Deutsch-Kamerun

Deutsch-Kamerun

Inhaltsverzeichnis

Vorkoloniale Ära

In vorkolonialer Zeit war das Gebiet des heutigen Kamerun durch Ethnien unterschiedlicher Herkunft geprägt. Während im Waldland des Südens Bantu-Gesellschaften mit überwiegend akephaler Struktur ohne übergeordnete politische Strukturen dominierten, hatte im Westkamerun und im Norden eine stärkere Zentralisierung und Stratifizierung mit Herausbildung frühstaatlicher Gebilde stattgefunden. Zu den bedeutenderen Staaten gehörten die „Sultanate“ Bornu, Mandara, Logone-Birni und Makari-Goulfey im äußersten Norden, das Reich Fombina (Adamawa) mit seinen Subamiraten Ngaoundéré, Garoua-Lainde, Maroua, Rei-Bouba, Tibati, Banyo u.a., sowie im Grasland Westkameruns die Chefferie von Bamum.

Erste europäische Kontakte

Historische Karte (um 1888)

Der europäische Einfluss setzte im Jahr 1472 ein, als unter dem Kommando des Seefahrers Fernando do Poo portugiesische Seeleute im Delta des Wouri-Flusses landeten. Wegen der vielen Krabben, die sie dort vorfanden, nannten sie den Fluss Rio de Camarões (Krabbenfluss), von dem sich der spätere Name Kamerun ableitet. Mit dem Auftauchen der Portugiesen setzte um 1520 ein reger Warenaustausch ein. Handelswaren waren insbesondere Sklaven, Elfenbein und Palmöl. Haupthandelspartner waren die Küstengesellschaften wie die am Kamerunästuar siedelnden Duala.

In den Jahren nach dem Erscheinen der Portugiesen wurden erste Zuckerrohrplantagen angelegt. Außerdem gewann der Sklavenhandel immer mehr an Bedeutung. Er endete offiziell mit der Unterzeichnung des Vertrags zwischen den Douala und der britischen Regierung am 10. Juni 1840. In diesem Zeitraum begann auch die Missionierung Kameruns.

Erste Forschungen im Hinterland setzten in der Mitte des 19. Jahrhunderts über die alten Transsahararouten ein. Der deutsche Afrikaforscher Heinrich Barth bereiste 1851 im Auftrag der Königlichen Geographischen Gesellschaft London die Sahara und hielt sich auch im Norden des späteren Kamerun auf. Der Militärarzt Gustav Nachtigal gehörte zu den ersten Forschern, die Nachrichten aus der Tschadseeregion brachten.

Kamerun als deutsche Kolonie

Geplante Flagge von Deutsch-Kamerun, 1914

Inbesitznahme

Gustav Nachtigal

Seit 1862 waren deutsche Handelshäuser in Gabun tätig, darunter das Hamburger Haus Woermann, dessen Agent Emil Schulz zugleich als kaiserlicher Konsul mit Amtsbefugnissen bis zum Kamerunästuar fungierte. 1868 errichtete Woermann die erste deutsche Faktorei in Douala. Am 19. März 1884 ernannte Reichskanzler Bismarck den Afrikaforscher und bisherigen deutschen Generalkonsul in Tunis, Dr. Gustav Nachtigal, zum kaiserlichen Kommissar für die Westküste Afrikas, mit dem Auftrag, die für den deutschen Handel interessanten Gebiete unter deutsches Protektorat zu stellen. Hierzu gehörte auch der Küstenstrich zwischen dem Nigerdelta und Gabun, insbesondere der gegenüber der Insel Fernando Poo in der Bucht von Biafra gelegene Teil. Nach der Unterzeichnung von Schutzverträgen zwischen der deutschen Delegation und den wichtigsten Führern der Douala, Ndumb´a Lobe (Bell) und Ngand´a Kwa (Akwa) am 11. und 12. Juli 1884, kam es am 14. Juli in Douala zur Hissung der deutschen Flagge und Erklärung der Schutzherrschaft. Der fünf Tage später eintreffende britische Konsul Hewett, der Kamerun für England in Besitz nehmen wollte, musste sich mit einem förmlichen Protest begnügen.

Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Douala-Clans wurden im Dezember 1884 durch Mannschaften der Korvetten Bismarck und Olga unter dem Befehl von Konteradmiral Eduard Knorr unterdrückt. Die Kämpfe richteten sich zwar nicht primär gegen die deutsche Herrschaft, markieren aber mit der Unterdrückung durch die Reichsmarine den Beginn der militärischen Unterwerfung der Kolonie.

Die vorläufigen Grenzen des Schutzgebiets wurden ein Jahr später auf der Kongo-Konferenz (Kongo-Akte) in Berlin festgelegt. Der endgültige Grenzverlauf beruht auf den Verträgen vom 3. Mai 1885 (mit Großbritannien), 24. Dezember 1885 (mit Frankreich), 27. Juli 1886 (mit Großbritannien), 2. August 1886 (mit Großbritannien), 14. April 1893 (mit Großbritannien), 15. November 1893 (mit Großbritannien), 15. März 1894 (mit Frankreich), 1901 und 1902 (mit Frankreich) und 1908 (mit Frankreich).

Eine bedeutende Vergrößerung des Schutzgebietes erfolgte noch einmal im Jahr 1911 im Marokko-Kongo-Abkommen auf Kosten der französischen Kolonien in Zentralafrika (Neukamerun)

Unterwerfung und „Pazifizierung“ des Binnenlandes

Eugen Zintgraff

Die ersten größeren Expeditionen in das Binnenland unternahmen in den Jahren 1888 bis 1891 die Offiziere Richard Kund, Hans Tappenbeck und Curt Morgen im Hinterland der Batangaküste und der Forscher Eugen Zintgraff im Grasland Westkameruns. Kund und Tappenbeck gründeten 1889 die Forschungsstation Jaunde, aus der die heutige Landeshauptstadt hervorgegangen ist. Sie bildete bis zum Ersten Weltkrieg das Rückgrat der deutschen Herrschaft in Zentral- und Südostkamerun.

Im Sommer 1891 beauftragte das Gouvernement den Hauptmann Karl von Gravenreuth mit der Unterwerfung der Kpe (Bakwiri) von Buëa. Gravenreuths Tod bei der Erstürmung des Ortes verhinderte eine nachhaltige „Pazifizierung“ des Gebietes um den Kamerunberg. Erst Curt Morgen und Hans Dominik brachen den Widerstand gegen die deutsche Herrschaft dort 1894 endgültig. Max von Stetten, der im gleichen Jahr das Kommando der neugegründeten Kaiserlichen Schutztruppe übernahm, führte 1895 mehrere militärische Expeditionen gegen die Bakoko am unteren Sanaga durch. Oltwig von Kamptz erzwang im Februar 1896 nach einer Revolte gegen die Station Jaunde gegen die Mvog Betsi am Njong den ungehinderten Verkehr zwischen der Küste der Station.

Die Unterwerfung des Nordostens der Kolonie leitete ebenfalls Hauptmann von Kamptz ein, indem er am 14. Januar 1899 die Vute-Residenz Ndumba und am 11. März Tibati erstürmte. Als Etappenstation und Basis für das weitere Vordringen nach Norden gründete er die Station Joko. Im Oktober 1901 wurde unter Hans Dominik eine weitere Expedition entsandt, um in Kontakt mit den islamischen Fürstentümern Adamawas zu treten. Ehe Dominik die Fulbestaaten Nordkameruns erreichte, hatte der Stationsleiter von Joko, Rudolf Cramer von Clausbruch, gegen die ausdrücklichen Befehle des Gouverneurs von Puttkamer bereits vollendete Tatsachen geschaffen und die wichtigen Zentren Ngaundere und Garua besetzt. Dominik besiegte bei Miskin-Marua die Truppen des Emirs Djubayru von Yola, womit der Weg bis zum Tschadsee offenstand. Die Eingliederung der Tschadseeländer (Mandara, Deutsch-Bornu und die Kotoko-Sultanate) vollzog 1902 Oberst Curt Pavel als Kommandeur der Schutztruppe.

