Dobesch

Dobesch

Gerhard Dobesch (* 15. September 1939 in Wien) ist ein österreichischer Althistoriker, Keltologe und Altphilologe, derzeit Ordentlicher Universitätsprofessor für Römische Geschichte, Altertumskunde und Epigraphik an der Universität Wien.

Inhaltsverzeichnis

Leben

1957 bis 1962 studierte Dobesch Alte Geschichte, Klassische Philologie Lehramt und Klassische Archäologie an der Universität Wien. Ergänzende Lehrveranstaltungen besuchte er aus Ägyptologie, Altorientalistik und Numismatik. Am 17. Dezember 1962 wurde er zum Dr. phil. promoviert, am 19. Juni 1963 legte er die Lehramtsprüfung aus Latein und Griechisch für das Lehramt an Höheren Schulen ab.

Während seines Studiums war er als Nachhilfelehrer und Praktikant auf Grabungen (Magdalensberg) tätig.

Drei Monate lang war er unbezahlter Probelehrer für Latein und Altgriechisch an einem Wiener Gymnasium, er gab diese Tätigkeit jedoch vorzeitig auf, als ihm eine Assistentenstelle angeboten wurde. Schon als Gymnasiast wollte er eine hauptamtliche wissenschaftliche Laufbahn einschlagen.

Die Stelle als Universitätsassistent am damaligen Institut für Alte Geschichte und Klassische Archäologie an der Universität Wien trat er am 1. Dezember 1963 an, zu seinem Aufgabenbereich gehörte unter anderem die Betreuung der Institutsbibliothek.

Damals hatte er auch einen Lehrauftrag für die Pflichtvorlesung über Geschichte für Lehramtsstudenten der Akademie der bildenden Künste Wien.

Sein Habilitationsverfahren fand im Sommersemester 1967 statt. Die neue wissenschaftliche Erkenntnis war, dass der Gedanke einer argeadischen Oberherrschaft zuerst von Isokrates gefasst worden war. Am 15. Juli 1967 wurde ihm die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für Alte Geschichte erteilt.

1972 wurde er korrespondierendes Mitglied des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAI).

1973 wurde er zum ordentlichen Professor für Alte Geschichte und Altertumskunde an der Universität Graz berufen, er war in den drei Jahren, in denen er diese Tätigkeit ausübte, dort auch Institutsvorstand.

Im Sommersemester 1974 hielt er eine Vorlesung über die Geschichte Österreichs in der Antike. Damals erkannte er, dass eine Sammlung und methodische Synthese aller Nachrichten für alle keltischen Gebiete noch ausständig war. Zu diesem Zweck hat er ein Projekt initiiert und vergibt dafür auch Dissertationen.

Am 31. Januar 1976 wurde er als Nachfolger von Artur Betz (o. Univ.-Prof. für Römische Geschichte, Altertumskunde und Epigraphik) nach Wien zurückberufen, im Sommersemester 1976 supplierte er auch seine ehemalige Grazer Lehrkanzel.

1980 wurde er korrespondierendes Mitglied der philosophisch-historischen Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, bald darauf stellvertretender Leiter der Keltenkommission, 1984 wirkliches Mitglied der philosophisch-historischen Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 1988 Obmann der Kleinasien-Kommission. Außerdem ist er stellvertretender Leiter von zwei weiteren Kommissionen und Mitglied zahlreicher anderer Kommissionen der Akademie.

1998 wurde er wirkliches Mitglied des Österreichischen Archäologischen Instituts und Socio Straniero dell’Istituto Nazionale di Studi Etruschi e Italici.

Jahrelang war er auch Fachprüfer für Alte Geschichte bei der Staatlichen Prüfungskommission für das Lehramt an Höheren Schulen (diese wurde auf Grund der Neuorganisation der Studienrichtungen abgeschafft).

Seine Emeritierung erfolgte mit am 30. September 2007, er wird jedoch weiterhin Lehrveranstaltungen halten, so lange Bedarf besteht.

Lehr- und Unterrichtstätigkeit

Neben seiner Tätigkeit im Schuldienst und an den Universitäten Wien und Graz sowie an der Akademie der bildenden Künste Wien ist Gerhard Dobesch regelmäßig Leiter von Lehrerfortbildungsseminaren, Vortragender in der Volksbildung oder bei wissenschaftlichen Gesellschaften.

Forschungsschwerpunkte

  • Gesamtgebiet der Alten Geschichte, Kultur- und Geistesgeschichte in ganzheitlicher Sicht unter Betonung universalhistorischer Fragestellungen.
  • Der Übergang von der Republik zur Kaiserzeit, besonders Caesar, Cicero und Augustus: Seine Thesen zu Caesar werden weitgehend anerkannt und seit Jahrzehnten rezipiert.
  • Keltisches und germanisches „Barbaricum“, vor allem die Strukturen der Politik und Geschichte
  • Probleme der Spätantike: Hier hat er einen wesentlichen Beitrag zur Erforschung des Themenkomplexes geleistet. Er gelangt zum Schluss, dass mit dem Begriff „Barbaren“ nicht Unkultivierte, sondern Fremdkultivierte bezeichnet seien. Deswegen sei es nötig, unseren Barbarenbegriff zu ändern. Bei den Völkern des Nordens und Ostens sind Besonderheiten erkennbar, jedoch fehlen uns die nötigen Kenntnisse über Poesie und Mythologie. Das Barbaricum bildet wie die von Städten dominierten Räume des Mittelmeers und des Nahen Ostens eine eigene Oikumene und trotz vielfacher Kontakte lebten diese getrennten Kulturkreise, die für sich keine einheitlichen Größen bildeten, weitgehend nebeneinander.
  • Früher auch: Griechische Geschichte des IV. Jahrhunderts v. Chr.

