Dark Alliance

Dark Alliance

Gary Webb (* 1955 in Corona, Kalifornien; † (unter nicht vollständig geklärten Umständen) 10. Dezember 2004 in Sacramento, CA, USA) war ein US-amerikanischer Investigativjournalist und ein Gewinner des Pulitzer-Preises. Webb wurde vor allem durch seine Artikelserie Dark Alliance bekannt, in der er Verbindungen der CIA zum organisierten Drogenhandel beschrieb.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach einer abgebrochenen Ausbildung an einer Journalistenschule wurde Gary Webb Redakteur bei der Kentucky Post und von 1988 bis 1997 bei der San Jose Mercury News. Er erhielt 1980 den Investigate and Editors Award und 1990 zusammen mit seinem Team der San Jose Mercury News den Pulitzer-Preis für eine Reportage über das Erdbeben in der San Francisco Bay Area 1989. 1994 erhielt er den Mencken Award.

Wegen seiner kontroversen Artikelserie Dark Alliance geriet Webb 1996 unter starke Kritik der großen amerikanischen Medien. Sein offiziell als Suizid deklarierter, unter ungewöhnlichen Umständen eingetretener gewaltsamer Tod im Jahr 2004 wird von zahlreichen Beobachtern in den USA kritisch hinterfragt.

Werk

Werke

  • Dark Alliance: The CIA, the Contras, and the Crack Cocaine Explosion, Seven Stories Press, 1999, ISBN 1-888363-93-2
  • Als Co-Autor in: Kristina Boriesson (Hg.): Zensor USA. Wie die amerikanische Presse zum Schweigen gebracht wird. Pendo, 2004, ISBN 3-85842-577-X - in einem 23seitigen Beitrag schildert Webb die Ereignisse nach der Veröffentlichung seiner Artikelserie. Guter Überblick über die Materie, einzige Veröffentlichung von Webb auf deutsch.

Dark Alliance

Bekannt wurde Webb 1996 durch eine unter dem Titel Dark Alliance in der San Jose Mercury News veröffentlichte Artikelserie. Darin legte er detailliert und mit zahlreichen Dokumenten und Zeugenaussagen belegt dar, dass die nicaraguanischen Contra-Rebellen in den 1980er Jahren mit Wissen der CIA in großem Maße Kokain in die USA geschmuggelt hatten, um ihren Guerillakrieg gegen die Sandinisten zu finanzieren. Laut Webb soll die von ihm aufgedeckte Contra-Connection für rund die Hälfte des in dieser Zeit in die USA geschmuggelten Kokains verantwortlich gewesen sein, während die andere Hälfte auf das Medellín-Kartell zurückging.

Die Serie traf auf große Resonanz, die Internetseite der Zeitung verzeichnete in der Hochphase 1,3 Millionen Besucher pro Tag. Die Enthüllungen lösten einen Aufruhr in der Black Community aus, da vor allem die Afro-Amerikaner Opfer der durch den Zustrom von billigem Kokain nach Kalifornien ausgelösten Crack-Welle der 1980er Jahre waren. Auf dem Höhepunkt des Aufruhrs der öffentlichen Meinung sah sich der damalige CIA-Chef John Deutch bei einer öffentlichen Veranstaltung in Los Angeles einer aufgebrachten Menge gegenüber, die er nur durch das Versprechen einer offiziellen Untersuchung besänftigen konnte. Auf der Veranstaltung trat auch Michael C. Ruppert auf, ein ehemaliger Drogenfahnder des Los Angeles Police Department. Er konfrontierte Deutch mit dem Vorwurf, dass die CIA auch dafür gesorgt habe, dass die Polizei die Verteilung des Kokains in den Innenstädten nicht behindere. Insbesondere sei er selber Ende der 1970er Jahre von der CIA kontaktiert worden, um bei der Vertuschung von Drogenaktivitäten mitzuwirken. Er nannte dabei drei entsprechende Verdeckte Operationen der CIA: Amadeus, Pegasus und Watchtower[1].

Hauptthesen von Webb in den Dark Alliance-Artikeln

Die Dark Alliance-Serie bestand aus an drei aufeinanderfolgenden Tagen publizierten Artikeln mit zusammen rund 20.000 Wörtern (siehe Weblinks). Die folgende Zusammenfassung der Hauptthesen ist aus dem Beitrag von Gary Webb in dem unter "Literatur" aufgeführten Buch "Zensor USA", S. 252 zitiert.

