Der Gaskrieg während des Ersten Weltkrieges

Der Gaskrieg während des Ersten Weltkrieges
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Russische Soldaten mit Gasmasken, datiert 1916/17

Im Ersten Weltkrieg fand der erste Einsatz von chemischen Kampfstoffen im August 1914 durch französische Truppen statt, die Xylylbromid, ein Tränengas, entwickelt von der Pariser Polizei, gegen deutsche Truppen anwandten. Beide Seiten versuchten sich daraufhin in der Verwendung weiterer Stoffe, die eine vorwiegend reizende Wirkung hatten. Nach den Bestimmungen der Haager Landkriegsordnung, die alle Kriegsparteien anerkannten, war zwar der Einsatz von giftigen Stoffen verboten, jedoch fielen Reizstoffe nicht in diese Kategorie und waren demnach erlaubt. Da das Deutsche Reich aber extrem an Rohstoffmangel litt, wurde nach einem Ausweg gesucht, diesen Mangel durch den Einsatz von Stoffen zu beheben, die einerseits in ausreichender Menge verfügbar waren und andererseits eine tödliche Wirkung erzielten. Daher wurde der Einsatz des giftigen Chlorgases erwogen, welches als Abfallprodukt der chemischen Industrie in großen Mengen vorhanden war. Um die Haager Landkriegsordnung durch dessen Einsatz nicht zu verletzen, wurde es als Reizgas deklariert. Es wird behauptet, dass zum ersten Mal der Einsatz von chemischen Waffen am 22. April 1915 in der Zweiten Flandernschlacht bei Ypern gelungen sei, als deutsche Truppen 150 Tonnen Chlorgas aus Flaschen nach dem so genannten Haberschen Blasverfahren entweichen ließen. Die Folge waren rund 5.000 Tote und 10.000 Verletzte und ebenso der baldige Einsatz chemischer Kampfstoffe von der Gegenseite. Doch stellt sich aus Major Karl von Zinglers Feldpostbrief heraus, dass der erste deutsche Chlorgas-Einsatz schon vor dem 2. Januar 1915 eingesetzt worden ist: „Rousselare 2. Januar 1915 […] Auf anderen Kriegsschauplätzen ist es ja auch nicht besser und die Wirkung von unserem Chlor soll ja sehr gut gewesen sein. Es sollen 140 englische Offiziere erledigt worden sein. Es ist eine furchtbare Waffe […].“[1] Somit war der Gaskrieg begonnen worden, der bis zum Waffenstillstand 1918 andauern sollte und der Welt die schrecklichen Folgen der chemischen Kriegsführung aufzeigte.

Inhaltsverzeichnis

Anfang des Gaskrieges

Deutsche Gaswerfer, 1915

Die Anfänge des Gaskrieges liegen in der Verwendung von Tränengasen durch die Franzosen, um die feindlichen Soldaten aus den Unterständen in die Reichweite der konventionellen Munition zu locken. Schon vor 1914 wurden in Frankreich die sogenannten cartouches suffocantes (Erstickungspatronen) für die Polizei entwickelt. Diese mit einer Signalpistole zu verschießenden Kartuschen waren mit 200 gr. Äthylbromacetat gefüllt, welches im offenen Gelände aber nahezu wirkunglos war. Beim Angriff auf Befestigungen und im Häuserkampf war dieses Tränengas jedoch effektiv einsetzbar.[2] Somit setzten die Französischen Soldaten die seit 1912 produzierten Gewehre der Polizei und deren Munition ein. Ursprünglich wurde Bromessigsäureethylester verwendet, aber wegen der Knappheit an Brom wurde dann Chloraceton verwendet. Dies wurde ebenso in Granaten und Geschosse abgefüllt.

Ebenso wie Frankreich wurden in Großbritannien Pläne zu einem Tränengas- und Stickgaseinsatz entworfen. Tränengase wie Chloraceton und Benzylchlorid und ebenso Gase wie Schwefeldioxid wurden für den Einsatz erwogen.

Nachdem der Gaskrieg schon voll entbrannt war, setzten die Amerikaner Blausäuregranaten neben den anderen Giftgasen ein.

In Deutschland war am Anfang des Krieges noch nicht an den Einsatz von Giftgasen zu denken. Die Verwendung von Reizstoffen, wie ihn die Franzosen und Briten einsetzten war aber akzeptiert.

