Diakonin

Diakonin

Eine Diakonin ist ein weiblicher Diakon. Diakoninnen gibt es in verschiedenen christlichen Kirchen, in denen auch Frauen ordiniert werden, also beispielsweise in den meisten evangelischen und anglikanischen Kirchen, nicht jedoch in der römisch-katholischen Kirche und der orthodoxen Kirche, wobei sich 2004 der Synod der orthodoxen Kirche in Griechenland für die Wiederbelebung des Diakonats für Frauen aussprach.[1]

Eine Diakonin übt wie ein Diakon ein geistliches Amt aus und ist in einer Kirchengemeinde im Auftrag des Landesbischofs tätig. Sie ist dem Gemeindeleiter unterstellt. Die Hauptaufgabe einer Diakonin ist die Verbindung von Seelsorge und sozialer Tätigkeit, also beispielsweise die Alten- und Krankenseelsorge. Nicht verwechseln darf man Diakoninnen mit den evangelischen Diakonissen.

Im frühen Christentum war Diakonin ein von Frauen ausgeübter geistlicher Dienst, wie dies auch die Didaskalia für die syrische Kirche des 4. Jahrhunderts bezeugt. Die Diakonin entsprach im geistlichen Rang einem Diakon und hatte, vom Altardienst abgesehen, ähnliche Aufgaben. Es ist allerdings umstritten, ob dies bedeutet, dass Frauen damals auch die mit dem Diakonenamt verbundene Weihe hatten. Biblische Quellen (z. B. Apostelgeschichte 6,1–7 EU) und andere frühchristliche Zeugnisse, etwa die Apostolischen Konstitutionen lassen darauf schließen, dass der Diakonat sowohl für Männer als auch für Frauen in der frühen Christenheit keine Vorstufe zum Priesteramt, sondern ein eigenständiger Dienst war.

Inhaltsverzeichnis

Frühe Geschichte

Bereits in der Bibel wird eine Frau erwähnt, die das Amt eines Diakons ausübt: Phoibe (Phöbe), die Diakonin von Kenchreai, die den Römern den Brief des Paulus überbringt (Römer 16,1 EU). Außerbiblisch erwähnt Plinius um 112 n. Chr. zwei weibliche Diakone. Sowohl Clemens von Alexandria als auch Origenes interpretieren Paulus so, dass es männliche und weibliche Diakone gegeben habe.

In der syrischen Didaskalie (Gemeindeordnung) werden noch vor 250 Diakoninnen mit deren Aufgabenbereich beschrieben. An einem theologischen Vergleich wird dort deutlich, dass es sich um ein hierarchisches Amt handelt, der Bischof wird mit Gott Vater verglichen, der Diakon mit dem Sohn und die Diakonin mit dem Heiligen Geist, der in der semitischen Sprache weiblich ist. „Für die Priester blieb da kein Platz mehr, sie werden mit den Aposteln verglichen“.[2]

Weitere bekannte Diakoninnen waren Makrina die Jüngere, die ältere Schwester von Basilius von Caesarea und Gregor von Nyssa, Olympias von Konstantinopel und Radegundis.

Im vierten, fünften und sechsten Jahrhundert werden Diakoninnen von allen führenden Kirchenvätern des Ostens erwähnt, und in den Kirchenannalen werden zahlreiche Diakoninnen namentlich erwähnt. Der Diakonat galt als ehrenvolles Amt, dem zahlreiche begabte Frauen von hohem Rang angehörten. In der Hagia Sophia gab es unter Justinian I. vierzig Diakoninnen, kleinere Gemeinden hatten bis zu sechs Diakoninnen.

In der byzantinischen Kirche gab es bis zum 12. Jahrhundert Diakoninnen, in der Westkirche, wo sie allgemein weniger vertreten waren, bis zum 8. Jahrhundert. Ein Grund für den Verzicht auf Diakoninnen könnte sein, dass der Diakonat zunehmend nur als Vorstufe zur Priesterweihe und weniger als eigenständiger Dienst angesehen wurde. Mit der Entwicklung des Diakonats zum eigenständigen Weiheamt fand die bisherige Praxis ihr Ende. Die immer seltenere Taufe von erwachsenen Frauen bedeutete zugleich den fast vollständigen Wegfall des wichtigsten Aufgabengebietes der Diakonin.