  • Die von der CIA organisierten Contras hatten tatsächlich Kokain verkauft, um ihre Aktivitäten zu finanzieren. Diese Behauptung hatten die großen Medien und die CIA heftig bestritten, seit Journalisten Mitte der 1980er Jahre (siehe Weblinks) erstmals über den Drogenhandel der Contras berichtet hatten.
  • Die Contras hatten in den Ghettos von Los Angeles Kokain verkauft, und ihr wichtigster Kunde war der größte Crack-Dealer von Los Angeles gewesen.
  • Elemente in der US-Regierung wussten damals über die Aktivitäten des Drogenrings Bescheid und unternahmen wenig oder nichts, um ihnen ein Ende zu setzen.
  • Der Drogenring spielte bei Entstehung und Aufrechterhaltung des ersten großen auf Crack basierenden Kokainmarkts in den USA eine zentrale Rolle.
  • Die ursprünglich auf Los Angeles beschränkten Banden Crips und Bloods konnten mittels ihrer Gewinne aus dem Crack-Verkauf auch in anderen Städten Fuß fassen und den Crack-Missbrauch auch dort in den Vierteln der Schwarzen verbreiten, so dass aus einem schweren regionalen Problem ein schweres nationales Problem wurde.

Webb warf der CIA dabei keinesfalls vor, dass sie die Vorgänge gezielt oder im Sinne einer Verschwörung gegen die schwarze Bevölkerung der USA gefördert hätte, wie ihm viele Kritiker entgegenhielten. Vielmehr bewertete er das Geschehen folgendermaßen: "Eine dumme Idee hatte dank dummer politischer Entscheidungen und verheerendem historischen Timing zur Katastrophe geführt." ("Zensor USA", S. 252)

Folgen

Kritik

Nach anfänglich positiver Bewertung von Webbs Arbeit, etwa im Newsweek-Magazin, begann etwa drei Monate später eine Kritikwelle der großen US-Zeitungen an den Artikeln, wobei sich vor allem die New York Times, die Washington Post und die Los Angeles Times hervortaten. Sie präsentierten Zeugen aus dem Geheimdienstumfeld wie Vincent Cannistraro, die die Vorwürfe vehement bestritten. Obwohl die von Webb dargelegten Tatsachen und Zusammenhänge nie im Detail widerlegt wurden, gab sein Chefredakteur unter dem Druck der etablierten Medien schließlich nach und entschuldigte sich für die Artikel.

Im Grunde waren viele der von Webb geschilderten Tatsachen nicht neu. Bereits im Dezember 1986 hatten Robert Parry und Brian Barger in einem Artikel der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) über den Kokainschmuggel der Nicaraguanischen Contras in die USA berichtet (siehe Weblinks). Diese Geschichte nahm Senator John Kerry zum Anlass, eine Kongressuntersuchung zu beginnen (siehe unten).

Webb selbst hat geäußert, dass die extreme Wirkung von Dark Alliance vermutlich daraus resultierte, dass in dieser Zeit (1996) das Internet gerade zum Massenmedium wurde und die Geschichte sich entsprechend schnell verbreitete.

Offizielle Untersuchungen

Eine Untersuchungskommission des amerikanischen Kongresses, die praktisch im Alleingang von dem damals jungen Senator und späteren Präsidentschaftskandidaten John Kerry betrieben wurde, hatte schon 1986 die wesentlichen von Webb beschriebenen Fakten zu Tage gefördert[2] (siehe Zitat von John Kerry und Weblinks). Die Ergebnisse wurden allerdings von den großen Medien weitgehend ignoriert. 1998 bestätigten zwei durch Webbs Artikel ausgelöste Aufsichtsberichte der CIA die wesentlichen Fakten der Artikelserie und des im Jahre 1998 veröffentlichten Buchs[3][4][5][6]. Einer der von Webb benannten Großdealer von Los Angeles, Danilo Blandon, hatte schon im Februar 1994 vor einem kalifornischen Gericht ausgesagt, dass er Drogengeschäfte mit dem Contra-Funktionär Norwin Meneses gemacht hatte[7].

Karriereende und früher Tod

1997 kündigte Webb bei der San Jose Mercury News, nachdem diese ihm ihre Unterstützung entzogen hatte. Durch die Kampagne gegen seine Dark Alliance-Serie war Webbs Karriere als Enthüllungsjournalist bei größeren Zeitungen faktisch beendet.

1998 veröffentlichte er seine Recherchen in dem Buch Dark Alliance: The CIA, the Contras, and the Crack Cocaine Explosion.

Für das Jahr 2005 kündigte Webb einen Dokumentarfilm und ein Buch mit weiteren Enthüllungen über die Affäre an. Zu diesem Zweck interviewte er erneut die damaligen Schlüsselfiguren der Affäre. Er konnte diese Arbeiten jedoch nicht vollenden. Garry Webb wurde am 10. Dezember 2004 in seinem Haus in Sacramento erschossen aufgefunden. Er starb durch zwei Schüsse aus einer Waffe vom Kaliber .38 in den Kopf. Der örtliche Untersuchungsrichter deklarierte den Tod noch vor dem Ende der Untersuchung als Selbstmord (siehe Zitate). Diese Tatsachen führten in Verbindung mit den Selbstmorden anderer bekannter kritischer Journalisten in den USA (zum Beispiel James Hatfield und Hunter S. Thompson) zu zahlreichen Spekulationen, dass Gary Webb ermordet worden sein könnte. Bekannt wurde aber auch, dass Webb bereits Jahre vor seinem Tod auf Grund von Depressionen mehrfach in Behandlung war.