Wiederholt kam es während der deutschen Kolonialherrschaft zu regelrechten „Kolonialskandalen“. Zum Sinnbild der brutalen Unterdrückung der indigenen Gesellschaften Anfang der 1890er Jahre wurde in der öffentlichen Wahrnehmung der auch im Reichstag wiederholt thematisierte Fall "Leist": Der Forschungsreisende Karl von Gravenreuth hatte in Überschreitung seiner Kompetenzen von dem Dahomey-König Behanzin mehrere Frauen und Männer als "Sklaven" angekauft, aus denen er eine Expeditionstruppe für die Erschließung des Nordens bilden wollte. Die Verwaltung, durch Gravenreuth vor vollendete Tatsachen gestellt, reihte die Männer in die 1891 gegründete Polizeitruppe ein und verwendete die Frauen im Dienst des Gouvernements. Hervorgerufen durch die gegenüber den frei angeworbenen Soldaten geringere Löhnung und brutale Übergriffe auch gegenüber den Frauen kam es im Dezember 1893 zu einer Meuterei. Mit dem Einsatz eines Kanonenbootes wurden die Unruhen unterdrückt. Der damalige stellvertretende Gouverneur Heinrich Leist, der durch die entwürdigende körperliche Züchtigung der Dahome-Frauen als Hauptverantwortlicher für die Unruhen galt, wurde aus dem Dienst entlassen, letztlich aber zu einer in der liberalen und linken Öffentlichkeit als zu gering empfundenen Strafe verurteilt.

Verwaltung

Gouverneur Jesko von Puttkamer
Orange: Deutsche Kolonie, Rot: Britisches Kamerun nach dem 1.WK, Blau: Französisches Kamerun nach dem 1.WK, Grün: unabhängiges Kamerun ab 1960
Zwei weiße Siedler in Kamerun an Weihnachten 1901

Erster vollwertiger Gouverneur wurde ab 4. Juli 1885 Julius Freiherr von Soden. Die wichtigsten Entwicklungen wie die Ausweitung der kolonialen Gewalt auf das gesamte Territorium der Kolonie und die Ausweitung der kolonialwirtschaftlichen Unternehmungen auf das Binnenland, vollzogen sich aber erst unter Jesko von Puttkamer (1895-1906), der Kamerun als deutsche Kolonie nachhaltig geprägt hat. Er ließ auch 1901 den Verwaltungssitz von Duala nach dem gesünder gelegenen Buëa verlegen.

Die Lokalverwaltung bestand aus Bezirksämtern, Regierungs- und Militärstationen und Residenturen mit indirekter Verwaltung im islamischen Norden der Kolonie. Vor der Eingliederung Neukameruns bestanden die Bezirke Rio del Rey, Victoria, Duala, Jabassi, Johann-Albrechts-Höh, Bare, Ossidinge, Bamenda, Kribi, Edea, Ebolowa, Lomië, Molundu/Jukaduma, Dume, Jaunde und Banjo, sowie die Residenturen Adamaua und Deutsche Tschadseeländer. Zwei weitere Residenturbezirke wurden 1913 in Ngaundere durch die Teilung Adamauas und 1914 in Bamum durch die Abtrennung der gleichnamigen Chefferie vom Bezirk Bamenda geschaffen.

siehe auch Liste der Gouverneure der deutschen Kolonie Kamerun

Kolonialtruppen

Die deutsche Schutztruppe im, noch nicht ganz eroberten Kamerun, bestand 1900 aus 15 weißen Offizieren und 23 Unteroffizieren, die zwei Askari-Kompanien von 318 Mann kommandierten. Dazu kamen 150 eingeborene Polizisten. Beim Vorstoß in die zentralen Savannen und ins südliche Adamawa 1908 kamen etliche freiwillige Rekruten aus den Stämmen der Bali Nyonga und Bamoun hinzu. Die Ewondo stellten Schützen unter ihren eigenen Kommandanten, nkukuma genannt. Deutsche Soldaten trugen die übliche feldgraue Kolonialuniform mit Schlapphut, an dem an der rechten hochgeklappten Seite die Kokarde befestigt war. Die Paspeln an Kragen und Manschetten als Kennzeichen für Kamerun waren laut Vorschrift rot, jedoch ist auch Kornblumenblau[1] belegt. Unteroffizierswinkel waren bei Deutschen silbern, für Neger rot. Polizisten trugen ursprünglich Eingeborenenkleidung, bald jedoch den Askaris ähnliche Uniformen, dazu aber einen halbhohen roten Fez mit schwarzem Quast. Die Truppen des deutschfreundlichen Banum-Häuptlings Njoya trugen ab 1912 Uniformen, die nach dem Vorbild preußischen Husaren gestaltet waren.