Ordination

Diakone wurden in der frühen Kirche formell ordiniert und sowohl im kirchlichen als auch im zivilen Recht zur Geistlichkeit und nicht zu den Laien gezählt. Ob das auch für Diakoninnen galt, ist in der römisch-katholischen Theologie umstritten (siehe Frauenordination).

In der Apostolischen Konstitution werden jedoch Diakoninnen nach den Diakonen und vor den Subdiakonen erwähnt. Diakoninnen wurden ordiniert, indem ihnen der Bischof in Gegenwart der Priester, Diakone und Diakoninnen die Hände auflegte und das gleiche Weihegebet wie bei der Diakonenweihe sprach.

Die ökumenischen Konzilien von Nicaea (325), Chalcedon (451) und die Trullanische Synode (692) erwähnen die Ordination von Diakoninnen.

Aufgaben

Die Didaskalia Apostolorum (Syrien, um 380) sagt:

„Deshalb, o Bischof, sollst du um dich Arbeiter der Gerechtigkeit berufen, die dir lebenslange Helfer sind. Unter allen Leuten sollst du die, die dir gut erscheinen, als Diakone wählen und berufen, einen Mann, um viele nötige Dinge zu tun, und eine Frau für den Dienst an den Frauen. Denn es gibt Häuser, wohin du den Diakon nicht zu Frauen senden kannst wegen der Heiden, sondern du sollst die Diakonin senden. Denn es ist auch in vielen andern Dingen das Amt einer Frau erforderlich.“

Diese Quelle zeigt, dass Diakoninnen spezifisch für solche Dienste notwendig waren, bei denen ein Mann aus sittlichen Gründen oder wegen seiner Reputation nicht eingesetzt werden konnte. Dazu gehörten:

  • der Beistand bei der Taufe erwachsener Frauen: „Es ist erforderlich, dass die, die in das Taufbecken hinein gehen, von einer Diakonin mit dem Salböl gesalbt werden.“ Der Hintergrund ist hier die Ganzkörpersalbung vor der Taufe.
  • die Instruktion der neugetauften Frauen: „Wenn die Getaufte aus dem Wasser kommt, soll die Diakonin sie empfangen und sie lehren, wie das Siegel der Taufe in Keuschheit und Heiligkeit ungebrochen bleibt.“ Hierzu gehörten auch klare Worte zu sexuellen Dingen, deshalb kam ein Mann für dieses Gespräch nicht in Frage.
  • das Überbringen von Botschaften des Bischofs an Frauen.
  • Bei Gesprächen des Bischofs mit Frauen anwesend zu sein und so den Ruf beider Gesprächsteilnehmer zu bewahren.
  • Kranke und Arme zu betreuen.
  • Märtyrer im Gefängnis zu betreuen.
  • Aufsicht über den Fraueneingang in der Kirche, Überprüfen der Empfehlungsbriefe von Fremden, Platzzuweisung.
  • Aufsicht über Witwen und Waisen.
  • Die Eucharistie zu kranken Frauen bringen.

Diakoninnen heute

Evangelische Kirchen

Seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts werden neben Diakonen wieder Diakoninnen ausgebildet. Sie erhalten außer der theologischen auch eine sozialpädagogische oder pflegerische Ausbildung. Die Ausbildung ist in den Landeskirchen unterschiedlich geregelt, sie dauert zumeist zwischen drei und fünf Jahren. Die Diakone und Diakoninnen in der Landeskirche werden heute nicht mehr ordiniert, sondern in den Dienst „eingesegnet“, was sich in der Wortbedeutung an sich entspricht, kirchenrechtlich aber mit weniger Rechten verbunden ist. Der Verband evangelischer Diakonen- und Diakoninnengemeinschaften in Deutschland VEDD setzt sich seit 1999 für eine Gleichstellung des Diakonenamts mit dem Amt des Pfarrers ein.

