Dritte Republik Polen

Dritte Republik Polen

Die Schwerpunkte folgender Abhandlung sind die politische Geschichte Polens sowie eine kurze Darstellung von Fakten und Daten. Zur Vertiefung der einzelnen Themenbereichen wird auf die jeweiligen Artikel verwiesen.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Die Geschichte Polens beginnt mit der slawischen Besiedelung nach der Völkerwanderung, der die Staatsgründung und Christianisierung im Jahre 966 folgte. Die frühmittelalterliche Blütezeit unter dem Herrscherhaus der Piasten endete 1138 mit der Zersplitterung in einzelne Herzogtümer und dem Mongolensturm von 1241, der weite Landstriche Südpolens verwüstete.

Nach der Einigung eines Teils polnischer Herzogtümer zum Königreich Polen zu Beginn des 14. Jahrhunderts, bestand seit dem Spätmittelalter bis in die Neuzeit eine enge Verbundenheit mit Litauen. Ab 1385 brachte die Union mit dem Großfürstentum Litauen unter den von dort stammenden Jagiellonen den Aufstieg zu einer europäischen Großmacht. Ab 1569 wurde die Union Polens mit Litauen in einem gemeinsamen Staat gefestigt, der Adelsrepublik, die eine Wahlmonarchie war. Im 16. und 17. Jahrhundert entstand dort eine hohe parlamentarische Kultur mit umfangreichen Adelsrechten, was zu einer starken Identifikation des Adelstandes mit dem Land führte. Zahlreiche Kriege mit auswärtigen Mächten, Bürgerkriege, Aufstände der ukrainischen Kosaken, der Unwille zur Reform bei den Verantwortungsträgern, führten zur beträchtlichen Schwächung des Staates, der Einmischung vom Außen ins politische System und schließlich zum Zusammenbruch des Staates und dessen Fall in die Bedeutungslosigkeit nach den Teilungen im späten 18. Jahrhundert. Polen-Litauen verschwand von den Landkarten Europas als souveräner Staat, der besonders nach dem Wiener Kongress 1815 größtenteils vom Russischen Zarenreich absorbiert wurde. Die staatliche „Wiedergeburt“ als Zweite Republik nach dem Ende des Ersten Weltkriegs 1918, war in der Zeit der staatlichen Reorganisation von zahlreichen militärischen Konflikten mit den Nachbarn begleitet und endete 1939 mit der Vereinnahmung durch das Großdeutsche Reich und die Sowjetunion nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, der dann ab 1945 bis zur Dritten Republik fast 45 Jahre sowjetischer Bevormundung folgten.

Vor- und Frühgeschichte

Die Siedlung Biskupin, eine Siedlung der Lausitzer Kultur

Neolithikum

Die erste Besiedlung des heutigen Polen ist bereits im Paläolithikum nachgewiesen. Die ersten Ackerbauer gehörten seit etwa 5500 v. Chr. der Bandkeramischen Kultur an, in der Jungsteinzeit entstand in der Polnischen Tiefebene die Trichterbecherkultur.

Bronzezeit

In der frühen Bronzezeit entwickelten sich die Kugelamphoren-Kultur und die Kultur der Schnurkeramiker. In den 1920ern wurden Überreste einer befestigten Siedlung Biskupin aus der Zeit der Lausitzer Kultur ausgegraben, die, sorgfältig rekonstruiert, heute einen Anziehungspunkt für zahlreiche Besucher darstellt.

Eisenzeit und Antike

Ab etwa 750 v. Chr. wanderten in den Nordwesten des heutigen Polen germanische Stämme ein, die sich innerhalb von 500 Jahren bis zum Riesengebirge südwärts ausbreiteten. Als Ostgrenze des germanischen Siedlungsgebietes um das Jahr 75 bezeichnete der römische Historiker Publius Cornelius Tacitus die Weichsel. Er lokalisierte die Rugier und Gepiden an der Ostsee, Burgunden und Goten im Zentrum des Landes und Vandalen und Bastarnen im Süden, sowie östlich der Weichsel schon die nichtgermanischen Venedae. Ende des 2. Jahrhunderts begann die Abwanderung der ostgermanischen Stämme Richtung Süden und Osten.

Spätantike und Frühmittelalter

Die Slawenapostel Kyrill und Methodius schufen die kulturelle Basis zur Entwicklung autarker slawischer Staaten (Monument in Žilina)

Die germanische Besiedlung endete im Verlauf des 4. und 5. Jahrhunderts während der Völkerwanderung. Im 6. Jahrhundert, unter dem Ansturm der aus Zentralasien kommenden Awaren, begannen sich slawische Stämme in diesen Gebieten anzusiedeln. Die aus ihrer Heimat zwischen Karpaten und Don verdrängten Slawen bewegten sich nach Westen und Süden. Um 600 überschritten sie die Elbe-Saale-Linie. In den spätantiken/frümittelalterlichen Quellen sind Namen verschiedener westslawischer Stämme überliefert, wie der Abodriten, Wilzen, Liutizen, Sorben, sowie des Stammes der Polanen, der dem heutigen Staat Polen seinen Namen gab.

Die ersten Versuche einer Reichsgründung unter den Westslawen fanden südlich des heutigen Polen auf dem Gebiet der ehemaligen Tschechoslowakei statt. Um 626 wurde im Kampf gegen das Awaren- und Frankenreich das Reich des Samo gegründet (dessen Existenz nur durch die Fredegarchronik bezeugt ist). Der erste historisch belegte Herrscher der Westslawen hieß Derwan, der 632 eine Allianz mit Samo einging. Nach dem Zusammenbruch des Samo-Reiches um 660 fehlen jegliche schriftlichen Überlieferungen über Westslawen. Erst in der Zeit Karls des Großen erwähnen die Quellen diese Völker wieder. Nachdem der Frankenherrscher in den Sachsenkriegen im Bündnis mit östlich benachbarten Slawen die Sachsen seiner Herrschaft unterwarf, wurde auch ein Unterstamm der Elbslawen, die Drewjanen, die ab dem 7. Jahrhundert im heutigen Wendland, das heißt „Slawenland“, siedelten, dem Frankenreich 811 einverleibt. Der Stammesname überdauerte in der Bezeichnung Drawehn bis in die heutige Zeit.

Politische Gliederung Europas um 800, zur Zeit der vier Mächte, Emirat von Córdoba und Frankenreich im Westen, Byzantinisches Reich und Reich der Chasaren im Osten (Englische Karte)

Zum Schutz des Frankenreiches vor den heidnischen Slawen wurden entsprechend der karolingischen Praxis Grenzmarken errichtet. Es entstand der Limes Sorabicus, die sorbische Grenzmark. Nach der Unterwerfung der Awarenkonföderation durch fränkische Heere um 800, entstand an der Ostflanke des Fränkischen Reiches die Pannonische Mark, in der slawische Stammesbünde siedelten. Die größte Bedeutung unter ihnen kam dem Mährischen- und dem Nitraer Fürstentum zu, aus denen sich um 830 das spätere Reich der Großmährer herausbildete. Gegen Ende des 9. Jahrhunderts erreichte dieses christliche Reich unter Großfürst Sventopluk seine größte territoriale Ausdehnung und weitete seine Einflusssphäre auf die Gebiete der benachbarten Stämme aus. Diese Nachbarschaft begünstigte eine Vereinigung lechischer Stämme unter der Führung der Polanen.

Im 9. Jahrhundert berichtete ein namentlich nicht näher bekannter „bayerischer Geograph“ über Stammesstrukturen auf dem Gebiet des heutigen Polen. Der Slawenapostel Methodius schrieb über einen mächtigen Staat der Wislanen mit der Hauptstadt Krakau, der bereits nach slawisch-griechischem Ritus christianisiert gewesen sei. Eine Konsolidierung des polanischen Staates unter dem Herrscherhaus der Piasten konnten auch die ungarischen Raubzüge, besonders nach der Schlacht auf dem Lechfeld 955, nicht mehr bedrohen.

Staatsgründung und die ersten Piasten 960–1138

Herzog Mieszko I. und die Christianisierung Polens

Hauptartikel: Mieszko I., Piasten und Christianisierung Polens

Grabdenkmal für Herzog Mieszko I. und König Bolesław I. in der Goldenen Kapelle der Kathedrale von Posen, von Christian Daniel Rauch

Mit der Machtübernahme durch Herzog Mieszko I. aus der Dynastie der Piasten 960 trat Polen als gefestigter, organisierter Staat auf dem europäischen Kontinent offen in Erscheinung. Das Land, dessen Name sich vom westslawischen Stamm der Polanen ableitet, wurde als Herzogtum im späten 9. Jahrhundert in der Region um die Städte Posen und Gnesen gegründet. Die Karte an der rechten Seite repräsentiert die ungefähre Größe des polnischen Staates um das Jahr 960, zu Beginn der Herrschaft Mieszkos.

Im Jahr 963 wurde Mieszko das erste Mal schriftlich erwähnt. Dieses Datum wird oft als Beginn der polnischen Geschichtsschreibung gesehen. Anlass waren die Einfälle der sächsischen Markgrafen Gero aus der Ostmark und Wichmanns des Jüngeren aus der Mark der Billunger, eines abgefallenen sächsischen Vasalls des deutschen Königs Otto I.. Im Zuge dieser Kämpfe wurde Mieszko von beiden Markgrafen besiegt und für einen Teil seines Herrschaftsgebiets in der Region um Lebus dem Heiligen Römischen Reich gegenüber tributpflichtig gemacht.

Im Jahre 965 verbündete sich Herzog Mieszko mit den christlichen Böhmen, ließ sich 966 nach römisch-katholischem Ritus taufen und heiratete im Anschluss die böhmische Herzogstochter Dobrawa aus dem Geschlecht der Przemysliden. Damit musste auch das polnische Volk dem Beispiel seines Knjas folgen. Die Annahme des Christentums war eine machtpolitische Entscheidung, bedingt durch die Einfälle der deutschen Markgrafen unter dem Vorwand der Heidenbekämpfung und -mission einerseits, sowie der kulturellen und dynastischen Stärkung (Gründung von Kirchen und Klostern, Supremat über konkurrierende Adelsgeschlechter) und der Aufnahme in die christliche Gemeinschaft europäischer Fürsten andererseits. Für die polnische Kirchenprovinz wurde 968 ein dem Papst unterstehendes Missionsbistum in Posen gegründet mit Bischof Jordanes an der Spitze.

Die slawisch-polnischen Stämme, die während der Herrschaft von Herzog Mieszko vereinigt wurden, darunter Fallen die Polanie, Wiślanie, Ślężanie, Mazowszanie, Pomorzanie und die Lędzianie (Polnische Karte)

Die offizielle Annahme des christlichen Glaubens durch den polnischen Fürsten verminderte dennoch kaum die Einfälle der deutschen Markgrafen. Bereits ein Jahr nach der „Taufe Polens“, 967, begann Graf Wichmann einen Privatkrieg gegen Mieszko. Das böhmisch-polnische Bündnis trug nun die ersten Früchte, als der polnische Fürst mit Hilfe przemyslidischer Reitertruppen Wichmann, der sich zum militärischen Führer des slawischen Wolinerbundes erhob, vernichtend in die Flucht schlug. Das Schwert des Markgrafen wurde vom amicus imperatoris – Freund des Kaisers –, so hieß Mieszko seit seiner Taufe, Kaiser Otto ausgeliefert. Mieszkos Vorstoß nach Pommern stand nun nichts mehr im Weg. Auf der Grundlage eines im Innern gefestigten Staatswesens unterwarf Mieszko in den Jahren 967–979 ganz Hinterpommern mit Stettin und Pommerellen mit Danzig. Der Zugang zur Ostsee bedeutete unmittelbaren Kontakt mit Skandinavien. Mieszkos Tochter Świętosława aus der Ehe mit Dobrawa heiratete König Sven von Dänemark und wurde die Mutter der dänischen Könige Harald und Knut.

An der Grenze zur sächsischen Ostmark, die nach 965 aus machtpolitischen Kalkül in fünf einzelne Markgrafschaften geteilt wurde, kam es 972 erneut zu Spannungen. Markgraf Hodo I. aus einer der fünf neuen Verwaltungseinheiten des ottonischen Reiches kommend, der Mark Lausitz, forderte Mieszko heraus und drang mit seinen Truppen auf polnisches Gebiet. In der Nähe von Zehden an der unteren Oder wurde das Heer des Markgrafen eingekreist und in die Flucht geschlagen, dabei fand der einzige namentlich bekannte Bruder Mieszkos, Czcibor, den Tod. Durch den Sieg über Hodo und den folgenden Großen Slawenaufstand, 983 wurden der deutsch-sächsischen Ostexpansion Grenzen gesetzt, die für fast zwei Jahrhunderte zum Erliegen kam. Kaiser Otto – besorgt über die Zustände an seiner Ostgrenze – rief die Kontrahenten während des Quedlinburger Hoftages von 973 zur Ruhe und Ordnung auf. Mieszko schloss mit Graf Hodo Frieden und leistete dem Kaiser den Treueid. Inwieweit Polen damit in ein Lehnsverhältnis zum Heiligen Römischen Reich eintrat, ist historisch umstritten, denn der Kaiser verstarb bereits wenige Wochen nach dem Urteilsspruch.

Polen »Civitas Schinesghe« (dunkle Farbgebung) um 960, seine ungefähre territoriale Entwicklung unter Herzog Mieszko I. bis 992 (hellere Farbgebung) und die Nachbarn: im Osten das Reich der Kiewer Rus (auf der Karte Ruś Kijowska); im Süden das Großfürstentum Ungarn der Arpaden inkl. dem Neutraer Fürstentum bzw. der Slowakei (auf der Karte als Węgry und Słowaczyzna separat eingezeichnet), das Herzogtum Böhmen inkl. Mähren (auf der Karte als Czechy und Morawy separat eingezeichnet) und im Westen die Adelsterritorien des Heiligen Römischen Reiches, die Mark Meißen inkl. dem Land der Milzener und die Mark Lausitz (auf der Karte Miśnia, Łużyce und Milsko zusammengefasst, da ab 1002 direkter Anschluss dieser Gebiete an Polen), sowie der Lutizen- bzw. Wieleten-Bund (auf der Karte Związek Wielecki); im Nordosten, das Gebiet der baltischen Pruzzen (auf der Karte Prusowie, Polnische Karte)

Nach dem Tod von Mieszkos erster christlichen Frau Dobrawa und seiner Heirat 978 mit der Sächsin Oda von Haldensleben erfolgte ein Bruch zwischen Polen und Böhmen. Es kam zur Entfremdung zwischen beiden Staaten, was schließlich 986–990 im Krieg mündete. In diesem Konflikt wurden Schlesien, Kleinpolen und wahrscheinlich auch Mähren dem polnischen Reich einverleibt, während die Tscherwenischen Burgen an den ruthenischen Großfürsten Wladimir von Kiew 981 verloren gingen, damit verloren die Piasten die Kontrolle über eine bedeutende Handelspassage mit Osteuropa, deren Erwerb quellenmäßig nicht fassbar ist.

Mieszko huldigte 986 dem minderjährigen Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, Otto III., in Quedlinburg und führte in seinem Namen als „Markgraf des Reiches“ einen Heidenfeldzug gegen die Elbslawen an. Im Gegenzug unterstützte ihn Kaiserin Theophanu, die als Regentin für ihren Sohn die Macht im Reich übernahm, militärisch im Kampf gegen Böhmen.

Im Jahr 991, kurz vor seinem Tod, stellte der erste historisch belegte Herrscher Polens sein gesamtes Land unter den Schutz des Papstes, der im Mittelalter ein politischer Gegenspieler des Kaisers war. Polen wurde päpstliches Lehen. Er verstarb im Jahr 992 und wurde im Posener Dom begraben. Sein Nachfolger wurde sein ältester Sohn aus der Ehe mit Dobrawa, Bolesław, genannt Chrobry, das heißt der Tapfere.

Der erste zeitgenössische Bericht über das Königreich Polen stammt vom spanischen Reisenden Ibrahim ibn Jaqub gegen Ende des 10. Jahrhunderts.

König Bolesław I. Chrobry und der Aufstieg zur Großmacht

Hauptartikel: Bolesław I., Königreich Polen, Otto III., Akt von Gnesen und Renovatio Imperii Romanorum

Mieszko I. teilte sein Reich nach altslawischer Tradition unter seinen Söhnen Bolesław aus der Ehe mit Dobrawa sowie Świętopełk, Lambert und Mieszko aus der Ehe mit Oda auf. Bolesław entmachtete mit Unterstützung einflussreicher Magnaten seine Stiefmutter und vertrieb sie samt ihrer Söhne aus Polen, wo sie bei Verwandten in Sachsen Aufnahme und Schutz fanden. Die Reichseinheit war somit wiederhergestellt. Bolesław setzte die Bündnispolitik seines Vaters fort, indem er 995 den für volljährig erklärten Kaiser Otto III. bei der Verteidigung des christlichen Glaubens unterstützte. Er beteiligte sich gemäß der Quedlinburger Absprache von 991 an dessen Kampf gegen die heidnischen Elbslawen. Dieser Kampf verlief allerdings weitgehend erfolglos. Der östliche Teil der Nordmark mit dem Zentrum Lebus hingegen blieb bis ins 12. Jahrhundert unter polnischem Einfluss.

Im Rahmen der Christianisierung der baltischen Stämme an der Ostsee kam Bischof Adalbert von Prag nach Polen, von wo er mit polnischer Unterstützung 997 in das Pruzzenland gelangte und dort seinen Märtyrertod fand. Bolesław löste den Leichnam Adalberts aus und setzte diesen in der Kathedrale zu Gnesen bei. Die sterblichen Überreste wurden im Anschluss an den böhmisch-polnischen Krieg von 1038 nach Prag überführt. Adalbert wurde aufgrund seiner Missionsarbeit und Märtyrertums 999 von der Kurie heilig gesprochen. Daraufhin erteilten der deutsche Monarch und Papst Silvester II. die Zustimmung zur Errichtung einer unabhängigen polnischen Kirchenprovinz.

Ein zu Ehren des Akts von Gnesen und der Gründung des polnischen Bistums Kolberg errichtetes Monument, das König Bolesław und Kaiser Otto III. in politischer und religiöser Einheit darstellt, sowie durch das zerrissene Kreuz das spätere Auseinanderdriften beider Völker symbolisiert

Im Jahre 1000 pilgerte der römisch-deutsche Kaiser Otto III., mit dem Bolesław ein freundschaftliches Verhältnis unterhielt, zum Grab des Märtyrers Adalbert in Gnesen. In einem Staatsakt verkündete er sein Reichskonzept von der Renovatio Imperii Romanorum, welches Polen neben Gallia und Germania als gleichrangige Stütze des Imperiums vorsah. Für die slawischen Provinzen wurde das Erzbistum Gnesen mit Adalberts Bruder Gaudentius als erstem Erzbischof errichtet, dem die gegründeten Bistümer Kolberg, Krakau und Breslau unterstanden. Die Errichtung einer unabhängigen Kirchenprovinz spielte in der Folge bei der Emanzipation Polens vom Heiligen Römischen Reich eine wichtige Rolle. Während dieses Besuches erkannte Otto III. offiziell die Souveränität des piastisch-polnischen Herrschers an. Die seit 963 bestehende Tributpflicht entfiel. Der Kaiser versuchte durch die Einbindung der mittlerweile christianisierten Völker des Ostens, ein neues christliches Weltreich unter der Führung des Kaisers als weltliches Oberhaupt der Christenheit zu verfestigen. Bei diesen Überlegungen kam Polen eine Schlüsselposition innerhalb der „Sclavinia“ zu. Otto begünstigte die Konsolidierung und Machtausweitung der Piasten gegenüber den tschechischen Przemysliden, deren Interessen nicht mit denen des Heiligen Römischen Reiches in Einklang standen und die sich zudem mit den Slavnikiden im Krieg befanden, einem böhmischen Adelsgeschlecht, dessen bedeutendster Vertreter, der Heilige Adalbert von Prag war. Bolesław soll von Otto in Gnesen zum König erhoben worden sein. Dies ist aufgrund mangelnder Beweise historisch umstritten; es gibt aber deutliche Indizien, die die Königsthese stützen. Als gesichert gilt, dass die Krönungszeremonie de jure nicht vollzogen wurde, da die Erlaubnis des Papstes fehlte. Aufgrund des frühen Todes Ottos III. und des vehementen politischen Widerstands des neuen deutschen Königs und späteren römisch-deutschen Kaisers Heinrichs II. fand die offizielle Krönung als Wiederholungsakt erst 1025 statt.

Der frühe Tod Ottos III. im Jahre 1002 und die darauf folgende Thronbesteigung Heinrichs II., der in Bolesław bloß einen seiner vielen slawischen Vasallen sah, veränderte die Beziehungen Polens zum Heiligen Römischen Reich grundlegend. Bolesław trat in Opposition zum Reich, wobei er, durch Otto beeinflusst, anscheinend eigene Idee eines christlichen „Universalreiches“ entwickelte und nunmehr persönliche Ziele der Expansion verfolgte und jedwede Huldigung gegenüber dem neuen König verweigerte. Dies führte zu einem mehrjährigen Krieg Polens mit dem Reich, an dessen Ende sich Polen dank seiner bereits gefestigten Staatlichkeit behaupten konnte und im Frieden von Bautzen einen Ausgleichsfrieden mit dem Kaiser schloss. Dies verdankte Bolesław seiner dynastischen Politik, den sächsischen Verbündeten im Reich sowie seinem Schwager König Sven von Dänemark, der dem Kaiser vom Norden drohte.

Die im Jahr 1000 in Gnesen getroffene Absprache zwischen Polen und dem Reich wurde widerwillig von Heinrich bestätigt. Bolesław forderte als Bündnispartner des „Westreichs“ vom römisch-deutschen Kaiser militärische Unterstützung für seinen lange geplanten Zug nach Kiew gegen Jaroslaw, die er letztlich auch bekam. Er konnte dem Kaiser zwar die gesamte Mark Meißen nicht abringen, behielt im Gegenzug aber seine Erwerbungen im Westen, das Milzener Land und die Mark Lausitz, die dann bis 1031 bei Polen verblieben. Insgesamt führte der Krieg mit dem Reich zu einem Substanzverlust im Inneren. Bolesław griff dennoch in die Streitigkeiten der slawischen Stämme in der Nordmark ein und legte in Berlin-Köpenick eine Burg auf der heutigen Schlossinsel an. Für die nächsten 120 Jahre, bis Mitte des 12. Jahrhunderts, war Köpenick der Sitz eines piastischen Vasalls.

Polen zu Anfang des 11. Jahrhunderts in der Regierungszeit von Bolesław Chrobry

Nach dem Friedensschluss mit dem Kaiser wandte er sich nach Kiew, der reichen Hauptstadt der Kiewer Rus, um seinen Schwiegersohn, Großfürst Swjatopolk, gegen dessen Bruder Jaroslaw zu unterstützen. Nach erfolgreicher Wiedereinsetzung des vertriebenen Fürsten erwarb er 1018 die Tscherwenischen Burgen für Polen zurück. Nach dem Frieden von Bautzen und seinem Zug nach Kiew war Bolesław bis zum Erstarken Jaroslaws des Weisen der Kiewer Rus und des Reiches unter Kaiser Konrad II. der einflussreichste Herrscher in Mittel- und Osteuropa. Im Jahr 1024 verstarb Kaiser Heinrich. Das daraus resultierende deutsche Interregnum nutzte Bolesław Chrobry, indem er sich 1025 ein zweites Mal (Wiederholungsakt der Krönungszeremonie aus dem Jahr 1000) zum König krönen ließ. Trotz des Prestigegewinns konnte sich das Königtum zunächst nicht dauerhaft etablieren.

Bolesław förderte den christlichen Glauben in Polen, wissend, dass der Papst im 11. Jahrhundert einer der bedeutendsten machtpolitischen Konkurrenten des deutschen Kaisers war. Durch die erfolgreiche Gründung einer unabhängigen polnischen Kirchenprovinz und des Erzbistums Gnesen sowie durch seine Krönung zum ersten polnischen König trieb er die polnische Emanzipation vom Heiligen Römischen Reich voran. Er war auch der Begründer der polnischen Kastellanverfassungsordnung. Unter seiner Regentschaft wurde das politisch relativ unbedeutende Herzogtum seines Vaters zu einem Machtfaktor in der Region mit Einflusssphären von der Elbe bis zum Dnepr und von der Ostsee bis an die Donau. In Polen gilt Bolesław bis heute als eine wichtige historische Persönlichkeit und liegt neben seinem Vater Mieszko I. in der Kathedrale von Posen begraben.

Die Wirren unter König Mieszko Lambert

Hauptartikel: Mieszko II. Lambert

Schneller Machtverfall unter König Mieszko II., auf dem Bild Herzogin Mathilde von Schwaben, Gattin von Herzog Friedrich von Lothringen und Bar, ein Liturgieband dem polnischen König überreichend. (Neuzeitliche Kopie einer Miniatur des 11. Jh.)

Nach dem Tod Bolesławs übernahm sein Sohn Mieszko Lambert die Herrschaft. Dieser beherrschte neben seiner Muttersprache Polnisch auch Latein und Griechisch und galt als sehr gebildet. Er erhob sich und seine deutsche Frau Richeza sofort nach dem Tod des Vaters in den Stand der Könige, um seine Souveränität vor der Lehnsherrschaft der römisch-deutschen Kaiser zu sichern. Dennoch gelang es ihm nicht, die von seinem Vater eroberten Gebiete zu halten. Nach nur fünf Jahren der Herrschaft begann sein Reich aufgrund einer Vielzahl von Faktoren zu zerfallen. Die dem Volk auferlegten Kosten, welche durch Kriege, den Aufbau der Monarchie und die wachsenden kirchlichen Strukturen entstanden, führten zu innerer Instabilität. Die ins Ausland geflüchteten Brüder Mieszkos, Otto und Bezprym, desavouierten Mieszkos Herrschaft ebenfalls.

