Deutsches Volkstheater

Deutsches Volkstheater

Das Volkstheater (ehemals Deutsches Volkstheater) ist ein 1889 nach Entwürfen von Hermann Helmer und Ferdinand Fellner erbautes Theater im 7. Wiener Gemeindebezirk Neubau. Es befindet sich am Beginn der Neustiftgasse hinter dem Justizpalast in Nachbarschaft des Museumsquartiers und des Spittelbergs und ist eines der größten Theater im deutschsprachigen Raum.

Volkstheater in Wien

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Volkstheater bei Nacht

Das Volkstheater wurde 1889 vom Dichter Ludwig Anzengruber und dem Industriellen Felix Fischer durch den Verein des Deutschen Volkstheaters begründet. Es wurde zur Unterscheidung von den anderen Nationalitäten der Donaumonarchie „Deutsches Volkstheater" genannt und sollte ein bürgerliches Gegenstück zum kaiserlichen Hofburgtheater schaffen. Erster Präsident war der Stuhlfabrikant Franz Thonet. Das Gebäude wurde von der damals im mitteleuropäischen Theaterbau führenden Architektengemeinschaft Fellner & Helmer (Architekt: Ferdinand Fellner d. J.) im Stil des Historismus errichtet und ist der Schwesternbau des Hamburger Schauspielhauses. Das Volkstheater war der erste Theaterbau, der den Sicherheitsvorschriften, die nach dem Ringtheaterbrand 1881 in Wien erlassen worden waren, entsprach und ausschließlich elektrisch beleuchtet wurde. Deckengemälde von Eduard Veith im Zuschauerraum zeigen die Krönung der österreichischen Dichter Ferdinand Raimund, Johann Nepomuk Nestroy und Ludwig Anzengruber.

Den Intentionen der Gründer zufolge sollten neben dem Volksstück vor allem klassische und moderne Dramen einer breiten Bevölkerungsschicht nahe gebracht werden. Ein großer Zuschauerraum war neben erschwinglichen Preisen dafür Voraussetzung. Der Zuschauerraum ist einer der letzten im Originalzustand erhaltenen in Wien und war ehemals der größte des deutschen Sprachraums, sogar größer als das Burgtheater. Ursprünglich hatte das Theater 1900 Plätze, nach dem 2. Weltkrieg 1539 und heute 970 Plätze. Es ist damit die zweitgrößte Sprechbühne Wiens.

Am 14. September 1889 wurde das Theater mit Anzengrubers Schauspiel "Der Fleck auf der Ehr'" eröffnet. 1890 wurde das Bühnenhaus vergrößert, 1907 wurde das Gebäude um einen Anbau mit zusätzlichem Pausenfoyer und 1911 um Bühnennebenräume erweitert. Von 1938 bis 1945 wurde das Theater Teil des nationalsozialistischen Freizeitprogramms Kraft durch Freude der Deutschen Arbeitsfront und 1938/39 umgebaut, wobei der Skulpturenschmuck der Fassade entfernt wurde. 1944 wurden die Kuppel und die Foyers durch Bomben zerstört. 1945 wurde das Gebäude wiederhergestellt, wobei auf die Kuppel und das Fassadentympanon verzichtet wurde. Das Theater wurde in Volkstheater umbenannt und am 10. Mai 1945 wiedereröffnet. 1980/81 wurde die Kuppel wiedererrichtet und das Haus nach den Originalplänen generalsaniert.

Künstlerische Höhepunkte erlebte das Volkstheater in den 1920er Jahren unter den Direktoren Beer und Bernau, die nicht nur einen aufregenden Spielplan boten, sondern auch die bedeutendsten Schauspieler, Regisseure und Bühnenbildner der Zeit ans Haus holten. In den 1950er und 1960er Jahren brachte Leon Epp die wichtigsten zeitgenössischen Stücke nach Wien, wagte die mutigsten Klassikerinterpretationen und der Regisseur und spätere Direktor Gustav Manker hob gleichzeitig die Raimund- und Nestroyinterpretation auf bis dahin ungeahnte Höhen. Anfang der 1970er Jahre war das Volkstheater unter seiner Direktion bahnbrechend bei der Entdeckung der modernen österreichischen Dramenliteratur von Wolfgang Bauer bis Peter Turrini.

Das Volkstheater betreibt seit 1954 die Spielreihe „Volkstheater in den Außenbezirken“, im Zuge derer Produktionen des Volkstheaters durch die Bezirke Wiens touren und unterhält seit 2005 den „Hundsturm“, eine kleinere Theaterspielstätte. Dort werden experimentelle Theaterarbeiten präsentiert.

Das Volkstheater wird von einer Privatstiftung als GmbH geführt und wird von der Stadt Wien und der Republik Österreich gefördert.

Direktionen

Die Anfangsjahre (1889–1918)

Emmerich von Bukovics, Direktion (1889–1905), eröffnete mit Ludwig Anzengrubers Fleck auf der Ehr das Haus. Sein Spielplan umfasste alle bedeutenden Werke der Klassiker sowie zeitgenössische Autoren, besonders am Herzen lagen ihm die Pflege Anzengrubers und Henrik Ibsens. Er bildete ein Ensemble, das im Konversationsstück sogar dem Burgtheater ebenbürtig war: Alexander Girardi, Adele Sandrock, Helene Odilon, Rosa Retty, Ludwig Martinelli, Rudolf Tyrolt, Viktor Kutschera, Theodor und Adolf Weisse, Leopold Kramer, Willy Thaller.