Freikirchen

Die Situation in den Freikirchen ist bezogen auf die Diakoninnen sehr unterschiedlich. Viele Freikirchen haben in den letzten Jahrzehnten neben den Diakonissen, deren Anzahl stark sinkt, auch Diakoninnen eingestellt. Im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden sind die Diakone und Diakoninnen in einem Verband organisiert. Diakoninnen gibt es darin seit 1979. Seit 2003 werden Diakone und Diakoninnen innerhalb dieses Bundes nicht nur angestellt, sondern auch ordiniert. Die Aufgabenbereiche umfassen Jugendarbeit, Seniorenarbeit, Frauenarbeit, Krankenbesuche und Krankenpflege, Beratung in sozialen Angelegenheiten, Leitung von Bibelkreisen und vieles mehr. Damit sind sie vom Aufgabenbereich etwa mit einem katholischen Gemeindereferenten vergleichbar.

Römisch-katholische Kirche

Die Wiedereinführung des Diakonats für Frauen ist ein umstrittenes Thema innerhalb einiger Kreise der römisch-katholischen Kirche, zumindest in der westlichen Welt. Im Zweiten Vatikanischen Konzil wurde der Ständige Diakonat für Männer neu belebt und als eigener Dienst wiedereingeführt. Frauen stehen dagegen nur die Berufe der Pastoralassistentin oder Gemeindereferentin offen, die jedoch keine geistlichen Ämter sind.

Progressive Kreise nennen den derzeitigen Seelsorgenotstand durch den Priestermangel sowie die grundsätzliche Gleichstellung der Frau in allen anderen Lebensbereichen als Argumente für den Diakonat der Frau.

Die kirchliche Lehre allerdings schließt die Weihe von Frauen kategorisch aus. Da das katholische Weihesakrament in den drei Ausprägungen Bischof – Priester – Diakon existiert, ist vom Standpunkt der kirchlichen Lehre und der Tradition eine Weihe von Frauen zu Diakoninnen nicht möglich.

Frauen, die sich dennoch zum Diakonat berufen fühlen, gehen unterschiedlich mit diesem Konflikt um: Bei Katholikentagen treten Mitglieder der Bewegung Wir sind Kirche (AG „Frauen in der KirchenVolksBewegung“/Aktion „Lila Stola“) provokativ mit einer lila Stola auf, um ihr Anliegen in die Öffentlichkeit zu tragen. Die Mitglieder des bundesdeutschen Netzwerks Diakonat der Frau, das 1966 in Münster gegründet wurde, organisieren dreijährige Diakonatskurse für Frauen, die sich zum Diakonat berufen fühlen, obwohl eine Berufsausübung innerhalb der katholischen Kirche für sie nicht möglich ist.

Alt-katholische Kirche

In den siebziger Jahren hatte die Bischofskonferenz der Utrechter Union nach heftigen Debatten die Nichtzulassung von Frauen zum apostolischen Amt des Diakons, Priesters und Bischofs bekräftigt. Die Begründung lautete, Jesus habe nur Männer zu Aposteln berufen, somit seien Frauen nicht in sakramentalen Ämtern zugelassen.

1982 jedoch stellte die Internationale Bischofskonferenz fest, dass dem Diakonat der Frau nichts im Wege stehe, eine Wiedereinführung wurde den Ortskirchen überlassen. Die erste Diakonin in der Schweiz wurde 1987 ordiniert, die erste in Deutschland 1988, die erste in Österreich 1991. Seit 1996 werden in der Alt-katholischen Kirche im deutschsprachigen Raum auch Priesterinnen geweiht.[3]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Artikel von Radio Vatikan
  2. Ernst Leuninger: Frauen im Urchristentum; Vortrag, gehalten in Limburg am 28. September 1997
  3. http://www.alt-katholisch.de/information/frauenordination/index.html

Weblinks

Literatur

  • Dorothea Reininger: Diakonat der Frau in der einen Kirche. Diskussionen, Entscheidungen und pastoral-praktische Erfahrungen in der christlichen Ökumene und ihr Beitrag zur römisch-katholischen Diskussion; Ostfildern: Schwabenverlag, 1999; ISBN 978-3-7966-0949-7

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