neuen vom Typ DSA 350 getauscht, außerdem befinden sich 4 Klimageräte und 2 Kompressoren auf dem Dach, die Klimageräte sorgen im Innenraum für die gleichbleibende Temperatur, die für die Lasermesseinrichtungen notwendig ist. Das Messfahrzeug ist nun in der Lage, eine Lage- und Verschleißmessung an Fahrleitungsanlagen mit 80 km/h durchzuführen, dazu wird durch Laserstrahlen die Position der Quertragwerke festgestellt und dann die Kameras ausgelöst, dass von jedem Quertragwerk Fotos gemacht werden, diese werden dann nach der Fahrt ausgewertet, auch wird über Kameras fortlaufend die Stärke des Fahrdrahts gemessen. Zusätzlich wurden Oberbaumesstechniken installiert, die in der Lage sind während der Fahrt fehlende Befestigungsmittel, Beschädigungen der Schwellen und Schienenoberfläche und Gleislagefehler zu erkennen. Später wurde noch ein optisches Messsystem eingebaut, welches in der Lage ist, permanent die Spurweite und Abnutzung der Schiene und Unebenheiten auf dem Schienenkopf festzustellen. Der Aufbau des Wagenkastens wurde beim Umbau nicht geändert, nur wurde im ehemaligen Werkstattraum die Messtechnik installiert. Für die vielen elektronischen Geräte (Computer, Laser, Kameras, Klimaanlagen uvm.) reichte die Leistung des Bordstromaggregat mit 14kW nicht aus und so wurde ein neues BSA mit 50kVA bei 400V eingebaut. Bei dem Fahrzeug blieb die Farbaufteilung prinzipiell erhalten, allerdings wurde das ockerfarbene Fensterband und der Rahmen in Silber lackiert, zusätzlich verläuft an den Längsseiten ein blauer Streifen in einem Bogen, der sich an den Fahrzeugenden und den Fronten mit dem silbernen Rahmen vereinigt, um dann in Form eines umgedrehten V unter die Stirnfenster zu laufen. Es behielt allerdings seinen alten Fahrmotor, der auf jeder Seite seine Abgase entlässt und somit die Seitenwände stark verschmutzt. Zu guter letzt wurde das Fahrzeug umgezeichnet und ist heute als schweres Nebenfahrzeug 97 99 03501 18-2 im Bestand von Siemens Division Mobility.

Literatur

  • Arend Boldt: Bahndienstfahrzeuge. Technik und Aufgaben der Baureihen 701 bis 740 der DB, DR und DB AG. Lokrundschau Verlag, Gülzow 2009, ISBN 978-3931647247.
  • Deutsche Bahn AG: Dokumentation zur Remotorisierung der Baureihe 708.3. DB Systemtechnik, 2005.

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