Der Verrat

Der Verrat

Der Verrat ist ein Buch des Autors Sebastian Haffner. Erstmals erschien es 1968 unter dem Titel „Der große Verrat“ als Serie in der Zeitschrift Stern, 1969 folgte die Buchausgabe mit dem Titel „Die verratene Revolution – Deutschland 1918/1919“. Später ebenfalls benutzte Titel sind: Die deutsche Revolution 1918/1919 - wie war es wirklich, 1918/1919 - eine deutsche Revolution.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Erich Ludendorff
Friedrich Ebert
Gustav Noske

Haffner befasst sich in diesem Buch mit den Ereignissen während der Novemberrevolution 1918. Der Titel „Verrat“ zitiert dabei kritisch eine (mittlerweile vergessene) Schlüsselvokabel aus den deutschen Rechtfertigungsversuchen nach 1918 und 1945.

Haffner referiert die Geschichte der Revolution von 1918/1919 als eine Art Kammerspiel von wenigen Akteuren. General Ludendorff, der seit 1917 faktisch zum Militärdikator aufgestiegen ist, machte sich nach seinen teilweise brillanten Bemühungen darum, die Niederlage des Deutschen Reiches militärisch abzuwenden, nunmehr konsequent daran, die unvermeidlich gewordene Niederlage zu organisieren. Sein Ziel war es, den staatstragenden Kräften des Kaiserreiches ein politisches Überleben und eine Chance alsbaldiger Restauration zu eröffnen. Mit der handstreichartigen Übertragung der politischen Führung auf die Kräfte der von der SPD geführten Opposition und der ultimativen Forderung nach sofortigem Waffenstillstand solle diese gezwungen werden, die politische Verantwortung für die Kapitulation zu übernehmen. Die führenden Funktionäre der SPD, neben Ebert auch Scheidemann und Wels gehen hierauf ein, angezogen von der Perspektive der Übernahme der repräsentativen Regierungsämter und der Möglichkeit, im Anschluss an die Überwindung der Krise tiefgreifende soziale Reformen aus dieser Machtposition einleiten zu können. Weder die Abschaffung der Monarchie, noch eine soziale oder ökonomische Revolution soll von ihnen gewollt gewesen sein. Jenseits dieser Kräfte um Ebert herum habe es kein echtes revolutionäres Potential im Deutschen Reich gegeben - auch nicht in den Personen von Luxemburg und Liebknecht, die als isolierte Intellektuelle beschrieben werden. Lediglich dem nach kurzer Zeit ermordeten bayrischen Ministerpräsidenten Eisner wird ein solches Potential zugesprochen. Er musste jedoch als „Ein-Mann-Show“ fast notwendig scheitern. Der SPD des Kaiserreiches sei durch ihre jahrzehntelangen Erfolge im Reichstag und bei dessen Wahlen die Ausrichtung auf eine Revolution ebenso abhanden gekommen, wie ihre Führer durch die Annehmlichkeiten des Lebens als „parlamentarische Honoratioren“ genießen gelernt hätten. Noch nicht einmal ein theoretisches Konzept für eine grundlegende Umgestaltung der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Bedingungen sei mehr vorhanden gewesen. Schon die Abschaffung der Monarchie unter dem Druck der Alliierten unter der Federführung des US-Präsidenten Wilson habe der SPD arg zu schaffen gemacht, die am liebsten „kaiserlich deutsche Sozialdemokratie“ geblieben wäre.

Indem die SPD - oder deren Führer - diese einmalige Chance verspielten, und sich zugleich - dem ursprünglichen Plan Ludendorffs entsprechend - dem Angriff der Dolchstoßlegende darboten, sieht Haffner die Wegbereitung für den sich alsbald unter Hitler formierenden Nationalsozialismus, der als schlagkräftige Bewegung von rechts an die Stelle der konservativen Restauration getreten war, der Ludendorff mit seinem Plan eigentlich dienlich sein wollte.

Kritik

Fachkritik

Kritisch zu diesem Werk ist anzumerken, dass Haffner die Analyse deutlich von Rosenbergs „Die Geschichte der Weimarer Republik“ übernommen hat. Anders als Rosenberg versucht er aber nicht, die Ereignisse als Folge sozialer Interessen zu verstehen, sondern spricht viel über persönliche Schuld. „Haffner verkannte schließlich die auf einem demokratischen Neubeginn lastenden Rahmenbedingungen, die durch das vordemokratische Erbe und den verlorenen Krieg vorgeprägt waren.“[1]

Andere Stimme vermissten eine ernsthafte Kritik der zeitgenössischen Wissenschaftler:

„Das so vieles erklärende Buch ist nie ernsthaft diskutiert worden. Statt dessen warf man Haffner immer wieder Unseriosität und fehlendes eigenes Quellenstudium vor. Die offizielle historische Würdigung des Staatsmannes Ebert blieb unkritisch, Haffners Kritik wurde als pathologischer Haß diffamiert. Selbst als 1994 die Beweise für eine wie auch immer geartete Beteiligung Noskes an den Morden an Luxemburg und Liebknecht vorlagen, blieb dieses Thema ein Tabu ersten Ranges. Erst 1999, vierzehn Tage nach Sebastian Haffners Tod, verließen in einer Diskussionsveranstaltung sowohl die parteinahe Historikerin Helga Grebing wie auch der Bundesgeschäftsführer Ottmar Schreiner den Standpunkt, die SPD hätte mit diesen Morden nichts zu tun. "Natürlich ist die SPD für die Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts verantwortlich", so Schreiner. Auch an diesem Bekenntnis - 81 Jahre nach den Attentaten - dürfte Haffner seinen Anteil haben.“.[2]

