Disziplinarverfahren

Disziplinarverfahren

Das Disziplinarverfahren ist ein Verfahren, in dem ein mögliches Dienstvergehen von Beamten, Richtern oder Soldaten geprüft und gegebenenfalls sanktioniert wird. Rechtliche Grundlage in Deutschland ist das Bundesdisziplinargesetz (BDG) bzw. die für Landesbeamte geltenden jeweiligen Länderbestimmungen.

Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst fallen nicht unter diese Bestimmungen. Für sie gelten die normalen Sanktionen des Arbeitsrechtes wie Abmahnung und außerordentliche Kündigung.

Inhaltsverzeichnis

Disziplinarverfahren bei Beamten und Richtern

Werden Tatsachen bekannt, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, veranlasst der Dienstvorgesetzte die zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlichen Vorermittlungen. Nach Abschluss der Ermittlungen muss der Dienstvorgesetzte nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob das Disziplinarverfahren einzustellen oder ein förmliches Disziplinarverfahren einzuleiten ist.

Ein Dienstvergehen liegt vor, wenn der Beamte schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt (vgl. § 77 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz). Hierunter fallen nicht nur dienstliche Pflichtverletzungen. Auch gravierendes Fehlverhalten im Privatbereich kann ein Disziplinarverfahren auslösen (z. B. bei anhängigem Strafverfahren / Bußgeldverfahren), falls das Vergehen Zweifel an der persönlichen Eignung aufwirft (wenn z. B. ein Polizist wegen Körperverletzung verurteilt wird) oder geeignet ist, das Ansehen der eigenen Dienststelle zu beschädigen.

Der Beamte ist über die Einleitung des Disziplinarverfahrens zu unterrichten. Er muss darüber informiert werden, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird. Er ist gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen.

Der Beamte kann aber auch bei dem Dienstvorgesetzten oder dem höheren Dienstvorgesetzten die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich selbst beantragen, um sich von dem Verdacht eines Dienstvergehens zu entlasten oder auf diesem indirekten Wege die Ermittlung gegen einen Dritten zu veranlassen.

Der Katalog möglicher Disziplinarmaßnahmen ist genau festgelegt. Mögliche Maßnahmen sind:

  • Verweis
  • Geldbuße
  • Kürzung der Dienstbezüge
  • Versetzung in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt (Zurückstufung)
  • Entfernung aus dem Dienst
  • Kürzung des Ruhegehalts
  • Aberkennung des Ruhegehalts

Bei Beamten auf Probe oder Beamten auf Widerruf sind nur der Verweis und die Geldbuße, bei Ehrenbeamten nur Verweis, Geldbuße und Entfernung aus dem Dienst, bei Ruhestandsbeamten nur die Kürzung des Ruhegehalts und die Aberkennung des Ruhegehalts zulässig.

Missbilligende Äußerungen, die nicht ausdrücklich als Verweis gekennzeichnet sind, sind keine Disziplinarmaßnahme.

Die Aberkennung der Prüfungslizenz bei Hochschullehrern (in Fachkreisen eine Demütigung) ist keine gesetzlich festgelegte Maßnahme.

Ist ein Verweis, eine Geldbuße, eine Kürzung der Dienstbezüge oder eine Kürzung des Ruhegehalts angezeigt, wird eine solche Maßnahme durch Disziplinarverfügung ausgesprochen.

Soll gegen den Beamten auf Zurückstufung, auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden, ist gegen ihn Disziplinarklage zu erheben. Zuständig ist die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Bei den Verwaltungsgerichten sind Kammern und bei den Oberverwaltungsgerichten Senate für Disziplinarsachen eingerichtet.

Eine disziplinarische Maßnahme besonderer Art entsteht bei einer negativen Bedarfsbeurteilung zur Unterbindung einer Beförderung. Das ist der Fall, wenn ein Vorgesetzter seine frühere Beurteilung über einen Bewerber für ein höheres Amt später in einer Bedarfsbeurteilung so weit herunterstuft, dass er für eine Beförderung ungeeignet erscheint. Für die streitige Auseinandersetzung ist in diesem Fall gleichfalls die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig.

Ein Musterbeispiel ergibt sich aus dem Verwaltungsstreitverfahren einer Präsidentin des Landgerichtes gegen das Land Nordrhein-Westfalen, weil der übergeordnete Oberlandesgerichtspräsident sie in einer nachträglichen Bedarfsbeurteilung zwei Noten herabstufte, vgl. Verwaltungsgericht Gelsenkirchen 12 K 1040/04 / Oberverwaltungsgericht Münster 1 A 712/05.

Disziplinarrecht bei Soldaten

Es können folgende Maßnahmen verhängt werden:

  • einfache Disziplinarmaßnahmen:
    • Verweis (Tadel wird dem Soldaten bekanntgegeben)
    • strenger Verweis (Verweis wird dienstgradgleichen und dienstgradhöheren Soldaten bekanntgemacht)
    • Disziplinarbuße
    • Ausgangsbeschränkung
    • Disziplinararrest (3 Tage bis 3 Wochen)
  • gerichtliche Disziplinarmaßnahmen

Einfache Disziplinarmaßnahmen dürfen von den Disziplinarvorgesetzten und den Truppendienstgerichten im Rahmen von gerichtlichen Disziplinarverfahren, gerichtliche Disziplinarmaßnahmen nur von den Truppendienstgerichten verhängt werden.

Ist das Dienstvergehen zugleich eine Straftat (z. B. einfache Körperverletzung, Sachbeschädigung) kann der Disziplinarvorgesetzte die Staatsanwaltschaft informieren, wenn dies zur Aufrechterhaltung der militärischen Ordnung oder wegen der Art der Tat oder der Schuld des Täters geboten ist. Handelt es sich um ein Offizialdelikt (z. B. gefährliche Körperverletzung, Trunkenheit am Steuer, Totschlag) muss die Staatsanwaltschaft informiert werden. Das Disziplinarverfahren wird dann nach dem Strafverfahren durchgeführt. Wurde durch das Dienstvergehen eine Wehrstraftat (z. B. entwürdigende Behandlung, Fahnenflucht, Verstümmelung) begangen, so muss ebenfalls die Staatsanwaltschaft informiert werden.

Näheres zum Disziplinarverfahren der Soldaten findet man unter Wehrdisziplinarordnung.

Literatur

  • Ernst-Albrecht Schwandt: (Claussen/Benneke/Schwandt) Das Disziplinarverfahren - Leitfaden 6. Auflage 2010, Heymanns, ISBN 978-3-452-27232-4
  • Franz Werner Gansen: Disziplinarrecht in Bund und Ländern - Kommentar. R. v. Decker, ISBN 978-3-7685-3043-9

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