Der neue Herrscher unternahm in den Jahren 1028 und 1030 Kriegszüge gegen östliche Teile des Heiligen Römischen Reiches, vor allem gegen Thüringen und Sachsen (Einnahme und Zerstörung von Hamburg), weil der neue Kaiser im Reich, Konrad II., ihm die Anerkennung als König verweigerte. Mieszko hatte im Reich der Salier und in der Kiewer Rus mächtige Feinde. Mehrere gleichzeitig vorgetragene militärische Aktionen Konrads und des ruthenischen Großfürsten Jaroslaw, der bereits zu den Feinden seines Vaters gehörte, führten zum Verlust der Mark Lausitz und der Tscherwenischen Burgen. Diese Allianz stärkte die innere Opposition, da sich die Verwandtschaft Mieszkos jetzt mit den Gegnern des Herrschers verbündete. Schließlich wurde Mieszko 1031 gestürzt und war gezwungen das Land seinem Halbbruder Bezprym und dem jüngeren Bruder Otto zu überlassen, selbst floh er nach Böhmen.

Bezpryms Herrschaft dauerte nicht lange. Es kam zum Aufstand gegen den neuen Herrscher, der schließlich 1032 ermordet wurde. Sein Tod eröffnete für Mieszko die Möglichkeit einer Rückkehr in die Heimat. Er verständigte sich mit Otto und kam von Böhmen nach Polen zurück. Nachdem Kaiser Konrad mit einer weiteren militärischen Intervention in Polen drohte, kam es im Rahmen des Hoftags von Merseburg 1033 zu einer Einigung. Mieszko verzichtete auf die Königswürde und teilte sein Reich zunächst mit seinem Bruder Otto und Dietrich, einem Enkel Mieszkos I.. Noch im selben Jahr verstarb Herzog Otto, und Dietrich verlor aus nicht bekannten Gründen seinen ihm zugewiesenen polnischen Machtbereich, so dass Mieszko die Reichseinheit noch kurz vor seinem Tod, am 10. Mai 1034, errang.

Die machtvolle Stellung, die Polen unter König Bolesław hatte, ging vorerst verloren. Sein Sohn hinterließ nach seinem Ableben ein geschwächtes Reich, das mangels starker königlicher Autorität in Form von Volksaufständen und heidnischer Reaktion zu erodieren begann. Durch den Verzicht auf königliche Ehren stand Polen ab 1033 erneut für Jahrzehnte in Abhängigkeit zum römisch-deutschen Kaisertum.

Staatskrise, Erneuerung und neue Machtentfaltung

Hauptartikel: Kasimir I., Bolesław II. und Władysław I. Herman

Dank der Unterstützung seines Onkels Hermann, Erzbischof von Köln, erneuerte Herzog Kasimir die kirchlichen Strukturen in Polen nach der letzten heidnischen Reaktion (Erzbischof Hermann auf dem Stifterbild des von ihm gestifteten Hermann-Ida-Kreuzes)

Mieszkos Sohn Kasimir aus der Heimat seiner deutschen Mutter kommend, übernahm nach dessen Tod die Herrschaft. Er hielt sich jedoch nicht lange an der Macht und musste auf Druck der Opposition 1037 von Polen nach Ungarn flüchten. Nach anderen Quellen kam er erst 1039 das erste Mal nach Polen. In den Jahren 1037 bis 1039 fand ein Auflösungsprozess des polnischen Staates statt. In der Region Großpolen kam es zu Aufständen gegen die Kirche und das Magnatentum. Diese hatten von sozio-politischen Veränderungen wie der Einführung eines dem Zehnten ähnlichen Systems profitiert, während man die bis dato freien Bauern in ein Abhängigkeitsverhältnis zwang; ein Rückfall ins Heidentum folgte. Einzelne Regionen verselbständigten sich, unter anderem Masowien und Pommern.

Den Niedergang der piastischen Zentralgewalt machte sich der böhmische Herzog zunutze, indem er einen Kriegszug nach Polen unternahm und die Gebeine des Heiligen Adalbert erbeutete. Großpolen wurde verwüstet und Schlesien erobert. Hinzu kamen noch Plünderungszüge der heidnischen Pruzzen und Pomoranen. Der neue Kaiser im Reich, Heinrich III., versuchte ein politisches Erstarken Böhmens unter Břetislav I. zu verhindern und erteilte dem Piasten Kasimir 1039 militärische Hilfe. Mit dieser gelangte der Herzog wieder in den Besitz Großpolens und 1040 Kleinpolens. Krakau wurde neue Hauptstadt Polens, da Großpolen nach vielen Aufständen und dem böhmisch-polnischen Krieg zu verwüstet war. Der Kaiser zwang den böhmischen Herrscher 1041 zum Verzicht auf Ansprüche gegenüber Polen, gab jedoch Schlesien nicht an Polen zurück. Um die Grenze im Osten abzusichern, schloss Kasimir im selben Jahr ein Bündnis mit Jaroslaw von Kiew und heiratete wenig später dessen Schwester, Fürstin Dobroniega Maria. Jaroslaw gewährte ihm daraufhin 1047 militärische Hilfe bei der Rückeroberung Masowiens und Pommerellens. Gegen den Willen des Kaisers erwarb er um 1046 Schlesien von Böhmen zurück (Restauration des Bischofssitzes in Breslau). Erst nachdem Břetislav I. um 1053 die „bayrische Rebellion“ gegen den Kaiser unterstützte und bei ihm dadurch in Ungnade fiel, musste er auf Drängen des deutschen Herrschers 1054 in Quedlinburg gegen jährliche Tributzahlungen aus Polen endgültig verzichten, was zum Anlass für weitere böhmisch-polnische Auseinandersetzungen wurde. Die beiden gleichstarken slawischen Staaten wurden so für Jahrzehnte politisch-militärisch geschwächt.

Die Ermordung des Bischofs Stanislaus (Stanisław) von Krakau als angeblichen „Landesverräter“ (»traditor episcopus«) führte als Folge zum Sturz von König Bolesław dem Kühnen (auf dem Bild der „Heilige“ Stanislaus als Patron des Kgr. Polen)

Kasimir gilt als derjenige polnische Herrscher, der mit Hilfe seines Onkels, des Erzbischofs zu Köln, Hermann II., den christlichen Staat der Piasten nach der letzten heidnischen Reaktion wiederaufbaute und zudem durch seine Landvergabe an Krieger zu deren Versorgung das Rittertum in Polen begründete. Unter seinen zahlreichen Benediktinergründungen in Polen befindet sich das Kloster auf dem Berge Tyniec bei Krakau, in das er Mönche aus Köln berief. Diese Verbindung blieb bis zum heutigen Tage erhalten. Das Domkapitel in Krakau trägt noch heute die drei Kronen Kölns im Wappen.

Nach dem Tod Kasimirs 1058 folgte ihm sein Sohn Bolesław (II.), genannt der Kühne, nach. Dieser betrieb eine sehr erfolgreiche Außenpolitik. So entledigte er sich der Tributpflicht für Schlesien an Böhmen. Auch gelang es ihm 1076 mit Erlaubnis des Papstes Gregor VII., die Königswürde wiederherzustellen. Er setzte vor allem im Bereich der kirchlichen Strukturen die Wiederaufbauarbeit seines Vaters fort. Einen Schatten auf seine Herrschaft wirft die Verurteilung und Tötung des Bischofs Stanislaus von Krakau unter unklaren Umständen, welche einen Aufstand gegen Bolesław auslösten, der schließlich zu seiner Flucht nach Ungarn führte, wo er 1082 verstarb.

Bolesław II. folgte sein jüngerer Bruder Władysław Herman. Bereits wenige Jahre nach seiner Thronbesteigung versöhnte er sich mit dem Sohn seines vertriebenen Bruders, gestattete ihm zurückzukehren und stattete ihn mit einer eigenen Provinz aus. Für einige Jahre zahlte er wieder Tribut an Böhmen für den Besitz Schlesiens. Zum Ende seiner Herrschaft geriet er in Konflikt mit seinen Söhnen, Bolesław (III.) und Zbigniew. Er musste ihnen auf Druck der Adelsopposition – sein Neffe war inzwischen verstorben – 1098 eigene Provinzen zuteilen, behielt aber noch die Oberherrschaft mit Hauptsitz in Płock. Während seiner Herrschaft kamen 1096 die ersten Juden in großer Zahl nach Polen, die dort Schutz gegen die Pogrome, die während des Ersten Kreuzzugs in vielen Städten Westeuropas ausbrachen, suchten. Władysław Herman starb 1102 und hinerließ ein zwischen seinen Söhnen zweigeteiltes Polen.

Herzog Bolesław Schiefmund und sein Testament

Hauptartikel: Zbigniew und Bolesław III. Schiefmund

Zersplitterung des Königreichs Polen in Herzogtümer durch das Testament von Bolesław Schiefmund, politische Lage des Jahres 1138 (Englische Karte)

Bolesław unterwarf 1108 seinen Halbbruder Zbigniew und wehrte 1109 einen Kriegszug Kaiser Heinrichs V., der damit nicht einverstanden war, erfolgreich ab.

Unter seiner Herrschaft dehnte Polen seinen Machtbereich durch die endgültige Unterwerfung der heidnischen Pomoranen und damit der letzten freien heidnischen Slawengebiete, die er von Otto von Bamberg christianisieren ließ, auf Pommern aus. In Ottos Geleit kamen unter anderem die ersten deutschen Siedler als Mönche nach Pommern. Auch erstreckte sich Bolesławs Einflussbereich bis ins heutige Brandenburg hinein – Gründung des Bistums Lebus –, wodurch Brandenburg bis ins 15. Jahrhundert kirchlich mit dem Erzbistum Gnesen verbunden war. Gegen Ende seiner Regierungszeit verwickelte er Polen in Konflikte mit Ungarn und Böhmen, die wenig erfolgsversprechend waren, auch betrieb er eine erfolgreiche dynastische Politik, indem er seine Töchter in die skandinavischen, sächsischen und ruthenischen Herrscherhäuser verheiratete.

Da er viele männliche Nachkommen hatte und er Kämpfe unter seinen Söhnen vermeiden wollte, teilte er sein Reich nach slawischem Brauch unter seinen Söhnen auf, indem er das Land unter seinen vier ältesten Söhnen aufteilte und nur der Älteste des Piastengeschlechts im Rahmen des Senioratsprinzips eine Art Oberherrschaft haben sollte.

Die Zeit der Zersplitterung: Der Partikularismus 1138–1295

Das Scheitern des Senioratsprinzips und die deutsche Ostsiedlung

Hauptartikel: Władysław II., Mieszko III., Leszek I. und Deutsche Ostsiedlung

Deutsche Kolonisation der polnischen Gebiete ab etwa 1200 bis zum Ausbruch der Großen Pestpandemie etwa 1350, die ihr Ende einleitete (Kartenausschnitt aus: F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas, 1905)

Nach dem Tod des Herzogs 1138 trat die neue Landesordnung in Kraft und der Älteste des Piastengeschlechts, Władysław II., wurde Seniorherzog von Polen mit Sitz in Krakau. Die jüngeren Brüder herrschten als Juniorherzöge in den ihnen zugeteilten Regionen. Bereits 1146 kam es zum Bruch und Bolesławs ältester Sohn, Władysław, wurde mit Hilfe des Adels von seinen Brüdern aus Polen vertrieben. Die erhoffte Stärkung der Einheit blieb aus. Vielmehr entbrannten dauerhafte Kämpfe um die Kontrolle Krakaus und das Supremat über das gesamte Land in den nächsten 150 Jahren. Das Königreich zerbrach in mehrere piastische Herzogtümer, die sich dauerhaft um Macht, Territorien und Einfluss gegenseitig befehdeten. Es war die Zeit des Partikularismus, wodurch die politisch-militärische Stellung und Autorität Polens im Europa des 13. Jahrhunderts beträchtlich geschwächt wurde. Die Idee der polnischen Einheit des Regnum Poloniae lebte weiter in der einheitlichen Kirchenorganisation und der Tradition der großen Adelsgeschlechter, sowie in der dynastischen Verbundenheit (Verwandtschaft) aller Herrscher.

Bei der Vertreibung Mieszkos III. durch lokale Magnatengeschlechter setzten sich 1177 die jüngeren Vertreter der Dynastie in Krakau durch. Zwar blieb eine gewisse Oberhoheit des Herzogs von Krakau – Princeps – erhalten, aber das Seniorat, als Herrschaft des Ältesten, wurde abgeschafft. Die Versammlung der polnischen Herzöge und Bischöfe zu Łęczyca hob 1180 das Senioratsprinzip formell auf und verbriefte Vorrechte der Geistlichkeit. Die Einheit Polens wurde nicht erreicht; die Herzogtümer der Piasten bestanden weiterhin als de facto souveräne Regionen nebeneinander. Die Senioratsprovinz Kleinpolen mit Krakau fiel 1194 an Leszek I. und durch den Tod seines Onkels Mieszko III., 1202, brach die „Tradition des Senioratsprinzips“ endgültig in Polen zusammen. Seit jener Zeit galt die Herrschaft über Krakau für die jeweiligen Piastenherzöge als Legitimation für Maßnahmen zur Vereinigung des Landes. In seiner Titulatur dux totius Poloniae erhob Leszek I. als letzter Herzog Ansprüche auf die Oberhoheit in ganz Polen, und versuchte diese ab 1217 auch in Pommerellen durchzusetzen. Die polnischen Fürsten trafen sich 1227 in Gąsawa, Kujawien, zu einem Wiec, um sich gegen Herzog Swantopolk von Pommerellen und ihren Vetter, den Piasten Władysław Odon, Herzog von Großpolen und Enkel Mieszkos III., zu beraten. Die Versammlung flog auf, während Leszek auf der Flucht vor pommerellischen und großpolnischen Häschern den Tod fand. Sein Ableben bewirkte letztlich das völlige Verschwinden einer Zentralgewalt in Polen (es gab, bis auf die kirchlichen Strukturen des Erzbistums Gnesen, weder ein überregionales polnisches Landesrecht noch überregionale Landesinstitutionen) und es setzte eine verstärkte feudale Zersplitterung und ein Separatismus polnischer Länder ein, die den deutschen und böhmischen Fürsten ab Mitte des 13. Jahrhunderts ihre Expansion in Polen erleichterte.

Das Seniorat Polen bzw. die polnischen Herzogtümer (auf der Karte Kgr. Polonia) und seine Nachbarn, 1190

In diese Zeit fiel eine verstärkte Kolonisation polnischer Gebiete durch Auswanderer aus dem Heiligen Römischen Reich. Bereits bis 1250 waren große Teile Pommerns und Schlesiens mit Deutschen und Flamen besiedelt, die durch die einheimischen Herren, wie die Greifen in Pommern und die Schlesischen Piasten ins Land geholt wurden. Die pommerschen Adligen, ebenso die schlesischen Fürsten versprachen sich durch die neuen Siedler in erster Linie eine höhere wirtschaftliche Prosperität, folglich ein besseres Steueraufkommen, vor allem aber einen schnelleren Anschluss an die (land)wirtschaftlich-städtischen Standards Westeuropas. Aufgrund der Anzahl der Neusiedler und durch den persönlichen Einsatz und Förderung der Ostsiedlung durch die polnischen Landesfürsten, wurden weite Teile des mittelalterlichen Polens im Laufe der Jahrhunderte ein Teil des deutschen Sprachraums und verloren dauerhaft ihren slawisch-polnischen Charakter. Auch öffneten sich einige Regenten, wie zum Beispiel die Schlesischen Piasten, freiwillig dem Deutschtum durch Besetzung hoher Ämter im Staat und in kirchlichen Strukturen mit Deutschen (Umgang mit deutschem Klerus – Träger der Kultur und Sprache), Heirat auch mit Prinzessinnen aus deutschen Adelshäusern, damit Verwandtschaft zum deutschen Hochadel – was die Ostkolonisation und das Deutschtum in Schlesien und über die Grenzen Schlesiens hinaus – deutsches Patriziat in großen Städten z. B. in Posen, Danzig oder Krakau – zusätzlich begünstigte, waren sie in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts nicht nur polnische Seniorherzöge, sondern auch die mächtigsten Landesfürsten des sich im Partikularismus befindenden Polen überhaupt. Die Entslawisierung und die entsprechende Germanisierung vollzog sich, zumindest auf die Gebiete Pommerns und Schlesiens beschränkt, friedlich und war keine brutale deutsche Landnahme polnischer Gebiete – jedoch sind Konflikte infolge mangelnder Berücksichtigung von Interessen der lokalen Urbevölkerung durch den „Prozess der Ostsiedlung“ zwischen den autochthonen Polen und den mehrheitlich nicht des Slawischen mächtigen Zuwanderern nicht auszuschließen. Erst Ende des 13. Jahrhunderts, besonders seit Beginn des 14. Jahrhunderts, begann eine gegenläufige Bewegung, die kulturell-wirtschaftliche Dominanz und den Einfluss des Deutschtums in den Kernprovinzen Polens (Klein- und Großpolen) zurückzudrängen und führte zur Repolinisierung weiter Landstriche und zur Polonisierung des deutschen Bürgertums in den Städten, zum Beispiel in Krakau.

Äußere Eingriffe und territoriale Verluste

Entwicklung Schlesiens im 12. und 13. Jahrhundert und der Mongolensturm von 1241

Kaiser Friedrich I. Barbarossa, aus dem Geschlecht der Staufer, intervenierte militärisch in Polen

Hauptartikel: Schlesische Piasten, Schlesien und Herzogtum Schlesien

Der in das Reich geflohene Władysław der Vertriebene gewann die Gunst des Kaisers, welcher für ihn in Polen 1157 militärisch intervenierte. Friedrich Barbarossa zwang den polnischen Seniorherzog Bolesław IV. zur Herausgabe Schlesiens an die Söhne des geschassten Souveräns und machte ihn für einen Teil seines Reiches lehnspflichtig. Jedoch zögerte Bolesław einige Jahre, der staufischen Forderung nachzukommen und erst im Jahre 1163, unter der Drohung einer neuen kaiserlichen Intervention, händigte er Schlesien an die Söhne Władysławs, Bolesław den Langen und Mieszko Kreuzbein aus. Mit der Aushändigung dieser Provinz an die Nachkommen Władysławs entstand die langlebige Linie der Schlesischen Piasten, die erst Anfang des 18. Jahrhunderts im Mannesstamm ausstarb.

Die einsetzende Einigung Polens durch die schlesische Linie der Piasten nahm mit dem Tod Heinrichs des Frommen ein jähes Ende. Der Herzog verlor im Kampf gegen die mongolischen Horden in der Schlacht bei Liegnitz sein Leben, und Schlesien zerfiel nach 1241 in eine Vielzahl feudalistischer Fürstentümer, die nach dem Mongolensturm in den Einflussbereich Böhmens gelangten. Die Mongoleninvasion verlieh der Deutschen Ostkolonisation in Polen und in anderen von ihr betroffenen Regionen Mitteleuropas, zum Beispiel in Ungarn, wo ein beträchtlicher Teil der ungarischen Bevölkerung den Tod fand oder in die mongolische Knechtschaft nach Zentralasien getrieben wurde, zusätzlich an Bedeutung (siehe auch Siebenbürger Sachsen). Die Mongolen, die man auch Tataren nannte, zogen sich in die von ihnen eroberten ruthenischen Fürstentümer zurück und wurden für über 250 Jahre die neuen Herren des zerfallenden Reiches der Kiewer Rus und seines „Rechtsnachfolgers“, des Fürstentums Wladimir-Susdal, aus dem sich Jahrhunderte später das moderne Russland der Gegenwart entwickelte. Bis zum Ende des 13. Jahrhunderts blieben sie dennoch eine ständige Bedrohung und unternahmen weitere Raubzüge Richtung Westen, die das politisch zersplitterte Polen wirtschaftlich und militärisch schwächten, sodass die Landesfürsten der Nachbarvölker, wie der Litauer, vor allem aber der Böhmen und der Deutschen (Brandenburg, Deutscher Orden), begannen, ihre eigenen Territorien auf Kosten Polens zu erweitern.

Pommern unter den Greifen

Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen und Bayern

Hauptartikel: Greifen, Pommern und Herzogtum Pommern

Das Land, das sich mit Zentrum Stettin über die beiden Seiten der Oder ausbreitet, wurde Anfang des 6. Jahrhunderts von den slawischen Pomoranen besiedelt. Seit dem 10. Jahrhundert gerieten die Pomoranen in den Einflussbereich ihrer christlichen Nachbarn. Aus dem Westen drohten ihnen die deutsch-ostfränkischen Feudalherren. Es waren die sächsischen Markgrafen aus der Mark der Billunger, später aus der Nordmark, aus der sich wiederum die Mark Brandenburg konstituierte, beide Teil des Heiligen Römischen Reiches. Aus dem Südosten kamen die Fürsten der Polanen, die Piasten, die die Pomoranen politisch enger an ihre Exekutive binden konnten.

Die Pomoranen leisteten vehement Widerstand gegen Unterwerfungs- und Christianisierungsbestrebungen ihrer Nachbarn. Nach mehreren erfolgreichen Volksaufständen, in denen sie sich ihre Freiheit kurzzeitig erkämpft hatten, wurden sie schließlich von Bolesław Schiefmund in drei Feldzügen (zwischen 1116 und 1121) endgültig unterworfen. Dieser ließ die Pomoranen durch den Deutschen Otto von Bamberg christianisieren. Der polnische Souverän setzte den Pommernfürsten Wartislaw I. als seinen Vasallen in Stettin ein. Wartislaw gilt als Stammvater der Greifen-Dynastie, die sich bis 1637 in männlicher Linie in Pommern behaupten konnte. Durch die Erfolge des polnischen Fürsten in Mecklenburg und Vorpommern beunruhigt und um seinen Einfluss bei den Elbslawen fürchtend, zwang Kaiser Lothar III. Bolesław, seine kaiserliche Lehnsherrschaft 1135 über Pommern anzuerkennen und vergab ihm dieses mit der Insel Rügen zu Lehen.

Während der Wendenkreuzzüge unterwarf Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen und Bayern, die Fürsten von Stettin und zwang sie ab 1164 in ein Abhängigkeitsverhältnis. Er übergab sich schließlich 1181 nach einem verlorenen Reichskrieg Kaiser Friedrich Barbarossa, seinem Vetter. Damit verlor er seine Macht im Reich und alle seine slawischen Lehnsherrschaften an ihn. Er ging einige Jahre ins Exil nach England, der Heimat seiner Ehefrau. Der pommersche Herzog Bogislaw I. war jahrelang vom Dänen Waldemar I. bedrängt worden. Vom polnischen Seniorherzog konnte er keine Hilfe erwarten, da dieser mit seinen Brüdern selbst im Krieg lag (Treffen mit Seniorherzog Mieszko von Polen 1177 in Gnesen). Bogislaw I. stellte sich 1181 unter den Schutz des Kaisers, der die Markgrafen von Brandenburg mit Pommern einschließlich Pommerellens belehnte. Pommern wurde so kaiserliches Lehen, die pommerschen Herzöge wurden in den Rang deutscher Reichsfürsten erhoben.

Um das pommersche Herzogtum nicht ganz den sächsischen und polnischen Feudalherren zu überlassen, versuchten in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts auch die Dänen, unter ihrem König Knuth VI., Pommern unter ihre Lehnsherrschaft zu bringen, was ihnen erst 1185 erfolgreich gelang. Pommern war von 1185 bis zur Schlacht bei Bornhöved 1227 unter dänischer Vorherrschaft.[1]

Pommerellen unter den Samboriden

Hauptartikel: Samboriden und Pommerellen

Größte Machtenfaltung Pommerellens unter Herzog Swantopolk II. (Monument im Park von Oliva)

Das sich im Osten an Hinterpommern anschließende Gebiet an der Weichsel, deutsch Pommerellen genannt, stand seit 1138 nominell unter dem Einfluss des polnischen Senior-Herzogs und bis 1227 auch unter dänischem Einfluss. Am Ende des 12. Jahrhunderts entstand die slawische Samboriden-Dynastie, die bis 1294 über Pommerellen herrschte. Durch den Tod von Herzog Leszek I., Seniorherzog von Polen, wurden die pommerellischen Herzöge 1227 de facto von Krakau, dem Hauptsitz der Senioratsprovinz, unabhängig. Der letzte souveräne Herrscher Pommerellens, Herzog Mestwin II., hatte sich zunächst mit dem von ihm beherrschten Gesamtterritorium unter die Lehenshoheit der Markgrafen von Brandenburg begeben und dieses Gebiet gleichzeitig von ihnen als Lehen zurückerhalten. Später bereute er diesen Schritt, und 1282 schloss er mit dem Herzog von Großpolen, den späteren König von Polen, Przemyslaw, einen Vertrag in Kempen, auf dessen Grundlage dieser nach seinem Tod sein Erbe in Pommerellen antreten sollte. Für das hinterpommersche Gebiet zwischen dem Gollenberg (bei Köslin) und dem Leba-Fluss hatte Mestwin II. zuvor die Lehenshoheit der Margrafen von Brandenburg ein zweites Mal vertraglich anerkannt, die dieses Gebiet 1277 Wizlaw II. von Rügen abgekauft hatten. Nach dem Tod Mestwins II. versuchte Przemyslaw, auch das hinterpommersche Gebiet westlich des Leba-Flusses in Besitz zu nehmen, und es kam zu kriegerischen Auseinandersetzungen. In einem Vertrag vom 8. August 1305 wurde dieser östliche Teil Hinterpommerns jedoch von Wenzel III. als Besitz der Markgrafen von Brandenburg anerkannt.[2] Schließlich wurde Pommerellen 1308 vom Deutschen Orden erobert, und Polen konnte dort erst wieder 1466 Fuß fassen. Die Markgrafen von Brandenburg machten gegenüber dem Deutschen Orden geltend, dass ihnen der römisch-deutsche Kaiser Friedrich II. auf einem im Dezember 1231 in Ravenna abgehaltenen Reichstag Pommerellen zu Lehen gegeben hatte und legten auch eine entsprechende Urkunde vor.[3] Im Vertrag von Soldin kaufte der Orden 1309 den brandenburgischen Askaniern ihre aus dieser Urkunde und dem Vertrag von Arnswalde herrührenden Ansprüche an Pommerellen ab. Obwohl der Vertrag von Soldin 1311 von Heinrich VII. bestätigt wurde, stellte Wladislaw I. Ellenlang diese Ansprüche des Ordens auf Pommerellen weiterhin in Frage, und es kam zu juristischen Auseinandersetzungen. Erst nachdem der Hochmeister Dietrich von Altenburg 1339 einer päpstlichen Untersuchungskommision die im Jahr 1231 von Friedrich II. ausgestellte Belehnungsurkunde vorgelegt hatte[4], verzichtete der polnische Monarch Kasimir III., Sohn Wladislaw I. Ellenlangs, 1343 im vom Papst Clemens VI. vermittelten Friedensvertrag von Kalisch offiziell auf Pommerellen einschließlich Danzigs. Trotzdem blieb Pommerellen für fast zwei weitere Jahrhunderte der Zankapfel im deutsch-polnischen Verhältnis, was kriegerische Auseinandersetzungen mit den Deutschordensrittern nach sich zog.