Bis 1914 stieg die Zahl auf 1550 Askari mit 185 deutschen Offizieren. Die paramilitärische Polizeitruppe (gegründet 1891) umfaßte 1200 Mann unter 30 Offizieren. Ein Großteil der eingeborenen Truppen wurde außerhalb Kameruns (Liberia, Togoland, Dahomey) rekrutiert, jedoch unterstützten besonders die Stämme Ngambi, Ndu und einige andere die Rekrutierung durch die deutschen Herren, da sie diese als weniger belastend als die Dominanz z.B. der Fulbe einschätzten. Im Laufe des Weltkriegs wurde die Kolonialtruppe auf fast 10000 Mann ausgebaut.[2]

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges konnte sich die zahlenmäßig und materiell (vor allem durch großen Mangel an Munition) unterlegene Schutztruppe noch zwei Jahre in Kamerun halten. Das Gros der Truppe überschritt Anfang Februar 1916 die Grenze zum benachbarten spanischen Rio Muni-Gebiet und wurde auf Fernando Póo bzw. in Spanien interniert. Am 20. Februar 1916 begab sich die letzte Garnison in Mora (Nordkamerun) nach der Zusage eines freien Abzugs in die Hände der britischen Kolonialarmee.

Mandatszeit

Durch den Versailler Vertrag von 1919 ging Kamerun offiziell in den Besitz des Völkerbundes über, der wiederum ein Mandat zur Verwaltung an die Briten und Franzosen gab. Daraufhin wurde Kamerun in ein Britisch-Kamerun und ein Französisch-Kamerun aufgeteilt. Dies erklärt die zwei Landessprachen Französisch und Englisch. Die Franzosen erhielten den größeren Teil (4/5) und errichteten eine vollkommen eigenständige Verwaltung, mit der sie versuchten, das Land möglichst stark an sich zu binden. Sie betrieben in ihrem Teil des Landes einen starken Ausbau der Kakao- und Kaffeeanbauflächen. Allerdings wurde die Produktion dieser begehrten cash crops (Kaffee/Kakao) nicht auf großen Plantagen erweitert, vielmehr förderte man den Anbau durch Kleinbauern, wodurch man sich eine stärkere Beteiligung der Bevölkerung an der Produktion für den Export erhoffte. Auf diese Weise und wegen der starken Nachfrage, entwickelte sich Kamerun zu einem wichtigen Exportland für diese beiden landwirtschaftlichen Produkte. Neben dem verstärkten Engagement im ersten Sektor wurde gleichzeitig die Industrialisierung des Landes vorangetrieben, womit konkret der Beginn der Erdölförderung und der Aluminiumproduktion sowie der Aufbau von Brauereien gemeint ist. Es kehrte sogar ein gewisser Wohlstand ein, große wirtschaftliche oder soziale Fortschritte blieben jedoch, wie auch im britischen Teil, aus.

Die Briten dagegen verfolgten ganz andere Ziele. Sie hatten nur geringes Interesse an einer wirtschaftlichen Ausbeutung des Landes in eigener Regie. So konnten viele der vorherigen deutschen Plantagenbesitzer ihren beschlagnahmten Grundbesitz auf einer Auktion in London wieder ersteigern. Es kam sogar zu der paradoxen Situation, dass im britischen Mandatsgebiet Kameruns selbst 1938 noch dreimal mehr Deutsche als Engländer lebten. Zudem gaben die Briten ihrem Teil Kameruns eine eigene Verwaltung und weitaus mehr Rechte. Schließlich zogen sich die Briten sogar vollständig aus Kamerun zurück.