Adolf Weisse, (Direktion 1905–1916), wandte sein Hauptaugenmerk der zeitgenössischen Dramatik mit Gerhart Hauptmann, Maurice Maeterlinck, George Bernhard Shaw, Frank Wedekind, Arthur Schnitzler, Franz Molnar, Hermann Bahr, Franz Theodor Csokor, Karl Schönherr (Glaube und Heimat, 1910) zu und baute mit Schauspielern wie Max Pallenberg, Josefine Glöckner, Anton Edthofer, Hans Homma, Ida Wüst, Jakob Feldhammer und Wilhelm Klitsch auch den klassischen Teil des Spielplans weiter aus. Von Johann Nestroy wurden sechs Stücke neu inszeniert, von Ferdinand Raimund jedoch keines.

Karl Wallner gelangen in der Direktion 1916–1918 trotz der durch den ersten Weltkrieg bedingten Probleme mit Schauspielern wie Raoul Aslan, Fritz Kortner, Karl Forest, Josef Dannegger und Traute Carlsen eine Reihe exzellenter Aufführungen wie Otto Ludwigs Erbförster, Richard Dehmels Die Menschenfreunde, Anton Wildgans' Liebe und Kollege Crampton und Gabriel Schillings Flucht von Gerhart Hauptmann.

Alfred Bernau (1918–1924)

Alfred Bernau war bereits ab 1916 Direktor der Wiener Kammerspiele, ab 1918 dann Direktor des Deutschen Volkstheaters. Er setzte sich für Naturalismus, Neuromantik und Expressionismus ein. Großes Geschick zeigte Bernau bei der Entdeckung wichtiger Gegenwartsstücke, wobei ihm die Lockerung der Zensur zugute kam. Schnitzlers Professor Bernhardi wurde 1918 erstmals dem Wiener Publikum präsentiert, Bernau selbst spielte die Titelrolle, 1919 folgte Felix Saltens Der Gemeine. Besonderes Engagement zeigte Bernau für Dramen von G. B. Shaw, Ibsen (Peer Gynt und Die Kronprätendenten mit einer Spieldauer von 6 Stunden) und Strindberg, dessen Rausch 1918 mir Raoul Aslan zur Aufführung kam. Zahlreiche Stücke spiegelten eine pazifistische Geisteshaltung wider, so Hasenclevers Antigone, Rollands Die Zeit wird kommen und Hans Kaltnekers Mysterium Die Opferung. Karl Schönherrs Abtreibungsdrama Es gelangte mit Anton Edthofer und Lucie Höflich zur Uraufführung. Veritable Theaterskandale erzeugten Hermann Bahrs Die Stimme (1918), Hans Müllers Dirnendrama Die Flamme mit Ida Roland und vor allem Arthur Schnitzlers Reigen in den dem Volkstheater angeschlossenen Kammerspielen am 1. Februar 1921. Dem Ensemble gehörten Namen wie Josef Schildkraut, Oscar Sima, Hans Jaray, Lotte Medelsky, Wilhelm Klitsch, Hans Moser und Leopold Kramer an. Zu den umjubelten Gästen zählte vor allem Alexander Moissi in Tolstois Der lebende Leichnam (1922) und Grillparzers Die Jüdin von Toledo (1923) sowie Tilla Durieux. Wichtiger Partner Bernaus war der Bühnenbildner Oskar Strnad, der das Haus auch mit einer Drehbühne ausstattete. In Inszenierungen mit expressionistischer Massenchoreographie und in zahlreichen Klassikerinszenierungen, deren Höhepunkte Goethes Faust. Eine Tragödie. und Stella sowie 1921 Büchners Dantons Tod waren, konnten die beiden aber nicht immer Publikum und Kritik überzeugen. Im Zuge kulturpolitischer Interessen zeigte Max Reinhardt 1922 Schöne Frauen mit Hermann Thimig und Luise Rainer sowie Die Namenlosen mit Helene Thimig, bevor er 1924 das Theater in der Josefstadt eröffnete. Im Zuge der Inflation geriet das Volkstheater in finanzielle Nöte, Direktor Bernau wurde unbedankt entlassen.

Rudolf Beer (1924-1932)