Lebus und Entstehung der Neumark

Hauptartikel: Lebuser Land und Neumark

Die Expansion der Mark Brandenburg nach Osten auf polnisch-piastische Gebiete führte 1250 zum Verlust von Lebus und zur Entstehung der Neumark als Gegenstück zur Altmark. Polen wurde um 1250 für Jahrhunderte von der heutigen Odergrenze abgedrängt, trotz Rückeroberungsversuchen unter König Władysław I. Ellenlang Anfang des 14. Jahrhunderts.

Herzog Konrad von Masowien und der Deutsche Orden

Hauptartikel: Konrad I., Deutscher Orden und Deutschordensland

Die Ordensburg Marienburg, Symbol der Macht der Ordensritter und ab 1309 Hauptstadt des Deutschen Ordens in Preußen (Pruzzenland)

Der polnische Herzog Konrad von Masowien begann seinen Machtbereich auf eigene Hand zu erweitern. Das pruzzische Gebiet um Kulm war sein Kriegsziel. Die Expansion auf Kosten seiner heidnischen Nachbarn wurde jedoch zu einem Fiasko. Er verlor seine Eroberungen wieder und wurde nun seinerseits vom erwachten Nachbarn bedroht. Da er zudem in Konflikte mit den anderen Piastenherrschaften verwickelt war, richtete er den Blick auf den Deutschen Orden, der 1225 aus Ungarn vertrieben wurde, weil dieser in Siebenbürgen im Kampf gegen heidnische Steppenvölker, die Kumanen, einen eigenen Staat gründen wollte. Im Jahre 1226 bat Konrad von Masowien den Deutschen Orden um Hilfe und versprach ihm das Kulmer Land als herzögliches Lehen, als Gegenleistung und Ausgangsbasis für ihren Kampf gegen die Heiden. Ob und inwieweit die zu erobernden Gebiete gemäß der Vereinbarung dem Orden zustanden, ist bis heute unklar und hat in der Vergangenheit zu Streitigkeiten zwischen deutschen und polnischen Historikern geführt. Um sich gegen eine ähnliche Entwicklung wie in Ungarn abzusichern, ließ sich der Hochmeister des Deutschen Ordens, Hermann von Salza, vom Kaiser Friedrich II. im März 1226 den Besitz des Kulmer Landes und aller zu erobernden Gebiete mit der Goldenen Bulle von Rimini bestätigen. Zusätzlich schloss der Orden mit dem Herzog am 16. Juni 1230 den Vertrag von Kruschwitz, der ihm das Land zur freien Verfügung stellte. Zwischen dem Deutschen Ritterorden im Pruzzenland und Polen, später auch Litauen, entwickelte sich eine jahrhundertelange Feindschaft.

Wiedervereinigung, die letzten Piasten und das Haus Anjou 1295–1386

Vereinigungsversuch unter König Przemysław und die böhmischen Přemysliden

Hauptartikel: Przemysław II., Wenzel II., Wenzel III., Přemysliden und Königreich Böhmen

Przemysławs königliches Siegel mit dem gekrönten weißen Adler der Piasten; das Wappen Polens hat hier seinen Ursprung

Erneuerte Wiedervereinigungsversuche wurden aus Posen und Gnesen unternommen. Herzog Przemyslaw II. von Großpolen übernahm Ende des 13. Jahrhunderts den Führungsanspruch bei der Vereinigung piastisch-polnischer Herzogtümer. Er gelangte zwar nie in den dauerhaften Besitz des Herzogtums Kleinpolen, regierte dort nur etwa ein Jahr und musste es auf Druck des böhmischen Königs 1291 Richtung Posen verlassen, jedoch im Besitz der Krakauer Königsinsignien und der polnischen Herzogtümer Großpolen und seit 1294 auch von Pommerellen, wurde er 1295 vom polnischen Erzbischof Jakub Swinka in Gnesen zum vierten polnischen König seit Bolesław dem Kühnen gekrönt. Mit diesem symbolischen Akt beendete er den polnischen Partikularismus und fokussierte mit seiner Krönung die Kräfte des polnischen Adels und der Kirche zur Wiedererlangung der staatlichen Einheit im Kampf des bedrängten Polen gegen die deutschen und böhmischen Landesfürsten.

Während einer Reise nach Posen Anfang Februar 1296 wurde er jedoch in Rogózno (deutsch Rogasen) bei Posen von einer Gruppe Polen gefangengenommen und bald darauf erschlagen. Polnische Chronisten vermuteten hinter dem Attentat die Markgrafen von Brandenburg (Otto V. der Lange und Johann IV).[5] Nach einer anderen Version erfolgte seine Ermordung im Auftrag unzufriedener polnischer Adliger aus den in Großpolen einflussreichen Adelsfamilien Nałęcz und Zaremba.[6] Mit ihm starb die großpolnische Linie der Piasten, die durch Mieszko den Alten begründet worden war, aus. Im Rahmen des Bündnisvertrages von 1293, gegen Wenzel II., vermachte Przemyslaw Großpolen und Pommerellen seinem Vetter, Władysław Ellenlang, Herzog von Kujawien, der diese beiden Provinzen bis 1300 gegen Böhmen behaupten konnte. Nach dem Tod des Königs eigneten sich die Brandenburger im Verbund mit den Herzögen von Glogau, Heinrich III., einige Warthe- und Netzedistrikte Großpolens an.

Nach Przemyslaws gewaltsamem Tod, gelangte der böhmische König Wenzel II. mit Hilfe der polnischen Kirche (Jakub Swinka) und des in Polen ansässigen deutschen Bürgertums in den Besitz des Landes. Er war bereits ab 1291 Herr von Kleinpolen und Krakau, neun Jahre später, 1300, folgte die Erhebung in den Stand eines polnischen Königs. Um seiner Herrschaft in Polen legalen Eindruck zu verleihen, heiratete Wenzel 1303 Przemyslaws Tochter, Elisabeth Richza. Nach seiner Krönung drängte der Böhme seinen politischen Gegenspieler Władysław ganz aus Polen, der gezwungen war Schutz und Hilfe im ungarischen Exil zu suchen.

Der böhmische Besitz Polens, wie auch der polnischen Krone, wurde jedoch durch Papst Bonifatius VIII. für illegal erklärt. Durch den Tod Wenzels III., eines polnischen Titularkönigs, im Jahr 1306 – er wurde ermordet –, erlosch das alte tschechische Geschlecht der Přemysliden im erbberechtigten Mannesstamm und die erste deutsche Dynastie, nämlich die der Luxemburger, kam in Böhmen an die Macht. Erst nach der Ermordung des böhmischen Herrschers war die Herrschaft der Piasten vorerst gesichert und Władysław Ellenlang wurde als Herrscher allgemein anerkannt. Unter seiner Ägide wurde Polen in einer etwas verkleinerten Form wiedervereinigt.

König Władysław Ellenlang und sein Kampf um die Einheit

Hauptartikel: Władysław I. Ellenlang

Sarkophagbildnis König Władysławs I. Ellenlang in der Wawelkathedrale

Władysław kehrte mit ungarischer Hilfe aus dem Exil zurück und übernahm in den Jahren 1305–1306 die Herrschaft über weite Teile Polens (Kleinpolen, Mittelpolen mit den Hauptburgen Sieradz und Łęczyca, Kujawien und Dobrin). In Pommerellen und Danzig konnte er sich nicht gegen die Brandenburger durchsetzen und rief den Deutschen Ritterorden zu Hilfe. Weil der König die vereinbarten Kriegsschulden nicht bezahlte, behielten die Deutschritter Danzig, ein damals durchaus übliches Vorgehen (siehe Übernahme von Danzig durch den Deutschen Orden, sowie Reinhold Curickes Der Stadt Danzig historische Beschreibung, Amsterdam und Danzig 1687). Der Orden erwarb auch Pommerellen, und verlegte angesichts der gescheiterten Kreuzzüge und der Auflösung des Templerordens den Hochmeistersitz von Venedig in die Marienburg in das Weichseldelta. Damit begann ein Konflikt mit dem christlichen Staat Polen, der zwischen Pommern und Preußen einen Zugang zur Ostsee entlang der Weichsel anstrebte, den er nach der Rebellion der preußischen Städte mit dem Zweiten Thorner Frieden von 1466 erlangte. Damit entstand ein erster Polnischer Korridor.

Im Krakauer Aufstand des Vogtes Albert strebte die Stadt unter Führung deutscher Bürger, im Bündnis mit anderen Städten und Teilen der Kirche, mehr Rechte an. Władysław schlug diesen Aufstand nieder, die folgenden Repressionen haben die politischen Aspirationen der Städte, insbesondere von Krakau, dauerhaft gebrochen.[7] Während einer Rebellion des großpolnischen Adels 1314, gegen die Herrschaft der Herzöge von Glogau, wurde das Herzogtum Großpolen an das Reich Władysławs angeschlossen. Sechs Jahre später, im Jahr 1320, erfolgte seine Krönung zum König von Polen. Fünf Jahre danach, versuchte Władysław die unklare Situation in der Mark Brandenburg, die nach dem Aussterben der brandenburgischen Linie der Askanier 1320 entstand, im Bündnis mit Litauen, dessen Staatspitze noch „heidnisch“ war, auszunutzen und in den Jahren 1325 bis 1329 den Herrschaftsbereich der märkischen Grafen auf das Gebiet westlich der Oder zu begrenzen, was wenige Jahre später seine außenpolitische Situation, zum Beispiel beim Papst, infolge der Allianz schädigte und dem Deutschen Orden nur den Vorwand gab gegen ihn vorzugehen. Unterstützt wurde er dabei offen vom Lebuser Bischof Stephan, der sich auf die Seite des polnischen Königs schlug, zum Verdruss seines neuen Landesherrn, des Markgrafen Ludwig aus dem Haus der Wittelsbacher. Die kriegerische Auseinandersetzung brachte jedoch kaum Landgewinne für Polen und hinterließ in der Neumark ein Gebiet der verbrannten Erde. Es wurde mit den Brandenburgern Frieden 1329 geschlossen, da sich die Luxemburger mit den Ordensrittern gegen ihn verbündet hatten. Bereits im Winter 1327 zog König Johann von Luxemburg gegen Krakau, musste aber auf ungarischen Druck zurückweichen, dennoch huldigten ihm viele Herzöge von Schlesien. Nach dem Jahr 1331 erkannten (fast) alle Piasten-Fürsten Schlesiens die böhmische Lehnshoheit an, nur einige wenige widersetzten sich erfolgreich.

Die politische Situation in Mitteleuropa in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, Königreich Polen in den Grenzen von 1333 beim Tode von König Władysław I. Ellenlang und die Nachbarstaaten. Im Westen die Adelsterritorien des Heiligen Römischen Reiches: Das Königreich Böhmen mit seinen Nebenländern (die Mark Mähren, das Land Bautzen und Görlitz – die spätere Oberlausitz –, das Herzogtum Schlesien (ab 1327/31) und die Mark Lausitz (ab 1367)) unter dem Haus Luxemburg (auf der Karte Böhmische Lande), die Markgrafschaft Brandenburg und die Pommerschen Herzogtümer in Wolgast und Stettin (auf der Karte nur Pommern); im Norden das Deutschordensland (auf der Karte nur Preussen), das Herzogtum Kujawien mit Dobrin und Łęczyca (auf der Karte ist das Gebiet als souverän eingezeichnet, zw. 1329/32–1343 allerdings Teil des Deutschordenlandes, Łęczyca zu Polen); im Osten die Masowischen Herzogtümer in Płock, Rawa und Warschau-Czersk (das Herzogtum Masowien-Płock nicht als böhmische Lehen-Exklave eingezeichnet, zw. 1329–1351), das Großfürstentum Litauen des Gediminas und das Fürstentum Halytsch-Wolhynien (auf der Karte Galicia bzw. Roth-Russland, Wolhynien als Teil Litauens eingezeichnet (ab 1340)); im Süden das Königreich Ungarn des Hauses Capet-Anjou (Kartenausschnitt aus: Hand-Atlas für die Geschichte des Mittelalters und die neueren Zeit Karl Spruner und Theodor Menke, 1905)
König Kasimir abgebildet als Stifter der Basilika von Wiślica, 14. Jh.

Eine gegen Polen gerichtete Expansionspolitik des Deutschen Ritterordens im Bündnis mit König Johann, führte zum Verlust des Dobriner Ländchens 1329 und von Kujawien 1332, die Region Großpolen mit dem Erzbistum Gnesen wurde verwüstet. Nach der Schlacht bei Płowce, 1331, gegen die vereinigten Heere der Ordensritter und der Böhmen, konnte der polnische Souverän die gewaltsame Annexion beider Gebiete nicht verhindern. In Anbetracht der Lage leistete der Herzog von Masowien in Płock, Wacław (ein Verwandter des polnischen Königs), dem böhmischen König den Lehnseid. Während eines Waffenstillstands, der im Sommer 1332 auf Vermittlung des päpstlichen Legaten Peter von Alvernia für ein Jahr zustande kam, starb der König. Die Macht ging an seinen Sohn Kasimir über, der sich sofort nach dem Tode des Vaters zum polnischen König krönen ließ und ein schwieriges Erbe übernahm.

Władysław ging in die polnische Geschichtsschreibung als Reichseiniger Polens ein. Der Umklammerung durch die deutschen Territorialstaaten (Deutscher Orden, Mark Brandenburg), stellte er Bündnisse mit dem Großfürstentum Litauen und dem Königreich Ungarn entgegen. Er fand im Kampf gegen die deutschen Feudalherren und das selbstbewußte deutsche Patriziat in polnischen Städten ebenso starke Unterstützung in der polnischen Kirche und beim Papst. Auch kann man das mehrheitlich slawische Königreich Böhmen zu dieser Umklammerung und Gefahr für das erneuerte polnische Königtum zählen, wurde es nach dem Ableben der Přemysliden seit 1310 das erste Mal von einer deutschen Dynastie regiert, dem Haus Luxemburg. Als Erben der vorherigen Dynastie, leiteten sie Ansprüche auf die Krone Polens und die schlesischen Fürstentümer ab und selbst die in ihrem Mannesstamm slawischen Přemysliden in persona, waren in ihrem Endstadium mit Wenzel II. und Wenzel III. dem Deutschtum viel näher, als dem Tschechentum ihres Urvaters Přemysl. Die Amtssprache Böhmens wurde Deutsch und besonders unter den Luxemburgern verstärkte sich die kulturelle Dominanz der deutschen Kirche und des Adels, die zu Beginn des 15. Jahrhunderts in einer ersten antideutschen Reaktion der slawischen Tschechen gegen die weltlich-geistliche Obrigkeit der Deutschen gipfelte, den Hussitenkriegen (siehe auch Jan Hus, Jan Žižka und Sudetendeutsche). Trotz dieser und anderer widriger Umstände, konnte er sein Werk mit einer Krönung zum polnischen König festigen. Władysław verfehlte jedoch sein Ziel, die alten piastischen Grenzen zurückzugewinnen. Er vermachte seinem Sohn nur zwei alte Herrschaftsbereiche der Piasten, Großpolen mit dem Zentrum Posen und Kleinpolen mit Krakau.

König Kasimir der Große

Hauptartikel: Kasimir der Große

Vom politischen Erbe seines Vaters übernahm Kasimir das Bündnis mit Königreich Ungarn, verstärkt durch die Heirat seiner Schwester Elisabeth mit Karl von Anjou und die Konflikte mit dem Deutschen Orden um das Herzogtum Pommerellen und mit den Luxemburgern Johann und Karl IV. um die Oberherrschaft in Schlesien, sowie mit Johann, der als König von Böhmen auch auf die polnische Königskrone Anspruch erhob. Die Ländereien, die Kasimir erbte, waren relativ klein im Vergleich zu den Grenzen des Staates von 1138. Die westliche Grenze des Reiches, vor dem Partikularismus, war weit nach Osten, fast in die Kerngebiete der alten Polanen, zurückgedrängt. Das Herzogtum Pommern verselbständigte sich unter der Greifen-Dynastie bereits im 12. Jahrhundert und geriet nach 1227 unmittelbar in ein Abhängigkeitsverhältnis zur askanischen Mark Brandenburg. Westliche Gebiete des Herzogtums Großpolen, im Oder-Warthe-Land, wurden in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts durch die Markgrafen aus Brandenburg teilweise erobert, teilweise käuflich erworben (Verkauf des Lebuser Landes an die Askanier um 1250 durch den Piasten Bolesław von Schlesien, Grundlegung der brandenburgischen Neumark). Ebenso verhielt es sich im Norden, wo sich zwischen 1309 und 1332 die Ritter des Deutschen Ordens Pommerellen, Kujawien und das Dobriner Ländchen aneigneten. Bereits 1327–1331, unter der Regierungszeit seines Vaters, unterwarfen sich die meisten Schlesischen Piasten dem Haus Luxemburg aus Böhmen. Das aus Großpolen, Kleinpolen und einigen mittelpolnischen Ländern bestehende Königreich, erhielt den Namen Corona Regni Poloniae, als transpersonalen Staatsbegriff, der die Zusammengehörigkeit der polnischen Länder (darunter fielen auch die verlustig gegangenen Provinzen, vor allem Pommern und Schlesien) und der lehnsabhängigen Fürsten dokumentierte. Aufgrund seiner militärisch-politischen Unterlegenheit gegenüber den böhmischen und deutschen Landesfürsten, befand sich Polen weiterhin in einer äußerst kritischen Lage, doch während sein Vater durch militärische Entscheidungen Lösungen erzwingen wollte, strebte Kasimir eher nach friedlichen und diplomatischen Auswegen.

Königreich Polen in den Grenzen von 1341 (Englische Karte)

König Kasimir bemühte sich um eine Beilegung des Konflikts mit Johann. Im Vertrag von Trentschin und dem Ausgleich von Visegrád des Jahres 1335 (in Krakau 1339 bestätigt, darauf gab Johann gegen eine Geldzahlung seine Ansprüche auf die polnische Krone auf und schränkte seine Unterstützung für den Deutschen Orden ein), sowie nach einem böhmisch-polnischen Grenzkrieg 1345 und dem Tod seines Verbündeten im Reich gegen Böhmen, Kaiser Ludwig IV., 1347, hatte der polnische Souverän im Vertrag von Namslau endgültig die böhmische Lehnsherrschaft über Schlesien anerkannt. Mit ihm gab Kasimir seine dynastischen Ansprüche auf Schlesien auf und erkannte die böhmische Oberhoheit über diese Provinz an. Die schlesisch-piastischen Vettern des Königs wieder unter die Botmäßigkeit des polnischen Souveräns zu bringen (im Kampf gegen Böhmen fand Kasimir beträchtliche Unterstützung bei seinem schlesischen Neffen Bolko von Schweidnitz), scheiterte damit. Dies war zweifellos eine große außenpolitische Niederlage für Kasimir. Sie offenbarte, dass das erneuerte Königreich nicht in der Lage war, die alten piastischen Gebiete zurückzugewinnen, was ein Hauptziel der Außenpolitik der letzten Piasten war. Schließlich inkorporierte der böhmische König Karl IV., seit 1346 auch römisch-deutscher (Gegen-)König, Schlesien 1348 in die Länder der böhmischen Krone. Mit der Anerkennung der böhmischen Herrschaft über Schlesien bildete sich eine Westgrenze zwischen dem Heiligen Römischen Reich (Deutschland) und dem Königreich Polen, die ihren Bestand in etwa bis 1945 haben sollte. Die einzige Verbindung, die zwischen der schlesischen Provinz und Polen über die Jahrhunderte bestand, war ihre bis ins 19. Jahrhundert dauernde kirchliche Zugehörigkeit zum Erzbistum Gnesen.

Beträchtliche sozial-ökonomische Verwerfungen in Europa um 1347, durch den Ausbruch der Pestpandemie (Ausbreitungsgebiet in den Jahren 1347–1351)

Da die westlichen Gebiete des früh- und hochmittelalterlichen Polens zu Beginn des 14. Jahrhunderts ein Teil des Heiligen Römischen Reiches wurden, auch ethnisch im Rahmen der deutschen Ostkolonisation, orientierten sich die polnischen Herrscher, mangels Alternativen und des starken Widerstands deutscher Feudalherren im Westen, ostwärts. Als Folge der „Abdrängung“ Polens in den osteuropäischen Teil des Kontinents, unterwarf er in den Jahren ab 1340 bis 1366, nach dem Aussterben des Hauses Roman durch den Tod des Piasten Boleslaw Georg II., das von den Ruthenen bewohnte Fürstentum Halytsch-Wolodymyr, auch Rotrussland genannt, mit Podolien seiner Herrschaft (das Gebiet ging später unter dem Haus Habsburg-Lothringen, nach der Annexion von 1772, „verballhornt“ als Königreich „Galizien und Lodomerien“ in die Geschichte ein). Unter Verzicht auf Pommerellen und des Kulmer Landes, ohne jedoch die Rechtstitel preiszugeben, schloss Kasimir 1343 in Kalisch Frieden mit dem Deutschen Orden. Hierfür bekam er Kujawien und das Dobriner Ländchen zurück. Auch suchte er im selben Jahr seinen Einfluss in Pommern durch ein Bündnis mit den Greifen der Stettiner– und der Wolgaster–Linie zu festigen, was zur Besetzung einiger Netze- und Neumarkdistrikte führte. Im Jahr 1347 wurde das polnische Recht kodifiziert. Ein Jahr später, 1348, breitete sich rasant die Pestpandemie in Europa aus, auch Schwarzer Tod genannt und wütete auf dem Kontinent einige Jahre. Kasimir begegnete dieser Katastrophe durch die Verhängung einer Quarantäne über sein Reich, sodass die Seuche weitgehend abgewehrt werden konnte; jedoch tauchte sie in den nächsten Jahrhunderten lokal immer wieder auf und zog Tausende in den Tod. Im Norden seines Reiches wurde das Herzogtum Masowien 1351 unterworfen. Die piastisch-masowschen Herzogtümer, mit den Hauptburgen Płock und Warschau, wurden nach dem Aussterben der jeweiligen Herrscher, teils direkt, teils als königliches Lehen dem Königreich einverleibt. Auf seine Veranlassung, wurde 1364 eine Akademie in Krakau gegründet, die zweite in Mitteleuropa nach Prag, später Jagiellonen-Universität genannt. Der König verstarb 1370 und hinterließ keinen männlichen Erben in der erbberechtigten Linie.

Kasimir förderte die Städte durch zahlreiche Baumaßnahmen, darunter die Sicherung der Grenzen seines Reiches mit 50 befestigten Burgen, sowie die Aufnahme von Deutschen und Gewährung deutschen Stadtrechts. Er lud nach dem Pogromen in Westeuropa im Zuge der Pest die Juden nach Polen ein (Erlass von Judenprivilegien 1334). Er reformierte das Militärwesen, bekämpfte das Raubrittertum, ließ das polnische Rechts- und Münzwesen vereinheitlichen, sicherte neue Handelswege und begünstigte die Eröffnung von Salinen. Die wirtschaftlichen Reformen erforderten die verfassungsrechtliche Kodifikation des Landrechtes, die Statuten Kasimirs des Großen und die Einführung der Generalstarosteien mit administrativen und gerichtlichen Befugnissen, Staatsrat und Kanzleiführung. Er schuf eigene Appellationsgerichtshöfe für das Magdeburger Stadtrecht und verbot die Appellation nach Magdeburg. Er war der Begründer der ersten polnischen Universität und der einzige polnische König mit dem Beinamen „der Große“. Mit ihm starben die Piasten in königlicher Linie aus (in Masowien im 16. Jahrhundert und in Schlesien im 18. Jahrhundert im Mannesstamm). Als seinen Nachfolger bestimmte er seinen Neffen, den ungarischen König Ludwig von Anjou, der Polen mit Ungarn bis 1382 in einer Personalunion verband.

König Ludwig von Anjou und das Problem seiner Nachfolge

Hauptartikel: Ludwig von Anjou, Hedwig von Anjou und Capet-Anjou

Ludwig von Anjou, König von Polen, Ungarn und Kroatien

Nach Kasimirs Tod wurde Polen 1370 mit dem ungarischen Königshaus verbunden. Der ungarische König, der in männlicher Linie dem Haus Capet-Anjou abstammte, war der Sohn von Kasimirs Schwester Elisabeth von Polen.

Seine Regierungszeit war nicht sonderlich beliebt, weil er fast gar nicht in Polen anwesend war. Er überließ die Geschäfte Polens seiner polnischen Mutter Elisabeth als Regentin. Auch begann er das polnisch gewordene Galizien für Ungarn zu beanspruchen, was bei der polnischen Aristokratie auf Widerstand stieß. Da er, wie Kasimir, keine „legalen“ Söhne hatte, wurden dem polnischen Adel 1374 im Kaschauer Privileg politische Vorrechte gewährt, der dafür die weibliche Thronfolge bestätigte und durchsetzte. Das Kaschauer Privileg wurde zur Grundlage der späteren „Adelsdemokratie“ in Polen.

Ludwig starb 1382 und die Regierungsgeschäfte in Polen gingen an seine Tochter, Hedwig von Anjou, über. Sie wurde 1384 Kraft polnischen Rechts zum regierenden polnischen „König“ gekrönt. Sie musste jedoch ihre Verlobung mit dem Prinzen Wilhelm von Habsburg lösen, da der mehrheitlich antideutsch eingestellte polnische Adel keine deutschen Aristokraten zu seinen Königen haben wollte, auch aufgrund des vergifteten Verhältnisses zu den Deutschordensrittern und aus Staatsräson musste sie im Rahmen der Union von Krewo den viel älteren Großfürsten von Litauen, Jogaila, heiraten. Beide wurden 1386, Hedwig ein zweites Mal, zu Regenten Polens gekrönt.

Jogaila ließ sich nach römisch-katholischem Ritus taufen und als Władysław II. Jagiełło wurde er der Begründer einer der mächtigsten Dynastien Europas, unter der Polen nicht nur sein Goldenes Zeitalter erleben, sondern für die nächsten 300 Jahre zu einer der führenden Kontinentalmächte Europas aufsteigen sollte, deren Einflusssphäre sich vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer und von der Adria bis an die Tore Moskaus erstreckte und er legte auch den Grund der jagiellonischen Idee, die noch im 20. Jahrhundert in der Vorstellung von „Polen von Meer zu Meer“ weiterlebte.