Aufgrund der besonderen Lage Deutschlands und der Mittelmächte allgemein und deren dadurch resultierenden Rohstoffknappheit durch die neuartigen Kriegsführung (Schützengräben, Artilleriefeuer, etc) führten zur Notwendigkeit, die benötigten Rohstoffe selbst zu synthetisieren. Dazu war die deutsche chemische Industrie prädestiniert. Der Anteil an der Weltproduktion chemischer Erzeugnisse 1913:

  • Deutschland 85,9 %
  • England: 2,5 %
  • USA: 1,8 %
  • Frankreich: 0,6 %
  • Rest: 9,2 %

Um den Gegner in den Wirkungsbereich konventioneller Waffen zu locken, wurden erst Stinkstoffe, dann Reizstoffe in Betracht gezogen.

Nach Justrow (deutscher Hauptmann) begann die Erforschung solcher Gase nach der Verwendung derselben durch Frankreich im Jahre 1914 (Bromessigsäuregranaten). Da die Rohstoffversorgung immer schlechter wurde, erwog die deutsche chemische Industrie den Einsatz von Giftgasen. Da das giftige Chlorgas in der Industrie quasi als Abfallprodukt anfiel, entstanden Überlegungen, diesen Abfall gewinnbringend zu verwerten. Praktischerweise erforderte der Stellungskrieg nach neuen Lösungsansätzen, und dies sollte nun die Verwendung von giftigen Gasen rechtfertigen.

Fritz Haber (11. November 1920): „Der Vorteil der Gasmunition kommt im Stellungskrieg zu besonderer Entfaltung, weil der Gaskampfstoff hinter jeden Erdwall und in jede Höhle dringt, wo der fliegende Eisensplitter keinen Zutritt findet“

Die ersten Geschosse mit Reizstoffen wurden ab dem 31. Januar 1915 an der Ostfront (Bolimov, Memelland bei Warschau) eingesetzt.

Um den Gaskrieg zu beginnen, wurde nach einem in großen Mengen verfügbarem und darüber hinaus todbringendem Gas gesucht. Haber drängte auf Chlor, da es sehr giftig und in ausreichenden Mengen verfügbar war. Da kein anderes Verfahren so ausgereift war wie das Blasverfahren, wurde dies trotz des an der Westfront vorherrschenden Westwindes eingesetzt.

Die BASF konnte so das in hohen Mengen anfallende Chlorgas, welches ein Abfallprodukt war, gewinnbringend verwerten. Die Tagesproduktion an Chlor betrug zu diesem Zeitpunkt bereits 40 Tonnen. Des Weiteren konnte es gefahrlos transportiert werden.

Haber nach Testversuch des Chlorabblasens:

„Das Gas blies vorschriftsmäßig ab, da plagte uns der Teufel und wir beide ritten ,versuchsweise‘ in die abtreibende Gaswolke hinein. Im Augenblick hatten wir in dem Chlornebel die Orientierung verloren, ein wahnsinniger Husten setzte ein, die Kehle war wie zugeschnürt […] in höchster Not lichtete sich die Wolke und wir waren gerettet.“ Dieses Zitat Habers wurde sehr häufig zur Rechtfertigung des Chloreinsatzes benutzt, um zu zeigen, dass Chlor nicht tödlich, sondern nur stark reizend ist und Deutschland somit durch den Einsatz von Giftgas nicht die Haager Konvention verletzt hatte. Es wurde empfohlen, das in ziviler Produktion anfallende, wesentlich giftigere Phosgen beizumischen, was aber auf Grund fehlender Schutzmaßnahmen der eigenen Truppe abgelehnt wurde.

Das Gas wurde in 6.000 Flaschen zu 40 kg und in 24.000 Flaschen zu 20 kg an die Westfront geliefert, für den Einsatz bei Ypern, Belgien. Um die Haager Landkriegsordnung nicht zu verletzen, deklarierte man Chlorgas als Reizgas, da Reizgas eingesetzt werden durfte und Frankreich seit Kriegsbeginn den Reizgaseinsatz praktizierte.

Bedenken, dass „wenn es sich als wirksam erweise, der Feind zum gleichen Mittel greifen würde und bei der vorherrschender westöstlicher Windrichtung zehnmal öfter gegen uns Gas abblasen könne, als wir gegen ihn“ (Rupprecht von Bayern, 1. März 1915) wurde mit fehlenden Produktionskapazitäten der Alliierten, insbesondere Frankreich, zurückgewiesen.

Bei Offizieren und Chemikern wurde der Gaseinsatz stark kritisiert, wegen der Art des Einsatzes und nicht wegen ethischen Bedenken. Kritisiert wurde die Windabhängigkeit beim Abblasen und nicht das Abblasen an sich. Ab dem 10. März 1915 waren die Randbedingungen für den Einsatz des Gases beim südlichen Ypernbogen getroffen worden, wurden aber wegen technischer Probleme, Feindbeschuss, Reparaturen und Einbaus zusätzlicher Flaschen in den Nordbogen bei Ypern verschoben. Die Vorbereitungen wurden am 11. April 1915 endgültig fertiggestellt. Am 22. April 1915 um 18:00 Uhr konnte das Gas bei Nordostwind abgeblasen werden.