Unter Rudolf Beer war das Volkstheater mit dem Raimund-Theater fusioniert, der Spielplan war stark an den Berliner Bühnen orientiert. Wichtigster Regisseur war Karlheinz Martin mit progressiven Inszenierungen wie Frank Wedekinds Franziska mit Tilla Durieux, bevor er 1929 Leiter der Volksbühne in Berlin wurde, Beer lud viele Ensembles zu Gastspielen ein, darunter das Moskauer Kammertheater unter Alexander Tairoff oder Stars mit eigenen Ensembles wie Fritz Kortner oder Paul Wegener. Beer war ein Förderer der modernen Literatur, besonders von Luigi Pirandello, von dem 1926 Heinrich IV. mit Alexander Moissi gezeigt wurde. Moissi spielte auch in der Schnitzler-Uraufführung Im Spiel der Sommerlüfte (1929, mit Luise Ullrich) und den Hamlet im Frack in einer zeitgenössische Shakespeare-Deutung, einem der seltenen Klassiker in der Direktion Beer. Moissi bot 1929 sogar seinen legendäre Jedermann, den er bei den Salzburger Festspielen unter Max Reinhardt gespielt hatte. Dramaturg am Haus war der Autor Franz Theodor Csokor. Eine Elevenschule legte ab 1931 Augenmerk auf junge Talente, darunter Karl Paryla und Paula Wessely, die dem Ensemble einige Jahre angehörte (Wendla in Wedekinds Frühlings Erwachen, 1928). Triumphe feierte Ferdinand Bruckners Historiendrama Elisabeth von England auf einer Simultanbühne. Einer der größten Kassenerfolge war das Kriminalstück Der Fall Mary Dugan in der Inszenierung von Heinz Hilpert, mit dem Publikumsliebling Hansi Niese. Wenig Erfolg war dem Volksstück beschieden, das trotz eines Autoren-Wettbewerbs 1927 beim Publikum nicht ankam. 1925 spielte Max Pallenberg Molnars Liliom, 1931 den braven Soldaten Schwejk. Karlheinz Martin brachte 1930 Hans Albers als Liliom in seiner Berliner Fassung. Eine Sensation war das Auftreten Emil Jannings in Gerhart Hauptmanns Der Biberpelz (1930) und Fuhrmann Henschel (1931). Beers forciertes Gastspieltheater mit Berliner Stars wie Fritzi Massary, Asta Nielsen, Elisabeth Bergner, Adele Sandrock, Curt Goetz, Heinz Rühmann, Conrad Veidt führten zu Anfeindungen und mündeten 1932 in seinen Rücktritt. 1938 beging er nach dem Anschluss Österreichs Selbstmord.

Rolf Jahn (1932-1938)

Rolf Jahn setzte sich auf Empfehlung seines Vorgängers 1932 gegen Otto Preminger und Otto Falckenberg als Direktor durch und investierte eigenes Vermögen in das Theater. Sein Spielplan war von unpolitischem Amüsement und leichter Unterhaltung geprägt. Auf die Herausforderung des konkurrenzierenden Kinos reagierte er mit Lustspielen und musikalischen Revuen. Ralph Benatzkys Operetten Das kleine Cafe und Bezauberndes Fräulein erzielten die höchsten Aufführungs- und Besucherzahlen. Das Alt-Wiener Volkstheater verkam zu „Heurigenabenden“ (O.M. Fontana) und lebte nur vereinzelt in Darstellern wie Hans Moser, Karl Skraup oder Gisela Werbezirk weiter. Ausnahmen bildeten 1932 die Eröffnungspremiere Die Weiber von Zoinsdorf von Rose Meller, in der Regie des Dramatikers Franz Theodor Csokor und Frantisek Langers Engel unter uns (1933) in der Regie von Karlheinz Martin. Zum 70. Geburtstag von Gerhart Hauptmann wurde 1932 Vor Sonnenuntergang mit Emil Jannings gegeben, zum 75. Geburtstag Die Ratten. Hauptmann war bei den Vorstellungen anwesend. Mit G.B.Shaw, John Galsworthy, Oscar Wilde und Eugene O'Neill stand auch vermehrt angelsächsische Literatur auf dem Spielplan, Klassiker jedoch fast gar nicht. Zum Ensemble zählten Vilma Degischer, Tilla Durieux, Käthe Dorsch, Hansi Niese, Jane Tilden, Christl Mardayn und Hans Jaray, bedeutende Gäste waren Albert Bassermann und Max Pallenberg. Das Mammutdrama Lueger, der grosse Österreicher von Hans Naderer wurde 1934 als Ausdruck des austrofaschistischen Regimes aufgeführt und auf Wunsch von Bundeskanzler Kurt Schuschnigg und Kardinal Innitzer in einer groß angelegten Werbekampagne propagiert. Der spätere Hollywoodregisseur Otto Preminger führte bei leichter Kost wie Duschinskys Kaiser Franz Joseph I. Regie (1933). Berühmt wurde ein Bühnenbild Oskar Strnads zur Maria Theresien-Revue Der junge Baron Neuhaus (1933). Der Schriftsteller Jura Soyfer schrieb im Februar 1937 über die Wiener Theatersituation: „Ein künftiger Theaterhistoriker wird diese Epoche mit ein paar bedauernden Worten abfertigen müssen.“ Nach dem Anschluss Österreichs 1938 bemühte sich Jahn intensiv, der neuen Führung zu gefallen, entließ noch am Tag des Umbruchs alle jüdischen Schauspieler und rechtfertigte sich damit, dass ihm jüdische Autoren und Schauspieler von einer „jüdischen Kulturlobby“ diktiert worden seien. Er gehörte zu den wenigen Theaterdirektoren, die nicht gleich nach Hitlers Einmarsch abgesetzt wurden, denn er übernahm selbst all jene Aufgaben, die in anderen Theatern von den neu eingesetzten kommissarischen Leitern besorgt wurden. Jahn sicherte Botschafter Franz von Papen sogar zu, das Theater „in Personal und Spielplan nach nationalsozialistischem Gedankengut umzu­organisieren“ und wirkte bereitwillig bei der Überführung des Volkstheaters in das NS-Freizeit-Programm „Kraft durch Freude“ mit. Ensemblemitglieder und dem Theater nahestehende Personen, die dem Nazi-Regime weichen und emigrieren mussten, waren u.a. Albert Bassermann, Franz Theodor Csokor, Lili Darvas, Tilla Durieux, Adrienne Gessner, Oskar Homolka, Hans Jaray, Oskar Karlweis, Leopoldine Konstantin, Fritz Kortner, Karl Paryla, Heinrich Schnitzler. Rolf Jahn wurde als glückloser Opportunist dennoch abgelöst und durch den Deutschen Walter Bruno Iltz ersetzt.