Während des Zweiten Weltkrieges schloss sich das französische Mandatsgebiet der französischen Exilregierung, den Freien Franzosen, unter Charles de Gaulle an. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden beide Völkerbundmandate durch die Nachfolgeorganisation, die Vereinten Nationen, in Treuhandmandate umgewandelt. Ziel der Vereinten Nationen war eine allmähliche Selbstverwaltung des Gebietes zu erreichen. In den folgenden Jahren bis 1957 kam es häufig zu Unruhen und zum Kampf um die Unabhängigkeit der französischen Kolonie.

1944 wurde in Duala der erste Gewerkschaftsverband, die Union des syndicats confédérés du Cameroun (U.S.C.C.) gegründet. Sie stand der französischen C.C.T. nahe. Sofort setzte eine heftige gewerkschaftsfeindliche Kampagne seitens des konservativen katholischen Klerus ein. 1945 organisierte die U.S.C.C. den ersten größeren Streik. Provokateure plünderten einige Gebäude und lieferten so den Siedlern den Vorwand, sich mit Waffen aus dem nur schwach bewachten Arsenal der Garnison in Duala zu versorgen und eine Treibjagd auf die Streikenden und schließlich auf Afrikaner im Allgemeinen zu veranstalten. Nach einer offiziellen Schätzung wurden mehr als 80 Menschen ermordet.

1947 wird Ruben Um Nyobé zum Generalsekretär der U.S.C.C. gewählt. 1948 wird die Union des populations du Cameroun (U.P.C.), die erste politische Massenpartei, gegründet. Ruben Um Nyobé wird ihr Generalsekretär. 1952 verlangt er als erster Kameruner, der Gelegenheit hat vor der UNO zu sprechen, ein Ende der Mandatszeit.

1953 gründet der französische Missionar Louis-Paul Aujoulat eine politische Partei mit dem Ziel, die linke U.P.C. zu bekämpfen. 1955 wird die U.P.C. verboten. 1957 finden Wahlen statt, aber ein Amnestiegesetz wird erst 12 Tage vor den Wahlen von der französischen Nationalversammlung in erster Lesung verabschiedet. Die U.P.C reagiert auf die aus ihrer Sicht gefälschten Wahlen mit der Aufnahme des bewaffneten Kampfes.

1957 kam die erste kamerunische Regierung unter André-Marie Mbida im französischen Mandatsgebiete an die Macht und die erste Verfassung für den französischen Teil Kameruns wurde erlassen. Mbida war zunächst ein Mitarbeiter Aujoulats, entzweite sich dann aber mit diesem. Auf Anraten des französischen Hochkommissars im Kamerun Jean Ramadier tritt Ahmadou Ahidjo, der spätere Diktator, aus der Regierung Mbida aus und provoziert eine Regierungskrise. Im September 1958 wird Ruben Um Nyobé umgebracht. Im Oktober 1958 verkündet Ramadiers Nachfolger den Willen General de Gaulles, Kamerun die Unabhängigkeit zu gewähren. 1959 unterzeichnen Ahmadou Ahidjo und Michel Debré einen Vertrag über die „Zusammenarbeit“ Frankreichs und Kameruns, der Frankreich weiter den entscheidenden Einfluss sichert.

Kamerun seit der Unabhängigkeit

Staatspräsident Ahmadou Ahidjo

Am 1. Januar 1960 erhielt das französische Kamerun nach einer Volksabstimmung und nach dem Auslaufen des UN-Mandats die Unabhängigkeit und nannte sich Ost-Kamerun. Der Norden des britischen Mandatsgebietes stimmte bei einer vorangegangenen Volksabstimmung für den Anschluss an Nigeria, der südliche Teil entschied sich für einen Anschluss an den Staat Kamerun; so kommt es zu den beiden Amtssprachen Französisch und Englisch und dem Problem zweier komplett getrennter Verwaltungssysteme. Am 11. November 1960 wurde Kamerun Mitglied der UNESCO.