Es bildete sich eine 6 km breite, 600–900 m tiefe Gaswolke, die auf die Französischen Truppen zutrieb. Deutsche Sturmtruppen, die selbst nur mit Natriumthiosulfat- und Sodalösung getränkten Mullkissen geschützt waren, starteten einen erfolgreichen Angriff. Nachdem die deutschen Truppen mit diesem Gasangriff einen kleinem militärischen Erfolg errungen hatten, waren nun alle Bedenken gegen Giftgas vom Tisch. Es erfolgten gegen die Briten bei Loos-en-Gohelle am 1., 6., 10. und 24. Mai Blasangriffe.

Der erste große Chlorangriff an der Ostfront erfolgte bei Bolimov (bei Warschau) am 31. Mai 1915 mit 12.000 Flaschen, also 240 Tonnen Chlorgas. Allerdings wurde bereits bis zu ca. 5 % Phosgen beigemischt. Weitere Angriffe fanden am 12. Juni und am 6. Juli desselben Jahres statt. Der erste Blasangriff an der Westfront mit einer Chlor-Phosgen-Mischung erfolgte am 19. Dezember 1915 bei Wiltje gegen die Briten mit 180 Tonnen Giftgas. Ebenso wurden Chlor-Chlorpikrin-Gemische abgeblasen, wobei der erste Angriff mit Chlorpikrin von den Russen geführt wurde.

Während des ersten Weltkrieges wurden ca. 50 Blasangriffe von den Deutschen geführt, bei denen durch wechselnde Windrichtung teilweise auch eigene Truppen begast wurden. Den mengenmäßigen Höhepunkt der Blasangriffe stellen der 19. und 20. Januar 1916 dar. Bei diesem Angriff wurden 500 Tonnen Chlor bei Reims abgeblasen. Bei dem wohl effektivsten und somit verlustreichsten Blasangriff, den Österreich-Ungarn gegen italienische Soldaten führte, mussten am 29. Juni 1916 bei St. Michelle del Carso ca. 5.000–8.000 Tote beklagt werden. Die Kriegsteilnehmer (v. a. die Deutschen) stellten die Blasangriffe zugunsten neu entwickelter Gasgeschosse ein, die einen von Wind und Wetter unabhängigen Gaseinsatz ermöglichten.

Antwort der Alliierten

Französischer Giftgas- und Flammenwerfereinsatz gegen deutsche Grabenstellungen in Flandern 1916

Die Alliierten, speziell die Briten, waren trotz vorhandener Geheimdienstinformationen überrascht von dem deutschen Chloreinsatz an der Front. Ab jenen Tagen im Januar 1916 begannen die Briten mit den Vorbereitungen für ihren Gaskrieg, doch erst am 25. September des gleichen Jahres konnten die sie mit ihrem ersten Blasangriff auf die Deutschen bei Loos mit 150 Tonnen Chlor antworten. Die Briten erkannten schnell, dass sie Gemische mit höherer Toxizität verwenden mussten, um die Schutzmaßnahmen des Gegners unbrauchbar zu machen. Am 9. und 19. Januar 1916 verwendeten die Briten bei ihrem Blasangriff bei Fromelles ein Gemisch aus 80 % Chlor und 20 % Schwefelchloriden. Ebenso wie der Feind verwendeten sie Mischungen aus Chlor-Chlorpikrin und Chlor-Phosgen bei späteren Angriffen.

In der Sommeschlacht 1916 (Juni bis November) führten die Briten ca. 110 Blasangriffe mit zumeist einem 50–50-Gemisch aus Chlor und Phosgen. Insgesamt wurden während der Sommeschlacht 1.160 Tonnen Gas abgeblasen. Ein Versuch der Briten am 14. Juli 1916 neben 240 Chlorflaschen auch 1.670 Schwefelwasserstoffflaschen zu verwenden schlug dadurch fehl, dass durch den deutschen Beschuss mehrere Flaschen zerstört wurden und sich eigene Leute vergifteten. Ebenso entzündete sich durch Leuchtspurmunition ein Teil des Schwefelwasserstoffs, weswegen dieser bei folgenden Angriffen nicht mehr eingesetzt wurde. Während eines großen Blasangriffes am 26. Oktober 1917 bei Dixmuiden wurden 1.000 22,5 kg Gasflaschen mit Chlor-Phosgen eingesetzt. Bei einem Blasangriff am 24. Mai 1918 bliesen die Briten ein Chlor-Phosgen-Gemisch ab. Des weiteren führten die Briten 1918 10 weitere Blasangriffe mit ca. 27.000 Gasflaschen durch. Insgesamt wurden bei den ca. 300 Blasangriffen der Briten 88.000 Flaschen Gas verwendet. Bei den Briten war das Abblasen eine der Hauptanwendungsformen für Giftgas.

