Dampffördermaschine

Dampffördermaschine

Die Fördermaschine dient im Bergbau zum Antrieb eines drehbaren Seilträgers, der als Trommel, als Treibscheibe oder als Bobine ausgeführt sein kann. Der Seilträger nimmt das Förderseil auf, das mit dem im Schacht befindlichen Fördermittel bzw. Förderkorb verbunden ist. Durch Drehung des Seilträgers wird über das Förderseil das im Schacht befindliche Fördermittel in Auf- oder in Abwärtsrichtung bewegt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Fördermaschine von 1887 in dem Museum Zeche Nachtigall im Muttental (Witten), ursprünglicher Standort: Zeche Prosper Schacht 1, Leistung: 400 PS
Erste elektrische Fördermaschine im Ruhrbergbau aus dem Jahr 1902, Zeche Zollern 2/4 in Dortmund-Bövinghausen
Fördermaschine auf der stillgelegten Zeche Hannover in Bochum aus dem Blickwinkel des Fördermaschinisten

Der Vorläufer der Fördermaschine ist zum einen das Kehrrad, das in den Bereichen des Bergbau eingesetzt wurde, in denen aufgrund der Höhenlage die Wasserkraft als Energiequelle eingesetzt werden konnte. Im Erzbergbau wurde die Wasserkraft sehr extensiv verwendet, und es wurden als Fördermaschinen Kehrräder eingesetzt, die durch die unterschiedliche Anordnung der Leitschaufeln in beide Richtungen angetrieben werden konnten.

Im Bergbau wurden vor der Einführung der Dampfkraft die gewonnenen Bodenschätze entweder mit handbedienten Haspeln oder durch Pferdegöpel zu Tage gefördert.

Der Begriff der Fördermaschine bildete sich mit der Einführung der Dampfmaschine für die Schachtförderung heraus. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Fördermaschinen ausschließlich mit Dampf angetrieben. Daher musste jede Schachtanlage auch mit einem Kesselhaus ausgerüstet sein. Als Dampfkessel kamen ursprünglich Flammrohrkessel zum Einsatz, oft in der Ausführung eines Doppelflammrohrkessel, die mit Drücken von 10-16 bar betrieben wurden. Meistens wurde noch ein so genannter Rootsspeicher zwischen Dampferzeuger und Dampfmaschine zwischengeschaltet. Diese Speicher haben ein Volumen von mehreren 10.000 l und sind mit Heißwasser im Siedezustand gefüllt. Der Dampf aus dem Dampfkessel wird durch Düsenrohre im unteren Bereich der Speicher eingeleitet. Da die Dampfmaschine beim Anlaufen mit hoher Überlast betrieben wird, können durch die Nachverdampfung aus der großen Wassermenge in dem Rootsspeicher kurzzeitig erhebliche Dampfmengen zur Verfügung gestellt werden.

Die ersten elektrischen Fördermaschinen wurden Anfang des 20. Jahrhunderts auf den von Arnim'schen Steinkohlenwerken in Planitz bei Zwickau (neuer Heinrichschacht 1899 bzw. neuer Alexanderschacht 1902) aufgestellt.[1] Lange Zeit wurden sowohl elektrische als auch dampfbetriebene Fördermaschinen eingesetzt. Mit der Stilllegung von Zechenkraftwerken in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhundert entfiel die einfache Versorgung mit Dampf, so dass nur für die Dampfversorgung der Fördermaschinen ein Kesselhaus mit Dampfkesseln erforderlich wurde. Daher wurden die dampfangetriebenen Fördermaschinen nach dem Zweiten Weltkrieg auf vielen Schachtanlagen verdrängt.