Polnisch-Litauische Personalunion: Die Jagiellonen 1386–1569

König Władysław Jagiełło und der Kampf gegen den Deutschen Orden

Hauptartikel:Władysław II. Jagiełło, Jagiellonen, Großfürstentum Litauen, Polnisch-Litauische Union und Schlacht bei Tannenberg

Der Begründer der Jagiellonen-Dynastie, Großfürst Jogaila von Litauen, als Władysław II. Jagiełło, König von Polen, 15. Jahrhundert

Durch die Heirat der polnischen Thronerbin Hedwig mit dem Großfürsten von Litauen wurde die Personalunion Polens mit Litauen verwirklicht. Polen und Litauen waren zur Zeit des Zusammenschlusses unter den Jagiellonen der größte Flächenstaat in Europa. Der Einflussbereich der neuen Monarchie wurde von Władysław Jagiełło, wie Großfürst Jogaila seit seiner Krönung hieß, sukzessiv nach Norden, Osten und Süden ausgeweitet: 1387 erkannten die Moldau, 1389 die Walachei und Nowgorod die jagiellonische Oberhoheit an.

Diese Großmacht besiegte 1410 den Deutschen Orden in einer der größten Schlachten des Spätmittelalters, der Schlacht bei Tannenberg 1410, wodurch der Orden den Nimbus der Unbesiegbarkeit endgültig verlor (einer der Teilnehmer der Schlacht war der berühmte polnische Ritter Zawisza, genannt der „Schwarze“). Das neue polnisch-litauische Königtum vermochte sich schnell zu entwickeln, die kampflose Übergabe der Burgen und die Haltung der Bevölkerung schien das Aufgehen des Ordens in Polen und Litauen anzukündigen. Ritterschaft, Bischöfe und Städte huldigten dem König und ließen sich von ihm ihre Rechte bestätigen. Im Ersten Frieden von Thorn konnte sich der Orden von der militärischen Niederlage allerdings schnell wieder erholen, sodass sich die Zugeständnisse an die polnische Krone im Rahmen hielten. Es fielen jedoch mit dem Dobriner Ländchen sowie Niederlitauen – nach dem Frieden am Melnosee endgültig – einige Gebiete an Polen-Litauen, außerdem musste der Orden hohe Reparationen leisten.

Schlacht bei Tannenberg aus dem Luzerner Schilling von Diebold Schilling dem Jüngeren; um 1515

Die Entsendung des Erzbischofs von Gnesen, des profiliertesten polnischen Staatsdenkers, Paulus Wladimir von Brudzen, zum Konzil von Konstanz, brachte Jagiełło (Jogaila) die Anerkennung seines Anspruchs einer der einflussreichsten christlichen Herrscher zu sein. Dies wurde ihm nach seinem Sieg über die Ordensritter zunächst noch versagt. Zudem entzog das Konzil dem Deutschen Orden das Recht Litauen zu missionieren, das mit Jagiełłos Amtsantritt offiziell zum Christentum bekehrt wurde. Damit war die Existenzberechtigung dieses Ritterordens aus polnischer Sicht, die de facto seit 1308 nicht mehr bestand, ad acta gelegt. Der König erfuhr aus dem Reich politische Unterstützung, so versprach Kurfürst Friedrich I. von Brandenburg 1421 seinen Beistand gegen die Ordensritter. Sein Sohn, der spätere Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg, war mit der Erbprinzessin von Polen, Jadwiga Jagiellonica (1408–1431), Tochter von König Władysław II. Jagiełło und der Anna von Cilli, verlobt und galt, trotz mancher Vorbehalte gegenüber deutschen Vertretern des Hochadels im damaligen Polen, bis 1424 als Thronfolger Władysław Jagiełłos bis der plötzliche Tod seiner Braut das Verhältnis löste.[8] Als eine antideutsche Bewegung gewann auch in Polen das Hussitentum viele Anhänger, aber dank päpstlicher Vermittlung versöhnte sich Jagiełło 1423 mit dem römisch-deutschen Kaiser Sigismund, vor allem zur Verteidigung des gemeinsamen katholischen Glaubens gegen die islamisch-osmanischen Türken.

Polen auf dem Weg zur europäischen Großmacht

Hauptartikel:Władysław von Warna, Kasimir der Jagiellone, Dreizehnjährigen Krieg, 1454–1466, Johann I. Albrecht, Alexander der Jagiellone, Sigismund der Alte, Reiterkrieg 1519–21, Wiener Fürstentag, Preußische Huldigung und Hühnerkrieg 1537

Nach dem Ableben Jagiellos, am 31. Mai 1434, nahm der Krakauer Kardinal, Zbigniew Oleśnicki, als Regent für Jagiellos unmündigen Sohn, Władysław von Warna, die Zügel der polnischen Politik in die Hand. Der junge König stand unter der Regentschaft des königlichen Rates. In Litauen konnte die Opposition gegen die polnisch-litauische Union, 1435, endgültig zerschlagen werden. Damit nahmen auch die Bestrebungen Kaiser Sigismunds, einen Keil zwischen Polen und Litauen zu treiben, einen negativen Ausgang – Litauen verblieb in der Union. Im Frieden von Brest schloss Oleśnicki einen weiteren Friedensvertrag mit dem Orden, der die politische Lage von 1422 weitestgehend bestätigte. Der im Krieg und Frieden erfolgreiche Kardinal trachtete danach, den Einfluss der Hussiten zu begrenzen und Schlesien auf diplomatischem Wege für Polen zurückzugewinnen. Sein Plan bestand darin, das Land zum Bollwerk der katholischen Kirche und zu einer europäischen Großmacht zu machen. Diesem Ziel sollten die Bündnisse mit Litauen und Ungarn dienen.

Größte Einflusssphäre der Jagiellonen in Europa seit 1490, durch den Erwerb der ungarischen Krone bis zur Schlacht bei Mohács, 1526, dem Beginn der mehr als 300 Jahre dauernden Türkenkriege in Mitteleuropa

Für die Ungarn war Polen ohnehin als mächtiger Helfer gegen die Osmanen außerordentlich wichtig. Władysław von Warna erwarb die ungarische Krone 1440, fiel jedoch in der Schlacht bei Warna bei der Rettung von Konstantinopel gegen die Türken. Nach drei Jahren Interregnum kam 1447 sein jüngerer Bruder, Kasimir der Jagiellone, an die Macht, der für seinen Sohn Władysław die böhmische 1471 und 1490, nach dem Tod von Matthias Corvinus, die ungarische Krone sicherte. Dadurch dehnten die Jagiellonen ihren Einfluss über weite Teile Mittel-, Ost- und Südosteuropas.

Zwecks einer Annäherung an das Reich wurde Kasimir mit der Tochter des römisch-deutschen Königs Albrecht II., Elisabeth von Habsburg, verheiratet, die als „Mutter der Könige“ in die Historie einging. Im Jahr der Hochzeit, 1454, bat der Preußische Bund den polnischen König um Hilfe gegen den Deutschen Orden. Kasimir versprach Hilfe und nahm am Dreizehnjährigen Krieg 1454–1466 aktiv teil, der im Zweiten Thorner Frieden erfolgreich für Polen endete. Die Friedensbedingungen wurden allerdings weder durch das römisch-deutsche Kaisertum noch das Papsttum anerkannt. Der Orden wurde jedoch entscheidend geschwächt und großer Teile seiner Macht beraubt. Er musste große Gebietsverluste hinnehmen: es entstand das Königliche Preußen aus den Teilen Pommerellen-Danzig (welche sich die Ordensritter nach polnischer Auffassung vertragswidrig 1308 angeeignet hatten), dem Ermland, dem Kulmerland sowie dem Land um Marienburg, Stuhm und Christburg. Das Restgebiet, die spätere brandenburgisch-preußische Provinz Ostpreußen, wurde zum königlichen Lehen, bewahrte jedoch Autonomie und deutsche Sprache. Der Hochmeister des Deutschen Ordens wurde dem polnischen König zu Heeresfolge und zum Treueid verpflichtet.

Unter König Kasimir II. Jagiełło erweiterten die Jagiellonen ihren Herrschaftsbereich über weite Teile Europas

Dem Machtzuwachs nach außen stand die Schwächung der Krongewalt im Inneren gegenüber. Die Jagiellonen, insbesondere seit Kasimir IV., sahen sich, wie schon ihre Vorgänger auf dem polnischen Thron, zu weiterer Privilegierung des Adels, sowohl des Hochadels, der Magnaten, als auch des niederen Adels, der Szlachta, gezwungen. Der polnische Reichstag, der Sejm, der sich aus dem Adel und hohem Klerus zusammensetzte, gewann zunehmend Macht über den König. Die Verfassung Nihil Novi während der Regentschaft von König Alexander legte fest, dass nichts Neues ohne Zustimmung des Sejms angeordnet werden konnte. Die zunehmende Privilegierung des Adels, die Übernahme zahlreicher Regierungsfunktionen durch diesen, hatte auf der anderen Seite die sukzessive Entrechtung der Bauern (Einführung der Leibeigenschaft) und des Bürgertums und somit den späteren Niedergang der Städte zur Folge.

Am Ende des 15. Jahrhunderts sah sich die Union dem wachsenden politischen Druck durch die Osmanen, das Moskowiter Reich und das Haus Habsburg ausgesetzt. Um die türkische Bedrohung zu schmälern, unternahm König Johann I. Albrecht, allerdings ohne die Teilnahme des Großfürstentums Litauen und Ungarns, 1497 einen militärischen Vorstoß mit 50.000 Mann und 200 Kanonen (mit Tross zusammen etwa 80.000 Mann) gegen das in Teilen osmanisch besetzte polnische Lehnsfürstentum Moldawien. Am 14. Juli 1484 wurde der Süden des Fürstentums, Budschak genannt, mit den Handelshäfen Kilija und Białogród, die wichtig für den polnischen Überseehandel mit den im Mittelmeer ansässigen Handelsrepubliken Genua und Venedig waren, vom Sultan Bayezid II. erobert. Diese waren auch das Hauptziel des Kriegszugs und der Rückeroberung, doch der moldauische Wojewode, Ştefan cel Mare, der zuvor dem polnischen König die Treue schwor, brach aus unbekannten Gründen mit diesem, unterwarf sich den Osmanen und fiel mit türkischer Hilfe den Polen in den Rücken. Die königliche Expedition wurde zu einem militärischen Fiasko. Durch Niederlagen, Hunger und Seuchen geplagt, zog sich der König aus Moldawien zurück, wodurch die Reputation und Herrschaft der Jagiellonen in Europa in Bedrängnis geriet. Die Türken schickten 1498 als Vorauskommando ihre Vasallen, die Krimtataren, die die südlichen Provinzen des Reiches mit Razzien regelmäßig für fast zwei Jahrhunderte im Namen des Osmanischen Imperiums heimsuchen sollten. Als Reaktion darauf wurde die südliche Peripherie mit freien Wehrbauern besiedelt, was zur Entstehung des späteren ukrainischen Kosakentums führte. Die „wilden Felder“ (polnisch: dzikie pola), so hießen die Gebiete nördlich der Halbinsel Krim, entwickelten sich zu einer „permanenten Kriegszone“ im Spannungsfeld ihrer Anlieger, Polen-Litauen und Osmanisches Reich auf der einen Seite und ihrer jeweiligen Vasallen, den Krimtataren und Kosaken, auf der anderen. Letztlich verlor Polen die Lehnsherrschaft über Moldawien 1512 an die osmanischen Türken.

Polen-Litauen gegen das Großfürstentum Moskau, in der Schlacht bei Orscha 1514 (Gemälde 16. Jahrhundert)

An der östlichen Grenze hingegen, nahm eine nicht nur für Polen existenzbedrohende Entwicklung von weltgeschichtlicher Dimension ihren Lauf, der Aufstieg des ruthenischen Fürstentums Moskau zur Weltmacht, der durch zwei bedeutsame Ereignisse manifestiert wurde. Es war die durch Papst Paul II. vermittelte Heirat der byzantinischen Prinzessin Sophie (Zoe), die Tochter des im italienischen Exil lebenden Despoten von Morea, Thomas Palaiologos (jüngerer Bruder des letzten Kaisers von Byzanz), mit dem moskowitischen Knjas Iwan III. 1472 (Übernahme des byzantinischen Hofzeremoniells und Supremats in Bezug auf alle ruthenischen Gebiete der ehemaligen Kiewer Rus, durch die Annahme des Titels „Herrscher von Ganz Rus“ und der symbolischen Aufwertung Moskaus zum „Dritten Rom“), sowie die Abstreifung der fast 250 Jahre dauernden Fremdherrschaft der tatarischen Goldenen Horde im Jahr 1480. Die ehrgeizig und selbstbewusst betriebene Expansion des Moskowiter Reiches band von da ab alle Kräfte Polens und Litauens im Osten gegen die Forderungen und Expansion der russischen Autokraten für Jahrhunderte, was zur Folge hatte, dass sich das Großfürstentum Litauen, später in Form von Polen-Litauen, ab 1492 bis zum ersten allgemeingültigen Friedenstraktat von 1634 mit seinem östlichen Nachbarn faktisch in Kriegszustand befand, da die jeweiligen Waffengänge nur durch Waffenstillstandstraktate unterbrochen wurden. Die militärischen Niederlagen der Jagiellonen ausnutzend, begannen die Großfürsten von Moskau, Iwan III., später Wassili III., sofort nach dem Tod von König Kasimir dem Jagiellonen, im ersten Moskowitisch–Litauischen Krieg von 1492–1494, die Ost- und Südflanke des Großfürstentums Litauen im Bund mit dem Krimkhan Meñli I. Giray zu bedrängen, was zum Verlust einiger Gebiete an der oberen Oka führte. Mehrere erneute Waffengänge Moskaus gegen Litauen zu Beginn des 16. Jahrhunderts (1500–1503, 1507–1508, 1512–1522), die in der Schlacht an der Wedroscha ihren ersten Höhepunkt fanden, endeten mit Verträgen von 1503, 1508 und 1522. Mit ihnen gingen beträchtliche Gebietsverluste im Osten einher (etwa ein Drittel der ruthenischen Gebiete). Die Sewerischen Fürstentümer wurden 1503 und das Smolensker Land, welches bereits 1514 durch Knjas Michael Glinski für das Moskowiter Reich erobert wurde, in einem Vertrag von 1522 abgetreten. Daran konnte auch die Niederlage der Russen gegen die polnisch-litauischen Unionstruppen unter der Führung des Großhetmans von Litauen, Konstanty Ostrogski, in einer der größten Schlachten des 16. Jahrhunderts, der Schlacht bei Orscha im Jahr 1514, kaum etwas ändern. Sewerien, vor allem aber die Festung Smolensk, blieben die nächsten 100 Jahre unter moskowitischer Herrschaft.

Der Wiener Fürstentag zwischen den Königen Sigismund I. von Polen und Litauen (r.), Władysław II. von Böhmen und Ungarn (m.) und Kaiser Maximilian von Habsburg (l.) im Jahr 1515 (Holzschnitt von Albrecht Dürer)

Die Misserfolge der Jagiellonen sowohl gegen die Türken, als auch die Russen, bewogen schließlich den römisch-deutschen Kaiser Maximilian I. eine gegen Polen gerichtete Koalition mit den Kurfürstentümern Brandenburg, Sachsen, der Livländischen Konföderation, dem Königreich Dänemark und dem Moskowiter Reich zu schließen. Mit der Rückendeckung des Kaisers verweigerte zudem der neue Hochmeister des Deutschen Ordens, Friedrich von Sachsen, König Johann Albrecht den Huldigungseid, woraufhin der König im Frühling 1501 sein Heer in der Nähe von Thorn zusammenziehen ließ, um des Hochmeisters Verhalten zu bestrafen. Kurz vor dem Einmarsch in das Ordensland verstarb jedoch der polnische Souverän. Als Nachfolger auf dem polnischen Thron (bis 1506) wurde der jüngere Bruder des Königs, Alexander der Jagiellone, der Großfürst von Litauen, bestimmt. Der Sieg von Orscha über die russischen Truppen verhinderte jedoch eine dauerhafte Einkreisung, indem der Kaiser überzeugt wurde, dass Polen-Litauen, trotz einiger militärischer Niederlagen, immer noch eine potente Macht war. Er gab schließlich seine antipolnische Haltung auf und begann das jagiellonisch dominierte Böhmen und Ungarn nunmehr auf diplomatischem Weg für das Haus Habsburg zu erwerben. Um die Situation mit dem Kaiserhaus zu entspannen, fand im Jahre 1515 der Erste Wiener Kongress statt, der Wiener Fürstentag. König Sigismund der Alte ging ein Heirats- und damit ein Regierungsbündnis mit Kaiser Maximilian von Habsburg ein. Der Kaiser erkannte die Thorner Friedensbestimmung von 1466 an und ließ endgültig von seinen Plänen, die Jagiellonen gemeinsam mit dem Großfürsten von Moskau anzugreifen, ab. Der seit 1511 im Ordensland Preußen herrschende Hochmeister, Albrecht von Ansbach, weigerte sich jedoch weiterhin, sich Polen zu unterwerfen und setzte, auf Unterstützung aus dem Reich hoffend, einen gegen seinen polnischen Lehnsherren, der gleichzeitig sein Onkel war, geführten so genannten Reiterkrieg, 1519–1521 fort. Bedingt durch das Bündnis und dem Druck der aus Kleinpolen stammenden Magnaten, die ein gutes Verhältnis zum Kaiserhaus favorisierten, vergab der polnische König zudem die einmalige Chance den polnischen Machtbereich über fast das gesamte südliche Baltikum von Königsberg bis nach Rügen auszudehnen. Der pommersche Herzog Bogislaw X., dessen Herzogtum Pommern seit dem 13. Jahrhundert durch die brandenburgischen Markgrafen und Kurfürsten bedrängt wurde, suchte die Nähe Polens. Er akzeptierte 1503 die polnische Suzeränität über sein Herzogtum, 1513 schlug er eine vollständige Union mit Polen vor und schließlich, 1518, eine „Ewige Allianz“. König Sigismund I. und sein Vorgänger lehnten alle Vorschläge, die Polen ohne „Krieg ums Land“ um wichtige Hansestädte wie Stettin, Kolberg oder Stralsund bereichert hätten, ab. Der Herzog wandte sich in der Folge an den Kaiser, dessen Lehnsmann er während des Reichstags zu Worms 1521 wurde. Das slawische Herzogtum Pommern verschmolz damit endgültig mit dem Heiligen Römischen Reich. Auch beim Wiedererwerb Schlesiens bewies der König kein glückliches Händchen, so ließ er seine Rechte am Herzogtum Glogau, dessen Herrscher, als Herzog von Schlesien, er einmal war, verwirken.

König Sigismund heiratete 1518 die italienische Prinzessin Bona Sforza, die Nichte der verstorbenen Kaiserin Bianca Maria Sforza, die sich noch heute als „Königin Bona“ einer großen Beliebtheit in Polen erfreut. Sie war eine ambitionierte und machtbewusste Frau, die an Stärkung der königlichen Macht dachte. Unter ihr kam es zum so genannten „Hühnerkrieg“, eine Adelsrebellion gegen ihre und Sigismunds Reformen. Mit ihr fand die italienische Renaissance in Polen-Litauen ihren Einzug und das antideutsche Lager gewann an Einfluss.

Albrecht von Ansbach, als Herzog von Preußen Lehnsmann der polnischen Krone, Portrait von Lucas Cranach dem Älteren, 1533

Zur Sicherung der Souveränität und der südlichen Peripherie, besonders vor dem Hintergrund des Zusammenbruchs des Königreichs Ungarn nach der Schlacht bei Mohács 1526, das die Jagiellonen nicht retten konnten und einer labilen durch Russland ab dem Ausgang des 15. Jahrhunderts stets bedrohten und in Frage gestellten Ostgrenze, wurde 1533 erfolgreich ein bis in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts gültiger Friedens- und Handelsvertrag mit der osmanischen Regierung geschlossen. Nach dem Sieg osmanischer Heere über die Ungarn wurde deren Reich für über 150 Jahre dreigeteilt. Die Westhälfte des Ungarischen Reiches mit dem Königreich Böhmen ging infolge des Schlachtentodes von König Ludwig des Heiligen, laut den Bestimmungen von 1515, an Haus Österreich, der Rest wurde durch die Einnahme von Buda durch Süleyman den Prächtigen 1541, in ein osmanisch kontrolliertes Zentralungarn und ein autonomes, türkisches Vasallenfürstentum Siebenbürgen aufgespalten. Damit wurde das Fundament des späteren Aufstiegs der österreichischen Linie der Habsburger zur europäischen Großmacht gelegt, während die Jagiellonen die Herrschaft über zwei bedeutende europäische Reiche mit einem Schlag verloren. Trotz der Familienbande mit dem ungarischen Magnatengeschlecht der Zápolya, die während des politischen Vakuums nach 1526 an die Macht kamen, hatte sich das polnisch-litauische Königshaus von dieser außenpolitischen Niederlage nie erholt. Albrecht, Prinz von Ansbach und Hochmeister des Deutschen Ordens, unterwarf sich 1525 dem polnischen König und nahm das neue Herzogtum Preußen aus den Händen des polnischen Souveräns zu Lehen. Das Land wurde säkularisiert und der neue evangelische Glaube garantiert (Gründung des ersten protestantischen Staatswesens in Europa). Eine Ausnahme stellte das Ermland dar, das weiterhin katholisch blieb. Bereits im 15. Jahrhundert begann sich ein Wandel in den wirtschaftlichen Verhältnissen abzuzeichnen. Auf dem Land setzte sich die Leibeigenschaft und Fronwirtschaft durch, während die Städte, vor allem Krakau, Danzig, Thorn, Lublin, später auch Warschau, zu blühenden Handelsstädten von internationalem Rang heranwuchsen.

Die Union von Lublin und die Adelsrepublik (Rzeczpospolita) 1569–1795

König Sigismund August und die Frage der Reformation

Hauptartikel: Sigismund II. August, Reformation, Lubliner Union, Adelsrepublik und Erster Nordischer Krieg

Sigismund II. August, König von Polen, Großfürst von Litauen und der Schöpfer des Staates Rzeczpospolita (Portrait von Lucas Cranach dem Jüngeren, ca. 1554)

Der im Kampf gegen den Hochadel geschwächte Kleinadel – Szlachta – erwirkte unter Sigismund II. August eine Wirtschafts-, Heeres- und Rechtsreform. Die Personalunion zwischen Polen und Litauen wurde 1569 in eine Realunion umgewandelt. Unter dem Eindruck der russischen Offensive gegen das Baltikum im Livländischen Krieg, was zum Ausbruch des Ersten Nordischen Krieges um das „Dominium maris baltici“ führte, bei dem das Zarentum Russland und das Großfürstentum Litauen zeitweilig die Hauptwidersacher waren, musste Litauen, bei Erhaltung hoher Autonomie (eigene Militärstrukturen -Hetmane-, Finanzen, Jurisdiktion, Amtssprache Altweißrussisch etc.), der Union von Lublin mit Polen zustimmen.

Die Realunion bildete für die Geschichte der Ukraine eine deutliche Zäsur. Der ukrainisch-ruthenische Adel unterstellte seine Ländereien direkt dem Königreich Polen – polnischer Krone – und die kulturelle und religiöse Integration des ukrainischen in den polnischen Adel wurde beschleunigt. Es bildete sich eine tiefe Kluft zwischen dem privilegierten katholischen Adel und den orthodox gebliebenen ukrainischen Unterschichten. Dem Kronland Polen wurden in der Lubliner Union das litauische Podlasien, Wolhynien, Bracławer- und Kiewer Land einverleibt. Bereits 1561 stellten sich die Reste des noch in Kurland, Livland und Estland souverän agierenden Zweigs des Deutschen Ordens, des Meisters Gotthard von Kettler, unter die polnisch-litauische Oberhoheit, um sich gegen die russische Bedrohung abzusichern.

Der Rechtsakt der Union von Lublin aus dem Jahr 1569

Die Reformation verbreitete sich im konfessionell gemischten Polen-Litauen zunächst relativ rasch. Der Calvinismus wurde 1540 durch Jan Łaski nach Polen gebracht. Unter dem Einfluss des Unitariers, Faustus Sozzini, wurde 1579 die Kirche der Sozinianer gegründet. Das Luthertum hatte zunächst bei der deutschen Bevölkerung in den preußischen Städten und in Krakau Einzug gefunden, auch im Herzogtum Preußen begannen sich die Lehren Luthers und Calvins durchzusetzen. König Sigismund I. bekämpfte sie mit einer Reihe von Edikten und Rechteeinschränkungen politisch, in Danzig auch militärisch. Sein Sohn und Nachfolger Sigismund August, auf den die Protestanten große Hoffnungen setzten, wechselte zwar nicht die Konfession, ging aber auch nicht energisch gegen die Reformation vor. In den Jahren nach 1548 bildeten sich in einer Reihe von Orten reformatorische Gemeinden verschiedener Couleur: im Westen des Landes die vertriebenen Böhmischen Brüder in Leszno und Ostroróg, im Osten Arianer und Wiedertäufer in Raków und anderen Mediatstädten adliger Magnatengeschlechter. Diese Orte waren vorübergehend führende Zentren der Kultur, vor allem der Literatur und des Buchdrucks. Die protestantischen Richtungen der Rzeczpospolita schlossen 1570 die Union von Sandomir, auch Consensus Sandomiriensis genannt, drei Jahre später, 1573, wurde mit der Pax Dissidendum der Warschauer Konföderation, allen Lutheranern, wie Calvinisten die volle Religionsfreiheit zugesichert.