Methoden/Zugangsweisen

Dobesch wendet nicht nur die üblichen Methoden der Alten Geschichte sowie anderer Altertumswissenschaften an, sondern auch Methoden der Soziologie und Ideengeschichte je nach Thema. Zentraler Ausgangspunkt ist jedoch immer das genauest geprüfte und ausgewertete Quellenmaterial, das auch das Ergebnis bestimmt. Ansätze wie den Feminismus etc. lehnt er daher ab. Parteilichkeit ist nicht ganz auszuschalten, jedoch durch laufendes kritisches Hinterfragen seiner eigenen Forschungsergebnisse zu minimieren. Trends in der Forschung sollten ebenfalls kritisch hinterfragt werden. „Mitleben“ bei Vorträgen und ähnlichen Anlässen ist essentiell für eine erfolgreiche Vermittlung des jeweiligen Stoffes, jedoch ist immer streng darauf zu achten dass man sich nicht „in seine eigenen Theorien verliebt“.

Die Verbindung von Qualität und höchstem wissenschaftliches Niveau auf der einen und Spannung, Unterhaltung und Verständlichkeit auf der anderen Seite in Forschung und Lehre ist ihm ein zentrales Anliegen.

Er beschäftigt sich auch mit modernen Themen wie dem Integrationsvorgang im Römischen Reich und gestattet auch moderne Themen bei studentischen Abschlussarbeiten wie Frauenforschung.

Schriften von Gerhard Dobesch

  • Die Sprichwörter der griechischen Sagengeschichte, phil. Diss., Wien 1962
  • Die Apotheose Caesars und sein Ringen um den Königstitel, Wien 1966
  • Der panhellenische Gedanke im IV. Jahrhundert v. Chr. Und der ‚Philippos’ des Isokrates, Habil., Wien 1967
  • Die Kelten in Österreich nach den ältesten Berichten der Antike, Wien 1980, erweiterte Neuausgabe Wien 1993
  • Vom äußeren Proletariat zum Kulturträger, Geographica Historica 6, Amsterdam 1994
  • Das europäische „Barbaricum“ und die Zone der Mediterrankultur, Tyche Supplementband 2, Wien 1995
  • Gerhard Dobesch, Griechen, Römer, Kelten und Germanen, hg. von Herbert Heftner und Kurt Tomaschitz, 2 Bde., Köln 2001 (durchgesehene Neuausgabe kleiner Schriften)

Herausgeber und Mitherausgeber:

  • Hamaxia (angeregt und zusammengestellt von Gerhard Huber). Anzeiger der phil.-hist. Kl. 140 (2005), 5–111 (VKK 17)
  • Tituli Asiae Minoris (TAM) und Ergänzungsbände (ETAM)
  • Veröffentlichungen der Kleinasiatischen Kommission (VKK)
  • Mitherausgeber: Tyche, Beiträge zur Alten Geschichte, Papyrologie und Epigraphik. — Supplementbände der Tyche

Mitarbeit an mehreren Schulbüchern für höhere Schulen (Gegenstände Geschichte und Latein)

Eine Auflistung (Stand Sommer 2004) aller erschienen Werke inkl. Werken in Vorbereitung:

  • Igor Lisovy - Kurt Tomaschitz, Prof. Dr. Gerhard Dobesch: Vita et Bibliographia, České Budějovice 2004

Literatur über Gerhard Dobesch

  • Almanach der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien, erscheint jährlich
  • Kürschners Deutscher Gelehrtenkalender, regelmäßige Neuauflagen
  • Wolfgang Hameter, Das Institut für Alte Geschichte, Klassische Archäologie und Epigraphik, in: Die Monatsscherbe VI/1988, S.10ff
  • Na Prof!, Professorenanalyse der AG Geschichte vom SS 1996, Wien o. J., S. 15
  • Das Studienjahr ….. an der Universität Wien, erschien jährlich bis 1981/82, Jahrbuch der Universität Wien 1982/83 (danach eingestellt), enthält Biographien und Institutsberichte
  • Who is Who in Österreich, regelmäßige Neuauflagen
  • Kurt Tomaschitz, Igor Lisovy, Die Alte Geschichte in Wien und die aktuelle österreichische Forschung zum antiken Barbaricum, in: Studia humaniora Tartuensia vol. 6.B.1 (2005), ISSN 1406-6203, http://www.ut.ee/klassik/sht/

Festschrift zu seinem 65. Geburtstag:

  • Herbert Heftner – Kurt Tomaschitz (Hg), Ad fontes!, Festschrift für Gerhard Dobesch zu seinem 65. Geburtstag, Wien 2004

Weblinks


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