Walter Bruno Iltz (1938–1944)

In der Zeit des Nationalsozialismus in Österreich wurde das Volkstheater Teil des NS-Freizeitprogramms Kraft durch Freude. Der neue Direktor Walter Bruno Iltz, der zuvor als Generalintendant das Düsseldorfer Schauspielhaus geleitet hatte, wurde von den Nationalsozialisten zu den „führenden Theatermännern im Reich“ gezählt. Er war kein Parteifunktionär, sondern eher ein Künstler und in den Theateridealen von Otto Brahm, Max Reinhardt und Leopold Jessner groß geworden, die er in seiner eigenen Arbeit nachlebte. Sein Spielplan bewegte sich zwischen Linientreue und „stillem Protest“ und bestand aus österreichischem Genre, Klassik und Tendenzstücken. Eröffnungspremiere war Schillers "Die Räuber" in Regie von Ilz und in der Ausstattung des jungen Bühnenbildners Gustav Manker mit dem jungen O. W. Fischer als Kosinsky, Karl Skraup als Schufterle, Paul Hubschmid als Diener Hermann und Robert Valberg, Landesleiter der Reichstheaterkammer und Kulturbeirat der Stadt Wien, als Graf Moor. Zur Premiere am 7. Oktober 1938 erschien die gesamte Nazi-Prominenz Wiens, Gauleiter Odilo Globocnik hielt die Festansprache und eröffnete das Deutsche Volkstheater als erstes „Theater des Volkes“ in Wien mit „dreifachen Sieg-Heil-Rufen auf den Führer“. Der Spielplan richtete sich streng nach der „Reichs­dramaturgie“ des Ministeriums für Volks­aufklärung und Propaganda, von den 21 Premieren der ersten Saison waren drei Klassiker, vier Tendenzstücke, sieben Stücke deutscher Gegenwartsdramatik, meist Komödien, fünf ältere Stücke und zwei ausländische. Vier Ur- und zwei Erstaufführungen zeigten eine Ambition des Intendanten zu „neuen deutschen Stücken“. In den beiden letzten Jahren der Direktion von Walter Bruno Iltz änderte sich der Spielplan, er zeigte mehr Mut und Einsatz abseits der NS-Normen. Neue deutsche Stücke minderer Qualität verschwanden vom Spielplan zugunsten literarisch hochwertiger, wenn auch in Parteikreisen umstrittener Werke. Als Alibi dienten jeweils zwei Tendenzstücke. Erst in den letzten beiden Jahren waren Aufführungen wie George Bernard Shaws Die heilige Johanna (1943) und Ferdinand Raimunds Der Diamant des Geisterkönigs (1944) möglich, die einen erkennbaren theatralischen Widerstand formulierten, beide in der Regie von Günther Haenel und im Bühnenbild Gustav Mankers. Haenel betonte weniger die von Propagandaminister Joseph Goebbels so geschätzte „treffliche Dar­stellung der englischen und französischen Psyche“ in der „Heiligen Johanna“, sondern den kompromisslosen Weg einer Einzelnen in einem starren Machtgefüge. Eine entbehrliche Textstelle über die Geschäftstüchtigkeit der Juden blieb als Provokation im Stück enthalten, der Satz „Ich würde keinen Juden in der Christenheit am Leben lassen, wenn es nach mir ginge“ wurde jedoch gestrichen. Bei der Replik „Die Juden geben gewöhnlich, was die Sache wert ist. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Menschen, die etwas umsonst haben wollen, immer Christen sind“ verließen bei der Premiere am 18. Juli 1943 SS-Männer den Saal. Das Bühnenbild Gustav Mankers zu Raimunds Zaubermärchen "Der Diamant des Geisterkönigs" persiflierte für das Land der Wahrheit im Stück die monumentale NS-Ästhetik mit Statuen im Stile Arno Brekers und paraphrasierte das Symbol des KdF-Rades und den deutschen Reichsadler, die Kostüme waren Anlehnungen an BDM und Hitler-Jugend. Karl Kalwoda, der Darsteller des Königs Veritatius, sprach sogar in abgehackten Sätzen und lieferte in Gestik und Haltung eine Hitler-Parodie. Am Ende der Szene wurde unter Applaus des Publikums für eine Ballonfahrt der Satz „Die Zukunft liegt in der Luft!“ hinzugefügt. Im Engagement dieser Jahre standen große Namen wie O. W. Fischer, Curd Jürgens, Paul Hubschmid, Gert Fröbe, Karl Skraup, Judith Holzmeister, Inge Konradi und Annie Rosar. Die Schauspielerin Dorothea Neff versteckte jahrelang ihre jüdische Freundin in ihrer Wohnung und wurde dafür nach dem Krieg vom Yad Vashem ausgezeichnet.

