Die Bekehrung des Paulus

Die Bekehrung des Paulus
 
Die Bekehrung des Paulus
Pieter Bruegel der Ältere, 1567
Öl auf Eichenholz, 108 cm × 156 cm
Kunsthistorisches Museum

Die Bekehrung des Paulus ist ein 1567 entstandenes Ölgemälde des flämischen Malers Pieter Bruegel des Älteren. Das 108 x 156 cm große Werk zeigt eine Szene aus der Apostelgeschichte und befindet sich heute im Kunsthistorischen Museum Wien im Saal 10.

Inhaltsverzeichnis

Das Gemälde

Inhalt

Der Schauplatz ist eine bizarre Gebirgslandschaft mit Blick auf ein fernes Flachland mit Meeresküste. Ein großer Heerzug von gerüsteten Soldaten und vornehmen Reitern steigt empor, aber der Weg wird immer ungangbarer und ist weiter hinten bereits durch tiefliegende Wolken verhangen. Genau im Zentrum des Bildes, aber nicht besonders hervorgehoben, ist ein gestürzter Reiter zu sehen, der nach links oben blickt, wo ein Lichtstrahl durch die Wolken bricht.[1]

Deutung

Gebirgslandschaften tauchen häufig in Bruegels Werk auf. Er hatte die Rückreise von seinem Italienaufenthalt im Sommer 1552 auch zu einer Alpenreise, vermutlich durch die südliche Schweiz, genutzt. Sein erster Biograf Karel van Mander bemerkt dazu, Bruegel habe als er in den Alpen war, all die Berge und Felsen verschluckt und als Malbretter wieder ausgespien.[2]

Ausschnitt mit gestürztem Saulus und schwarzen Reiter

Bruegel variiert ein Thema aus der biblischen Apostelgeschichte: das Damaskuserlebnis des Christenverfolgers Saulus. Es entspricht den Gebräuchen Bruegels das titelgebende Geschehen zwar in der Mitte zu platzieren, aber sonst nicht besonders hervorzuheben. Saulus erschien auf dem Weg nach Damaskus wo er Christen bekämpfen wollte der himmlische Erlöser, warf ihn vom Pferd und schlug ihn vorübergehend mit Blindheit. Der Schauplatz bei Bruegel ist zwar, abweichend vom biblischen Bericht, ein Hochgebirge, aber zu sehen ist von links oben das himmlische Licht, das Saulus blendet. Der Künstler kehrt so ein inneres Bekehrungserlebnis ins Äußere um: Der Weg über die Berge ist dem Verfolger versperrt und zwingt ihn umzukehren.

Der Bethlehemitische Kindermord (Hampton Court), um 1566)

Ein schwarzer Reiter in Rückenansicht in der rechten Bildhälfte ist so platziert, dass er den Gestürzten sehen muss. Das Bild ist mit 1567 datiert, also ein Jahr nach dem calvinistischen Bildersturm. Damals zog der von Philipp den II. ernannte neue Statthalter Herzog Alba von Italien aus mit Söldnern über die Alpen in die spanischen Niederlande um den Aufstand niederzuschlagen. Nach einer verbreiteten Interpretation drückt der Künstler die Hoffnung aus, der als grausam bekannte „schwarze“ Alba möge sich bekehren, also „vom Saulus zum Paulus werden“. Aus dem selben Themenkreis stammt der Der Bethlehemitische Kindermord, von um 1566, in dem Bruegel das biblische Geschehen in ein flämisches Dorf verlegt. Das Bild zeigt wahrscheinlich eine Strafexpedition noch unter Margarethe von Parma, auch wenn der Anführer der berittenen Lanzenträger oft als Alba identifiziert wird. Das Londoner Originalbild (Hampton Court) ist stark übermalt, außerdem ist die Signatur halb weggeschnitten und die Datierung fehlt ganz. Eine Kopie Pieter Brueghels des Jüngeren, die dem Originalzustand am nächsten kommen dürfte, hängt im Kunsthistorischen Museum Wien.[3][4]

Ausstellungsort

Die Bekehrung des Paulus befindet sich als Bekehrung Pauli im Kunsthistorischen Museum Wien, Saal 10 unter anderem zusammen mit: Bethlehemitischer Kindermord, (Pieter Bruegel der Jüngere) Kampf zwischen Karneval und Fasten, Die Bauernhochzeit, Die Heimkehr der Herde, Kreuztragung, Die Kinderspiele, Der düstere Tag, Die Jäger im Schnee und Der Turmbau zu Babel.[5]

