Adolf Freiherr von Bissing auf Beerberg

Adolf Freiherr von Bissing auf Beerberg

Adolf Freiherr von Bissing auf Beerberg (* 3. November 1800 auf Thomaswaldau/Schlesien; † 8. April 1880 in Beerberg) war ein eifriger Verfechter der christlichen Kleinkinderschule.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Der Sohn eines Landadeligen studierte Jura in Göttingen. Nach dem Studium führte er ein bewegtes gesellschaftliches Leben. Während einer Reise lernte er die junge Polin Maria Elisabeth Gotty kennen, die er 1832 heiratete. Im Alter von 42 Jahren übernahm er das Gut Beerberg.

Seiner sterbenden Tochter Olga versprach er, sich der Kinder von Beerberg anzunehmen und dort nach Art der württembergischen Kinderpflegen, eine christliche Kleinkinderschule einzurichten. Am 22. September 1865 eröffnete der Freiherr auf seinem Gut eine solche, Olgaschule genannt:

Damit wurde Bissing in das Werk der Kleinkinderpflege eingeführt, jetzt freilich mehr durch einen gewissen Zwang und ohne zu ahnen, daß er in dieser Arbeit erst recht seinen Herrn finden werde, und daß daß seine Arbeit eine so hervorragende Bedeutung im Reiche Gottes einnehmen werde (Hübener 1888, S. 75)

Die Leitung der Einrichtung vertraute er einer Schülerin des Kaiserswerther-Seminars an, die neben ihrer Erziehertätigkeit auch in der Armen-, Kranken- und Familienpflege sowie in der Gemeinde tätig war. In seiner 1868 veröffentlicheten Schrift Viel Segen aus einer Quelle oder die Bedeutung der Kleinkinderschule schrieb er über Sinn und Zweck der christlichen Kleinkinderschule, die er zur Nationalsache erheben wollte, u.a.:

1. Die Kleinkinderschule ist keine Schule im gewöhnlichen Sinne, sondern eine Pflege- und Erziehungsanstalt für die frühe Kindheit, ist eine öffentliche Kinderstube unter einer methodisch gebildeten Pflegerin... 2. Sie ist die Grundlage der ganzen Volkserziehung, das erste Glied in der Kette der Bildungsanstalten... 4. Sie bereitet den Acker zur Saat, indem sie die schulpflichtigen Kinder zu schulfähigen macht... 7. Sie ist die Gehilfin und Vertreterin der Mütter und sollte daher Mutterschule heißen (Bissing auf Beerberg 1868, S. 2).

Seine Konzeption der christlichen Kleinkinderschule stellte der Freiherr in verschiednen Aufsätzen dar und propagierte sie in unermüdlichen Aktivitäten: Durch Vortragsreisen, Wohltätigkeitsveranstaltungen, durch die Gründung der Zeitschrift Die christliche Kleinkinderschule. Zeitschrift für christliche Kleinkinderpflege und Erziehung (heute: Theorie und Praxis der Sozialpädagogik (TPS)), im Jahre 1870, eines Zentral- und verschiedener Provinzial- und Lokalvereine sowie den Aufbau von Ausbildungsstätten für Kleinkindschullehrerinnen und Diakonissen (Fleßner 1981, S. 149).

Auf Betreiben von Adolf Freiherr von Bissing auf Beerberg kam es Anfang 1870 zur Gründung des Zentralkomitees des Oberlinvereins für die christliche Kleinkinderschule in Deutschland und zur Errichtung des Oberlinhauses in Nowawes (heute: Babelsberg) bei Potsdam[1]. Sein größtes Anliegen war, die christliche Kleinkinderschulsache in eine enge Verbindung mit der Diakonie zu bringen. Dazu äußerte sich Adolf Freiherr von Bissing auf Beerberg mit folgenden Worten:

Die moralische und berufsmäßige Ausbildung in einem christlichen Mutterhause, wo schwesterlicher Verkehr mit gegenseitig sich fördernden Berufsgenossinnen unter mütterlicher und häuslicher Pflege herrscht, liefert ganz andere Resultate, als die isolierte und bloß methodische in einem Schulhause, wie sie im Auslande und in den sogenannten Musterschulen als Seminarien erstrebt wird; dort werden durch Herzenspflege und durch Anleitung im Hauswesen Mütter, hier durch hauptsächliche Geistespflege Lehrerinnen, dort Tanten, hier Fräulein gebildet (zit. n. Psczolla o. J., S. 26).

Zudem forderte er, angeregt durch die schlesischen Verhältnisse mit einem starken katholischen Bevölkerungsanteil, dass die christliche Kleinkinderschule zur religiösen Duldung, zur sozialen Versöhnung, als auch zum konfessionellen Zusammenschluss beitrage:

Die christliche Kleinkinderschule ist aber nicht nur eine Pflanzstätte des Glaubens, sondern auch der echten Duldung und der Versöhnung; denn sie nimmt die Kinder aller Konfessionen auf und prägt ihnen die Grundwahrheiten des Christentums ohne jegliche konfessionelle Färbung ein, indem sie nur das lehrt, was die Menschen einigt und nicht das, was sie trennt; sie nimmt selbst Nichtchristen auf und pflegt alle ihre Kinder mit gleicher Liebe, erzieht sie aber auch nach gleichem Prinzip (Bissing-Beerberg 1876, S. 42).

Werke (Auswahl)

  • Viele Segen aus einer Quelle oder die Bedeutung der Kleinkinderschule, Hamburg 1868
  • Was noth thut oder die Klein-Kinderschule und was zur Förderung derselben zu thun, nebst einem Bericht des Lehrers Koning über die Beerberger Klein-Kinderschule, Hamburg 1869
  • Das deutsche Mutterhaus fuer Kinder- und Gemeindepflegerinnen, Leipzig 1873
  • Die christliche Kleinkinderschule, ihre Entstehung und ihre Bedeutung, Leipzig 1876

Literatur

  • Johannes Hübener: Die christliche Kleinkinderschule. Ihre Geschichte und ihr gegenwärtiger Stand, Gotha 1888
  • Johann Gehring: Die evangelische Kinderpflege. Denkschrift zu ihrem 150jährigen Jubiläum, Berlin/Leipzig 1929
  • Heike Fleßner: Untertanenzucht oder Menschenerziehung? Zur Entwicklung öffentlicher Kleinkindererziehung auf dem Lande (1870-1924), Weinheim/Basel 1981
  • Erich Psczolla: Festschrift zur 175-Jahr-Feier der Evangelischen Kinderpflege, Witten o. J.

Einzelnachweis

  1. http://www.oberlinhaus.de/verein-oberlinhaus/geschichte/oberlinhaus/

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