Rolf Jahn (1945)

Am 10. Mai 1945 wurde das das stark in Mitleidenschaft gezogene Volkstheater in Eigeninitiative des Ensembles mit einem Publikumserfolg der letzten Spielzeit, Katakomben von Max Frey, wiedereröffnet. Erste offizielle Premiere war am 7. Juni 1945 mit einer Reprise von 1936, Die unentschuldigte Stunde von Stefan Bekeffi. Jahn, der das Theater schon vor dem Krieg geleitet hatte, wurde vom Kulturstadtrat Viktor Matejka nur monatlich im Amt bestätigt, da die Besitzrechte nicht geklärt waren. Alle Vorstellungen waren ausverkauft und fanden Nachmittags statt, da weder Beleuchtung noch Verkehrsmittel funktionierten und auf den Straßen das Standrecht herrschte. Es folgte Franz Grillparzers Des Meeres und der Liebe Wellen und als abschließender Höhepunkt der kurzen Ära Jahn Karl Kraus' Die letzte Nacht, dem Epilog von Die letzten Tage der Menschheit in der Regie von Günther Haenel. Jahns Direktionszeit wurde jäh beendet, als von ihm verfass­te Zeitungsartikel aus dem Jahr 1938 auftauchten, die eindeutig NS-konforme und antisemitische Inhalte aufwiesen.

Günther Haenel (1945–1948)

Ab Juli 1945 leitete Günther Haenel das Volkstheater, der dem Haus schon zuvor als Regisseur angehört hatte. Mit einem „Direktionsrat“ band er Mitglieder des Hauses in Entscheidungen ein und nahm so das „Mitbestimmungstheater“ vorweg. Haenel führte das Haus als unbequemes und engagiertes Zeittheater, bei der Uraufführung von Julius Hays Haben kam es 1945 zum ersten Theaterskandal der zweiten Republik und einer Saalschlacht. Auch die Ausstellung des Surrealisten Edgar Jéné in den Wandelgängen zeigte, wie stark das Publikum teilweise noch in den Kategorien des Dritten Reichs dachte. Die vernachlässigte russische Dramatik wurde mit Dramen von Ostrowski, Turgenjew und mit Anatoli Lunatscharskis Der befreite Don Quixote mit Max Paulsen wiederbelebt, was Haenel den Vorwurf eines kommunistischen Tendenz-Spielplans eintrug. Albert Bassermann kehrte 1946 mit Der Himmel wartet ans Haus zurück und spielte in der Folge auch Ibsens Baumeister Solness und Gespenster. Das antifaschistische amerikanische Erfolgsstück Vor der Entscheidung wurde in der Regie Haenels mit Attila Hörbiger, der heimgekehrten Adrienne Gessner und Siegfried Breuer aufgeführt. Oskar Werner hatte sein Volkstheater-Debüt in Eugene O'Neills Ah, Wilderness!. Ernst Deutsch war 1948 in Der Helfer Gottes wieder zu sehen. Jean Anouilh wurde ebenso wie J. B. Priestley dem Wiener Publikum vorgestellt. Für die Alt-Wiener Volkskomödie von Nestroy und Raimund gelang es Gustav Manker, mit Schauspielern wie Karl Paryla, Inge Konradi, Karl Skraup, Theodor Grieg und Hans Putz für dieses Genre einen neuen Inszenierungsstil zu entwickeln. Da Haenel als Pächter mit seinem Privatvermögen haftete, sah er sich auch gezwungen, zahlreiche Komödien und „leichte Kost“ auf den Spielplan zu setzen, die mit Publikumslieblingen wie Annie Rosar, Christl Mardayn oder Curt Goetz (Das Haus in Montevideo) große Erfolge wurden. Aufgrund der ungeklärten Pachtverhältnisse trat Haenel 1948 zurück und gründete das als Sozietät geführte „Neue Theater in der Scala“.

Paul Barnay (1948–1952)

1948 erwarb der österreichische Gewerkschaftsbund (als Rechtsnachfolger der Deutschen Arbeitsfront) die Aktienmehrheit des Volkstheater-Vereins, das Volkstheater wurde in eine Ges.m.b.H. umgewandelt, künstlerischer Leiter wurde Paul Barnay, der das Haus in einer Zeit großer finanzieller Schwierigkeiten übernahm. Mit der Gründung der Volksbühne-Organisation „Volkstheater-Gemeinde“, die bald 15.000 Mitglieder zählte, versuchte er, die Krise zu meistern. Dramaturg und Regisseur wurde Joseph Glücksmann, der in der Emigration in den USA als Filmregisseur tätig gewesen war, Gustav Manker setzte seine Arbeit als Regisseur der österreichischen Klassik und zeitgenössischer Autoren fort. Mit Volksschauspielern wie Paul Hörbiger, Karl Skraup, Hans Putz und Inge Konradi schuf er Publikumsrenner wie Ferdinand Raimunds Der Bauer als Millionär (1948), Der Verschwender (1949) und Johann Nestroys "Zu ebener Erde und erster Stock" (1948) und Der Talisman (1951). Zu einem der größten Theaterskandale der Nachkriegszeit geriet die österreichische Erstaufführung von Horvaths Geschichten aus dem Wiener Wald mit Inge Konradi, Karl Skraup und Harry Fuss, der man „Blasphemie aufs Wienertum“ vorwarf und fragte: "Was haben diese innerlich durch und durch faulen Lemuren, diese Sumpfblüten, die in jeder Grosstadt gedeihen können, mit dem Volk, mit dem Volk von Wien zu tun?" Barnay war ein Theaterprinzipal alten Stils, weitere Auseinandersetzungen mit der Moderne fanden unter seiner Direktion nur selten statt wie etwa 1951 bei Albert Camus Die Gerechten. Lustspiele, Komödien und Volksstücke beherrschten den Spielplan, Publikumslieblinge der Vorkriegszeit wie Hans Jaray (als Kronprinz Rudolf) oder Hans Olden konnten wieder auftreten, auch Ernst Deutsch trat 1948 als Henri Dunant wieder auf. Der junge Oskar Werner debütierte 1947 in Eugene O'Neills "O Wilderness". Nachwuchstalente wie Hilde Sochor und Martha Wallner wurden neu engagiert. Großen Erfolg hatten Inge Konradi 1950/51 als G.B. Shaws Die heilige Johanna und Annie Rosar in Stadtpark.

