Adventkalender

Adventkalender

Ein Adventskalender (in Österreich Adventkalender; auch Weihnachtskalender) zeigt die verbleibenden Tage bis Weihnachten.

Er findet sich in den Dezembertagen bei vielen Familien, in Kindergärten oder Schulen im deutschen Sprachraum.

Beispiel eines Adventskalenders

Kalender, die den ganzen Zeitraum des Advent – also vom ersten Adventssonntag bis Weihnachten – abdecken, haben die passende Anzahl von Türchen für das betreffende Jahr (oder vier zusätzlich für den längstmöglichen Advent: Sonntag 27. November bis Samstag 24. Dezember). Der Adventskalender ist heute meist ein „Dezemberkalender“ – das heißt, er beginnt nicht am ersten Adventssonntag, sondern am 1. Dezember.

Inhaltsverzeichnis

Historisches

Ursprünge

Aufwändiger Adventskalender

Zunächst war der Adventskalender vor allem Zählhilfe und Zeitmesser. Die eigentlichen Ursprünge lassen sich bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen; der erste selbstgebastelte Adventskalender stammt vermutlich aus dem Jahr 1851. Die ersten Formen kamen aus dem protestantischen Umfeld. So hängten religiöse Familien nach und nach 24 Bilder an die Wand. Einfacher war eine Variante mit 24 an die Wand oder Tür gemalten Kreidestrichen, bei der die Kinder täglich einen Strich wegwischen durften [1]. Oder es wurden Strohhalme in eine Krippe gelegt, für jeden Tag einer, bis zum Heiligen Abend. Weitere Formen waren die Weihnachtsuhr oder eine Adventskerze, die jeden Tag bis zur nächsten Markierung abgebrannt wurde. Diese Variante war besonders während der Zeit des Nationalsozialismus als Ersatzform des gebräuchlichen Adventskalenders verbreitet [2]. Gleichzeitig stellt das Abbrennen eine skandinavische Tradition dar.

Thomas Mann erwähnt in seinem Roman „Buddenbrooks“, wie der kleine Hanno „das Nahen der unvergleichlichen Zeit“ auf einem von der Kinderfrau angefertigten Abreißkalender verfolgt [3].

Von 1900 bis zum Zweiten Weltkrieg

Den ersten gedruckten Adventskalender brachte im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts der Münchner Verleger Gerhard Lang [4]auf den Markt. Er bestand aus einem Bogen mit 24 Bildern zum Ausschneiden und einem Bogen mit 24 Feldern zum Aufkleben. Jeden Tag in der Adventszeit durften die Kinder ein Bild ausschneiden und in ein Feld kleben. Bis in die 1930er Jahre hinein genoss die lithografische Anstalt von Reichold & Lang in München den Ruf, die kunstreichsten und fantasievollsten Werke auf diesem Spezialgebiet herauszugeben. Lang kam auf die Idee, da er als Kind eines Pastorenehepaars von der Mutter jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit 24 Gebäckstücke („Wibele“) auf einen Karton genäht bekam und ab dem 1. Dezember jeden Tag eines essen konnte [2].

Lang stellte auch schon eine Art Schokoladen-Adventskalender her, das „Christkindleinshaus zum Füllen mit Schokolade“ [2].

Nach 1920 verbreiteten sich Kalender, deren Fensterchen man öffnen konnte. Hinter ihm war auf einer zweiten, angeklebten Papier- oder Pappschicht ein Bild zu sehen [5].

Im Dritten Reich rückten die „Vorweihnachtskalender“ der Nationalsozialisten unter dem Hakenkreuz die „Wintersonnenwende“ statt der Christnacht in den Mittelpunkt. Statt Bildern wurden nun Märchenfiguren und germanische Gottheiten – die „völkischen Motive der nordischen Kultur“ [2]– gedruckt, gleichzeitig wurde die Herstellung bis dato gebräuchlicher Adventskalender verboten [5].

Kalender mit Schokoladenfüllung gibt es seit Ende der 1930er Jahre.

Nachkriegszeit bis heute

Die heutige am meisten verbreitete Gestalt des konventionellen Adventskalenders geht vermutlich auf einen evangelischen Pfarrer zurück. Er wandelte die Idee von Lang ab und versteckte hinter 24 Türchen Bilder mit Gestalten aus biblischen Geschichten.

Adventskalender mit Schokoladenstücken

Eine flächendeckende Popularität erhielt der Adventskalender ab den 1950er Jahren, als er zum Massenartikel und dementsprechend preisgünstig angeboten wurde. Als Motive dienten hauptsächlich Szenen aus romantisch verschneiten Städtchen. Hinter dem größer gestalteten Fenster des 24. Dezember verbarg sich meist eine Krippenszene. Ab 1958 gab es die ersten mit Schokolade gefüllten Kalender.

Hinter der Schokolade war immer noch ein Bild mit einem Motiv aus der Weihnachtsgeschichte verborgen, das bewahrte den Bezug zur Weihnachtszeit. Aktuelle Kalender werden mehr und mehr zu Geschenkverpackungen.

Heute stecken hinter den 24 Türchen eines typischen gekauften Produkts neben den Bildchen oftmals Schokoladenstücke in verschiedenen „weihnachtlichen“ Formen und gar Spielzeug. Immer häufiger findet man selbstgebastelte Kalender mit 24 kleinen Geschenken, die auf verschiedene Weise verpackt sein können.

