Dino Segre

Dino Segre

Dino Segre, bekannt unter dem Pseudonym Pitigrilli (* 9. Mai 1893 in Turin; † 8. Mai 1975 ebenda), war ein italienischer Schriftsteller, Journalist und promovierter Rechtswissenschaftler. Er wurde in den 1920er und 1930er Jahren als Verfasser von zur damaligen Zeit umstrittenen und mehrfach verbotenen Büchern bekannt. Sein bekanntester Roman Kokain stand in Deutschland noch bis 1988 auf dem Index für jugendgefährdende Schriften.[1]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Segre besuchte eine von Dominikanern betriebene höhere Schule. Seine ersten Artikel veröffentlichte er in Studentenzeitungen, später arbeitete er als Redakteur für verschiedene Zeitungen und gründete die Zeitschrift Le Grandi Firme (Die großen Namen). Die zwanziger Jahre verbrachte Segre als Zeitungskorrespondent in Paris. Dort entstanden auch seine ersten, bereits heftig diskutierten Bücher. Nachdem 1938 auch im faschistischen Italien Rassengesetze in Kraft traten, musste er wegen seiner jüdischen Herkunft auswandern, zunächst in die Schweiz, dann nach Argentinien. Mit den nach seiner Rückkehr aus dem Exil 1957 entstandenen Büchern dokumentierte der ehemals zynische Skeptiker Pitigrilli seine Hinwendung zum Moralismus und sein spätes Bekenntnis zum Katholizismus. Er wandte sich von da an auch gegen Neuauflagen seiner frühen Romane.[2]

Im Jahr 2004 inszenierte der Regisseur Frank Castorf Pitigrillis Roman Kokain als Schauspiel an der Berliner Volksbühne[3][1]; das Bühnenbild dazu schuf der Künstler Jonathan Meese.

Literarischer Stil

Segres Stärke war weniger der große Handlungsbogen, als das geistvolle, beißend zynische Aperçu, mit dem er die Geschlechterrollen und die Fixierung der Menschen auf das Sexuelle und die Fortpflanzung analysierte. Diese Aphorismen scheinen aus heutiger Sicht oft frauenfeindlich: „Quando una donna ha un bel paio di gambe può permettersi la libertà di essere analfabeta. Valgono di più due polpacci femminili che tutto lo spirito di Rabelais“ = „Wenn eine Frau ein paar schöne Beine hat, kann sie sich den Luxus erlauben, Analphabet zu sein. Zwei weibliche Waden wiegen mehr als der ganze Geist von Rabelais.“

Romane und Kurzgeschichtensammlungen (dt.)

  • Luxusweibchen (Mammiferi di lusso, 1920). Deutsche Erstausgabe (Übersetzung von Maria Gagliardi) 1925. Neubearbeitung 1951. Taschenbuch Rowohlt, 1988, ISBN 3499122014
  • Der Keuschheitsgürtel (La cintura di castità, 1922). Deutsche Erstausgabe (Übersetzung von Maria Gagliardi) 1928. Neuausgabe 1951. Neuausgabe unter dem Titel Betrüge mich gut Taschenbuch Rowohlt, Dezember 1987, ISBN 3499121794
  • Kokain (Cocaina, 1921). Deutsche Erstausgabe (Übersetzung von Maria Gagliardi) 1927. Neubearbeitung 1951. Neuausgabe mit einem Nachwort von Peter Weibel 1979 ISBN 3882213086. Taschenbuch Rowohlt, Juni 2002, ISBN 3499232332
  • Der falsche Weg (Oltraggio al Pudore, 1922). Deutsche Erstausgabe (Übersetzung von Maria Gagliardi) 1928. Neubearbeitung 1951. Taschenbuch Rowohlt, 1988, ISBN 3499159872
  • Die Jungfrau von 18 Karat (La Vergine a 18 carati, 1924). Deutsche Erstausgabe (Übersetzung von Maria Gagliardi) 1927. Neubearbeitung 1951. Taschenbuch Rowohlt, 1987, ISBN 3499121506
  • Ein Mensch jagt nach Liebe (L'esperimento di Pott, 1929). Deutsche Erstausgabe (Übersetzung von Manfred Georg) 1930. Neubearbeitung 1951. Taschenbuch Rowohlt, 1987, ISBN 3499159791
  • Vegetarier der Liebe (I vegetariani dell'amore, 1929). Deutsche Erstausgabe unter dem Titel Yvette gibt französischen Unterricht (Übersetzung von Manfred Georg) 1931. Neubearbeitung 1951. Taschenbuch Rowohlt, 1988, ISBN 3499122405

Zitate

„Was war das Gefährliche an Pitigrilli? Die freimütige Gewandtheit, mit der er die Mythen seiner Gesellschaft behandelte, der Skeptizismus, die Unvoreingenommenheit, mit der er Paradoxa gebrauchte, die man für zerstörerisch hielt, die ironische Nüchternheit, mit der er von Ehebruch sprach und von falschen Ideologien.“ (Umberto Eco)[4]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Robin Detje: Djangotts Blutbad. Die Zeit, 5. Februar 2004
  2. Kurzbiographie. www.pitigrilli.com
  3. Rausch und Religion. Berliner Morgenpost, 29. Januar 2004
  4. in: Über den Autor, Rowohlt-Ausgabe von "Betrüge mich gut"

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