Der vom Ministerpräsident zum kamerunischen Staatspräsidenten aufgestiegene Fulbe Ahmadou Ahidjo errichtet eine blutige Diktatur und lässt jede unabhängige Meinungsäußerung unterdrücken. Dabei wird er von französischen Spezialisten aus dem Milieu der extremen Rechten beraten. Die „endgültige“ Niederschlagung der U.P.C. wird immer wieder verkündet, dennoch bleiben alle Reisen des Präsidenten in seinem eigenem Land aus Angst vor Anschlägen geheim. Mit Hilfe seiner französischen Berater und brutaler Repression gelang es Ahidjo sein Regime zu festigen. Die Einheitspartei Rassemblement Democratique du Peuple Camerounais (RDPC) wurdegegründet.

Premierminister Paul Biya im Gespräch mit Colin Powell

Reformen werden erst 1972 durchgeführt. Die Bundesrepublik Kamerun wurde am 20. Mai 1972 in einen Einheitsstaat umgewandelt (Vereinigte Republik Kamerun). Nach dem Rücktritt des Staatspräsidenten Ahidjo am 6. November 1982 wurde sein Premierminister Paul Biya zum Staatsoberhaupt und Vorsitzenden der Einheitspartei RDPC. Er gewann die Wahlen 1984 und konnte einen Putschversuch vereiteln. Biya versprach die Demokratisierung des Landes und mehr soziale Gerechtigkeit. Bei den Wahlen 1988 kandidierte Biya ohne Gegenkandidaten und erhielt die Mehrheit. Belastet wurde seine Regierung durch die wirtschaftliche und soziale Krise des Landes während der 1980er Jahre, die ihm und seinem korrupten Kabinett angelastet wurde. Die Forderungen nach Pressefreiheit und Beendigung des Einparteiensystems wurden immer lauter.

Mit der Zulassung der Pressefreiheit erschienen viele kritische Zeitungen und die Opposition im Land wurde immer stärker. Anfang der 1990er Jahre kam es vermehrt zu Unruhen und Generalstreiks mit der Forderung nach dem Ende der Monopolstellung der RDPC. Biya gab dem Druck der Straße zögerlich nach und ließ die Bildung von Oppositionsparteien zu, so dass 1992 die ersten freien Wahlen stattfanden, bei denen Biya erneut gewann. Die Opposition vermutete Wahlbetrug, da ausländische Wahlbeobachter behindert wurden. Wahrscheinlicher ist aber, dass die Oppositionsparteien zu sehr zersplittert waren (bei der Wahl traten 32 Parteien an) um ihre Stimmen zu bündeln. Trotzdem hatte das Wahlergebnis zur Folge, dass die RDPC (89 Sitze) mit der größten Oppositionspartei UNPD (65 Sitze) koalieren musste. Durch französische Unterstützung und geschicktes Ausspielen seiner politischen Gegner konnte er bis 1997 seine Mehrheit im Parlament halten und wurde bei den Wahlen im gleichen Jahr bestätigt.

Literatur

  • Alexandre Kum´a Ndumbe III (Hrsg.): L´Afrique et ´Allemagne de la Colonisation à la Coopération 1884-1986 (Le cas du Cameroun), Yaoundé 1986
  • Victor T. LeVine/Roger P. Nye: Historical Dictionary of Cameroon, Metuchen, N.J. 1974
  • Engelbert Mveng: Histoire du Cameroon, Paris 1963
  • Victor Julius Ngoh: Cameroun 1884-1985; cent ans d´histoire, Yaoundé 1990
  • Walter Nuhn: Kamerun unter dem Kaiseradler - Geschichte der Erwerbung und Erschließung des ehemaligen deutschen Schutzgebietes Kamerun, Wilhelmshaven 1995
  • Adalbert Owona: La naissance du Cameroun 1884-1914, Paris 1996


  1. Eigentlich das Kennzeichen für Südwestafrika, das um 1904-8 teilweise aber auch in Deutsch-Ostafrika getragen wurde.
  2. Abschnitt nach: Herbert, Erwin; Heath, Ian; Small Wars and Skirmishes 1902-18; Nottingham 2003; ISBN 978-1901543056; S 139

Weblinks


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