Dramaturgin

Dramaturgin

Ein Dramaturg (griech., etwa: „Schauspielmacher“) ist ein Literatur-Sachverständiger am Theater. Dramaturgen sind heute auch bei Konzertveranstaltern, Medien (Rundfunk, Fernsehen und Film) und öffentlichen Organisationen tätig.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ursprünglich beschäftigte sich ein Dramaturg mit der Auswahl und Bearbeitung von dramatischen Texten wie Theaterstücken, Libretti, Drehbüchern und Hörspielen. In den Dramaturgien der Film-Produktionsfirmen ist dies noch heute seine Hauptbeschäftigung.

Im 18./19. Jahrhundert entwarf er programmatische Vorstellungen für das Theater und steuerte zugleich Dramentexte bei. Beispiele für diesen Typ des Dramaturgen sind Gotthold Ephraim Lessing (in Hamburg), Friedrich Schiller in Mannheim und Johann Wolfgang Goethe in Weimar.

Diese Tradition führten unter anderen Bertolt Brecht, Heiner Müller und Botho Strauß fort. Der Dramaturg war also Hausautor und -übersetzer am Theater, ähnlich wie ein Kapellmeister auch Hauskomponist war. Im französischen, russischen und englischen Sprachgebiet wird ein Dramaturg nach wie vor als Autor betrachtet.

Gegenwart

Spätestens seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts hat sich das Berufsbild entscheidend gewandelt. Dabei ist das Stückeschreiben und Bearbeiten von Texten in den Hintergrund getreten (wenn es sich im Dramaturgenalltag überhaupt noch mit der Bewältigung eines umfangreichen Aufgabenbündels verbinden lässt). Ein Dramaturg am Theater arbeitet heute in der Regel eng mit dem Regisseur bzw. dem Regieteam (im Musiktheater auch mit dem Dirigenten) einer Produktion zusammen.

Allgemein ist der Dramaturg am Theater für den Intendanten als wissenschaftlich ausgebildeter Fachmann bei der Gestaltung des Spielplans und dem (Weiter-)Entwickeln des Profils des Theaters im kulturellen Umfeld seines Standortes (Positionierung) ein wichtiger Partner. Darüber hinaus ist er in Zusammenarbeit mit dem Spielleiter bei der Besetzung der Stücke (vor allem im Schauspiel), der Einrichtung des Textes (bzw. der Partitur) beteiligt. Er ist für die Erarbeitung des wirkungsgeschichtlichen Hintergrundes eines Werkes und die Einbeziehung der Sekundärliteratur in die konzeptionelle Arbeit des Regieteams verantwortlich.

Die ursprüngliche Beschäftigung der Dramaturgen mit dem Drama hat sich vor allem in den letzten Jahrzehnten in den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit hinein erweitert. Dramaturgen am Theater sind verantwortlich für die begleitenden Publikationen (z. B. Programmheft, Theaterzeitung; Mitarbeit bei der Plakatgestaltung, Monatsspielplan-Gestaltung, Jahresheft etc.). Sie leiten oft auch Pressekonferenzen, organisieren Theaterfeste mit oder veranstalten Publikums-Anlässe wie Führungen, Einführungsveranstaltungen und Publikumsdiskussionen. Im Musiktheater kommt fallweise die Erstellung der deutschen Übertitel bei fremdsprachigen Operntexten hinzu.

Darüber hinaus sind sie Ansprechpartner für die Fachpresse und arbeiten mit den Bühnenverlagen zusammen. Im Zuge von Auftragswerken betreuen sie den Textautor und/oder Komponisten. Administrativ sind Dramaturgen (oder zumindest der Chefdramaturg) zumeist in die Leitung eines Theaters eingebunden, haben – im Gegensatz zum Intendanten – aber keine direkte Weisungsgewalt. Dramaturgen sind durch diese spezielle Stellung in der Hierarchie eines Theaterapparats oft ebenso Ansprechpartner für Schauspieler, Sänger und andere Mitwirkende am Prozess der Entstehung einer Aufführung.

In der DDR haben Dramaturgen teilweise auch ideologisch geprägte Kontrollfunktionen (im Sinne der Vorgaben der offiziellen Kulturpolitik) ausgeübt, diese Position andererseits aber auch subversiv dazu genutzt, „Abweichlern“ unter den Kulturschaffenden Arbeitsmöglichkeiten zu verschaffen.

Nicht wenige Theaterleiter wie zum Beispiel Dieter Görne (*1936), Volker Canaris (*1942), Michael Leinert (*1942), Wulf Konold (*1946), Klaus Schultz (*1947), Friedrich Schirmer (*1951), Joachim Lux (*1957) oder Andreas Beck (*1965) sind früher einmal Dramaturgen gewesen.

Siehe auch

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