Hintergrund

Historischer Kontext

Philipp der II., der Sohn Kaiser Karls des V., hatte im Sommer 1559 nach dem gewonnenen Krieg gegen Frankreich seinen Sitz von Brüssel nach Kastilien verlegt, was in den Niederlanden als Degradierung empfunden wurde. Immerhin ernannte er seine Halbschwester Margarethe von Parma, eine gebürtige Flämin, zur Generalstatthalterin über die siebzehn Provinzen. Die einzelnen Provinzen, die relativ große Eigenständigkeit besaßen, erhielten wiederum eigene einheimische Adelsführer als Statthalter.

Bald flammte jedoch Streit auf über die Neuordnung der Bistümer und die noch aus der Regierungszeit Karl des V. stammenden Ketzergesetze gegen Protestanten. Von den Adelsführern aus strategischen Gründen begünstigt, breitete sich der radikale Calvinismus aus, dessen Anhänger einen Gottesstaat forderten. Am Höhepunkt kam es im August 1566 zu einem sechstägigen Bildersturm während dem mehr als vierhundert Kirchen verwüstet wurden. Als Reaktion darauf setzte Philipp der II. seine Halbschwester ab und ernannte Álvarez de Toledo (Herzog Alba) zum neuen Statthalter. Anfänglich konnte dieser den Aufstand erfolgreich niederschlagen, aber (unter anderem) die Einführung hoher Steuern fachte den Aufruhr wieder an, der schließlich zur Teilung des Landes in einen katholischen Süden (Belgien) und protestantischen Norden (heutige Niederlande) führte.[6]

Hananias und Paulus. Deckenfresko in St. Peter bei Lajen von Josef Arnold

Das „Damaskuserlebnis“ des Paulus (Apostelgeschichte)

Der römische Offizier Saulus wollte mit Vollmacht des Hohepriesters die Christen in Damaskus festnehmen und nach Jerusalem bringen. Bevor er jedoch dorthin gelangte, blendete ihm ein Lichtstrahl vom Himmel. Er stürzte vom Pferd und eine Stimme sprach zu ihm: „Saul, Saul, warum verfolgst du mich?“ Die Begleiter standen verwirrt daneben, denn sie konnte zwar die Stimme hören aber kein Licht sehen. Die Erscheinung gab sich als Jesus Christus zu erkennen und befahl ihm in die Stadt zu gehen und zu warten. Als Saulus die Augen aufschlug war er blind und blieb es auch noch drei Tage. Zugleich sprach der Herr zu einem Jünger namens Hananias er solle zum Haus des Judas in der Geraden Straße gehen und nach Saulus aus Tarsus fragen. Dieser hätte eine Vision gehabt, wonach ihm ein ein Mann namens Hananias wieder sehend machen würde. Als dies geschehen war, bekehrte sich Saulus, ließ sich taufen und predigte in den Synagogen in Damaskus das Christentum.[7]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Kunsthistorisches Museum – interactive:visit Gemäldegalerie 2007(DVD-Rom) Audiokommentar zu Die Bekehrung des Paulus. ISBN 978-3-902491-09-1
  2. Rose-Marie und Rainer Hagen – Pieter Bruegel d. Ä. um 1525 -1569 – Bauern, Narren und Dämonen, Köln: Benedikt Taschen Verlag GmbH 1999 Kapitel: Ein kurzes Leben in gefährlicher Zeit S. 7 bis 14 ISBN 3-8228-6590-7
  3. Christian Gräf – Die Winterbilder Pieter Bruegels d. Ä., Saarbrücken: VDM Verlag Dr. Müller 2009 Kapitel: Bethlehmitischer Kindermord (um 1566) – Säkularisiertes religiöses Sujet, politische Kritik S. 87 ff. ISBN 978-3-639-12775-1
  4. Kunsthistorisches Museum – interactive:visit Kommentar zu: Der Kindermord zu Bethlehem (Bethlehemitischer Kindermord)
  5. interactive:visit Gemäldegalerie 2007(DVD-Rom) Navigation
  6. Brockhaus multimedial premium 2007 Artikel Niederlande im Freiheitskampf: Um Gold und Freiheit
  7. (Apg 9 EU)

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