Deutschvölkische Freiheitspartei

Deutschvölkische Freiheitspartei

Die Deutschvölkische Freiheitspartei (DVFP bzw. zeitgenössisch auch DFP) war eine radikal völkische Partei in der Weimarer Republik.

Als radikaler Ableger der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) am 16. Dezember 1922 gegründet, diente sie als Sammelbecken extrem völkischer Kreise. Dazu gehörten nach dem Verbot des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes zahlreiche Ortsgruppen der Deutschvölkischen, ferner die in Berlin aktive Großdeutsche Arbeiterpartei.

Die Partei lehnte die Weimarer Republik ab und propagierte mit einem radikal rassistischen, antikommunistischen und antisemitischen Programm eine völkische Diktatur. Sie hatte ihren organisatorischen Schwerpunkt in Norddeutschland, kooperierte zeitweise mit der in Süddeutschland agierenden Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP). Führende DVFP-Mitglieder, darunter der Vorsitzende Albrecht von Graefe und Gerhard Roßbach, waren am Hitlerputsch im November 1923 beteiligt.[1]

Im Freistaat Preußen wurde die DVFP am 23. März 1923 von Innenminister Carl Severing verboten.[2] Laut Verbotsverfügung wurde die DVFP als Ersatzorganisation der zu dieser Zeit in Preußen illegalen NSDAP betrachtet. Ziel der Partei sei die gewaltsame Beseitigung des Parlamentarismus. In den Tagen vor dem Parteiverbot hatte die Polizei das Parteibüro sowie Wohnungen führender Parteimitglieder durchsucht. Dabei sichergestellte Unterlagen belegten Verbindungen zu paramilitärischen Gruppierungen, die von Gerhard Roßbach geleitet wurden. Roßbach war auch in der Parteileitung tätig. Während des bis Februar 1924 gültigen Parteiverbots wurde die DVFP von dem nicht inhaftierten Vorsitzenden Albrecht von Graefe und den Reichstagsabgeordneten Reinhold Wulle und Wilhelm Henning repräsentiert; die Parteiaktivitäten setzten sich in der Illegalität fort.

Im Zuge eines Gerichtsverfahrens wegen eines Fememordes in der Schwarzen Reichswehr am 17. November 1923 wurde die Parteiführung der DVFP später schwer belastet:[3] Der Täter sagte aus, den Mord auf Wunsch oder im Auftrag von Reinholf Wulle, Wilhelm Kube und Georg Ahlemann begangen zu haben. Ziel sei es gewesen, den Verrat eines Staatsstreiches, den die DFVP gemeinsam mit der NSDAP in Bayern sowie der Schwarzen Reichswehr geplant hatte, zu verhindern. In Aussagen vor einem Untersuchungsausschuss des Preußischen Landtages 1925 und 1926 bestritten führende DFVP-Politiker derartige Pläne.

Nach dem erneuten Verbot von DVFP und NSDAP am 23. November 1923 durch General Hans von Seeckt[4] bildeten beide Parteien eine Listenverbindung namens Nationalsozialistische Freiheitspartei (NSFP), die bei der Reichstagswahl Mai 1924 32 Mandate im Reichstag erhielt und Fraktionsstärke erreichte. Vor der nächsten Wahl schlossen sich DFVP und NSDAP dann im Oktober 1924 formal unter dem Namen Nationalsozialistische Freiheitsbewegung (NSFB) zusammen.

Mandatsträger der DVFP waren Erich Ludendorff, Ernst Röhm, Theodor Fritsch, Wilhelm Kube, Gottfried Feder und Wilhelm Frick. Zu weiteren frühen führenden Persönlichkeiten der DVFP gehörten Theodor Fritsch, Horst Schumann und Artur Dinter.

Adolf Hitler löste nach seiner Entlassung aus der Festungshaft in Landsberg am Lech die Verbindung der Parteien. Im Februar 1925 legten Ludendorff, Strasser und Graefe die Führung nieder, womit die NSFB de facto aufgelöst war. Im nun beginnenden Konkurrenzkampf war die DFVP bald unterlegen und versank spätestens ab 1928 in der Bedeutungslosigkeit, ein gleiches Schicksal ereilte die am 14. Februar 1925 konstituierte NSFP-Neugründung Deutschvölkische Freiheitsbewegung (DVFP). Viele Mitglieder gingen zur NSDAP über und bildeten in Norddeutschland häufig die Keimzelle der regionalen NSDAP-Verbände.

Emil Julius Gumbel war 1924 zu folgender Einschätzung der DVFP gekommen:

„Die Deutschvölkische Freiheitspartei ist der Versuch eines legalen Ueberbaues zu den vielen nationalistischen, geheimen Organisationen. Sie sollte ein legaler Schutzmantel für die deutschvölkische Bewegung sein; die parlamentarische Vertretung eine polizeiliche Auflösung unmöglich machen. Unter die Fittiche der Partei sollten die vielen illegalen Verbände unterschlüpfen können.“[5]

Zeugenaussagen in den Fememordprozessen sowie vor parlamentarischen Untersuchungsausschüssen enthalten zahlreiche Hinweise auf Verbindungen zwischen der DVFP und der Schwarzen Reichswehr. Nach heutigem Forschungsstand[6] gelten gemeinsame Putschpläne von Schwarzer Reichswehr, DVFP und NSDAP als wahrscheinlich. Die geplante Errichtung einer rechtsgerichteten Militärdiktatur scheiterte, als im September 1923 der Ausnahmezustand ausgerufen wurde und die exekutive Gewalt von der Reichswehr übernommen wurde.

Literatur

  • Philipp Scheidemann: Die rechtsradikalen Verschwörer. Reichstags-Rede v. 12. Mai 1923 (Friedrich-Ebert-Stiftung [1], eingesehen am 15. März 2007.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bernhard Sauer: Schwarze Reichswehr und Fememorde. Eine Milieustudie zum Rechtsradikalismus in der Weimarer Republik. Metropol-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-936411-06-9, S. 332.
  2. Sauer: Reichswehr, S. 39f.
  3. Sauer, Reichswehr, S. 40f.
  4. Hans-Werner Klausen: Der „deutsche Oktober“ fand nicht statt, Berliner Umschau, 5. Januar 2004
  5. Emil Julius Gumbel: Verschwörer. Beiträge zur Geschichte und Soziologie der deutschen nationalistischen Geheimbünde seit 1918. Malik-Verlag, Wien, 1924, S. 97. (Reprint im Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg 1979, ISBN 3-88423-003-4)
  6. Einschätzung bei Sauer, Reichswehr, S. 331f.

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