Leon Epp (1952–1968)

Die Direktion Leon Epps war eine Zeit, in der Ernst Lothar zufolge das Volkstheater als das „tapferste Theater von Wien“ galt. Auf dem Spielplan standen viele Stücke von Gegenwartsdramatikern wie Albert Camus, Friedrich Dürrenmatt, Sean O'Casey, Jean Cocteau, Thornton Wilder, Tennessee Williams, William Faulkner, Jean Anouilh, John Osborne, Heinar Kipphardt. Manche dieser österreichischen Erstaufführungen sorgten für großes Aufsehen, so etwa die Inszenierung von Jean-Paul Sartres Die schmutzigen Hände (1954/55), die der Autor selbst mit einer Reise nach Wien zu verhindern suchte, weil es seiner Meinung nach durch die Zeitläufe überholt war. In der Spielzeit 1962/63 wagte sich das Volkstheater mit Mutter Courage und ihre Kinder an ein Stück von Bertolt Brecht, nachdem der weltweit gefeierte Bühnenautor über viele Jahre hinweg in Österreich vor dem Hintergrund des Kalten Krieges unter Federführung von Hans Weigel und Friedrich Torberg boykottiert worden war. Die Presse sprach von der „Blockadebrecher“-Premiere am 23. Februar 1963 mit Dorothea Neff und unter der Regie von Gustav Manker, der in der Folge auch Der kaukasische Kreidekreis inszenierte. In der nächsten Spielzeit sorgte Der Stellvertreter von Rolf Hochhuth in österreichischer Erstaufführung sogar für Handgreiflichkeiten im Parkett. Der Theaterdirektor Epp unterbrach die Premiere, um selbst auf die Bühne zu steigen und zu verkünden: „Jeder, der dieser Aufführung beiwohnt, möge sich doch fragen, ob er nicht an den hier geschilderten Dingen irgendwie mitschuldig gewesen ist.“ 1961 gab es für Jean Genets Der Balkon den ersten Preis beim Festival Theatre des Nations in Paris, 1963 spielte man erstmals Genets Die Wände, beide Male in der Ausstattung des Malers Hubert Aratym. Ein Wedekind-Zyklus gehörte ebenso zum Programm wie Klassiker von Shakespeare bis Goethe und Schiller. Seltene Gastauftritte boten hier Käthe Dorsch als Elisabeth von England, Marianne Hoppe in Strindbergs Traumspiel und Hilde Krahl als Lady Macbeth und Libussa. Besondere Pflege ließ Epp dem österreichischen Volksstück von Ludwig Anzengruber, Johann Nestroy und Ferdinand Raimund angedeihen, für die er mit Karl Skraup, Hans Putz, Hugo Gottschlich, Fritz Muliar, Walter Kohut, Kurt Sowinetz und Hilde Sochor ein erstklassiges Ensemble hatte und die allesamt von Gustav Manker inszeniert wurden, der neben Epp der entscheidende Regisseur des Hauses, Chefbühnenbildner und die ideale Ergänzung zu Epp war. Besonders Schillers Die Räuber (1959) waren auf einer zweigeteilten Simultanbühne in Regie und Bühnenbild von Manker bahnbrechend. Auch die österreichische Moderne von Arthur Schnitzler bis Ödön von Horváth, Ferdinand Bruckner und Ferenc Molnár und die Uraufführung von Helmut Qualtingers Die Hinrichtung (1965) lagen in Mankers Händen. Qualtinger trat auch als Schauspieler in Erscheinung, so in Nestroys Eine Wohnung zu vermieten (1962), als Zauberkönig in Horvaths Geschichten aus dem Wiener Wald (1968) und in Dostojewskis Schuld und Sühne (1969). Junge Entdeckungen waren Nicole Heesters als Gigi (1953), Elisabeth Orth (1958) und Elfriede Irrall, die 1961 als Lulu triumphierte. Epp begründete 1954 gemeinsam mit der Kammer für Arbeiter und Angestellte die Spielreihe „Volkstheater in den Außenbezirken“, im Zuge derer Produktionen des Volkstheaters durch die Bezirke Wiens tourten, um „Kultur ins Volk“ zu bringen.