Anders die Franzosen: Sie verfügten lediglich über den Reizstoff Perchlormethylmercaptan, welches in Handgranaten Verwendung fand. Allerdings war dies sehr ineffizient, so dass an neuen Methoden geforscht wurde. Das von den Briten nicht verwendete, doch ebenfalls in französischen Handgranaten eingesetzte Acrolein führte nicht zum gewünschten Ziel. Da in Frankreich eine chemische Industrie fast nicht existierte, wurden mit britischer Hilfe im August 1915 sechs Chloranlagen errichtet, im Frühjahr 1916 entstanden weitere Betriebe. So konnten die ersten Blasangriffe mit Chlor erst am 15. Februar 1916 bei Reims begonnen werden. Allerdings setzten die Franzosen nicht wie die Briten auf die Technik des Abblasen, sondern verwendeten als Hauptwaffe die Granate. Während des Krieges wurden 13.193.000 Granaten (Kaliber 7,5 cm) und 3.930.000 Granaten höheren Kalibers verschossen, 1.140.000 Handgranaten wurden geworfen. Insgesamt wurden also vom 1. Juli 1915 bis zum 11. November 1918 ca. 17 Millionen Gasgeschosse verwendet.

Russland indes war anfangs nicht in der Lage einen Gegenangriff mit Gas zu führen, sondern war auf britische Lieferungen angewiesen. Im Gegensatz zu Deutschland, das ständig neue Kampfstoffe prüfte und einsetzte, war Russlands Industrie nur zu Herstellung von Chlor, Chlorpikrin und Phosgen fähig. Die ersten großen Blasangriffe Russlands gelangen am 5./6. September und am 24./25. Oktober 1916 bei Kunilowo. Anders als bei den anderen Kriegsteilnehmern waren in Russland dermaßen chaotische und kontraproduktive Abteilungen geschaffen worden, dass zum Schutz der eigenen Truppen kein einheitlicher Gasschutz eingeführt werden konnte.

Italien setzte die Kampfstoffe Chlor, Chlorpikrin, Phosgen, Chlorcyan, Bromaceton, Benzyljodid und gegen Kriegsende Yperit ein. Zunächst wurden nur die Kampfstoffe Phosgen, Chlorpikrin, Blausäure und Xylylbromid verwendet. Im Dezember 1917 nahm die erste Anlage zur Chlorgewinnung den Betrieb auf und ebenso die ersten Fabriken zur Phosgen- und Chlorpikrinherstellung. Im August desselben Jahres startete die Senfgasproduktion.

Die Amerikaner, welche erst später in den Krieg eintraten, konnten monatlich 4 bis 6 Millionen Geschosse mit Giftgas befüllen.

Höhepunkt des Gaskrieges

Das Jahr 1918 stellte den Höhepunkt des Gaskrieges dar. In diesem Jahr war durchschnittlich jede dritte Granate eine Gasgranate. Anders als in den Vorjahren war allerdings die Verfügbarkeit der Gaskampfstoffe auf Seiten der Deutschen erschöpft. Anfangs wurde Gas eingesetzt, um den Gegner schnell zu vernichten und um die knappe Versorgungslage mit Rohstoffen für die Munitions- und Sprengstoffherstellung auszugleichen. Doch aus der Überlegenheit der deutschen chemischen Industrie wurde letztendlich die gleiche Situation geschaffen, wie sie bei der Rohstoffverfügbarkeit vor dem Gaseinsatz herrschte, auch hier stellte sich eine Mangelsituation ein. Im letzten Kriegsjahr war die Zahl der Gasverluste auf dem Höhepunkt angelangt.

Gasschutz

Deutschland

Die Ausrüstung der deutschen Einheiten mit der ersten Generation der Gasmasken konnte im Herbst 1915 beginnen. Die Maske bestand aus gummiertem Stoff und war eine gesichtsbedeckende Maske, bei der die gesamte (beim Ein- und Ausatmen) Atemluft durch einen auswechselbaren Filter ging. Zunächst hatte die Gasmaske einen Einschichtenfilter zum Schutz gegen Chlor bestehend aus einer Diatomitschicht, welche mit 40 % Pottaschelösung getränkt und mit Aktivkohle überpudert wurde.