Einer der berühmtesten Staatsbürger Polens des 16. Jahrhunderts, der Astronom Nikolaus Kopernikus (Denkmal für Nikolaus Kopernikus vor der Jagiellonen Universität in Krakau)

Die Zersplitterung der Bewegung in verschiedene Richtungen war zugleich ihre große Schwäche, an der die Gegenreformation ansetzte, die in Polen-Litauen mit Stanislaus Hosius, dem Bischof von Ermland, begann. Mit König Stephan Bathory wurde der Kampf gegen den Protestantismus mit Hilfe der Jesuiten auch intellektuell forciert. Die außenpolitische Anlehnung der folgenden drei Wasa-Könige an das katholische Habsburg und der innenpolitische Kampf gegen den Adel drängten die Protestanten immer weiter zurück, vor allem die Sozinianer. Allerdings gab es keine Einrichtung wie die Inquisition in Polen und es wurde auch niemand auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Die sprichwörtliche polnische Toleranz jener Zeit war vor allem damit zu erklären, dass sich die Vertreter des dominierenden Adels einen Glaubenskrieg wie im benachbarten Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation oder dem hugenottischen Frankreich ersparen wollten. Vereinzelt wurden allerdings von fanatisierten Volkshaufen evangelische Kirchen angezündet, so etwa 1591 in Krakau, 1611 in Wilna und zwischen 1603 und 1616 mehrfach in Posen. Mit einem Teil der orthodoxen Kirche wurde, auf Betreiben des Kanzelredners Piotr Skarga, ein Ausgleich in der 1596 geschlossenen Kirchenunion von Brest gefunden. Freilich setzte seit der Mitte des 17. Jahrhunderts eine immer stärkere Rekatholisierung des Landes ein, die religiöse und nationale Minderheiten zusehends an den Rand drängte. Die katholische Konfessionalisierung verringerte dadurch das Verteidigungspotential des multikonfessionellen Staates entscheidend, durch den späteren Abfall der orthodoxen Ukraine unter den Saporogerkosaken an Russland im Vertrag von Perejaslaw am 8. Januar 1654.

Der Jesuit Peter Skarga, führender Vertreter der Gegenreformation in der Königlichen Republik Polen-Litauen

Kunst, Literatur und Wissenschaft erreichten im „goldenen Jahrhundert“ der Renaissance und des Humanismus einen Höhepunkt, insbesondere während der Regierungszeit des Renaissancekönigs Sigismunds des Alten, eine Blüte von Literatur und Kunst, wobei das bis dahin im Schrifttum dominierende Latein zugunsten des Polnischen zurücktrat, das sich ab etwa 1500 zu voller Ausdruckskraft entfaltete. Es kam zur Blüte der Weichselgotik, zum Eindringen der italienischen Renaissance in die „Krakauer Malerschule“ und es stieg der Einfluss deutscher und flämischer Künstler, unter anderen Veit Stoß. An der Krakauer Akademie, einem Zentrum des Humanismus, wirkten Conrad Celtis und die Juristen Paweł Włodkowic und Jan Ostroróg. Durch Einwanderung auch deutscher Drucker, Holzschnitzer und Verleger stieg Krakau zum führenden Zentrum des Buchdrucks in Ostmitteleuropa auf. Die Dichter Mikołaj Rej, Jan Kochanowski und Łukasz Górnicki begründeten die polnische Literatur, der Philosoph Andrzej Frycz Modrzewski die polnische Staatstheorie und Nikolaus Kopernikus das heliozentrische Weltbild. In Architektur und Kunst spiegelten sich italienische und französische Einflüsse. Zahlreiche Adelspaläste, Bürgerhäuser und Kirchen entstanden, das Königsschloss auf dem Wawelhügel wurde zur prunkvollen Residenz ausgebaut, neue Städte gegründet. Der Reichskanzler Jan Zamoyski ließ eine Renaissance-Modellstadt, Zamość, anlegen, die Städte Lemberg, Vilnius und Posen stiegen zu wichtigen Kulturzentren auf, die preußischen Hansestädte Elbing und vor allem Danzig, die „Perle Polens“ genannt, zu wichtigsten Handelshäfen des Landes. Kennzeichnend für die politische Entwicklung dieser Zeit ist die Ausbildung Polens zu einer Adelsnation mit polonisiertem litauischem, russischem und preußischem Adel, während die Landbevölkerung im Norden und Osten des Landes weiterhin überwiegend litauisch-, weißrussisch- und ukrainischsprachig blieb. Der polnische Reichstag der Magnaten engte die Macht des Königtums zunehmend ein und sicherte sich 1572 das Recht der Königswahl.

König Stephan Báthory, das Haus Wasa und die großen Erschütterungen des 17. Jahrhunderts

Der Übergang von der Erbmonarchie zum Wahlkönigtum

Größte Ausdehnung und Einflusssphäre der Adelsrepublik im Jahr 1618, nach dem Vertrag von Deulino mit Russland (Administrative Verwaltung in Form von Wojewodschaften inkl. dem Fürstbistum Ermland, den Herzogtümern Samogitien, Preußen, Kurland und Tschernihiw)
Das Staatswappen der Union an der Wende vom 16. ins 17. Jh. bestehend aus dem weißen Adler der Piasten und dem litauischen Reiter Vytis mit der Ährengarbe der Wasadynastie im Zentrum (Wappendarstellung von Johann Siebmacher)

Der letzte Jagiellonenkönig, Sigismund II. August, verstarb 1572 ohne einen männlichen Nachkommen. Polen und Litauen wurden nach 1569 zur Rzeczpospolita, einer Republik auf Basis einer Föderation unter der „Präsidentschaft“ eines auf Lebenszeit gewählten Königs von Polen und Großfürsts von Litauen in Realunion (amtlich Republik der Polnischen Krone [Königreichs Polen] und des Großfürstentums Litauen, polnisch Rzeczpospolita Korony Polskiej i Wielkiego Księstwa Litewskiego). Die Szlachta und die Magnaten hatten 1569 ihre Vormachtstellung im Staat in der Lubliner Union zementiert. Für Litauen bedeutete dies die weitgehende Polonisierung seiner Führungsschicht und weiter Teile der Bevölkerung. Die Kirchenunion von Brest im Jahre 1596 mit dem Entstehen einer dem Papsttum unterstellten katholisch-unierten Kirche, die den orthodoxen Ritus beibehielt, sollte die Ostgrenze sichern, erfüllte aber langfristig weder die Erwartungen der Staatsspitze noch der beteiligten lokalen Würdenträger. Ende des 16. Jahrhunderts umfasste die Republik [deutsch Adelsrepublik] das Gebiet des heutigen Zentral-, Nord- und Ostpolens, des Oblasts Kaliningrad, Litauens, Lettlands, Weißrusslands, der Ukraine und Slowakei, temporär auch Estlands und Moldaus.

Die Art der Königswahl öffnete der Manipulation Tür und Tor. Alle adligen Reichsbürger sollten sich auf einem Feld in Wola bei Warschau versammeln, um den Herrscher in offener Wahl zu bestimmen. Jeder Adlige hatte eine Stimme, der verarmte Landadlige genauso wie der mächtigste Magnat. Stimmenkauf war an der Tagesordnung. Der gewählte König sah sich jedes Mal gezwungen, dem Adel Zugeständnisse zu machen, die Pacta conventa. Er war lediglich ein primus inter pares, die reale Macht lag in den Händen des Adels, der sie durch den alleinigen Besitz aller Ämter und die Grundherrschaft über die Untertanen ausübte. Seit der Verfassung – Nihil Novi – von 1505 konnte das Staatsoberhaupt ohne Zustimmung des Reichstages mit seinen beiden Kammern kein neues Gesetz mehr erlassen. Die Stellung des Königs [in der Rzeczpospolita] war schwächer als die eines Monarchen in einer Konstitutionellen Monarchie des 20. Jahrhunderts.[9]

Das Prinzip der Einmütigkeit aller Reichstagsbeschlüsse galt ebenfalls schon seit dem 16. Jahrhundert, wurde aber erst 1652 so angewandt, dass ein einzelner Abgeordneter mit dem Ruf des Liberum Veto das Parlament blockieren und alle bisher gefassten Beschlüsse ungültig machen konnte. Die Problematik dieser Regelungen wurde von vielen durchaus erkannt, doch die Macht und das gesellschaftliche Desinteresse der reichen Großgrundbesitzer verhinderten jede Art von Reformen. Zum Fehlen einer größeren Verantwortung gehörte auch die Vernachlässigung der Städte, die ohne jeden politischen Einfluss blieben, und der Verteidigung des Landes, weil man sich weigerte, entsprechende finanzielle Leistungen zur Aufstellung eines schlagkräftigen Heeres aufzubringen. Als Folge der Verweigerung der reichen Magnaten, die den Staat beherrschten, Steuern zu zahlen, blieb die Staatskasse de facto seit der Gründung des gemeinsamen Staatswesens bis zum dessen Untergang, notorisch klamm. Damit musste die polnisch-litauische Republik, obwohl diese zu den bevölkerungsreichsten und größten Staaten Europas gehörte, mit „winzigen“ Armeen an mehreren Fronten verteidigt werden.

Diese Politik war in Friedenszeiten durchaus erfolgreich, doch in den späteren Jahrhunderten, vor allem aber im 18. Jahrhundert, nahm sie einen katastrophalen Ausgang. Die zunehmende Machtfülle der Oligarchen äußerte sich in einer teilweise autarken Außenpolitik, zum Beispiel mit militärisch-politischer Einmischung in der Moldau 1595 oder im Moskowiter Reich 1605. Die Lage der unterdrückten Bauern war katastrophal, umso mehr als die Preise für ihre Erzeugnisse immer mehr abnahmen. Grundlage für die günstige Entwicklung der polnischen Wirtschaft war der Großhandel gewesen. In den Zeiten, in denen sich im Westen der Merkantilismus durchsetzte, spielte protektionistische Politik eine immer größere Rolle, während in Polen die Funktion des Staates auf ein Minimum reduziert wurde.

Heinrich III. verließ nur kurz nach seiner Ernennung zum König von Polen heimlich das Land, um den französischen Thron seines verstorbenen Bruders Karls IX. zu übernehmen (Gemälde von Arthur Grottger)

Erster Wahlkönig Polen-Litauens wurde 1573 der französische Prinz Heinrich von Valois. Der neue Souverän verließ jedoch sein neues Königreich nach wenigen Monaten der Regentschaft fluchtartig, ohne formal abgedankt zu haben, als er vom Tod seines Bruders Karl IX., König von Frankreich, erfuhr, um sich die französische Krone zu sichern, die mit Prestige, vor allem aber mit mehr Macht verbunden war. Er hinterließ die Pacta conventa und die Articuli Henriciani, die konstitutionellen Charakter hatten und die königlichen Rechte auf ein Minimum reduzierten. Die von König Heinrich gewährten Rechte und Privilegien, trotz seiner kurzen „Herrschaft der 146 Tage“[10], wurden zur Grundlage der Goldenen Freiheit und begründeten die Selbstherrlichkeit der adelsrepublikanischen Aristokratie, die zwar europaweit „Furore“ machte, gleichzeitig aber den Keim des Niedergangs in sich trug. Da Heinrich den ihm gesetzten Termin für seine Rückkehr hatte verstreichen lassen, wurde er für abgesetzt erklärt und mit Stephan Báthory, der starke Unterstützung durch den einflussreichen Adeligen und späteren Großkanzler- und Großkronhetman der polnischen Krone Jan Zamoyski hatte, konnte sich 1576 ein ungarischer Aristokrat aus dem Fürstentum Siebenbürgen erfolgreich durchsetzen.

Großkanzler und -Hetman Jan Zamoyski, einer der führenden europäischen Staatsmänner an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert
Stephan Báthory, Fürst von Siebenbürgen, König von Polen und Großfürst von Litauen, gilt als einer der bedeutendsten Wahlkönige Polens (Portrait von Martin Kober, ca. 1583)

Die militärische Glanzzeit unter Stephan Báthory

Hauptartikel: Stephan Báthory, Jan Zamoyski

Báthory war ein geschickter Taktiker im Machtgefüge der Adelsrepublik und führte das Königreich siegreich gegen das expansionistische Moskowiter Reich im Livländischen Krieg an. In drei kraftvollen Kampagnen (Polozk 1579, Welikije Luki 1580 und Pleskau 1581) rang er den Zaren militärisch nieder, der, trotz der erfolgreichen Verteidigung von Pleskau, sich sogar gezwungen sah, unter dem Vorwand einer möglichen Kirchenunion mit Rom, Papst Gregor XIII. um Vermittlung zu bitten. Der Papst sandte daraufhin den Jesuiten Antonio Possevino, unter dessen Leitung Zar Iwan der Schreckliche im Vertrag von Jam Zapolski Waffenstillstand mit dem polnischen König schloss. In ihm trat der Zar das 1563 eroberte Gebiet um die Stadt Polozk und das seit 1558 in Teilen annektierte Livland mit Dorpat an die polnische Krone ab. Stephan Báthory gründete 1579 mit Hilfe der Jesuiten, die er nach Polen holte und förderte, die Universität Vilnius. Den Plan, mit Hilfe der Rzeczpospolita seine ungarische Heimat von der Türkenherrschaft zu befreien, konnte er wegen seines plötzlichen Todes am 12. Dezember 1586 jedoch nicht mehr verwirklichen.

Sigismund III. Wasa, König von Polen und Schweden, Großfürst von Litauen, Begründer der schwedisch-katholischen Linie der Wasa (Portrait von Martin Kober, ca. 1591)

Das Haus Wasa auf dem polnischen Thron

Hauptartikel: Sigismund III. Wasa, Schwedisch-Polnische Kriege 1600–1629, Türkenkriege 1620–21 und 1633–34, sowie Russisch-Polnische Kriege 1609–1618 und 1632–34

Am 19. August 1587 wurde Sigismund III. Wasa, der das Geschlecht der Jagiellonen und der Wasa in seiner Person vereinte und gleichzeitig die katholische Linie der schwedischen Wasa repräsentierte, zum König gewählt, der die Adelsrepublik ins 17. Jahrhundert führte. Das folgende Jahrhundert war jedoch nach dem Abfall der Saporoger-Kosaken von Polen-Litauen eine Periode der militärischen Katastrophen und des langsamen Verfalls der eigenen Vormachtstellung in Ostmitteleuropa. Während das Land vom Dreißigjährigen Krieg verschont blieb, bildete das Territorium der Rzeczpospolita für die nächsten Jahrhunderte ein Schauplatz anderer mannigfaltiger Konflikte und Auseinandersetzungen, die mit den Wasa wie Ägyptische Plagen ins Land kamen und tief bis ins 20. Jahrhundert blieben. So stürzte die Wahl eines schwedischen Prinzen Polen in folgenschwere, dynastische Schwedisch-Polnische Kriege, die bereits in den Schwedisch-Polnischen Kriegen der Jahre 1600 bis 1629 die gesamte Nordwestflanke des Reiches in Mitleidenschaft zogen und erst im Altmarker Traktat 1629 dauerhaft bis 1655 beendet wurden. Der Großhetman Litauens, Jan Karol Chodkiewicz, nahm erfolgreich gegen den Schwedenkönig Karl IX. in diesem Krieg teil. Neben den Schweden im Norden, erwuchs Polen nach 1654 auch an dessen gesamter Ostflanke im erstarkten Russischen Reich der Romanow ein mächtiger Gegner heran. Die nach dem Tod des Kanzlers Jan Zamoyski offen propagierte an den Habsburgern ausgerichtete Politik des Königs Sigismund und die Überfälle der schwer kontrollierbaren Kosaken auf türkisches Territorium, zerrütteten zudem das relativ gute Verhältnis zum Osmanischen Reich nachhaltig, auch aufgrund der vielfachen Razzien der Krim- und Nogaiertataren, osmanischer Vasallen, die plündernd und brandschatzend die Provinzen des Königreichs verwüsteten. Sigismund Wasa war auch derjenige, der 1596 die Hauptstadt Polens von Krakau nach Warschau verlegte, wegen seiner zentralen Lage in Polen und der größeren Nähe zu seinem Erbkönigreich Schweden.

Zu Beginn des Jahrhunderts hatte Sigismund Wasa nicht nur versucht den Thron in seiner schwedischen Heimat zurückzubekommen, den er als Folge der Schlacht bei Stångebro 1598 und seiner Absetzung durch den schwedischen Reichstag als König von Schweden 1599 faktisch verlor (Ende der Personalunion Schwedens mit der Rzeczpospolita, die seit 1592 bestand), sondern er griff auch massiv in die russischen Thronwirren ein, die Smuta, die nach dem Tod des Usurpators, Zar Boris Godunow, um 1605 im Zarenreich ausbrachen. Während des in den Jahren 1605 bis 1618 dauernden Konfliktes, ab 1609 offenen Krieges (Polnisch-Russischer Krieg 1609–1618), besetzten 1610 polnisch-litauische Unionstruppen unter der Führung des Kronfeldhetmans Stanisław Żółkiewski zwar für zwei Jahre Moskau und es zeichnete sich sogar eine Personalunion ab, aber letztlich scheiterten die militärischen, politischen und konfessionellen Pläne des Königs an der inneren Verfassung Polens[11] und am Widerstand der russischen Bevölkerung im Bund mit der russischen Kirche. Ein Volksaufgebot aus Nischni Nowgorod unter der Führung von Kusma Minin und Knjas Dmitri Poscharski belagerte die im Moskauer Kreml verschanzten Polen und zwang sie 1612 zur Kapitulation[12]. Während der Schlacht um Moskau kam der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche, Hermogenes, unter unglücklichen Umständen ums Leben.[13][14] Nach wechselvollen Kämpfen kam der Krieg schließlich im Vertrag von Deulino 1618 zu einem Ende. König Sigismund schloss mit dem russischen Zaren Michael I., dem Begründer der Romanow-Dynastie, einen Waffenstillstand, in dem die Herrschaft der Rzeczpospolita über das Smolensker Land und Sewerien anerkannt wurde. Dementsprechend erreichte die Adelsrepublik mit einer Staatsfläche von ca. 1.000.000 Quadratkilometern ihre größte territoriale Ausdehnung. Nach dem Tod des Königs Sigismund und unter Bruch des 1618 geschlossenen Vertrages, versuchte Zar Michael seine territorialen Ansprüche auf das verlorene Gebiet im Russisch-Polnischen Krieg 1632–1634 militärisch durchzusetzen, was aufgrund des rechtzeitigen Entsatzes durch den neuen polnischen König, Władysław IV. Wasa, in einer erneuten Niederlage Russlands mündete.

Jan Karol Chodkiewicz (auf einem Schimmel sitzend im roten Gewand), Großhetman von Litauen, in der Schlacht bei Chocim 1621 gegen das Osmanische Imperium (Gemälde von Józef Brandt aus dem Jahr 1867, 190 × 337 cm)

Als dritter Gegenspieler, neben dem Königreich Schweden im Norden und dem Zarentum Russland im Osten, forderte im 17. Jahrhundert das Osmanische Reich Polen an dessen Südflanke heraus. Nach diversen gegenseitigen kosakisch-tatarischen Grenzscharmützel, Einmischung lokaler Magnaten aus der Ukraine in die inneren Angelegenheiten der osmanischen Vasallen, der Donaufürstentümer, kam es zu militärischen Handlungen, die schließlich in einen offenen Krieg mündeten, den Osmanisch-Polnischen Krieg 1620–1621. Der türkische Sultan, Osman II., zog aus seinem sich auf drei Kontinenten erstreckenden Imperium eine für damalige Zeit gewaltige Streitmacht (mit Tross bis zu 250.000 Mann) gegen das Königreich zusammen, der der polnische König bei Chocim ein gemischtes polnisch-ukrainisches Heer (bis zu 75.000 Mann an Kampftruppen) entgegenstellte. Als den Osmanen, trotz zahlenmäßiger Überlegenheit, nach über einem Monat kein Durchbruch der polnisch-ukrainischen Front gelang, willigten beide Seiten in einen „ehrenvollen“ Waffenstillstand ein. In Konstantinopel, der Hauptstadt des Osmanischen Reiches, wies der türkische Padischah dem Elitekorps der Janitscharen die alleinige Schuld für das Scheitern der militärischen Kampagne zu. Der gegen die Janitscharen gerichtete Vorwurf der Feigheit, kostete ihn zuerst Amt und Würden und schließlich auch den Kopf. Doch auch die Polen in Bund mit den ukrainischen Kosaken hatten über die Grenzen der Königlichen Republik bekannte Opfer zu beklagen, so kamen als Folge der Abwehr osmanischer Aggression die Feldherrenmeister Stanisław Żółkiewski bei Cecora 1620 und Jan Karol Chodkiewicz bei Chocim 1621, sowie der für die ukrainische Geschichte bedeutende Kosaken-Ataman Petro Sahajdatschny ums Leben.

Die Zeit der Blutigen Sintflut

Der große Kosakenaufstand

Hauptartikel: Johann II. Kasimir, Bohdan Chmelnyzkyj, Chmelnyzkyj–Aufstand, Alexei I., Russisch-Polnischer Krieg 1654–1667

Ataman Bohdan Chmelnyzkyj, Begründer des Kosakenstaats, ukrainischer Nationalheld und der Anfang vom Ende des „Calamitatis Regnum“

Im Südosten verschärften sich die inneren Konflikte. Wirklich bedrohlich sollte die Lage erst im Jahre 1648 werden, kurz nachdem Sigismunds Sohn, Johann II. Kasimir, am 20. November 1648 zum neuen polnischen König gewählt wurde. Auslöser waren die am Dnepr lebenden Kosaken, eine Gruppe persönlich freier Grenzlandbewohner, die ursprünglich in polnischem Sold stehend gegen die Tataren eingesetzt worden war. Im Laufe der Zeit unternahmen sie immer wieder Raubzüge, die den Frieden der Region gefährdeten. Als es sich abzeichnete, dass der lange erwartete Feldzug gegen die Türken nicht zustande kommen würde, entschlossen sie sich unter Führung des polnischen Kleinadligen Bogdan Chmielnicki zu einem Bündnis mit den Tataren gegen Polen-Litauen.

Der nun ausbrechende blutige Aufstand der Kosaken, der bürgerkriegsähnlichen Charakter hatte, war zunächst erfolgreich und führte diese plündernd und mordend bis nach Kiew, Lemberg und sogar nach Zamość. Es heißt, dass Chmielnicki sich nach dem Gesellschaftsstil der alten europäischen Westreiche orientierte und gegen die in der polnischen Ukraine lebenden Juden Pogrome verübte, die fast 1/4 Millionen Menschen das Leben kosteten. Viele Juden verließen darauf hin das Land (manche gingen bis nach Holland, wo sie einen neue Existenz aufbauten). Nach wechselvollen Kriegsereignissen, der entscheidenden Schlacht bei Batoh, die vom 1. bis 2. Juni 1652 dauerte und in der die damals besten Feldherrn der Krone sowie Soldaten geschlagen und von Chmielnickis Kosaken niedergemetzelt sowie Friedensverhandlungen kam der Konflikt 1654 zu einem Ende; die Kosaken wechselten aber auf Basis des Vertrags von Perejaslaw fast komplett unter die Oberhoheit des russischen Zaren über und waren für Polen als Verbündete verloren. Der Seitenwechsel war jedoch innerhalb der Kosakennation nicht unumstritten, da ein Teil ein erneutes Zusammengehen mit Polen auf Grundlage des Vertrags von Hadjatsch bevorzugte. Es kam zu tiefen Spaltung, die das ukrainische Gebiet für Jahrzehnte in bruderkriegsähnliche Zustände und Chaos verfallen ließ, in der ukrainischen Historiographie als „die Zeit des Ruins“ bekannt. Im historischen Gedächtnis der Polen ist dieser mörderische Konflikt tief eingebrannt, die Ukrainer betrachten ihn als den Beginn ihrer nationalen Geschichte: seine Folgen waren auch in den Auseinandersetzungen vom Ende des Ersten Weltkrieges bis in die 1950er Jahre deutlich spürbar und sind bis heute nicht überwunden. Der Anschluss der östlichen Ukraine an Russland begünstigte den Ausbruch erneuter kriegerischer Handlungen mit Moskau (Russisch-Polnischer Krieg 1654–1667). 1654 erklärte Russland, unter Bruch des „Ewigen Friedens von 1634“, Polen den Krieg, der schon im Frühling des Jahres 1655 zur Okkupation fast des gesamten Großfürstentums Litauen durch russische Truppen führte, zur Besetzung von Vilnius und zur Erklärung des russischen Zaren Alexei I. zum Großfürsten von Litauen, Wolynien und Podolien.

Der Krieg gegen Schweden, Brandenburg-Preußen und Siebenbürgen

Hauptartikel: Karl X. Gustav, Schwedisch-Polnischer Krieg 1655–60 beide Teil des Zweiten Nordischen Krieges und Georg II. Rákóczi

König Karl X. Gustav von Schweden, sein militärisches Eingreifen in Polen führte zum Ausbruch des Zweiten Nordischen Krieges (Portrait von Sébastien Bourdon, ca. 1653)

Am 19. Juli 1655 wurde Polen, unter Bruch des Vertrages von Stuhmsdorf, vom Königreich Schweden im Westen überfallen. Der Eintritt der Schweden in das Kriegsgeschehen führte zum Ausbruch des Schwedisch-Polnischen Krieges 1655–60. Für das Handeln der Schweden gab es mehrere Gründe: Besetzung der Festung Dünaburg in Livland durch russische Truppen, Unterstützung Polens für Schwedens Erzfeind Dänemark und die Erbansprüche der katholischen Wasa auf die schwedische Krone, die mit der Abdankung der Königin Christina I. 1654 geltend gemacht wurden, auf der einen Seite. Auf der anderen Seite gab es schlicht profane Gründe für eine erneute kriegerische Auseinandersetzung Schwedens mit Polen. Der Dreißigjährige Krieg hatte die schwedische Staatskasse geleert, gleichzeitig musste ein kostspieliges Heer in den eroberten Ländern unterhalten werden, außerdem fühlte sich der protestantische Schwedenkönig durch die militärischen Erfolge der kosakisch-russischen Truppen in der Adelsrepublik zum Eingreifen ermutigt, um seinen beherrschenden Einfluss an der Ostsee zu vergrößern. Es lag nahe, die in ihrer Ostflanke geschwächte Adelsrepublik vom Westen, durch das seit dem Westfälischen Frieden 1648 brandenburgisch-hohenzollernsche Hinterpommern und vom Norden her, über das seit 1625 schwedisch besetzte Livland, zu überfallen und zu plündern.

