Der Hirte des Hermas

Der Hirte des Hermas

Das Buch Der Hirte des Hermas[1] wurde um 145 von Hermas in Rom geschrieben. Es wurde bis weit in das 4. Jahrhundert hinein in manchen christlichen Gottesdiensten vorgelesen. Hermas wird zu den Apostolischen Vätern gezählt.

Inhaltsverzeichnis

Der Autor: Hermas

Der Kanon Muratori - eine ca. 170-200 n.Chr. entstandene Auflistung der christlichen Bücher - schreibt über den Hirten des Hermas:

Den Hirten aber hat ganz vor kurzem zu unserer Zeit Hermas aus Rom geschrieben, als auf dem Stuhl der Gemeinde Roms sein Bruder Pius saß. Und darum soll er wohl gelesen werden. Aber in der Gemeinde dem Volk vorgelesen werden kann er bis zum Ende der Tage nicht, weder unter den Propheten, deren Zahl abgeschlossen ist, noch unter den Aposteln.

Demnach war Hermas ein Bruder des römischen Bischofs Pius I. Er war ein freigelassener Sklave und gilt als prophetisch begabter, verheirateter Christ.

Als Autor der Apokalypse Hirte des Hermas wird er zu den Apostolischen Vätern und damit auch zu den Kirchenvätern gezählt, außerdem als Heiliger verehrt. Gedenktag des Hermas ist der 9. Mai.

Da sein Wirken in das 2. Jh. fällt, kann er kaum identisch sein mit dem Hermas, der im Römerbrief erwähnt wird: Röm 16,14 EU (wie das Origenes annahm).

Das Buch, genannt „Der Hirte des Hermas“

Dieses Buch ist für die Erforschung der frühen Kirchengeschichte sehr wertvoll, da aus der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts nur wenige christliche Texte erhalten geblieben sind.

In diesem Werk beschreibt er eine Reihe von Offenbarungen eines Engels in Hirtengestalt an ihn. Das Werk gliedert sich in fünf Visionen (= Gesichte), zwölf Gebote und zehn Gleichnisse. Hier entsteht ein Abriss der christlichen Sittenlehre. Die Christen werden als Fremde in dieser Welt dargestellt. Mehrmals wiederholt erscheint die Kirche als Turm, deren Bau verzögert wird, um die Zeit zur Umkehr auszudehnen. In den vorausgehenden Visionen begegnet ihm die Kirche in Form einer alten Frau, die ihm unter anderem dieses Gleichnis vom Turmbau offenbart und die Grundlagen zu Hermas' Geboten und Gleichnissen gibt.

Hermas beschreibt sehr anschaulich die christliche Gemeinde. Er bezeugt, dass die Mehrheit der Christen gläubige und glaubwürdige Menschen waren, spricht aber auch von den Frevlern, Arroganten, und vor allem von den lapsi, die unter Trajan Apostat wurden (so auch seine eigenen Söhne).

Eine besondere Rolle spielt dieses Buch für die Entwicklung der Lehren von der sakramentalen Buße, d.h. der Buße als Sakrament.

Das Werk genoss vor allem im Orient große Wertschätzung (insb. in Ägypten).

Der Hirte wurde in griechischer Sprache verfasst, da die christliche Gemeinde in Rom damals (bis um 200 n.Chr.) noch deutlich griechisch geprägt war. Jedoch entstand kurz danach auch eine lateinische Fassung, wobei umstritten ist, ob diese vom gleiche Autor verfasst wurde wie das griechische Original. Nur die lateinische Fassung ist vollständig erhalten, die griechische Fassung ist nur in einer Handschrift erhalten geblieben, von der mehrere Seiten fehlen, so dass ungefähr das letzte Fünftel des griechischen Textes verloren gegangen ist.

Der Hirte des Hermas ist weit umfangreicher als das umfangreichste Buch des Neuen Testaments (nämlich etwa so umfangreich wie Matthäus- und Markus-Evangelium zusammengenommen). Vereinzelte Zitate aus diesem Buch etwa bei Irenäus oder bei Klemens von Alexandrien besagen daher nicht, dass Hermas ähnlich stark anerkannt oder gelesen wurde wie die zum NT gesammelten Bücher, denn diese wurden weit intensiver verwertet.[2]

Siehe auch

Literatur

  • Die Apostolischen Väter. Griechisch-deutsche Parallelausgabe. J.C.B. Mohr, Tübingen 1992. ISBN 3-16-145887-7
  • Der Hirt des Hermas. Übersetzt und erklärt von Norbert Brox. Reihe: Kommentar zu den Apostolischen Vätern (KAV, Bd. 7). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1991. ISBN 3-525-51674-6
  • Reinhard Staats: Hermas. In: Theologische Realenzyklopädie 15 (1986), S. 100-108 (Einführung mit Literatur) Google Booksearch
  • Martin Leutzsch: Hirt des Hermas, in: Ulrich H. J. Körtner/Martin Leutzsch, Schriften des Urchristentums III: Papiasfragmente. Hirt des Hermas. Darmstadt 1998, 107-497; die Nachauflage der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft 2004 hat die ISBN 978-3534182626.
  • Martin Leutzsch: Die Wahrnehmung sozialer Wirklichkeit im 'Hirten des Hermas' (FRLANT 150). Göttingen 1997 (1. Aufl. 1990), ISBN 978-3525538326.

Weblinks

Einzelbelege

  1. In theologischer Literatur meist als (Der) Hirt des Hermas bezeichnet.
  2. Wenn der Umfang des NTs mit 100% angenommen wird, hat Hermas knapp 21%. - Siehe Franz Stuhlhofer: Der Gebrauch der Bibel von Jesus bis Euseb. Eine statistische Untersuchung zur Kanonsgeschichte, Wuppertal 1988, S.38f (Umfang-Vergleiche von NT-Büchern und Hermas) und S.50-55 (außerneutestamentliche Bücher bei einigen Kirchenschriftstellern).

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