Dieser Filter wurde schon Anfang 1916 gegen den Dreischichteneinsatz, bei dem das Diatomit zusätzlich mit Piperazin und Urotropin getränkt war und aus Aktivkohle/Diatomit bestand, ersetzt. Dieser Filter war wirksam gegen Phosgen und das beim Phosgenabbau entstehende giftige Formaldehyd. Ebenso war dieser Filter wirksam gegen andere eingesetzte Gase wie Chlorpikrin. Dieser Filter wurde später mit einer zusätzlich verstärkten Aktivkohleschicht ausgeliefert. 1917 wurde die Maske, statt aus gummierter Baumwolle, aus gasdicht imprägniertem und geöltem Ziegenleder hergestellt (dieses Leder wurde wegen seiner Geschmeidigkeit und besonderen Dichtigkeit gewählt - Ziegen haben keine Schweißdrüsen). Die Dichtheit der Maske wurde laufend verbessert, ebenso wurden mit Spezialgelatine gestrichene Klarsichtgläser eingesetzt, um das Beschlagen des Glases zu verhindern; auch Gläser aus unzerbrechlichem Celon wurden hergestellt und verwendet.

Im März 1918 wurde ein weiterer Filter eingeführt, der mit einer wesentlich vergrößerten Schicht Aktivkohle noch wirksamer gegen Phosgen, Chlorpikrin und Blausäure war. Um aber maskenbrechende Wirkstoffe ebenfalls abzuwehren, wurde ein Schnappdeckelvorsatz mit einlegbarem Filterpapier verwendet. Dieser bot aber neben einem erhöhtem Atemwiderstand keinen wirklichen Schutz gegen das eigene Blaukreuz (Clark-Gruppe). Nur Deutschland verwendete Piperazin zum Formaldehydbinden beim Phosgenabbau, was eine erhöhte Wirksamkeit beim Gasschutz bot.

Frankreich

In Frankreich war die Entwicklung der Gasmaske weniger homogen als in Deutschland, sie fing mit einem behelfsmäßigen Schutz aus einer mit Natriumthiosulfat getränkten Mullbinde an und endete erst - nach mehreren Zwischenschritten über den Appareil M 2, bei dem durch Acetatcellulose das Beschlagen der Gläser verhindert werden sollte - beim endgültigen Masque A.R.S. Mit zwei Ventilen und einem Dreischichteneinsatz (Baumwolle/Aktivkohle/Aktivkohle-Natronkalk, getränkt mit Zinnoxid, welches in Glycerin gelöst war) ähnelte sie der deutschen Maske, jedoch ohne Pendelatmung. Diese Maske konnte im November 1917 an die Truppen ausgegeben werden.

England

Britische Soldaten mit Gasmasken 1916 während der Schlacht an der Somme.

Zunächst wurde eine gesichtsbedeckende Maske, genannt Hypo-Helmet, eingesetzt, wobei das Einatmen durch den mit Natriumthiosulfat oder Natriumhyposulfat getränkten Filter geschah, das Ausatmen über ein röhrenförmiges Lippenventil. Ab dem Sommer 1915 wurde der Stoff neben Natriumthiosulfat auch mit Natriumphenolat, Soda, Seife und Glycerin getränkt. Diese Maske 1916 durch den Zusatz von Urotropin verbessert.

Die erste richtige Gasmaske stellte der Large Box Respirator dar, dessen Weiterentwicklung der Small Box Respirator war. Diese Maske bestand aus einem Filter im Schichtsystem aus Aktivkohle/Permanganat-Natronkalk-Kügelchen/Aktivkohle. Ab April 1918 wurde diese Maske durch einen Zellulose-Watte-Filter ergänzt, der vor dem Maskenbrecher Blaukreuz schützte. Ab September allerdings wurde diese Watte innerhalb des Filters verbaut.

Vereinigte Staaten von Amerika

US-Soldat und Pferd mit Gasmaske

Die USA griffen wegen mangelnden technischen Fertigkeiten bei der Gasmaskenherstellung zuerst auf den englischen Small Box Respirator zurück, den sie im Februar 1918 in einer überarbeiteten Version geliefert bekamen. Kurz vor dem Waffenstillstand produzierten die USA auch stark verbesserte französische Masken und ebenso die Maske 1919, die einen wirksamen Schutz vor Maskenbrechern bot.

Italien

Italien versuchte eigene Gasmasken herzustellen, welche aber an Unwirksamkeit und Gewicht scheiterten. Deswegen wurde auf englische und französische Masken zurückgegriffen.