Mit der Durchmarschgenehmigung durch Hinterpommern konnte König Karl X. Gustav Polen von zwei Seiten her angreifen, was ihm durch die innere Zerrissenheit Polens, die verschiedenen Interessen der Magnatenfamilien und die schwierige militärische Lage der Adelsrepublik im Osten gegen Russland und die ukrainischen Kosaken zusätzlich erleichtert wurde. Am 25. Juli kapitulierte kampflos das Adelsaufgebot der großpolnischen Magnaten und Adels bei Ujście vor der Streitmacht des schwedischen Feldmarschalls Arvid Wittenberg und huldigte im Anschluss dem Schwedenkönig. Einen Zweifrontenkrieg führend, fielen nacheinander die wichtigsten Städte des Landes in schwedische Hände, am 8. September Warschau und am 19. Oktober Krakau. In die Machtzentralen, die einst über die Schicksale von Millionen Menschen Mittelosteuropas bestimmten, zogen nun schwedische Besatzungssoldaten ein. Was folgte, war ein brutales Besatzungsregime und eine kaum gekannte Zerstörungs-, Raub- und Plünderungsorgie. Karl Gustav, der nur dem Beispiel seines Verwandten Gustav Adolf folgte, ließ „alles was nach Gold und Silber glänzte“ Richtung Pommern bringen und über den damals schwedischen Hafen Stettin nach Schweden verschiffen. Ab da gingen die Schweden als die „Tataren des Nordens“ in die polnische Geschichtsschreibung ein, doch auch die Russen im Bund mit den Kosaken hielten sich schadlos, als sie bis nach Lublin, Puławy und zur Weichsel vordrangen und von der unterworfenen Bevölkerung den Untertaneneid auf Zar Alexei erpressten.

Fürst Janusz Radziwiłł, Magnat und Großhetman von Litauen, ging mit seinem Vetter als Landesverräter in die Geschichte ein, indem er, wie viele polnischen Adligen auch, eine Allianz mit König Karl von Schweden gegen König Johann Kasimir einging

König Johann Kasimir, durch einen Teil des polnischen Adels im Stich gelassen und verraten, floh nach Schlesien, wo er sich die Hilfe der katholischen Habsburger erhoffte, die jedoch ausblieb. Polen befand sich zum Ausgang des Jahres 1655 zum größten Teil unter schwedisch-russischer Kontrolle und am 20. Oktober stimmten die litauischen Adligen, Fürst Janusz Radziwiłł und sein Vetter Bogusław Radziwiłł, die im Angesicht russischer Erfolge im Großfürstentum Litauen (Besetzung von Vilnius, Grodno, Mohylew, Minsk, Smolensk … durch russisch-kosakische Truppen) eine separatistische Politik gegenüber der Polnischen Krone vertraten, einer Union des Großfürstentums Litauen mit Schweden zu, was faktisch und de jure den Bruch der Realunion mit Polen bedeutete.

Im folgenden Winter stand fest, dass die Schweden zu schwach waren, um ein so großes Gebiet längere Zeit zu halten. Zum Signal wurde die militärische Verteidigung des Klosters von Tschenstochau (vom 18. November bis zum 27. Dezember), die als ein göttliches Wunder der Jungfrau Maria angesehen wurde, die nicht gewollt habe, dass ihr wertvolles Ikonenbild von den „Ungläubigen“ geraubt würde. Zusätzlich wurde die polnische Seite durch den Umstand begünstigt, dass sich der russische Zar Alexei mit dem Schwedenkönig Karl Gustav über die Aufteilung der „polnischen Beute“ überworfen hatte, und ihm Ende Mai 1656 den Krieg erklärte, während er mit dem polnischen König einen auf zwei Jahre begrenzten Waffenstillstand schloss. Der Schwedisch-Polnische und der Russisch-Polnische Krieg weiteten sich somit in einen schwedisch-russisch-polnischen Konflikt aus, den zweiten „Großen Nordischen Krieg“.

Der polnische König kehrte bereits Anfang 1656 nach Polen zurück und erhob Maria in einem feierlichen Akt zur „Königin Polens“. Das sich wendende Kriegsglück ausnutzend, verwüstete das königliche Heer zahlreiche protestantische Orte, darunter das kulturelle Zentrum Lissa in Großpolen. Die meisten der dort ansässigen Böhmischen Brüder mussten fliehen, darunter der bedeutende Theologe Johann Amos Comenius. Die Vertreibung und Verfolgung der Brüder aus Polen, während der „Schwedischen Flut“, beendete damit die Epoche der polnischen Toleranz gegenüber den Andersgläubigen, waren doch die Aggressoren allesamt Nicht-Katholiken, die Schweden/Brandenburger waren Protestanten und die Russen Orthodoxe.

Durch die Verträge von Königsberg vom 17. Januar 1656 und Marienburg vom 23. Juni 1656 gewann der Schwedenkönig Karl Gustav die Unterstützung des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der bis dahin Lehnsmann des polnischen Königs war. Mit dem begangenen Lehnsbruch und dem damit verbundenen Sieg der schwedisch-brandenburgischen Streitmacht über die Truppen der Adelsrepublik in der dreitägigen Schlacht bei Warschau (28. Juli – 30. Juli), erkannte Karl Gustav, im Vertrag von Labiau vom 20. November 1656, die Souveränität des von ihm eroberten Herzogtums Preußen an. Den Verrat des Kurfürsten ließ der polnische König bestrafen, indem er die Mark Brandenburg der Plünderung durch polnische Truppen und das Gebiet des Herzogtums durch die Krimtataren preisgab (das Khanat der Krim unter Khan İslâm III. Giray war seit der Allianz zu Perejaslaw der Chmielnicki-Kosaken mit Russland 1654 und der im selben Jahr folgenden Invasion der Russen in Polen, ein Verbündeter der Rzeczpospolita).

Die Rzeczpospolita zwischen Schweden und Russen, zur Zeit der „Schwedischen Flut“ 1655

Karl Gustav, der im Feldhetman der Krone Stefan Czarniecki einen ebenbürtigen Gegner hatte, sah seine einzige Hoffnung auf einen Sieg über Polen in einer Teilung der Adelsrepublik und versuchte durch die Einbindung des protestantischen Siebenbürgens, von Kurfürst Friedrich-Wilhelm und der ukrainischen Kosaken unter Chmielnicki Fakten zu schaffen. Anfang 1657 trat das unter dem osmanischen Schutz stehende Fürstentum Siebenbürgen eigenmächtig, das heißt ohne die Erlaubnis des osmanischen Sultans, unter der Führung des ungarischen Protestanten Georg II. Rákóczi auf die Seite der Schweden und verwüstete mit seinem siebenbürgisch-kosakischen Heer (etwa 40.000 Mann) weite Gebiete Polens im Süden und Osten. Um ein Übergewicht Schwedens in Nordeuropa zu verhindern, traten nun das Königreich Dänemark, das Haus Österreich unter Kaiser Ferdinand von Habsburg und die Niederlande auf die Seite Polens. Die sich ab Mitte des Jahres 1657 abzeichnende Niederlage der Ungarn unter Rákóczi und der Schweden unter Karl Gustav erkennend, nahm schließlich Kurfürst Friedrich-Wilhelm, unter der Vermittlung von Erzherzog Leopold von Habsburg, Kontakt zu seinem nominellen polnischen Suzerän auf (im Reich stand 1658 eine neue Kaiserwahl an und Leopold brauchte die brandenburgische Kurstimme), dem der polnische König gegen einen Seitenwechsel und den offenen Widerstand der preußischen Stände, in den Verträgen von Wehlau vom 19. September 1657 und Bromberg vom 6. November 1657, die Souveränität über das Herzogtum Preußen zuerkannte und für die zukünftige europäische Großmacht, das Haus Brandenburg-Preußen, zwischen Berlin und Königsberg einen „störenden“ polnischen Korridor schuf …

Der Versuch von Reformen, die Abdankung des Königs und der Aufstieg von Jan Sobieski

Hauptartikel: Lubomirski-Konföderation 1665–1666 und Türkenkrieg 1672–1676

Die militärischen Aktionen dauerten dennoch mehrere Jahre mit wechselnden Erfolgen an, bis im Vertrag von Oliva vom 3. Mai 1660 die langjährigen schwedisch-polnischen Streitigkeiten mit einem endgültigen Friedenstraktat beigelegt wurden. Der polnische König war darin gezwungen, auf alle seine Ansprüche auf den schwedischen Thron, Livland mit Riga (vom Gustav Adolf bis 1625 vollständig erobert) und Estland zu verzichten. Der Herzog von Preußen, in Personalunion auch Kurfürst von Brandenburg, erlangte die endgültige Souveränität über das Herzogtum Preußen[15] und erwies sich während des Krieges als militärischer und politischer Machtfaktor. Frankreich übernahm die Garantie der Einhaltung des Friedens. Was blieb war der Mythos von Tschenstochau als einer Arche inmitten der „Schwedischen Sintflut“, der einen wesentlichen Beitrag zum Machtgewinn des polnischen Katholizismus leistete. Für die späteren Geschicke des Landes, sollte sich besonders die Entscheidung, das Herzogtum Preußen, das spätere Königreich Preußen, aus dem polnischen Vasallentum zu entlassen, als verhängnisvoll erweisen.

Niedergang und Verlust der Großmachtstellung unter König Johann II. Kasimir, dem letzten der Wasa in Polen

Im Russisch-Polnischen Krieg 1654–1667 hatte Johann Kasimir noch weniger Glück. Zwar wurden die Truppen des Zaren nach 1660 aus Litauen bis zum Dnjepr verdrängt, doch musste der König, trotz direkter militärischer Vorstöße auf Moskau, bedingt durch ein erneutes Aufflammen des polnisch-osmanischen Gegensatzes und einer internen gegen die Reformen des Königs gerichteten Magnatenrebellion unter Fürst Jerzy Sebastian Lubomirski 1666, im Vertrag von Andrusowo vom 30. Januar 1667, unter Verzicht auf weite Teile des heutigen Westrusslands mit Smolensk und der Ostukraine mit Kiew (insgesamt 261.500 km²), mit dem russischen Zaren Frieden schließen. Damit verlor das Land über einen Viertel seines Territoriums seit 1618 (ca. 995.000 km²) und betrug ab 1667 noch 733.500 km².

Am 19. September 1668, durch innere und äußere Niederlagen geplagt, dankte der letzte Wasakönig Johann Kasimir während des Abdikations-Sejms entnervt ab, und entzog sich dadurch auch seiner Verantwortung für die desaströse ökonomisch-militärische Hinterlassenschaft und den allgemeinen, ebenso sozial-kulturellen Ruin der polnisch-litauischen Adelsrepublik, während der 80 Jahre dauernden Regentschaft der schwedisch-katholischen Wasa, durch die Flucht in ein französisches Kloster, wo er 1672 als „gebrochener Mann“ verstarb. Die Verträge von Oliva und Andrusowo markierten Polens Verlust der Großmachtstellung an die absolutistisch geführten Reiche und die Verwüstungen der sechs Invasionshorden – Kosaken, Tataren, Schweden, Moskowiter, Siebenbürger und Brandenburger – führten zu einem etwaigen Bevölkerungs- und Besitzverlust, wie ihn Deutschland im Dreißigjährigen Krieg erleiden musste. Ein Viertel der damaligen Bevölkerung (drei bis vier Millionen Menschen) ging durch die daraus folgenden Seuchen, Hungersnöte, Plünderungen und Gewalttaten der Angreifer verloren, zusätzliche Bevölkerungsverluste auch durch die Territorialverluste an Russland; die Wirtschaft wurde in nicht mehr wiedergutzumachender Weise zerrüttet.[16] Polen verlor im Krieg gegen die sechs Angreifer in Relation zur Gesamtbevölkerung mehr Menschen als im Zweiten Weltkrieg.

Am 19. Juni 1669 wählte der polnische Reichstag den Magnaten Michael Korybut Wiśniowiecki zum polnischen König. Vier andere Kandidaten wurden abgelehnt, da die Vertreter des Kleinadels nach schlechten Erfahrungen mit Ausländern ihre Stimme einem „Piasten“, das heißt einem einheimischen Kandidaten geben wollten und zwar im Gegensatz zu den Absichten der adelsrepublikanischen Oligarchen.

Großhetman der Krone, Jan Sobieski, bei Chocim, von Romeyn de Hooghe, 17. Jh.

Die ab 1666 im Süden geführten Scharmützel gegen die Osmanen und ihre Vasallen, die Krimtataren unter Khan Selim I. Giray und ein Teil der ukrainischen Kosaken unter Hetman Petro Doroschenko, mündeten mit der im Januar in Warschau vorgetragenen Kriegserklärung des osmanischen Sultans in einem offenen Krieg (Osmanisch-Polnischer Krieg 1672–1676). Im Juni 1672 wurde die Festung Kamieniec Podolski von einer 100.000 Mann großen Invasionsstreitmacht unter dem Kommando von Sultan Mehmed IV. belagert. Nach anfänglichen Siegen für die Polen wurde sie am 26. August aufgrund der aussichtslosen Situation vom Artilleriekommandanten Hekling, einem Deutschbalten aus Kurland im Dienste der polnischen Krone und einer 800 Mann starken Garnison (vor der Schlacht waren es fast 1700 Soldaten) in die Luft gesprengt. Durch die Explosion kam auch Jerzy Wołodyjowski ums Leben, der bis heute eine in Polen bekannte historische Persönlichkeit ist. Der Weg ins Zentrum des Landes wurde frei. Einer bevorstehenden militärischen Niederlage, gar einer türkischen Okkupation der Rzeczpospolita zuvorkommend, schloss das durch vorangegangene Kriege ruinierte Polen mit der Hohen Pforte am 18. Oktober desselben Jahres den Frieden von Buczacz, durch den die Türkei Kontrolle über Podolien und Teile der südlichen Ukraine erhielt und bis zum Frieden von Karlowitz 1699 weitestgehend in ihrem Besitz hielt. Da sich der polnische Reichstag weigerte, den „schändlichen Vertrag“ zu ratifizieren, brach unter der Führung des Großkronhetmans Jan Sobieski die kriegerische Auseinandersetzung vom Neuen auf, der 1673 in der Schlacht bei Chocim die Türken vernichtend in die Flucht schlug. Obwohl der Sieg keine politischen Vorteile brachte – Kamieniec Podolski und Podolien blieben unter der Herrschaft der Osmanen –, wuchs das Ansehen Polens besonders in Europa stark, auch bei den Türken, die Sobieski den Beinamen eines „Löwen aus Lehistan“ gaben. Nach wechselvollen Kämpfen endete der Krieg schließlich 1676 im Vertrag von Żurawno.

Am 10. November 1673 starb König Michael Wiśniowiecki und am 21. Mai 1674 wurde Sobieski, dank seiner Popularität und militärischen Erfolge, als sein Nachfolger und König von Polen bestimmt.

König Jan III. Sobieski, der Retter Wiens

Hauptartikel: Jan III. Sobieski, Türkenkrieg 1683–1699 und Zweite Wiener Türkenbelagerung

Jan III. Sobieski, König von Polen und Großfürst von Litauen, beim Entsatz von Wien im Jahr 1683 (Portrait von Jerzy Siemiginowski-Eleuter, ca. 1686)

Die sich in einer tiefen politisch-ökonomisch-militärischen Krise befindende Adelsrepublik erlebte am Ende des 17. Jahrhunderts noch einmal eine kurze Renaissance der politischen Macht. Nach dem Scheitern Johann Kasimirs und seinem schmählichen Rücktritt, waren die Wasas auf breiter Front diskreditiert und der zum König gewählte polnische Adlige Michał Korybut Wiśniowiecki schon nach fünf Jahren gestorben. Mit dem militärisch erfolgreichen Großkronhetman Jan Sobieski, der zudem die Unterstützung Frankreichs besaß, wurde erneut ein Pole zum Herrscher gewählt.

Dem neuen König traute man zu, die Adelsrepublik vor der fortwährenden Türkengefahr im Südosten des Reiches endgültig zu befreien. König Sobieski wandte sich von seinem Bündnispartner Frankreich ab und schloss im April 1683 einen gegenseitigen Beistandspakt mit den Habsburgern. Dieser sollte sich rasch bewähren, tauchten doch die Türken schon im Sommer desselben Jahres vor Wien auf. Der von den Österreichern bestochene polnische Reichstag stimmte der Entsendung eines Entsatzheeres zu, das wesentlich zum Sieg der alliierten Truppen in der Schlacht am Kahlenberg beitrug. Weitere Vorstöße im Südosten gegen das osmanisch besetzte Podolien, die Moldau und die Walachei blieben allerdings ohne Erfolg.

Während im polnisch-nationalen Gedächtnis die „Rettung des Abendlandes“ tief verankert ist, blieb im Westen eher die Erinnerung an die späteren Erfolge des Prinzen Eugen von Savoyen. Die besondere polnische Rolle bei der Schlacht um Wien geriet weitgehend in Vergessenheit, vielleicht auch deswegen, weil der Befehlshaber der deutsch-österreichischen Kontingente, Karl von Lothringen, Jahre zuvor bei der polnischen Königswahl an Sobieski gescheitert war.

Am 5. März 1684 trat Polen der durch die Vermittlung von Papst Innozenz XI. gegründeten Heiligen Liga bei. Zwei Jahre später wurde mit Russland, dessen Regentin Sofia Alexejewna war, der „Ewige Friede“ in Moskau geschlossen. Dieser bestätigte die im Vertrag von Andrusowo getroffenen Vereinbarungen, ferner schloss sich Russland einem gegen das Osmanische Reich gerichteten Bündnis mit Polen an und trat offiziell der Heiligen Liga bei.

Die Schlacht um Wien 1683, während der zweiten Belagerung von Wien durch die ottomanischen Türken, Sobieskis größter militärischer Erfolg seiner Karriere (Gemälde von Franz Geffels)

Innenpolitisch hingegen erreichte der König seine Ziele nicht. Obwohl er der letzte polnische König von Format war, konnte er weder die Herrschaftsansprüche seiner Familie durchsetzen – seine Söhne blieben bei der Wahl nach seinem Ableben chancenlos – noch gelang ihm, mangels königlicher Macht im Innern, die Disziplinierung des Hochadels (Magnaten) und des Kleinadels (Szlachta). Diese opponierten sogar offen gegen ihn, weil sie in einem starken Königtum eine Bedrohung ihrer Ende des 16. Jahrhunderts von Sobieskis Vorgängern gewährten fast „königlichen Rechte“ sahen, die jedoch in einem immer stärker durch den Absolutismus geprägten Europa des späten 17. Jahrhunderts nicht mehr zeitgemäß erschienen. Sich der Gefahr bewusst, die von der brandenburgischen Linie des Hauses Hohenzollern für Polen ausging, musste er seine Pläne, Brandenburg-Preußen, das spätere Königreich Preußen, im Bündnis mit dem Königreich Schweden zu zerschlagen (den Plan der Annexion des Herzogtums Preußen, die spätere brandenburgisch-hohenzollernsche Provinz Ostpreußen), aufgrund der dauerhaften Türkenabwehr und litauischer Opposition durch die Magnatenfamilie Pac, jedoch ganz aufgeben[17]. Die einst starke Föderation aus Polen und Litauen verfiel nach seinem Tod, 1696, zusehends in eine de facto lose Magnaten-Konföderation unter der „Präsidentschaft“ willfähriger, ausländischer Könige, die weniger das Wohl des Landes im Auge hatten, als vielmehr die eigene dynastische Machtpolitik.

Von den Katastrophen des 17. Jahrhunderts, dem Abbruch der Reformen von Johann Kasimir, den Kämpfen mit den Russen, Schweden, Brandenburgern, Kosaken, Ungarn, Türken und Tataren, dann erneut mit Schweden ab 1700 konnte sich die Adelsrepublik nicht mehr erholen. Sie sank zum „Spielball“ neuer europäischer Mächte herab, vor allem Russlands und verfiel langsam der Dekadenz und Agonie. Die Führungsrolle in Osteuropa ging im Verlauf des 18. Jahrhunderts von der Adelsrepublik über an Russland unter den Romanow und in Mitteleuropa an Brandenburg-Preußen unter den Hohenzollern. Die aus Kriegen und Okkupationen fremder Soldateska resultierende Kontributionen, Plünderungen und Zerstörungen des Landes führten zur Verarmung weiter Gesellschaftsschichten, auch des adelsrepublikanischen Adelsstandes, was eine Verringerung seines politischen Bewusstseins und Verantwortung zufolge hatte und degenerierte durch die sukzessive Ausnutzung der Goldenen Freiheit (u.a. die Absurdität Liberum Veto) langfristig die „Adelsdemokratie“, die schließlich im Umfeld eines weitgehend entmachteten Königtums in politischer Anarchie ausuferte. Die Zeichen des allgemeinen Verfalls äußerten sich durch die dauerhafte Blockade des polnischen Parlaments mittels des Liberum Veto, der Bildung von legalen Konföderationen gegen die Interessen des Staates und des Königs, wenn der Adel seine Rechte durch den König beschnitten sah. Diese Rechte wurden der adelsrepublikanischen Aristokratie im 16. Jahrhundert gewährt, im 18. Jahrhundert standen die Konföderationen jedoch vielfach unter fremden Einfluss ausländischer Botschafter, die so das Land häufig an den Rand eines Bürgerkrieges stürzten. Der aus dem Magnatenstand bestehende Hochadel zeigte auch ein allgemeines Desinteresse an einem „Starken Staat“ und war vordergründig mit der Sicherung von privaten Pfründen, sowie der Pflege eines übertriebenen Standesdünkels gepaart mit Vetternwirtschaft und Korruption beschäftigt und schwächte dadurch Polen, trotz mutiger, revolutionärer Reformen des späten 18. Jahrhunderts, derart, dass es 1772 gegen die gleichzeitige Aggression bis zu dreier absolutistischer Despoten der Nachbarstaaten effektiv kaum Widerstand zu leisten vermochte und somit als Staat 1795 zu existieren aufhörte.

Der Niedergang der Adelsrepublik und die Teilungen

Die Wettiner

Hauptartikel: August der Starke, Dritter Nordischer Krieg, August III., Stanislaus I. Leszczyński, Polnischer Thronfolgekrieg und Siebenjähriger Krieg

Rascher Macht- und Autoritätsverfall unter den Wettinern, Kurfürst Friedrich August von Sachsen, als August II. König von Polen und Großfürst von Litauen (Portrait von Louis de Silvestre)

Unter der Sachsenzeit versteht man in Polen die Regierungszeit der beiden Könige aus dem Hause Wettin. Es waren August der Starke 1697–1733 und in der Nachfolge sein Sohn August III. 1733–1763, die Polen in Personalunion mit ihrem heimischen Kurfürstentum Sachsen regierten.

Die Wahlen waren mit finanziellen Mitteln erkauft worden und nicht unangefochten. Um sich die polnische Krone zu sichern, musste der protestantische Kurfürst zum Katholizismus konvertieren. Polen wurde in jenen Jahren immer stärker zu einem Spielball der internationalen Politik. Es wurde durch die Wettiner in Konflikte und Kriege hineingezogen, an denen es eigentlich gar kein Interesse hatte und die es sich de facto auch nicht mehr leisten konnte, wie den Dritten Nordischen Krieg oder später den Siebenjährigen Krieg. Die innere Schwäche der Adelsrepublik äußerte sich in religiösem Unfrieden, Intoleranz gegenüber Nicht-Katholiken (besonders Protestanten: sächsische Truppen des Königs die auf Kosten der polnischen Krone unterhalten wurden, schwedische Okkupationsheere, siehe König Karl XII.) – in Polen-Litauen Dissidenten genannt –, einem Verfall der Wirtschaft und militärischer Ohnmacht. Die Neutralität in anderen europäischen Konflikten wahrend, durchquerten fremde, kriegsführende Armeen straflos sein Territorium und behandelten es wie etwas, was am Wegesrand lag. Die Triumphe der polnischen Heere gehörten von da ab der Vergangenheit an. Die Eroberung Schlesiens durch König Friedrich von Brandenburg-Preußen förderte Preußens Entwicklung zu einer europäischen Großmacht. Letzteres erschien unvereinbar mit Polens potentiellem Wiederaufleben. In diesem Hinblick erscheint es als eine bittere Ironie der Geschichte, dass es das „wettinische Polen“ war, das als eines der ersten europäischen Länder durch die Person des Königs August und seine Einwilligung das hohenzollernsche „Königreich in Preußen“ staatsrechtlich anerkannte (die Anerkennung des seit 1701 bestehenden preußischen Königstitels und der Standeserhebung des protestantischen Herzogtums Preußen zum Königreich Preußen durch den polnischen Sejm folgte, unter russischem Druck, allerdings erst 1764[18][19], die des Kirchenstaates 1787[20][21][22], da der Papst dem „herätischen“ preußischen König bis dato nur den Titel eines „Markgrafen von Brandenburg“ zugestand...). Erwähnenswert bleibt auch der unter August dem Starken geschlossene Friedensvertrag zu Karlowitz 1699 mit der Hohen Pforte, der eine Rückkehr Podoliens in den polnischen Reichsverband ermöglichte, den antiosmanischen Krieg der Heiligen Liga und im Besonderen die seit 1444 geführten kriegerischen Auseinandersetzungen Polens mit der Türkei bis auf den heutigen Tag beendete und der zu einer Annäherung zwischen den ehemals verfeindeten Staaten, im Angesicht des politisch-militärischen Aufstiegs Russlands, Österreichs und Preußens zu kontinentalen Hegemonialmächten, in den nächsten Jahrzehnten führte. Die Geschicke des Landes wurden immer stärker von den großen Magnatenfamilien und Hochadelsfraktionen bestimmt, namentlich die Potockis, Czartoryskis, Sapiehas, die nicht nur (teilweise) untereinander verfeindet waren, sondern sich gegenseitig bekriegt hatten und immer stärker auch finanziell von fremden Mächten abhängig wurden. Die Versuche des Königs, eine absolutistische Herrschaft zu etablieren, mussten vor diesem Hintergrund und dem Fehlen einer Hausmacht in Polen scheitern.