Haffner selbst hatte sich in späteren Auflagen (1986, 3. Ausgabe, 2. Auflage) im jeweiligen Nachwort von seinen harten Urteilen gegenüber Friedrich Ebert distanziert.[3]

Die politische Kritik von Seiten der Sozialdemokratie blieb nicht aus, wurde aber in ihrer Unglaubwürdigkeit entlarvt: „Die Wut der sozialdemokratischen Schmähkritik, die sich in Undeutlichkeiten über Haffners Deutungen verlieren muß, weil sie die von ihm vermeldeten Fakten nicht leugnen kann, richtet sich gegen die Verbreitung von schädlichem Wissen. Es läßt wie jedes Wissen den Gewissenswurm gedeihen, der hier aber in besonders störender Weise das Nachdenken über die moralische Qualität und den politischen Sinn der von der parteiförmigen deutschen Sozialdemokratie bis heute fortgesetzten Beteiligung am antirevolutionär-antidemokratischen Kampf provoziert.“[4]

Rezensionen der Tagespresse

  • „Haffners Buch gehört zu jenen wenigen, die dem Nachdenken bisher verschlossene Türen aufstoßen und Licht in viele dunkle Bereiche unserer Vergangenheit bringen.“ (Kölner Stadtanzeiger)
  • „Haffners Revolutionsgeschichte ist konkurrenzlos – knapp, präzise, leidenschaftlich rational, brillant formuliert.“ (Profil/Wien)
  • „Wer Sebastian Haffners Darstellungsmethode kennt, die aus Geschichtsschreibung eine von der Gegenwart motivierte Inspektion der Vergangenheit macht, wird diese Veröffentlichung zu schätzen wissen.“ zitty/Berlin
  • „Die Revolution war für Haffner eine sozialdemokratische Revolution. Daß sie dennoch von sozialdemokratischen Politikern letztlich blutig niedergeschlagen wurde, bestätigt nur Haffners Verdacht, daß es sich um Verrat gehandelt habe.“ (Norddeutscher Rundfunk)[5]

Ausgaben und Auflagen

  • 1. Ausgabe: Die verratene Revolution - Deutschland 1918/19. Stern-Buch, Hamburg 1969 (ohne ISBN)
  • 2. Ausgabe: Die deutsche Revolution 1918/1919 - wie war es wirklich? Ein Beitrag zur deutschen Geschichte. München, Kindler Verlag 1979, ISBN 3-463-00738-X
  • 3. Ausgabe, 1. Auflage: 1918/1919 - eine deutsche Revolution. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1981, ISBN 3-499-17455-3
    • 3. Ausgabe, 2. Auflage: 1918/1919 - eine deutsche Revolution. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1986, ISBN 3-499-17455-3
    • 3. Ausgabe, 3. Auflage: 1918/1919 - eine deutsche Revolution. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1988, ISBN 3-499-17455-3
  • 4. Ausgabe, 1. Auflage: Der Verrat. Deutschland 1918/19. Berlin, Verlag 1900, 1993, ISBN 3-930278-00-6
    • 4. Ausgabe, 2. Auflage: Der Verrat. 1918/1919 - als Deutschland wurde, wie es ist. Berlin, Verlag 1900, 1994, ISBN 3-930278-00-6
    • 4. Ausgabe, 3. Auflage: Der Verrat. 1918/1919 - als Deutschland wurde, wie es ist. Berlin, Verlag 1900, 1995, ISBN 3-930278-00-6
    • 4. Ausgabe, 4. Auflage: Der Verrat. Berlin, Verlag 1900, 2000, ISBN 3-930278-00-6
    • 4. Ausgabe, 5. Auflage: Der Verrat. Deutschland 1918/1919. Berlin, Verlag 1900, 2002, ISBN 3-930278-00-6
  • 5. Auflage: Die deutsche Revolution - 1918/19. Kindler, 2002, ISBN 3463404230
  • 6. Auflage: Die deutsche Revolution - 1918/19. rororo Taschenbücher, 2004, ISBN 3-499-61622-X
  • 7. Auflage: Die deutsche Revolution - 1918/19. Anaconda Verlag, 2008, ISBN 3-86647-268-4

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jürgen Danyel/Jan-Holger Kirsch/Martin Sabrow: 50 Klassiker der Zeitgeschichte. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, S. 120.
  2. http://archiv2.randzone-online.de/art/art070107.htm
  3. Sven Felix-Kellerhoff: Sein Gewissen war sein Maßstab. Er erklärte den Deutschen Deutschland. Der Publizist und Historiker Sebastian Haffner ist im Alter von 91 Jahren gestorben. In: Berliner Morgenpost vom 3. Januar 1999.
  4. Helmut Ridder: Am Scheitern der Parabel. In: Konkret 06/95, S. 42-46. Einsehbar auf http://www.polen-news.de/puw/puw-81-08.html.
  5. http://www.humanist.de/kultur/literatur/politik/haffner2.html

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