Weitere Methoden zum Gasschutz

Zum Gasschutz der beteiligten Nationen gehörte nicht nur ein Schutz mittels Masken, sondern auch ein Gasfrühwarnsystem. In Anlehnung an Bergwerke wurden im Gaskrieg Tiere als eine Art Frühwarnsystem eingesetzt, da sie auf die entsprechenden Gase viel sensibler reagieren als Menschen. Hauskatzen reagieren sehr empfindlich auf Phosgen, zum Schutz vor Blausäure und Kohlenstoffmonoxid wurden Kanarienvögel gehalten. Von den Amerikanern wurden Schnecken in Käfigen gehalten, da sie bei sehr geringen Mengen an Senfgas (Lost) ein milchiges Sekret abgeben.

Trotz funktionierender Technik war ein Mittel zur Gasabwehr unerlässlich: Disziplin! Besonders auf deutscher Seite gab es Schulungen, die das richtige Aufsetzen der Masken und weiteres Verhalten beibrachten und beschrieben.

Auszug aus einem Merkblatt zum Gaskampf:

l. Vertraue Deiner Maske. Sie schützt Dich, wenn sie gut verpaßt ist, sich in gutem Zustande (ohne Löcher, Risse usw.) befindet und Du sie sicher und rasch zu gebrauchen verstehst.
2. Vertraue dem Einsatz und wechsele ihn nicht während eines Gasangriffs. Er schützt Dich unbedingt im Gaskampf, mag dieser auch stundenlang dauern.

Einsatztechniken der Giftstoffe

Deutschland

Die deutsche Taktik sah vor, in möglichst kurzer Zeit möglichst hohe Gaskonzentrationen zu erzielen. Es wurde verstärkt Diphosgen (Grünkreuz) eingesetzt, welches mit 50 % Phosgen gemischt wurde, um längere tödliche Konzentrationen zu erreichen, da Diphosgen zu Phosgen zerfällt. Ende April 1917 wurde Grünkreuz-1 eingesetzt, was zu verschiedenen Anteilen aus Diphosgen und Chlorpikrin bestand. Des weiteren wurden die Gasgranaten mit einer zusätzlichen Sprengladung versehen, die die Gaswirkung tarnen sollte, um somit ein normales Brisanzgeschoss vorzutäuschen.

Die Alliierten

Die Alliierten hingegen setzten auf niedrigere Konzentrationen über lange Zeiträume hinweg, was die gegnerische Moral unterminieren sollte. Beispielsweise wurden Phosgengranaten mit Tränengasminen verschossen, um einen reinen Tränengasangriff vorzutäuschen, was dazu führte, dass die Schutzmasken nicht aufgesetzt wurde, da Tränengas als harmlos verstanden wurde.

Frankreich

Die Franzosen setzten auf eine Mischung verschiedener Gasgeschosse, um eine möglichst hohe Effektivität zu erzielen. Versuche, Granaten mit Blausäure (gemischt mit Arsentrichlorid, Zinntetrachlorid, Chloroform) und Granaten mit dem hochtoxischen Chlorcyan einzusetzen, scheiterten an zu schneller Verflüchtigung und der Nichterreichung der erforderlichen Gefechtsmengen. Es wurde auch Phosgen und Diphosgen neben Chlor in verschiedenen Mischungsverhältnissen eingesetzt. Weit verbreitet war es darüber hinaus, schwache Konzentrationen zu erzeugen, bei denen fast keine akuten Beschwerden eintreten und Soldaten deshalb keinen Grund sahen, Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

England

Neben den Blasangriffen setzten die Briten auch auf Gasgeschosse. Allerdings ersannen sie 1917 eine neue Einsatzform von Gasgeschossen, den Livens-projector. Gasflaschen wurden aus Rohrbatterien mit 45° Neigung herausgeschossen. Diese Flaschen wurden dann per Sprengladung zerlegt, so dass das Gas (meist Phosgen, auch Chlorpikrin/Zinntetrachlorid) ausströmen konnte. Der erste große Einsatz dieser Art fand am 4. April 1917 statt, wobei 2.300 Projektile, also 32 Tonnen Chlor-Phosgen, abgefeuert wurden; durch diese Methode konnte eine sehr hohe Konzentration erzielt werden. Ebenso war es eine sehr kostengünstige Methode, den Feind zu begasen. Die größten Angriffe waren in der Schlacht von Cambrai am 19./20. Januar mit 4.200 Livensprojektilen und 3.100 Gasminen und in der Schlacht am 21. März 1917 bei St. Quentin mit 3.728 Livenswerfern und 2.960 Gasminen, sowie in der Schlacht bei Lens mit 929 Gasminen.