König Stanislaus I. Leszczyński, politischer Gegenspieler der Wettiner in Polen während des Dritten Nordischen- und Polnischen Thronfolgekrieges (Gemälde vor 1709)

Nur durch die Unterstützung Russlands konnte sich sein Sohn, August III., während des Polnischen Thronfolgekrieges gegen seinen Gegenspieler Stanislaus I. Leszczyński durchsetzen, freilich um den Preis dessen zunehmender politischer Einflussnahme in Polen als Vermittler und tatsächlicher „Beschützer“ der Königlichen Republik, der das Land weitgehend durch seinen Günstling Heinrich Graf von Brühl regieren ließ. Diese Zeichen des Verfalls waren aber nur die eine Seite der Medaille. Gleichzeitig entwickelte sich zunehmender Wohlstand beim Gutsadel, der dazu führte, dass man sich auch Fragen einer inneren Reform der Adelsrepublik stellte. Der Geist der Aufklärung drang nach Polen vor, Ansätze zu einer Verbesserung des Bildungssystems wurden gemacht. Besonders positiv waren die Folgen in der Architektur. Das Bild der Hauptstadt Warschau veränderte sich in jenen Jahren entscheidend: das Königsschloss wurde großzügig umgebaut, es entstand die Sächsische Achse nach dem Vorbild von Versailles mit dem Sächsischen Palais und dem Sächsischen Garten. In Erinnerung blieb aber in erster Linie die dekadente Stimmung jener Zeit, die sich in zahlreichen Sprichwörtern niedergeschlagen hat, etwa: Gdy August pił, cała Polska była pijana – Wenn August getrunken hatte, war ganz Polen besoffen – oder das noch Bekanntere: Za króla Sasa jedz, pij i popuszczaj pasa – Unter dem Sachsenkönig iss, trink und löse den Gürtel –, das geradezu ein Symbol für die späte sarmatische Adelskultur mit ihren üppigen Festen und dem Fehlen jeder Art von Verantwortungsbewusstsein bei der Mehrheit der großen „Herren“ gegenüber dem eigenen Vaterland geworden ist und mit der späteren Konföderation von Targowica, einem Paradigma für Landesverrat, seinen Höhepunkt fand. Die Sarmaten waren ein iranisches Reitervolk, das während der Antike im südrussischen und ukrainischen Steppengebiet lebte und von dem sich die polnischen Adligen irrtümlich ableiteten. Unter Sarmatismus versteht man das Gefühl völliger persönlicher Freiheit, bei politischem Konservatismus und Intoleranz, ständischem Dünkel und Abgrenzung gegenüber Nichtadligen.

Königreich Polen in den Grenzen nach dem Frieden von Karlowitz, 1699, Englische Karte 18. Jahrhundert

Damit wurden alle Chancen für grundlegende Reformen, die sich nach dem Ende des Polnischen Thronfolgekrieges und dem Wiener Friede 1738 für die völlig aus dem „Takt“ geratene Adelsrepublik nach fast zwei Jahrhunderten unaufhörlicher Kriege, Konflikte und Okkupationen ergaben, die das Land und das „System der Adelsdemokratie“ an den Rand des Ruins trieben, vertan. Mehrere Anläufe zur Reform und Stärkung der Staatsstrukturen, vor allem seiner Finanzen, die unabdingbar zum Aufbau und Unterhalt eines der Staatsgröße und der Zeit gerechten Heeres waren, verliefen allesamt im Sande, so während der Reichstage der Jahre 1738, 1744, 1746 und 1748, da sich einerseits der Adel weigerte, neben der Angst vor absolutistischen Umtrieben (Verlust der eigenen Macht und Einflusses), sich selbst zu besteuern und die Institution des Königtums in Polen zu schwach war, ihre Reformen gegen die Partikularinteressen herrschender Magnatengeschlechter durchzusetzen andererseits. Faktisch bedeutete die im Stummen Sejm von 1717 fixierte Heeresstärke von 24.000 Mann (effektiv kaum mehr als 10.000 Mann) den militärischen Zusammenbruch Polens. Das viel kleinere Brandenburg-Preußen unterhielt im gleichen Zeitraum eine Stehende Armee von bis zu 60.000 Mann unter Waffen, der bis zu 85% der Staatseinnahmen zugeführt wurden. Durch innere und äußere Faktoren zusätzlich bedingt, sank das Land nach 1738 für mehr als zwei Jahrhunderte von einem „Subjekt“ der europäischen Gestaltungspolitik auf das Niveau eines „Objekts“ mit beschränkter Souveränität herab, in völliger politischer Abhängigkeit zu seinen Nachbarn stehend. Vor diesem Hintergrund und durch die militärischen Niederlagen der Adelskonföderationen gegen professionelle Heere ausländischer Berufssoldaten derart eingeschüchtert, blieb dem Wahlvolk der Adelsrepublik nichts anderes übrig, als einem strikten, jedoch realitätsfernem Pazifismus anzuhängen, während die absolutistischen Monarchien bar jedweder moralischer Bedenken und Integrität danach trachteten, ihre Grenzen auf Kosten ihrer Nachbarn zu erweitern…

König Stanislaus August, Reformversuche und die drei Teilungen Polens

Hauptartikel: Stanislaus II. August Poniatowski, Konföderation von Bar, Teilungen Polens, Verfassung vom 3. Mai 1791, Russisch-Polnischer Krieg von 1792, Konföderation von Targowica, Tadeusz Kościuszko und Kościuszko-Aufstand

Reformbewegung und endgültiger Zusammenbruch der Rzeczpospolita unter König Stanislaus August Poniatowski im Jahr 1795 (Gemälde von Marcello Bacciarelli, ca. 1764)

Der zunehmende innere Verfall der polnischen Adelsrepublik hatte sich auch nach der Wahl Stanislaus August Poniatowskis, eines ehemaligen Liebhabers der Zarin Katharina II., im Jahre 1764 unvermindert fortgesetzt und allmählich immer mehr die Begehrlichkeiten der Nachbarn geweckt. Der König unternahm vorsichtige Reformbemühungen, zahlreiche Bildungseinrichtungen und Manufakturen wurden gegründet. Weitergehende Schritte, wie die komplette Abschaffung des Liberum Veto, scheiterten vor allem am Widerstand Russlands.

Im Bereich von Kunst und Kultur bedeutete die Regierungszeit des letzten Königs eine Blütezeit. Dies galt besonders für die Hauptstadt Warschau. Hier entstanden prunkvolle Bauten und Parks. Verewigt ist die Atmosphäre jener Jahre in den Stadtveduten des Venezianers Bernardo Bellotto, genannt Canaletto, Hofmaler bei Stanislaus August Poniatowski. Auf Initiative des Königs wurde die Zeitschrift Monitor gegründet. Die Logen der Freimaurer hatten mit Cagliostro und Casanova regen Zulauf. Die Dichter Ignacy Krasicki, Adam Naruszewicz, Stanisław Trembecki konkurrierten mit Dramatikern Franciszek Zabłocki, Wojciech Bogusławski, Julian Ursyn Niemcewicz. Graf Jan Potocki, Völkerkundler und Schriftsteller, erhob sich per Heißluftballon über die Stadt, der Pflanzersohn Lewis Littlepage aus Virginia bereiste als königlicher Sekretär und Diplomat die Höfe Europas.

Pläne zur Teilung Polens gab es auch schon in den Jahrhunderten zuvor und immer hatten das Haus Brandenburg-Preußen und Russland das größte Interesse daran gehabt. Noch lieber hätte es Russland freilich gesehen, das gesamte Land unter weitgehender politischer Kontrolle zu behalten, wie es seit Jahrzehnten unter dem Vorwand des Schutzes der Orthodoxen und der Protestanten der Fall war. Die Reformansätze des neuen Königs konnten niemandem gefallen, der an der Schwäche Polens interessiert war. Unter massivem russischen Druck mussten König Poniatowski und der Sejm 1768 einen ewigen polnisch-russischen Vertrag unterzeichnen, der alles beim Alten beließ und die Königliche Republik faktisch auf die Höhe eines russischen Protektorats stellte. Zahlreiche Adlige waren gegen den Vertrag und schlossen sich in einer Widerstandsorganisation, der Konföderation von Bar, zusammen.

Mit diesem Kupferstich prägte Johann Esaias Nilson für lange Zeit das Bild von der Ersten Teilung Polens im Jahr 1772. Gleichzeitig hielt der massenhaft verbreitete Stich die Erinnerung an die Existenz Polens in den Köpfen zahlreicher Patrioten wach.

Es begann ein vierjähriger Bürgerkrieg, der immer mehr europäische Dimensionen annahm. Um sich ihren Anteil an der Beute zu sichern, waren österreichische und preußische Truppen schon seit 1769 in Teilen Polens einmarschiert und hatten sie besetzt. Die Initiative zu einer wirklichen Aufteilung ging dabei vom preußischen König Friedrich II. aus. In den Verträgen vom 17. Februar und 5. August 1772 erhielt Russland die Wojewodschaften Polozk, Witebsk, Mstislau und Polnisch-Livland; weite Teile Kleinpolens und die Wojewodschaft Ruthenien fielen an Haus Österreich; Preußen sicherte sich das bisherige Königliche Preußen mit dem Ermland und Teilen der Wojewodschaften Inowrocław und Gnesen. Insgesamt verlor Polen bei der ersten Teilung knapp 200.000 km² mit 4,5 Millionen Einwohnern. Es blieben ihm 527.000 km² mit 7 Millionen Menschen.

Diese Ereignisse brachten führende Köpfe des Staates dazu, nun noch intensiver über innere Reformen nachzudenken. Man vereinbarte eine umfassende Verbesserung des Steuerwesens, eine Modernisierung der Armee (Aufbau und Finanzierung eines 100.000 Mann starken Stehenden Heeres) und nicht zuletzt des Bildungswesens durch die Gründung der „Kommission für das nationale Erziehungswesen“. Noch weitergehende Schritte nahm man am Ende der 1780er Jahre in Angriff, als der Vierjährige Reichstag mit dem Ziel zusammentrat, eine neue Verfassung zu verabschieden. Diese Konstitution, die eine Erbmonarchie unter dem Haus der Wettiner vorsah, ging als die Verfassung vom 3. Mai 1791 in die Geschichte ein, und war die erste moderne Verfassung Europas, die zweite überhaupt nach den USA, und sah neben einer Teilung und Verschränkung der Gewalten auch das Prinzip der Volkssouveränität vor, wenn auch de facto der Adel der wichtigste Stand bleiben sollte.

Der Widerstand der alten Teilungsmächte gegen diese Veränderungen wuchs allerdings immer mehr. Preußen suchte, obwohl seit 1790 in Form einer Defensivallianz sogar mit Polen verbündet, erneut die Nähe Russlands. Dieses hatte konservative polnische Adlige ermutigt, sich in einer Widerstandsgruppe, der Konföderation von Targowica, zusammenzuschließen, die von russischem Militär massiv unterstützt wurde. Der Widerstand der antireformatorischen Kräfte und die russische Intervention zur Unterstützung ihrer Vasallen in Polen gipfelten schließlich im Russisch-Polnischen Krieg von 1792. Die militärische Niederlage der Polen trug nun zu einer weiteren Teilung zwischen Russland und Preußen vom 27. Januar 1793 bei, in der alle Gebiete östlich der Linie DünaburgChocim an Russland, Großpolen, Westmasowien sowie die Städte Danzig und Thorn an Preußen fielen. Der Annexionen beider Aggressoren hatte sich Polen in der letzten adelsrepublikanischen Sejmtagung, im Sejm von Grodno (17. Juni bis 23. November 1793), durch militärischen Nachdruck zu fügen. Es verblieb ein polnischer Rumpfstaat mit 240 000 km² und 3,5 Millionen Einwohnern.

Kampf um die Freiheit gegen die Invasionsmächte Preußen und Russland unter General Tadeusz Kościuszko während des polnischen Nationalaufstands 1794

In ihm brach ein Jahr später ein nationaler Aufstand aus, der von dem Offizier Tadeusz Kościuszko angeführt wurde, der Jahrzehnte zuvor erfolgreich im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg gekämpft hatte. Zum ersten Mal handelte es sich um einen echten Volksaufstand. Kościuszko proklamierte sich selbst zum „Diktator“ und hoffte auf auswärtige Hilfe. Die Kämpfe, die von wenigen Soldaten und einem Heer mit umgeschmiedeten Sensen bewaffneter Bauern geführt wurden, waren zunächst unerwartet erfolgreich, etwa in der Schlacht von Racławice bei Krakau; schließlich musste man aber der militärischen Übermacht von Preußen und Russen weichen. In der Schlacht von Maciejowice bei Warschau unterlag im Oktober 1794 das Hauptaufgebot mit Kościuszko an der Spitze, den man schwer verwundet gefangennahm. Dass er im Augenblick seiner Verwundung Finis Poloniae! gerufen habe, ist eine spätere Legende, sie trifft jedoch den Kern, da in jenem Augenblick das Schicksal Polens besiegelt war. Der Schlacht von Maciejowice folgende Kampf um die polnische Hauptstadt, in dem es zu pogromgleichen Exzessen gegen die Zivilbevölkerung durch das russische Militär kam, war der Kościuszko Aufstand endgültig gescheitert.

Mit der folgenden dritten Teilung, in der Russland alle litauischen und ruthenischen Gebiete östlich von Bug und Memel, Österreich das restliche Kleinpolen mit Krakau und Preußen das restliche Masowien mit Warschau und Teile Litauens erhielt, war Polen für über 100 Jahre von der politischen Landkarte Europas verschwunden. Die endgültige Teilungskonvention vom 26. Januar 1797, geschlossen in Sankt Petersburg, wurde um ein geheimes Zusatzabkommen ergänzt:

Im Angesicht der Notwendigkeit alles abzuschaffen, das die Erinnerung an das Bestehen des Königreichs Polen wiederbeleben könnte…, stimmen die den Vertrag abschließenden Parteien überein…, niemals ihre Titel um den Namen oder Bezeichnungen des Königreichs Polen zu ergänzen, welches von heute und für alle Zeit unterdrückt bleiben soll.

Der letzte Souverän der Rzeczpospolita, König Stanislaus August Poniatowski, starb, nach erzwungener Abdankung durch die Okkupanten, unerwartet am 12. Februar 1798 in Sankt Petersburg. Vom katastrophalen Ausgang der polnischen Staatlichkeit profitierte hingegen auch eine vierte Partei, die Erste Französische Republik, die das innere Staatsgefüge in den Wirren der Französischen Revolution konsolidieren konnte, während Polen zwischen 1792 und 1795 beträchtliche Kräfte und Aufmerksamkeit der absolutistischen und antirevolutionären Despoten Mittel- und Osteuropas auf sich zog. In ihre Hände legten nun die Polen all ihre Hoffnung, sie von der Knechtschaft der Besatzungsmächte zu befreien.

Fremdherrschaft, Unterdrückung und Kampf um die Unabhängigkeit 1795–1914

Polen, Frankreich und die europäischen Mächte 1795–1815

Hauptartikel: Französische Revolution, Herzogtum Warschau, Völkerschlacht bei Leipzig, Wiener Kongress, Kongresspolen, Republik Krakau und Großherzogtum Posen

Polen nach 1795, mit den autonomen Nachfolgestaaten Herzogtum Warschau 1807–1815, nach dem Wiener Kongress dreigeteilt in Kongresspolen bis 1831, Republik Krakau bis 1831/1846 und das Großherzogtum Posen bis 1831/1849

Die nach dem Ende der polnischen Staatlichkeit verbliebenen Aufständischen und Oppositionellen setzten nun all ihre Hoffnungen auf das revolutionäre Frankreich. Auf dessen Anregung entstand bis 1797 in Oberitalien eine 6000 Mann starke Polnische Legion unter General Jan Henryk Dąbrowski, die auf Seiten Napoleons bis zum Frieden von Lunéville 1801 kämpfte, ohne ihrem eigentlichen Ziel näher zu kommen. Statt dessen wurden die polnischen Soldaten wegen der Jakobinernähe ihrer polnischer Offiziere vom nach absoluter Macht strebenden Napoleon im Kampf gegen Aufständische auf Haiti geopfert, wo sie mehrheitlich durch Tropenkrankheiten dezimiert wurden. Einige liefen zu den haitianischen Freiheitskämpfern über. Was blieb, war vor allem der unbedingte Siegeswille der Legionäre, der sich im Text des Liedes Józef Wybickis von 1797 manifestierte: „Noch ist Polen nicht verloren, solange wir leben“, und weiter „Marsch, marsch, Dąbrowski, von Italien nach Polen“ (seit 1918 die Nationalhymne Polens).

Gleichzeitig versuchten polnische Adlige am Petersburger Hof, wie der beim Zaren zu Einfluss gelangte Fürst Adam Jerzy Czartoryski, die Lage im russischen Teilungsgebiet zu mildern, was durch eine größere Freiheit besonders im Bildungswesen zeitweise auch gelang, außenpolitisch jedoch keine Erfolge zeigte, da Russland nicht zu einem Krieg gegen Preußen bereit war. Die französischen Kriegserfolge des Jahres 1806 bewogen einige Polen erneut auf die Karte Napoleon zu setzen und einen bewaffneten Aufstand im polnischen Südpreußen zu wagen. Durch die Schwäche Preußens und den Vormarsch der Grande Armée hatte die Erhebung Erfolg.

Napoleon, der bei seinem Einmarsch in Warschau am 19. Dezember 1806 nach dem Sieg über Preußen wie ein Befreier gefeiert wurde[23][24][25][26], dachte allerdings nur an die Stärkung und Auffüllung seines Heeres für die zukünftigen Kämpfe gegen Russland. Er erklärte sich jedoch dazu bereit, im Rahmen des Tilsiter Friedens, aus dem das Königreich Preußen geschwächt herausging und vor der Auflösung durch Napoleon stand[27], jedoch dank der Intervention des russischen Zaren seine staatliche Integrität erhalten konnte, ein relativ kleines Herzogtum Warschau zu bilden, an dessen Spitze der sächsische Kurfürst Friedrich August gestellt wurde. Statt der erwarteten Bestätigung der Mai-Verfassung, wurde lediglich, dem französischen Vorbild folgend, das „Statut conventionnel“ erlassen, sodass die entscheidende politische Rolle dem französischen Residenten in Warschau zufiel.

Fürst Józef Antoni Poniatowski, der militärische Führer des Herzogtums Warschau

Trotz politischer Schwierigkeiten wuchs das Engagement der polnischen Bevölkerung für den neuen Staat. Dies galt besonders für das auf französischer Seite kämpfende Militär, dem es gelang Teile Kleinpolens von Österreich 1809 zurückzuerobern. Aus diesen Gründen war auch die polnische Bereitschaft hoch, sich massiv am Russlandfeldzug Napoleons zu beteiligen. Mit über 100.000 Mann, bei ungefähr 4 Millionen Einwohnern, stellten die Polen aus dem Herzogtum das größte Kontingent nach den Franzosen und kämpften im Winter 1812–1813 an der Seite Frankreichs auf verlorenem Posten in den Weiten Russlands. Nur wenige Tausend kehrten anschließend in ihre Heimat zurück. Aufgrund der Niederlage Napoleons und seiner Grande Armée besetzten russische Soldaten rasch große Teile des schutzlosen Herzogtums und die Hauptstadt Warschau, während der militärische Kopf der Polen, Fürst Józef Antoni Poniatowski, in der Völkerschlacht bei Leipzig 1813, seinen Treueid gegenüber Kaiser Napoleon und König Friedrich August erfüllend, ums Leben kam, als er in den Fluss Elster stürzte und ertrank. Die endgültige Entscheidung über die Zukunft Polens fiel nun auf dem Wiener Kongress von 1815, als die Grenzen der Teilungen bestätigt und lediglich die Position Preußens zugunsten der Russlands geschwächt wurde. Preußen musste die in der dritten Teilung erworbenen Gebiete weitgehend aufgeben. Das bis 1809 österreichische Krakau wurde zur Freien Stadt erklärt. Das Herzogtum Warschau wurde um die Provinz Posen verkleinert, die an Preußen zurückfiel. Der Rest wurde als „Königreich Polen“ mit eigener Verfassung und Autonomie ausgestattet und in Personalunion mit dem Russischen Reich vereinigt. Die Existenz einer polnischen Nation wurde von allen europäischen Großmächten anerkannt. In den folgenden Jahren gelang es, die soziale Umstrukturierung der Gesellschaft voranzubringen, die die Grundlagen für die Entstehung einer demokratischen polnischen Nation aller Stände schuf.

Durch die Niederlage der polnisch-französischen Allianz in der Völkerschlacht bei Leipzig im Jahr 1813 war Polens Schicksal besiegelt, auf dem Bild Fürst Józef Antoni Poniatowski mit Kaiser Napoleon während der Schlacht (Gemälde von January Suchodolski, 19. Jahrhundert)

Das kurze französische Intermezzo hinterließ dennoch ein wirtschaftlich und menschlich ausgeblutetes „Rumpf-Polen“, nachdem Napoleon das winzige Herzogtum rücksichtslos in die Pflicht genommen und das polnische Vertrauen und die Loyalität in seine Person zur Errichtung eines freien, unabhängigen Polens mit wankelmütigen Versprechungen missbraucht hatte, während er mit den gemeinsamen Feinden, vor allem mit Österreich und Russland auf Kosten der polnischen Nation einen Ausgleich suchte, der auch am Namen des Herzogtums abzulesen ist. Zu lange setzte die polnische Führung (besonders Fürst Poniatowski) auf Napoleon. Während sich 1813 fast ganz Europa gegen Napoleon gestellt hatte, waren die Polen das einzige europäische Volk, das diesem Despoten noch in der Völkerschlacht bei Leipzig in blinder Gefolgschaft die Treue hielt, während die restlichen französischen Verbündeten vor allem aus dem Rheinbund und die sächsischen Regimenter ihr Heil im Überlaufen suchten. Demgegenüber ließ der Kaiser bei seiner hastigen Flucht vom Schlachtfeld vorzeitig die Brücken sprengen. Er lieferte damit einen Teil der französischen und die gesamte polnische Armee den Feinden aus. Fürst Poniatowski fand dabei den Tod, erhielt posthum den Titel eines französischen Marschalls, während seine Heimat in die Hände seiner Feinde fiel. Durch die vernichtende Niederlage der französisch-polnischen Allianz während des Russlandfeldzugs von 1812 und weil der russische Zar in der Frage eines souveränen Polens zu keinen Konzessionen bereit war, befand sich jedoch Fürst Poniatowski und sein Volk in einer (fast) ausweglosen Situation. Mit dem Sturz Napoleons durch die Teilungsmächte und das Vereinigte Königreich, brach für die Polen etwas mehr als ein Jahrhundert Fremdherrschaft an. Der polnische Nationalstaat war von der europäischen Landkarte verschwunden (endgültig nach der Auflösung der Verfassung „Kongreßpolens“ 1831) und die polnische Kultur und Sprache wurde zum Teil unterdrückt.

Die Zeit der Aufstände 1815–1864

Hauptartikel: Novemberaufstand und Januaraufstand

Hambacher Fest 1832, Polen und Deutsche vereint im Kampf für Frieden, Freiheit und nationale Einigkeit

Auf lange Sicht gesehen war die polnische Nation nach den Wiener Beschlüssen von 1815 nicht bereit, den Status quo zu akzeptieren. Der Wunsch nach einem eigenen Staat war ungebrochen. Die katholische Kirche wuchs aufgrund ihrer beibehaltenen Strukturen immer stärker in die Rolle einer Bewahrerin der Traditionen hinein.

Die politische Entwicklung seit 1815 war durch eine eher gemäßigte Unterdrückung durch den Zaren und seinen Warschauer Statthalter Novosilcov geprägt. Damit waren aber viele Jüngere, geprägt vom Geist der polnischen Romantik und ihrer Helden wie Adam Mickiewicz und Juliusz Słowacki, nicht zufrieden. Die Nachricht von Revolutionen in Paris und in Belgien im Jahre 1830 ließ auch eine kleine Gruppe von Warschauer Verschwörern zu den Waffen greifen. Am 28. November desselben Jahres brach der Aufstand gegen die russische Bevormundung aus, der jedoch keine konkreten politischen Zielvorstellungen hatte. Aufgrund der zögerlichen russischen Reaktion gelangen zunächst einige Erfolge, die den im Dezember zusammengetretenen Sejm dazu bewogen, die Dynastie der Romanows für abgesetzt zu erklären. Im Laufe des Jahres 1831 behielt Russland in der massiven militärischen Auseinandersetzung aber die Oberhand, auch deswegen, weil die Aufständischen zu keinen weitergehenden Schritten in der Bauernfrage bereit waren.

Gedenkstein für die Polnische Legion von 1848 im Rastatter Schloss

Der Novemberaufstand war in ganz Europa äußerst populär, besonders in Deutschland, wo die entstehende Polenbegeisterung auch nach dem Scheitern des Aufstandes und dem Einsetzen der „Großen Emigration“ zunächst weiter bestand und zur Entstehung von Solidaritätskomitees und „Polenliedern“ führte, deren Höhepunkt das sog. „Hambacher Fest“ im Jahre 1832 war, wo deutsche und polnische nationale Bestrebungen auf eindrucksvolle Weise miteinander verbunden wurden. Im russischen Teilungsgebiet selbst wurde die Sonderstellung der Polen nun massiv eingeschränkt. Jetzt wurde in Teilen der Verwaltung mit der Russifizierung begonnen und das polnischsprachige Bildungssystem geschwächt. Zu einem neuen Zentrum der polnischen Politik wurde das Hôtel Lambert in Paris, wohin viele bedeutende Politiker geflohen waren und wo mit den „Konservativen“ und den „Demokraten“ die beiden Hauptlager entstanden.

Aufgrund der Unterdrückung im russischen Teilungsgebiet wandte sich das Hauptaugenmerk für einen erneuten Aufstand den anderen beiden Regionen zu. Für Anfang 1846 wurde eine gesamtpolnische Erhebung geplant, die ihren Schwerpunkt aber im preußischen Posen und der Freien Stadt Krakau haben sollte. Der Posener Plan wurde jedoch verraten und die Verschwörer mit ihrem Kopf Ludwik Mieroslawski verhaftet. Die Bestrebungen im österreichischen Teilungsgebiet wurden nur halbherzig durchgeführt. Parallel dazu brach aber dort ein Bauernaufstand aus, der sich vor allem gegen die polnischen Landadligen richtete und von den Behörden teilweise unterstützt wurde. Dieser extrem grausame Bürgerkrieg führte in nur zwei Monaten zu über 1000 Toten. Krakau, das vorübergehend in polnischer Hand war, wurde schließlich von österreichischen Truppen besetzt und 1846 in die Donaumonarchie inkorporiert. Aufgrund dieses völligen Scheiterns war es um so überraschender, dass die polnische Frage schon zwei Jahre später in Preußen wieder zu einem beherrschenden Thema wurde.