Zitate

Dass bei mir so lange alles reibungslos lief, lag nicht etwa daran, dass ich sorgfältig und fleißig und gut in meinem Job war. Nein, es lag einzig und allein daran, dass ich in all den Jahren nichts geschrieben hatte, das wichtig genug war, um unterdrückt zu werden.

(Kommentar von Gary Webb zu den Geschehnissen nach der Veröffentlichung der Dark Alliance-Artikel)[8]

Ein Selbstmord durch zwei Schüsse ist ungewöhnlich - aber es ist in der Vergangenheit vorgekommen, und daher ist es tatsächlich eindeutig möglich.

(Der zuständige Untersuchungsrichter von Sacramento in einer Presseerklärung zum gewaltsamen Tod von Gary Webb, der umgehend als Selbstmord deklariert wurde.)[9]

Unser Land machte sich zum Komplizen im Drogenhandel, zur selben Zeit, in der wir unzählige Dollars dafür ausgaben, die durch Drogen verursachten Probleme in den Griff zu bekommen - es ist einfach unglaublich.

(US-Senator John Kerry während der Senatsanhörungen zur Iran-Contra-Affäre 1987)[10]

Bei Gott, die Geheimdienste dieses Landes sollten in dem Krieg gegen die Drogenhändler mithelfen, anstatt mit diesem Abschaum der Erde auch noch zusammenzuarbeiten - denn das haben sie getan.

(US-Senator Alfonse D'Amato während der Senatsanhörungen zur Iran-Contra-Affäre 1987)[11]

Verweise

Interne Verweise

Literatur

  • Alexander Cockburn und Jeffrey St. Clair: Whiteout: the CIA, Drugs and the Press. Verso Books, 1998, ISBN 1-85984-139-2 - Aufbauend auf den Ergebnissen von Webb behaupten die Autoren, beides bekannte US-Enthüllungsjournalisten, dass die tatsächliche Involvierung der CIA in den Drogenhandel noch weit größer war als von Webb beschrieben
  • Daniel Hopsicker: Barry und die Boys. Barry Seal, eine Schlüsselfigur der amerikanischen Geheimgeschichte. Zweitausendeins, 2005, ISBN 3-86150-727-7
  • Alfred W. McCoy: Die CIA und das Heroin. Weltpolitik durch Drogenhandel. Verlag Zweitausendeins, Frankfurt am Main, 2003, ISBN 3-86150-608-4 - Standardwerk zu CIA und Drogenhandel, mit eigenem Kapitel zur Contra-Thematik
  • Robert Parry: Lost History: Contras, Cocaine, the Press & "Project Truth". Media Consortium, 1999, ISBN 1-893517-00-4
  • Peter Dale Scott, Jonathan Marshall: Cocaine Politics. Drugs, Armies, and the CIA in Central America. University of California Press, April 1998, ISBN 0-520-21449-8
  • Jürgen Roth: Schmutzige Hände. Wie die westlichen Staaten mit der Drogenmafia kooperieren. Goldmann, 2000, ISBN 3-442-15134-1

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Crack the CIA. Kurz-Dokumentarfilm über CIA-Drogenaktivitäten von www.guerillanewsnetwork.com, mit dem Auftritt von Michael Ruppert und John Deutch
  2. Robert Parry: Kerry's Contra-Cocaine Chapter salon.com, 29. Oktober 2004
  3. https://www.cia.gov/cia/reports/cocaine/intro.html
  4. https://www.cia.gov/cia/reports/cocaine/contents.html
  5. Robert Parry: CIA's Drug Confession Consortium News, 15. Oktober 1998
  6. http://www.fromthewilderness.com/free/ciadrugs/xtract.html
  7. Aussage von Danilo Blandon über seine Contra-Verbindungen, 3. Februar 1994
  8. Gary Webb: Information oder Intoxikation? Die CIA, das Crack und die Contras. in: Kristina Boriesson (Hg.): Zensor USA. Wie die amerikanische Presse zum Schweigen gebracht wird. S. 250, Pendo, 2004, ISBN 3-85842-577-X
  9. Charlene Fassa: Webb 'Suicide' Looking More Like Murder. www.infowars.com, 19. Dezember 2004
  10. Crack the CIA. Kurz-Dokumentarfilm über CIA-Drogenaktivitäten von www.guerillanewsnetwork.com
  11. Crack the CIA. Kurz-Dokumentarfilm über CIA-Drogenaktivitäten von www.guerillanewsnetwork.com



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