Allgemein

Im Durchschnitt wurden bei einem herkömmlichen Gaswerfereinsatz ca. 1.000 Projektile, also 13–14 Tonnen Kampfstoff, für eine 1–2 Hektar große Fläche eingesetzt. Hierbei war die Zahl der Gastoten durch die höhere Gefechtskonzentration etwa doppelt so hoch wie bei phosgengefüllten Artilleriegranaten. Zudem fingen die Briten an Chlorpikrin zu verwenden, da sie glaubten, hier eine Schwachstelle der deutschen Gasfilter gefunden zu haben. Dieses Gas sollte durch den Zusatz von 20 % Zinntetrachlorid eine noch höhere Wirkung erhalten. Vom 4. bis 9. April 1917 in der Schlacht bei Arras wurde eine Mischung aus 75 % Chlorpikrin und 25 % Phosgen verwendet.

Wegen des großen Erfolges des Gaswerferverfahrens wurde es von den Deutschen übernommen und erstmals ab dem 24. Oktober 1917 gegen die Italiener in der Schlacht von Karfreit neben 70.000 Grün- und Blaukreuzgranaten angewendet. Die Gaswerfer wurden gezündet, um eine Schlucht südlich von Flitsch mit 5–6 Tonnen Grünkreuz zu füllen. Hierbei starb die gesamte 500-600 Mann starke Einheit. Allerdings erreichte die Wirkung der deutschen Gaswerferflaschen trotz ausgeklügelter und raffinierter Befüllung nicht die Effektivität der englischen Werfer, da der Rauminhalt der Flaschen zu klein gegenüber den englischen war. Auf beiden Seiten wurden große Mengen an Gasgranaten verschossen, wobei die der Deutschen vor allem mit Diphosgen und die der Alliierten mit Phosgen gefüllt waren.

Neuentwicklungen

Mitte des Jahres 1917 wurden von den Deutschen weitere Kampfstoffe entwickelt und eingesetzt. Hierbei handelte es sich um Blaukreuz (Diphenylarsenchlorid), und Gelbkreuz oder Lost (Bis(2-chlorethyl)sulfid). Blaukreuz wurde entwickelt, um feindliche Gasmasken zu durchdringen und zum Absetzen der Maske zu zwingen. Dieser als Maskenbrecher, oder Clark (Clark 1 und Clark 2) bezeichnete Stoff wurde mit anderen Stoffen zusammen verschossen, um den Gegner durch Absetzen der Maske den eigentlich tödlichen Stoffen wie Phosgen, etc. auszusetzen. Dieses Verfahren wurde Buntschießen, oder Buntkreuzschießen genannt. Erstmals wurde Blaukreuz am 10. bis 11. Juni 1917 bei Nieuwpoort verschossen. Gelbkreuz hingegen stellte eine völlig neue Entwicklung des Gaskampfes dar. Waren die anderen verwendeten Verbindungen Lungengifte, handelte es sich bei Gelbkreuz um ein Hautgift. Bezeichnet wurde Gelbkreuz als Lost (Deutschland), Senfgas (England) und Yperit (Frankreich). Es wurde erstmals am 12./13. Juli 1917, nur kurz nach dem ersten Einsatz von Blaukreuz, gegen die Briten verwendet. Bei diesem ersten Angriff wurden rund 125 Tonnen Lost verschossen. Daraufhin mussten ca. 2.000 Verletzte und 50 bis 60 Tote gemeldet werden. Während der ersten drei Einsatzwochen von Lost hatten die Briten ca. 14.200 Verletzte und 500 Tote zu beklagen. Obwohl die Zahl der Toten bei einem Losteinsatz mit 1,8 – 2,5 % sehr gering war, waren erhebliche physische Schäden zu erwarten und damit monatelange Ausfälle der Soldaten. Auch war es dem Losteinsatz verschuldet, dass ca. jeder sechste tote Brite an Gaskampfmitteln gestorben war. Ebenfalls anders als alle anderen Kampfstoffe haftete Lost sehr gut an dem Gelände und blieb dort wochen- und monatelang, was eine sehr einfache defensive Verteidigung möglich machte, da es sich nur schwer verflüchtigt.

Im November 1917 wurden im Wald von Bourlon verseuchte, also nicht mehr betretbare Räume geschaffen. „Senfgas, das im Winter 1917 freigesetzt worden war, vergiftete im Frühjahr 1918, als der Boden auftaute, die Soldaten. Auf diese Weise konnten ganze Gebiete eines Schlachtfeldes abgeriegelt werden.“(Robert Harris und Jeremy Paxman). Die Techniken der Kampfstoffentwicklung waren nicht etwa die Entwicklung neuer Gifte, sondern nur die massenhafte Herstellung schon längst bekannter chemischer Verbindungen. Nach Haber wurden von den Franzosen bis Kriegsende 1.937 Tonnen hergestellt. Anfang Juni 1918 setzten die Franzosen diesen Kampfstoff ein. Bei dem Lostangriff der Franzosen am 14. Oktober 1918 auf das 16. Bayerische Reserveinfanterie-Regiment wurde der damals 29jährige Adolf Hitler vergiftet und erblindete kurzzeitig.