Gustav Manker (1969–1979)

Gustav Manker übernahm nach dem Unfalltod von Leon Epp 1968 dessen Geschäfte und war sein logischer Nachfolger, da er dem Haus bereits seit 1938 angehörte, zuerst als Bühnenbildner, dann als Regisseur, Ausstattungs- und Oberspielleiter. Zu den Marksteinen der Direktion Gustav Manker gehörte vor allem die Entdeckung junger österreichischer Dramatiker. 1969 hatte innerhalb der Reihe Konfrontationen Wolfgang Bauers Change Premiere, die spektakuläre Inszenierung von Bernd Fischerauer wurde zum Berliner Theatertreffen 1970 eingeladen. Im Februar 1971 wurde das Erstlingswerk Rozznjogd des damals 26jährigen Peter Turrini uraufgeführt und begründete eine der großen Theaterkarrieren eines österreichischen Schriftstellers. Turrini blieb dem Volkstheater verbunden, 1972 folgte die Uraufführung von Sauschlachten, 1975 die Goldoni-Adaption Die Wirtin. Weitere junge Autoren waren Gerhard Roth, Wilhelm Pevny, Herwig Seeböck, Wilhelm Pellert und Helmut Zenker. Manker legte generell großes Augenmerk auf die Pflege österreichischer Literatur, von Raimund bis Anzengruber, von Schnitzler bis Horvath, Csokor, Karl Schönherr, Lernet-Holenia, Wildgans, Herzmanovsky-Orlando, Ferdinand Bruckner und Hermann Bahr, dessen Stücke Das Konzert und Wienerinnen zu Publikumsrennern wurden. 1971 kam es sogar zur Uraufführung eines nachgelassenen Stückes von Arthur Schnitzler, Zug der Schatten, nachdem schon ein Zyklus dessen frühe Werke Freiwild, Das Märchen und Anatol vorgestellt hatte. Neben der Erstaufführung der Hochzeit von Elias Canetti (1970), bei der das Theater nach Drohungen von Rechtsradikalen durch die Polizei geschützt werden musste und die Erstaufführung von Ionescos Welch gigantischer Schwindel (1975) in der Regie von Karlheinz Stroux setzten die aktuellen Dramen von Rolf Hochhuth (u.a. 1972 Guerillas mit Kurt Meisel) sowie Dieter Fortes Martin Luther & Thomas Münzer, Hölderlin von Peter Weiss (1973) und Witold Gombrowiczs Operette wichtige Akzente. Mankers ambitionierte Klassikerpflege umfasste Grillparzer ebenso wie Büchner und Shakespeare (1970 kam es zur umjubelten Erstaufführung von Shakespeares Hamlet 1603 mit Michael Heltau) und gipfelte in Richard Beer-Hofmanns Einrichtung von Goethes Faust I und II an einem Abend. Helmut Qualtinger trat in der Direktion Manker des Öfteren auf, so 1970 in Der Talisman von Johann Nestroy, 1971 als Dorfrichter Adam in Der zerbrochne Krug von Heinrich von Kleist und in Wolfgang Bauer Sylvester oder das Massaker im Hotel Sacher (1971). Legendär waren Mankers jährliche Nestroy-Inszenierungen, die neben den viel gespielten Stücken auch Unbekanntes ausgruben und mit einem eingespielten „Nestroy-Ensemble“ (Heinz Petters, Herbert Propst, Rudolf Strobl, Walter Langer, Hilde Sochor, Dolores Schmidinger, Brigitte Swoboda) in einem speziellen Nestroy-Stil („Nestroy pur“) zu Publikumshits wurden: Der Talisman (1971), Heimliches Geld, heimliche Liebe (1972), Das Gewürzkrämerkleeblatt (1972), Gegen Torheit gibt es kein Mittel (1973), Umsonst (1974), Einen Jux will er sich machen (1976), Lumpazivagabundus (1977), Höllenangst (1977), Frühere Verhältnisse und Die schlimmen Buben In der Schule (1978).

Paul Blaha (1979–1987)

Paul Blaha war ein ehemaliger Theaterkritiker als er 1979 den Posten des Direktors von Gustav Manker übernahm. Er eröffnete mit Shakespeares "Romeo und Julia". Schwerpunkte des Spielplans bildeten zeitgenössische, gesellschaftskritische Aufführungen sowie Uraufführungen österreichischer Autoren. Produktionen wie "Kein schöner Land" von Felix Mitterer, "Josef und Maria" von Peter Turrini, "Ghetto" von Joshua Sobol und "Der Himbeerpflücker" von Fritz Hochwälder waren Höhepunkte der Direktionszeit Blaha. Aufführungen von Der Bockerer von Ulrich Becher und Peter Preses mit Karl Merkatz) und "Zwölfeläuten" von Heinz R. Unger wurden als Verfilmungen Hits an den österreichischen Kinokassen. Die Uraufführung von Peter Turrinis Die Bürger (Spielzeit 1981/82) schaffte es mit einer mehrseitigen Reportage in das deutsche Nachrichtenmagazin Der Spiegel, der feststellte: "Lang schon hat ein Stück, noch ehe es ans Rampenlicht kam, nicht soviel parteipolitisches Gackern und kulturkämpferisches Krähen ausgelöst." (Der Spiegel, 25. Januar 1982). Während der aufwändigen Restaurierung 1980/81 wurde die ursprüngliche Dachkuppel rekonstruiert, der Spielbetrieb wurde in andere Spielstätten ausgelagert. In der Direktionszeit Blahas wurde eine Schauspielschule gegründet, die dem Theater angeschlossen war. 1981 wurde das Volkstheater-Studio (bis 1987) als kleine Bühne für Gegenwartsdramatik gegründet.