Seit wenigen Jahren wird ein neues Medium genutzt, um die ursprüngliche Funktion des Adventskalenders, das Abzählen der Tage, mit einer uralten Tradition, dem Erzählen von Geschichten nicht nur für Kinder, zu verbinden. Es werden Hörbücher mit 24 Geschichten publiziert, damit der Zuhörer jeden Tag vom 1. Dezember bis Heiligabend eine Geschichte hören kann. Auch hier herrschen winterliche oder adventliche Motive und Inhalte vor, an Namenstagen wie St. Nikolaus am 6. Dezember wird eine Legende erzählt oder vorgelesen. Bisweilen sind statt Geschichten auch Lieder zu hören.

Der weltgrößte freistehende Adventskalender mit 857 m² steht in Leipzig im Böttchergässchen. Die Kalendertüren sind 3 x 2 Meter groß und werden täglich geöffnet.

Der ursprünglich in Deutschland beheimatete Adventskalender verbreitete sich in den 1950er Jahren auch in anderen Staaten. Hier hatte der Richard Sellmer Verlag Anteil, dem es gelang, eine plötzlich einsetzende Nachfrage aus den USA zu bedienen.

Globalisierung

Da man Adventskalender mittlerweile weltweit vermarktet, müssen die Motive auch überall verstanden werden. Statt Maria und Josef finden sich so inzwischen auch Bären oder Bambis. Ebenso stehen Adventskalender im Internet – jedoch häufig eher auf eine erwachsene Zielgruppe ausgerichtet. Verschiedene christliche Organisationen versuchen mit nicht-kommerziellen Adventskalendern auf die ursprüngliche religiös-christliche Bedeutung von Weihnachten hinzuweisen - so etwa der Tübinger Kalender "macht-auf-die-tuer.de", ein Kalender, der sich Studierende zur Zielgruppe gesetzt hat.

Bauten als Adventskalender

Adventskalender am Wallenfels’schen Haus in Gießen
Adventskalender am Rathaus von Gengenbach

In mehreren Städten werden regelmäßig die Fassaden bestimmter Gebäude, oft von Rathäusern, zu großen Adventskalendern umfunktioniert. Ein berühmtes Beispiel dafür ist das Wiener Rathaus, vor dem der Wiener Christkindlmarkt stattfindet. Eine besondere Form dazu hat sich in etlichen Städten und Dörfern entwickelt: An den (Werk-)Tagen im Advent bzw. im Dezember geht man (ggf. von einem gemeinsamen Treffpunkt aus) jeweils zu einem Schaufenster, Scheunentor etc., wo ein „Adventstürchen“ gestaltet wurde und eine Geschichte vorgelesen oder erzählt wird. In der Evangelischen Landeskirche in Württemberg entstand außerdem vor einigen Jahren (ca. 2003) der jährlich stattfindende „größte Adventskalender der Welt“: Hier öffnete jeden Tag im Advent eine andere Kirche in Württemberg ihre Türen zu einem adventlichen Aktionstag.Das badische Gengenbach wetteifert auch um den Titel des größten Adventskalenders auf engagierte Weise, im Jahr 2007 mit Motiven aus dem Kinderliederbuch des Elsässer Zeichners und Karikaturisten Tomi Ungerers.

Lebendiger Adventskalender

In vielen Teilen Österreichs, Deutschlands und der Schweiz werden in der Adventszeit im jeweiligen Ort, bzw. einer Siedlung, Fenster mit der entsprechenden Nummer versehen, geschmückt und am Abend beleuchtet. An dem zugeordneten Tag sammeln sich die Gäste vor dem Haus mit diesem sog. Adventsfenster. Es werden Glühwein, Punsch, Brötchen sowie Selbstgebackenes angeboten.

Beim „lebendigen Adventskalender“, auch „begehbarer Adventskalender“ genannt, trifft sich die Nachbarschaft jeden Adventstag vor einer anderen Tür. Oft wird dabei ein Fenster des Hauses adventlich-weihnachtlich dekoriert. Das vierundzwanzigste „Türchen“ bildet in der Regel die Kirchentür. Diese Feiern können an privaten Wohnhäusern oder auch an z.B. Kindergärten, Krankenhäusern oder Geschäften stattfinden. Die Vorbereitung und Durchführung der Feier liegt in der Verantwortung des jeweiligen Gastgebers.

An den einzelnen Stationen werden vor oder auch in dem Haus Weihnachtslieder gesungen, weihnachtliche Geschichten erzählt und es gibt Zeit für Gespräche. Meist werden Süßigkeiten, Kuchen oder andere Knabbereien, sowie Tee, Punsch oder Glühwein gereicht. Vielfach wird diese Aktion in ökumenischer Partnerschaft zwischen benachbarten katholischen und evangelischen Gemeinden durchgeführt.

In der Schweiz wird diese Art von Adventskalender "Adventskalender im Quartier" genannt, und in der Regel von einem Verein oder einer Gruppe von befreundeten Frauen organisiert, seltener von einer Kirche.

Quellen und Einzelnachweise

  1. Beitrag in der ARTE-Sendung Karambolage vom 4. Dezember 2005
  2. a b c d www.sh-tourist.de – „Bräuche in Schleswig-Holstein“, 14. Dezember 2007
  3. www.mainpost.de – „Erinnerungsreise mit dem Adventskalender“, 14. Dezember 2007
  4. www.weihnachtsideen24.de – „Erfindung des Adventskalenders“, 14. Dezember 2007
  5. a b www.frankfurt-interaktiv.de – „ Adventskalender oder Weihnachtskalender“, 14. Dezember 2007

Siehe auch

Weblinks


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