Zeitzeugen

Allerdings wurde der Dampfbetrieb auf der Zeche Lohberg erst 1995 auf elektrischen Antrieb umgestellt. Auf der Zeche Fürst Leopold in Dorsten (zuletzt Teil des 2008 stillgelegten Bergwerks Lippe) stand die letzte im Ruhrbergbau betriebene Zwillingsdampfmaschine an Schacht 2. Die Maschine wurde Mitte 2008 stillgelegt. Auf dem Bergwerk Anthrazit Ibbenbüren GmbH befindet sich am Schacht von Oeynhausen 1 eine Dampffördermaschine in der heute seltenen Bauform einer Doppel-Trommelfördermaschine. Teilweise ist an zurückgebauten Förderanlagen mit Dampfmaschinen der Antrieb auf Druckluft umgerüstet worden (z.B. Malakowturm Schacht 1 der Zeche Ewald). Auf dem Bergwerk Auguste Victoria in Marl sind bis 2007 noch insgesamt drei ehemalige Dampffördermaschinen im Einsatz gewesen. 1966 wurden diese Maschinen auf Niederdruck umgerüstet. Die Maschinen sind aus den Jahren 1904 und 1907 (GHH Sterkrade) und 1911 (Isselburg). Die Schächte wurden zwischenzeitlich stillgelegt und verfüllt.

Auf dem Industriedenkmal Zeche Consolidation Schacht 9 in Gelsenkirchen[2] steht die 1963 von der Gutehoffnungshütte gebaute größte Dampffördermaschine Europas. Die zweizylindrige Zwillingsdampfmaschine hat eine Leistung von 4100 PS, wiegt 285 Tonnen und hob Nutzlasten von 12 Tonnen mit einer Geschwindigkeit von 18 m/s aus dem 1000 m tiefen Schacht. Die Maschine wird an jedem 1. Sonntag im Monat im Museumsbetrieb vorgeführt und läuft dabei wie im regulären Betrieb auf Druckluft.

Aufstellungsort

Es gibt zwei Möglichkeiten zur Platzierung der Fördermaschine. Hinsichtlich des Aufstellungsortes unterscheidet man:

  • Flurfördermaschinen
  • Turmfördermaschinen

Bei den Flurförderanlagen befindet sich Fördermaschine ebenerdig in einiger Entfernung vom Fördergerüst in einem separaten Fördermaschinengebäude. Zur Umlenkung des Förderseils dienen Seilscheiben im Förderturm. Diese Variante ermöglich mehr Flexibilität bei der räumlichen Anordnung der Treibscheibe.

Bei der Turmförderanlage befindet sich die gesamte Fördermaschine im Förderturm. Treibscheibe und Antriebsmotor befinden sich somit direkt über der Schachtöffnung. Diese Anordnung der Fördermaschine ist sehr platzsparend, da keine weiteren Gebäude auf dem Bergwerksgelände benötigt.[3]

Betrieb

Der Betrieb der Fördermaschine obliegt dem Fördermaschinisten. Meistens wurden für diese Tätigkeit Bergleute eingesetzt, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr einfahren konnten. Den Stand des Korbes kann der Fördermaschinist anhand des Teufenanzeigers bestimmen. Der exakte Stand wird durch Farbmarkierungen auf dem Seil angegeben. Der Anschläger ist eine Person, die auf den vom Korb regelmäßig angefahrenen Sohlen den Betrieb an dem Schacht überwacht. Der Anschläger kommuniziert mit dem Fördermaschinisten mittels der Signalanlage (Schachthammer, Fertigsignalanlage; früher mechanisch, heute meist elektrisch/elektronisch). An Nebenschächten ohne regelmäßige Seilfahrt können unterwiesene Bergleute das Signal für die Fahrt selbst geben (so genannte Selbstfahrer).

Literatur

  • Wilhelm Hermann, Gertrude Hermann: Die alten Zechen an der Ruhr. 4. Auflage, Verlag Karl Robert Langewiesche, Nachfolger Hans Köster KG, Königstein i. Taunus, 1994, ISBN 978-3-7845-6994-9
  • Walter Bischoff, Heinz Bramann, Westfälische Berggewerkschaftskasse Bochum: Das kleine Bergbaulexikon. 7. Auflage, Verlag Glückauf GmbH, Essen, 1988, ISBN 3-7739-0501-7

Einzelnachweise

  1. „Der Steinkohlenbergbau im Zwickauer Revier“, Steinkohlenbergbauverein Zwickau e.V., Förster & Borries Zwickau, 2000, ISBN 3000062076
  2. Zeche Consolidation Schacht 9 in Gelsenkirchen
  3. Steinkohlenportal Artikel: Tempo im Schacht

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