Hauptkampfstoffe, Produktionsmengen und Wirkungsweise

Ersteinsatz der Giftstoffe von den jeweiligen Ländern

Produzierte Mengen in Tonnen

Wirkungsweise der Kampfgase

Chlor

Chlor ist ein Lungenkampfstoff. Chlor wirkt stark reizend auf die Atemwege, Augen und Verdauungswege. Chlor wirkt zersetzend auf die Körpereiweiße. Tod durch Lungenödem.

Phosgen:

Phosgen ist ein Lungenkampfstoff. Bei Kontakt mit Wasser zersetzt sich Phosgen zu CO2 sowie Salzsäure. Dadurch wird die Lunge zersetzt und der Tod tritt durch Lungenödeme ein.

Chlorpikrin:

Chlorpikrin ist ein Lungenkampfstoff. Wie bei den anderen Lungenkampfstoffen tritt der Tod durch Bildung eines Lungenödems ein.

Diphosgen:

Siehe Phosgen, durch Wärme wird es zu zwei Phosgen-Molekülen zersetzt.

Senfgas/Lost:

Senfgas (Lost) ist vorrangig ein Hautgift, hat aber ebenso eine Lungengiftwirkung. Lost durchdringt Textilien und vielerlei Stoffe. Dieser Kampfstoff ist augen-, lungen- und hautschädigend. Lost behindert die Zellteilung, hemmt die weißen Blutkörperchen und führt ebenso zu Erblindung.

Blausäure:

Blausäure ist ebenso wie Lost ein Kontaktgift, welches auch eingeatmet werden kann. Das Säureanion der Blausäure, das Cyanid-Ion(CN-), hemmt die Atmungskette innerhalb des Körpers und führt zu einem inneren Erstickungstod.

Clark-Gruppe:

Clark ist ein Reizstoff, der den Rachenraum reizt. Des Weiteren ist er ein Brechmittel. Er zwingt somit zum Absetzen der Gasmaske (um dann das eigentlich tödliche Gas einzuatmen)

Fazit des Gaskrieges

Von Tränengas geblendete Angehörige der britischen 55. Division während der Schlacht von Estaires am 10. April 1918.

Es wurden während des Krieges hunderte Gasangriffe geführt und etliche Millionen Gasgranaten verschossen. Die Zahlen der Vergifteten und der Toten mit Einbeziehung der Spätfolgen, die der Gaskrieg letztendlich insgesamt forderte, lassen sich nur sehr ungenau beziffern. Im Allgemeinen kann man davon ausgehen, dass von den 10 Millionen Toten ca. 90.000 Tote durch die Einwirkung von chemischen Kampfstoffen zu beklagen waren. Von den ca. 25 Millionen sonstigen Kriegsgeschädigten wurde ca. eine Million von Gas vergiftet. Trotz der schrecklichen Wirkung von Lost war die Sterblichkeit hier sehr gering, wohingegen die meisten Gasopfer an Phosgen starben.

Einzelnachweise

  1. Aksulu, N. Melek: Die Feldpostbriefe Karl v. Zinglers aus dem Ersten Weltkrieg. Nobilitas- Zeitschrift für deutsche Adelsforschung, Folge 41, Mai 2006, S.57.
  2. Müller, R.-D., Enzyklopädie Erster Weltkrieg, 2003, s. v. Gaskrieg, S. 519.

Siehe auch

Literatur

  • Billstein, Heinrich: Der erste Weltkrieg. Begleitbuch zur ARD Fernsehserie, Beitrag zum Gaskrieg. Rowohlt, Berlin 2004. ISBN 3-87134-500-8
  • Gartz, Jochen: Chemische Kampfstoffe. Pieper und The Grüne Kraft, Löhrbach 2003. ISBN 3-922708-28-5
  • Jones, Simon: World War I Gas Warfare Tactics and Equipment, (Elite 150), Oxford 2007. ISBN 978-1-84603-151-9
  • Martinetz, Dieter: Der Gaskrieg 1914-1918 – Entwicklung, Herstellung und Einsatz chemischer Kampfstoffe. Bernard und Graefe, Bonn 1996. ISBN 3-7637-5952-2
  • Hanslian, Dr. Rudolf: Der deutsche Gasangriff bei Ypern am 22. April 1915. Eine kriegsgeschichtliche Studie. Verlag Gasschutz und Luftschutz, Berlin 1934, ASIN: B001828YKM
  • Hanslian, Dr. Rudolf: Der chemische Krieg E.S. Mittler & Sohn, Berlin 1927, ASIN: B0018XUBZW

Weblinks


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