Emmy Werner (1988–2005)

1988 übernahm mit Emmy Werner, die zuvor Direktorin des Wiener Theaters in der Drachengasse war, erstmals eine Frau die Leitung eines großen Wiener Theaters. Werners Programm waren Klassiker, zeitgenössische Stücke und starke Frauenfiguren in programmatischen Zyklen: „Die Jungfrau von Orléans“ (Eröffnung mit der früh verstorbenen Angelika Meyer), „Hedda Gabler“, „Nora “, "Emilia Galotti" (Regie: Anna Badora), „Antigone“, „Judith“ „Anna Galactia“, „Libussa“, „Medea“, „Stella“. Schauspielerinnen wie Andrea Eckert, Gundula Rapsch und Birgit Doll waren die Protagonistinnen. Aus den Aufführungen ihrer Direktionszeit sind die Erfolgsstücke Weiningers Nacht von Joshua Sobol in der Inszenierung von Paulus Manker (1988/89) und Elfriede Jelineks Krankheit oder Moderne Frauen aus der Spielzeit 1989/90 hervorzuheben. Großer Erfolg war 1996 Terrence McNallys Meisterklasse mit Andrea Eckert als Maria Callas beschieden, das über zehn Jahre auf dem Spielplan stand. Autoren wie Elfriede Jelinek („Krankheit oder moderne Frauen“, „Wolken.Heim“, „Clara S.“) oder Gert Jonke („Opus 111“, „Insektarium“, UA 1998; „Gegenwart der Erinnerung“, UA 1994) wurden noch vor dem Burgtheater gespielt. Gustav Ernst und Franzobel erlebten erste Premieren sowie Felix Mitterers Drama In der Löwengrube (1997). Die Erstaufführung von Ergo (1996) des emigrierten Schriftstellers Jakov Lind zeigte Lind erstmals überhaupt in seiner Geburtsstadt Wien. 2000 kam die Dramatisierung von Sándor Márais „Glut“ zur Uraufführung. „Späte Gegend“ von Lida Winiewicz bot 2003 eine glanzvolle Plattform für Hilde Sochor, die Doyenne des Hauses. Der Zuschauerraum des Volkstheaters wurde auf 970 Plätze reduziert, mit Am Plafond, U3 und der Spielbar wurden kleine experimentelle Spielstätten geschaffen. Emmy Werner stand im Schatten des Burgtheater-Direktors Claus Peymann, es gelang ihr nicht, Regie-Grössen ans Volkstheater zu bringen, die Qualität der Aufführungen schwankte, die der Schauspieler oft noch mehr, das überregionale Renommee blieb aus.

Michael Schottenberg (seit 2005)

Im Herbst 2005 übernahm Michael Schottenberg die Direktion. Im „Hundsturm“, einer kleineren Theaterspielstätte, werden experimentelle Theaterarbeiten präsentiert (unter anderem von Barbara Weber, Wojtek Klemm, Dejan Dukovski und dem Künstlerkollektiv monochrom).

Ur- und Erstaufführungen (Auswahl)

Nestroy-Theaterpreis

Das Wiener Volkstheater ist mit seinen Produktionen seit dem Jahr 2000 eines der erfolgreichsten Theater beim Nestroy-Theaterpreis. 2001, 2002 und 2005 war es außerdem Gastgeber der Nestroy-Verleihungsgala. 2007 bekam die Doyenne des Hauses, Hilde Sochor, den Nestroy für ihr Lebenswerk.

Nestroy-Theaterpreis 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007
Nominierungen/Preise 4/1 0/0 3/2 2/0 1/1 1/1 1/1 2/1

Literatur

  • 100 Jahre Volkstheater. Theater. Zeit. Geschichte. Jugend und Volk, Wien-München 1989 ISBN 3-224-10713-8
  • Oskar Maurus Fontana: Volkstheater Wien (Deutsches Volkstheater). Weg und Entwicklung (1889-1964). Wien, Bergland Vlg, 1964
  • 60 Jahre Volkstheater. Festschrift. Herausgegeben von der Volkstheater GmbH, Wien 1949
  • Karl Glossy: Vierzig Jahre Deutsches Volkstheater. Ein Beitrag zur deutschen Theatergeschichte. Wien 1929
  • Joseph Glücksmann: Almanach Des Deutschen Volkstheaters für 1920. Leipzig E. P. Tal & Co Verlag, 1920
  • Elisabeth Epp: Glück auf einer Insel. Leon Epp - Leben und Arbeit. Wien, Braumüller, 1974
  • Andrea Huemer (Hg.): Gustav Manker. Begleitheft zur Gedächtnisausstellung 1998. Eigenverlag Volkstheater, Wien 1998

Weblinks

48.20514166666716.35667Koordinaten: 48° 12′ 19″ N, 16° 21′ 24″ O


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