Russische Truppen auf den Straßen Warschaus

Im preußischen Teilungsgebiet waren die Jahre seit 1815 vor allem geprägt durch die 1823 durchgeführte endgültige Bauernbefreiung. Die zunächst relativ gemäßigte Politik gegenüber den Polen wurde nach dem Amtsantritt des neuen Oberpräsidenten Eduard Heinrich von Flottwell Ende 1830 zunehmend antipolnisch, vor allem in der Bildungs- und der Kirchenpolitik. Seit Beginn der 1840er Jahre schien sich unter dem neuen preußischen König Friedrich Wilhelm IV. eine liberalere Polenpolitik anzudeuten, bis die Aufstandspläne von 1846 und der große Berliner Polenprozess eine erneute Wende einleiteten. Die Märzrevolution des Jahres 1848 führte auch zum Wiederentstehen polnischer Organisationen in der preußischen Provinz Posen. Man erwartete das Ausbrechen eines Krieges gegen das reaktionäre Russland. Mitunter arbeiteten deutsche und polnische Demokraten eng zusammen. Der Krieg kam jedoch nicht, der preußische König überwand seine zeitweilige Schwäche und die nationalen Spannungen im Lande nahmen zu. Den Aufständischen gelang es nicht, die preußische militärische Übermacht zu besiegen. Dass die Stimmung des Jahres 1848 nicht mehr der von 1832 entsprach, zeigte schließlich die dreitägige Polendebatte der Frankfurter Nationalversammlung im Juli 1848 sehr deutlich. Nur noch wenige traten für die Rechte der Polen ein, die national-konservativen Kräfte setzten sich endgültig durch. Letztes Aufflackern war die demokratische Revolution in Baden, an deren militärischer Spitze 1849 Mierosławski stand. An den europäischen Revolutionen der Jahre 1848/1849 hatten auch an anderen Stellen Polen mitgekämpft, etwa General Josef Bem in Österreich und Ungarn. Keinen Aufstandsversuch gab es aber im russischen Teilungsgebiet, wo der Statthalter Ivan Paskevič die Zügel fest in der Hand hielt.

Frankfurter Nationalversammlung 1848, deutliche Abkehr von Forderungen des Hambacher Fests in puncto Polen

Erst die russische Niederlage im Krimkrieg 1855 und der Amtsantritt des neuen Zaren Alexanders II. weckte neue Hoffnungen. Es entwickelten sich nun ernstzunehmende Pläne einer engen polnisch-russischen Zusammenarbeit unter dem gemäßigten Adligen Aleksander Wielopolski, der 1862 zum Chef einer nur aus Polen bestehenden Zivilregierung ernannt wurde. Die Demokraten dagegen sahen sich durch die Einigungsbestrebungen Italiens wieder zu revolutionären Taten veranlasst und begannen im Januar 1863 einen bewaffneten Aufstand, den Januaraufstand, in dem es allerdings nicht gelang, Unterstützung aus anderen europäischen Staaten zu erhalten. Die verschiedenen gesellschaftlichen Absichten der polnischen Emigration, das Fehlen einer schlagkräftigen militärischen Führung im Lande und die vergeblichen Versuche, auch die Bauern zu mobilisieren, brachten auch diesen Aufstand zum Scheitern. Die massiven Vergeltungsmaßnahmen der Russen, Enteignungen und Deportationen nach Sibirien, führten dazu, dass der Adel nun seine beherrschende Kraft innerhalb der polnischen Gesellschaft verlor, die Ideen der Romantik waren endgültig gescheitert.

„Organische Arbeit“ und die polnische Nationalbewegung 1864–1914

Marie Curie, Vertreterin des polnischen Positivismus

Das Scheitern der Aufstände führte in allen drei Teilungsgebieten zu neuen Überlegungen bei den Eliten, die immer mehr vom Bürgertum gestellt wurden. Aus dem passiven Widerstand vor allem im russischen Teil erwuchs der Wille, der drohenden Russifizierung bzw. Germanisierung aus eigener Kraft Herr zu werden, ohne immer wieder zu Aufständen greifen zu müssen. Man favorisierte das Konzept einer langsamen, evolutionären Entwicklung der eigenen Fähigkeiten in den Bereichen Wirtschaft, Bildung oder Kultur, das mit dem Schlagwort „organische Arbeit“ bezeichnet wurde. Ausgedacht wurden diese Überlegungen von einer neuen Generation von Publizisten und Schriftstellern, die sich vor allem in Warschau versammelten. Sie gründeten unter anderem die „Fliegenden Universitäten“, bei deren heimlichen Treffen die sozialen, naturwissenschaftlichen und medizinischen Probleme ihrer Zeit diskutiert wurde. In Anlehnung an das Hauptwerk „Positive Philosophie“ des französischen Philosophen Auguste Comte nannten sich diejenigen, die der Bewegung angehörten, Positivisten. Zu ihr gehörte auch die Wissenschaftlerin Marie Curie, geb. Skłodowska.

Selbstporträt Jan Matejkos aus dem Jahr 1892

Im Rahmen dieses kulturellen Nationalkampfes spielte die Rückbesinnung auf die Vergangenheit eine große Rolle, als Polen die drei Teilungsmächte zeitweise dominiert oder – wie vor Wien 1683 – vor dem Untergang gerettet hatte. Der Krakauer Historienmaler Jan Matejko schuf zahlreiche patriotische Gemälde[28], die bei der Bewahrung einer kulturellen Identität Polens in den 123 Jahren der Teilung eine wichtige Rolle spielten.[29]darunter sein berühmtestes Bild, die 1878 entstandene Schlacht von Grundwald, das den Triumph der Polen über das Ritterheer des Deutschen Ordens im Jahr 1410 feiert.

Auch die patriotische Literatur jener Zeit orientierte sich an der Geschichte. Wichtig waren hier unter anderem die Historienromane von Henryk Sienkiewicz, der in seinem 1900 erschienenen Buch Krzyżacy (dt.: Die Kreuzritter) in Anlehnung an Matejkos Werk von der Schlacht von Grunwald erzählt. Auch populäre Mythen und Geschichten wie die Erlebnisse des Michał Drzymała oder die Hymne „Rota“ der bedeutenden Schriftstellerin Maria Konopnicka mit ihren antideutschen bzw. antipreussischen Zeilen spielten im Nationalkampf eine wichtige Rolle.

Wie inspirierend und mobilisierend der Mythos von Grunwald auf die unterdrückte polnische Bevölkerung wirkt, zeigte sich im Juli 1910, als zur Fünfhundertjahrfeier der Schlacht 150.000 Menschen zusammenkamen – die größte nationale Kundgebung während der gesamten Teilungszeit. Da das Schlachtfeld selbst zum repressiven Deutschen Reich gehörte, fand die Veranstaltung im galizischen Krakau statt, wo die österreichisch-ungarische Regierung eine wesentlich liberalere Kulturpolitik betrieb. [30]

„Kulturkampf“ und die Folgen: das preußische Teilungsgebiet

Kulturkampf unter Reichskanzler Otto von Bismarck

In Preußen wurden mit dem Amtsantritt des neuen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck die Bestrebungen einer vollständigen Integration auch der mehrheitlich polnisch bewohnten Landesteile (Teile Westpreußens, der Provinz Posen und Oberschlesiens) verstärkt. Seine Politik begann sich in den 1860er-Jahren besonders gegen den dortigen Adel und den katholischen Klerus in allen Teilen Preußens zu richten. Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 wurden die Germanisierungsbestrebungen noch verstärkt. Dazu zählte die stufenweise Abschaffung des Polnischen als Unterrichtssprache an Oberschulen. Darüber hinaus fanden massive Schritte gegen den katholischen Klerus im Zuge des Kulturkampfs ihren Niederschlag, die zugleich auch im katholischen Westfalen, im Rheinland und in Bayern erfolgten (unter anderem Aufhebung der geistlichen Schulaufsicht). Gerade die letztgenannten Aktionen bewirkten aber genau das Gegenteil des Gewünschten, weil die bisher national eher passiven polnischen Bauern – zum Teil in Kooperation mit Katholiken aus dem Süden und Westen des Kaiserreichs – für ihren katholischen Glauben zu kämpfen begannen.

In Westpreußen und in der Provinz Posen scheiterte der Versuch einer weiteren „Germanisierung des Bodens“ durch Aufkauf polnischen Landes ebenso wie die Bemühungen, neue deutsche Siedler ins Land zu locken. Hauptgrund war die landwirtschaftliche Prägung, die im Zeitalter der Industriellen Revolution nur geringe Aussichten auf Wohlstand versprach. Deutsche und Polen wanderten gleichermaßen aus West-/Ostpreußen und Posen in das Ruhrgebiet und das oberschlesische Industrierevier ab. Organisationen wie der „Ostmarkenverein“ verschärften die Antagonismen noch mehr und führten zu Gegengründungen polnischer Vereine.

Henryk Sienkiewicz, Begründer der patriotischen Literatur im besetzten Polen

Die Ausweisungen mehrerer zehntausend Polen russischer Staatsangehörigkeit in den Jahren 1885–1886 brachten auch die internationale öffentliche Meinung gegen das Deutsche Reich auf. Gegen die deutsche Unterrichtssprache gab es gut organisierte und effektive Schulstreiks, dessen bekanntester in Wreschen im Jahre 1901 auch internationales Aufsehen erregte. Auch eine zwischenzeitlich betriebene liberalere Politik unter Reichskanzler Caprivi konnte an diesen längerfristigen Aktionen nichts ändern. Im Ergebnis ging der Anteil der Deutschen bzw. Deutschsprachigen in der Provinz Posen von 1871 bis 1910 von 44 auf 38 Prozent zurück, der Anteil der Polen stieg vice versa von 56 auf 62 Prozent.

Am wirtschaftlichen Aufschwung des Kaiserreichs partizipierten freilich auch die Polen. Der sich anbahnende bescheidende Wohlstand hatte auch Initiativen zur Volksbildung zur Folge, die wiederum gut als Teil der „organischen Arbeit“ genutzt werden konnten. Durch eine gewisse Rechtssicherheit für den Einzelnen und die Möglichkeit parlamentarischer Mitwirkung, zum Beispiel über die Partei der Polen im Reichstag, wurden Strukturen geschaffen, die nach 1918 im polnischen Staat von Nutzen waren. Das war ein wesentlicher Unterschied zum zaristischen Russland, in dem es diese Rechtssicherheit nicht gab und teilweise nicht einmal Religionsfreiheit herrschte. Eine besondere Rolle innerhalb des preußischen Staates spielte die oberschlesische Industrieregion, die in jenen Jahren ähnlich dem Ruhrgebiet zu einem riesigen Wachstumsgebiet wurde, in dem sich jedoch gleichzeitig die deutsch-polnischen nationalen Spannungen immer heftiger zu entladen begannen. Die beiden Industriezentren zogen auch Hunderttausende von Arbeitskräften an, was zum hohen Anteil von Polen an der Bevölkerung des Ruhrgebiets führte. Im Ruhrgebiet integrierten sich die polnischen Zuwanderer rasch in die ortsansässige Bevölkerung.

Die Situation in Galizien

Hauptartikel: Galizien, Franz Joseph und Österreich-Ungarn

Kaiser Franz Joseph

Die Bedingungen für eine Weiterentwicklung polnischer Strukturen waren im österreichischen Teilungsgebiet am günstigsten. Nachdem Österreich in Oberitalien, im Rahmen der italienischen Einigungskriege, Risorgimento, Ende der 1850er Jahre schwere Rückschläge hinnehmen musste und anschließend den Kampf im Deutschen Krieg gegen Preußen um die Vorherrschaft im Deutschen Bund 1866 verloren hatte und zudem im Rahmen der Österreichisch-Ungarischen Verständigung den internen Ausgleich mit dem Königreich Ungarn durchführte, sah man sich auch in Galizien veranlasst, die Zügel zu lockern.

Der Kaiser von Österreich, Franz Joseph I., erlaubte die Polonisierung des Schulwesens und der Verwaltung, in anderen Bereichen gewährte man ebenfalls wachsenden polnischen Einfluss, so dass ab 1867 eine de facto Autonomie Galiziens bestand, was jedoch die Missbilligung der Preußen und Russen heraufbeschwor. Die polnisch dominierte Autonomie berücksichtigte allerdings nicht die Sprache und Kultur der in Ostgalizien beheimateten Ukrainer.

Einen wichtigen Einfluss auf das geistige Leben übten die Universitäten von Krakau und Lemberg aus, an denen eine ganze Reihe polnischer Wissenschaftler ausgebildet wurden. Im Gegenzug sicherte das polnische konservative Lager dem Haus Habsburg-Lothringen seine volle Loyalität zu und vertrat diese auch personell und ideell am Wiener Hof. Problematisch blieb in der strukturschwachen Region die Lage der ländlichen Bevölkerung und der größtenteils nicht assimilierten Juden. Auch deshalb entstanden bald populistische Bewegungen der Bauern, die die Grundlagen für die in der Zwischenkriegszeit mächtigen Bauernparteien legten. Das liberale geistige Klima am Vorabend des Ersten Weltkrieges ermöglichte auch die Aufstellung paramilitärischer Verbände, die für die Wiedererlangung der Unabhängigkeit kämpfen sollten. Es fehlte zunächst aber ein klares und allgemein unterstütztes politisches Konzept für die weitere Entwicklung.

Die Lage im russischen „Kongresspolen“

Roman Dmowski, Führer des rechten Spektrums im russisch dominierten Teil Polens

Im russischen Teilungsgebiet waren nach dem gescheiterten Januaraufstand die Verwaltungsstrukturen völlig russifiziert worden. Die Verwendung der polnischen Sprache in Zeitungen, Büchern und Kirchen war untersagt. Seit 1885 durfte in den Schulen außer in den Fächern Polnisch und Religion nur russisch unterrichtet werden. Die Bezeichnung „Polen“ verschwand aus der zaristischen Verwaltung.

Nachdem die alten Wege gescheitert waren und die Entwicklung der „organischen Arbeit“ eine gewisse Zeit brauchte, führten die umfangreichen demographischen und ökonomischen Veränderungen der zweiten Jahrhunderthälfte auch zum Entstehen sozialistischer Bewegungen. Die 1892 in Paris gegründete „Polnische Sozialistische Partei“, die im Jahre darauf auch in Kongresspolen tätig wurde, geriet unter ihrem faktischen Anführer Józef Piłsudski in gemäßigteres Fahrwasser und vertrat etwa seit der Jahrhundertwende die Parole „Durch Unabhängigkeit zum Sozialismus“.

Parallel dazu gab es terroristische Anschläge, die die russische Polizei nicht zur Ruhe kommen ließen. Demgegenüber schlossen sich die internationalistischeren, klassenkämpferischen Kräfte unter den beiden Anführern Julian Balthasar Marchlewski und Rosa Luxemburg zur „Sozialdemokratie des Königreichs Polen und Litauen“ zusammen und suchten die Zusammenarbeit mit den russischen Sozialisten. Auf der rechten Seite des Parteienspektrums etablierte sich die „Liga Narodowa“ (Nationale Liga), die mit ihrer nationalistischen, antisemitischen und prorussischen Orientierung einen anderen Weg zur Unabhängigkeit suchte. Ihr Anführer Roman Dmowski war bis in die 1930er Jahre der Hauptwidersacher Piłsudskis. Zunehmende politische Bedeutung gewann in den ländlichen Gebieten die Bauernbewegung unter Wincenty Witos.

Das Massaker am „Petersburger Blutsonntag“ des Jahres 1905

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts spitzte sich die politische Lage in Teilen des russischen Kongresspolens zu. Der Beginn des Russisch-Japanischen Krieges durch den Überfall der Japaner auf die russische Pazifikflotte bei Port Arthur am 8. Februar 1904 verstärkte die Hoffnungen auf einen Zusammenbruch des Russischen Reiches. Gegen Ende des Jahres fanden in Warschau und anderen Städten Demonstrationen gegen die Rekrutierung von Polen für die russische Armee statt, an der sich erstmals kleinere polnische Kampfverbände Piłsudskis beteiligten. Diese Trupps verübten in dieser Zeit auch verschiedene politische Attentate, Raubüberfälle etc. Im Februar 1905 wurden Schulstreiks organisiert, die zu Erfolgen wie der Wiederzulassung der polnischen Sprache im Unterricht führten. Auch im religiösen und wirtschaftlichen Bereich musste die russische Regierung infolge des Krieges Konzessionen machen. Die gewalttätigen Arbeiterproteste in Russland mit ihrem Höhepunkt im Petersburger Blutsonntag vom 9. Januarjul./ 22. Januar 1905greg. griffen allmählich auch auf die Ostseeprovinzen und Kongresspolen über. Im Juni kam es in Łódź, dem industriellen Zentrum Kongresspolens, zu Barrikadenkämpfen, die viele Opfer forderten.

Die sich abzeichnende russische Niederlage und die inneren Unruhen, während der Russischen Revolution von 1905, verschärften die Krise zunächst weiter, auch wenn Zar Nikolaus II. am 30. Oktober in seinem Oktobermanifest politische Reformen ankündigte. Weitergehende Versuche zur Machterlangung in Warschau gingen jedoch nur noch von der PPS aus, da die Nationaldemokraten nun zunächst die neue russische Regierung von Pjotr Stolypin unterstützten und konservativ-klerikale Kreise von Papst Pius X. zur Zurückhaltung aufgefordert wurden. In den folgenden Jahren ging die russische Führung jedoch erneut auf Konfrontationskurs in allen Nationalitätenfragen, so dass sich auch für die Polen praktisch keine politischen und gesellschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten boten.

Zwischen der Entente Cordiale und den Mittelmächten: Polen im Ersten Weltkrieg 1914–1918

Hauptartikel: Erster Weltkrieg

Verschiebung der Ostfront durch den Grossen Rückzug der russischen Armee 1915

Der 1914 ausgebrochene Erste Weltkrieg brachte die Frage der Revision der polnischen Teilungen wieder auf die europäische Tagesordnung. Allerdings erschien es zunächst als äußerst unwahrscheinlich, dass die Teilungsmächte aus dem 18. Jahrhundert – das Königreich Preußen (1871 aufgegangen im Deutschen Kaiserreich), das Haus Österreich (1867 aufgegangen in Österreich-Ungarn) und das Russische Reich – geschlossen als Verlierer aus dem Krieg hervorgehen würden.

Die Einziehung von Millionen von Polen in die Armeen der kriegführenden Parteien stellt neben dem Teilungstrauma eine weitere, historisch wenig beachtete Nationaltragödie des polnischen Volkes dar, kämpften nun die „deutsch-österreichischen“ Polen gegen ihre Landsleute aus dem von Russland besetzten Teil Polens. Zudem wurde das polnische Territorium bald zum Hauptkriegsschauplatz im Osten. Die Besetzung weiter Teile Galiziens durch die russische Armee führte zu einer großen Fluchtwelle der Bevölkerung nach Westen. Darunter befanden sich besonders viele Juden, die Angst vor erneuten Pogromen unter russischer Herrschaft hatten. Die Gegenoffensive der Mittelmächte im Sommer 1915 veränderte die Lage jedoch erneut, da sie bis zum Winter zum Rückzug der Russen aus ganz Kongresspolen führte. Das eroberte Territorium wurde in ein deutsches Generalgouvernement Warschau und ein österreichisches mit Sitz in Lublin eingeteilt.

„Regentschaftskönigreich Polen“

Hauptartikel: Regentschaftskönigreich Polen

Der Regentschaftsrat: der polnische Duma-Abgeordnete Józef Ostrowski, Erzbischof Aleksander Kakowski und Fürst Zdzisław Lubomirski (v.l.) im Jahr 1917

Die Politik in Berlin war sich in Bezug auf die Zukunft Polens nicht einig. Während die einen, unterstützt von Generalgouverneur Hans von Beseler ein autonomes polnisches Königreich Polen befürworteten, plädierten die anderen wie etwa Erich Ludendorff für einen Verständigungsfrieden mit Russland und eine Rückkehr zu den Vorkriegsgrenzen. Währenddessen wurde in Posen der polnische Oberste Volksrat gegründet. Erst danach und nach dem endgültigen Scheitern der Blitzkriegstrategie entschloss man sich zu einem Angebot an Polen, auch um mehr polnische Soldaten für die eigenen Reihen zu gewinnen. Mit dem Akt vom 5. November 1916 proklamierten der deutsche Kaiser Wilhelm II. und der österreichische Kaiser Franz Joseph die Errichtung eines Königreichs Polen in den bisher zu Russland gehörenden Gebieten, das sich politisch und militärisch eng an die Mittelmächte anlehnen sollte. In Berlin plante man jedoch weiterhin Gebietsannexionen auf Kosten dieses Staates, dessen Grenzen nie genau festgelegt wurden. Kurz danach sprachen sich auch der russische Zar Nikolaus II. (am 25. Dezember 1916), und der US-Präsident T.W. Wilson (am 22. Januar 1917) für die Wiederherstellung des unabhängigen polnischen Staates aus, wobei nur die Vorstellungen des letzteren sich den polnischen Interessen und Wünschen bezüglich des Territoriums des künftigen polnischen Staates näherten.

Im österreichischen Teilungsgebiet waren unmittelbar nach Kriegsbeginn polnische Legionen unter k.u.k.-Oberbefehl aufgestellt worden, die aus den paramilitärischen Schützenverbänden Józef Piłsudskis hervorgingen. Diese Einheiten umfassten im Sommer 1916 etwa 25.000 Mann und kämpften vor allem gegen Russland. Nach dem Akt vom 5. November wurden die Legionen dem deutschen Oberbefehl unterstellt, aus ihnen sollte 1917 die Polnische Wehrmacht hervorgehen. Ein Teil der Brigaden weigerte sich jedoch im Juli 1917, den Eid auf einen imaginären polnischen König sowie zur Treue gegenüber den Kaisern von Deutschland und Österreich zu leisten, und wurde infolge dessen entweder entwaffnet und inhaftiert oder direkt in deutsche Truppenteile einbezogen. Piłsudski selber wurde ebenfalls verhaftet und in die Festung Magdeburg gebracht. Am 18. September 1917 wurde die oberste Staatsgewalt formell auf einen neu eingerichteten dreiköpfigen Regentschaftsrat übertragen, der aus dem Warschauer Erzbischof Aleksander Kakowski, dem Magnaten Fürst Zdzisław Lubomirski und dem ebenfalls adligen früheren Vorsitzenden des Polenklubs der russischen Duma Józef Ostrowski bestand.

General Józef Haller mit seinen Truppen an der Front

Die weiteren Planungen wurden in erster Linie durch den Zusammenbruch des Russischen Reiches nach der Februarrevolution und der Oktoberrevolution 1917 bestimmt. Die Reichsführung mit der OHL an der Spitze glaubte nun an einen raschen Sieg und weitere territoriale Gewinne im Osten. Im „Brotfrieden“ mit der neu entstandenen Volksrepublik Ukraine vom 9. Februar 1918 in Brest Litowsk – nicht zu verwechseln mit dem späteren Frieden von Brest-Litowsk mit Sowjetrussland – wurde dieser ein Teil polnischen Staatsgebietes, die Region um Chełm zugesichert. Schon die Unterstützung der deutschen Militärbehörden für einen unabhängigen Staat Litauen mit Vilnius als Hauptstadt hatte im Dezember 1917 Empörung in Polen ausgelöst. Erschwerend hinzu kam die Requirierung von Rohstoffen und Lebensmitteln sowie die Verschleppung polnischer Zwangsarbeiter ins Reich wegen dessen immer schwierigeren ökonomischen Lage.

Als sich der Zusammenbruch der deutschen Westfront abzuzeichnen begann, waren sich alle politischen Lager Polens darin einig, mit Unterstützung von US-Präsident Wilson so schnell wie möglich die eigene Unabhängigkeit zu erreichen. Dazu trugen auch polnische Soldaten bei, die auf Seiten Frankreichs kämpften. Die im Juni 1917 ins Leben gerufene Blaue Armee unter General Józef Haller, etwa 70.000 Mann (Freiwillige, ehemalige Kriegsgefangene etc.), wurde u.a. in der Champagne eingesetzt.

Unabhängigkeit und die Zweite Republik 1918–1939

Die Konsolidierung des neuen Staates

Hauptartikel: Zweite Polnische Republik und Józef Piłsudski

Marschall Józef Piłsudski, Führer der Zweiten Polnischen Republik in der Zwischenkriegszeit

Anfang des Jahres 1918 verlangten die Mittelmächte in Brest-Litowsk von Russland die „Unabhängigkeit“ für Polen, dabei wurden Polens Grenzen von Deutschland und Österreich enger als 1772 gezogen. Nachdem das Deutsche- und das Österreichische Kaiserreich den Krieg verloren hatten, und das Russische Reich im Chaos des Russischen Bürgerkriegs versank, erlangten die Polen, auch durch die politische Unterstützung der Westmächte, ihre volle staatliche Souveränität zurück. Am 7. Oktober 1918 proklamierte der Regentschaftsrat in Warschau einen unabhängigen polnischen Staat und übernahm fünf Tage später die Befehlsgewalt über die Armee. Nach den Bestimmungen des Versailler Vertrags wurde Polen 1919 eine international anerkannte und unabhängige Republik.

Bereits im November 1918 hatte der aus der Magdeburger Haft entlassene Józef Piłsudski in Warschau als „Vorläufiges Staatsoberhaupt“ die Macht übernommen. Er berief einen verfassunggebenden Sejm ein, der eine demokratische Verfassung ausarbeiten und verabschieden sollte. Die ersten Jahre der Unabhängigkeit vergingen mit dem inneren Aufbau des Staates. Die bestehenden staatlichen Strukturen, welche die drei verschiedenen Teilungsmächte hinterlassen hatten, mussten vereinheitlicht, teilweise aber auch völlig neu geschaffen werden. Außerdem war das Land weitgehend vom Krieg verwüstet, wie auch seine Grenzen in weiten Teilen nicht festgelegt waren.

Als 1921 die neue Verfassung verabschiedet wurde, in der nur ein schwacher Präsident vorgesehen war, verzichtete Piłsudski auf die Ausübung dieses Amtes und zog sich ins Privatleben zurück. Die Jahre bis 1926 waren innenpolitisch somit von mehreren aufeinanderfolgenden parlamentarischen Regierungen dominiert. Zum ersten offiziellen Präsidenten Polens wurde 1922 Gabriel Narutowicz, ein Vertreter der gemäßigten Linken, gewählt. Narutowicz wurde jedoch wenige Tage nach seiner Amtseinführung von einem nationalistischen Fanatiker ermordet. Zu seinem Nachfolger wählte das Parlament den gemäßigten Sozialisten Stanisław Wojciechowski. Da die Mehrheitsverhältnisse im polnischen Parlament, dem Sejm, sehr instabil waren, wechselten sich die Regierungen häufig ab und waren teilweise sehr schwach.

Polen entwickelte ab 1921 gute Beziehungen zu Großbritannien und Frankreich, die an Polen als strategischem Bündnispartner interessiert waren und den Bau eines neuen Hafens in Gdingen finanzierten. Aus dem Fischerdorf mit 1000 Einwohnern wurde in wenigen Jahren ein Groß- und Militärhafen mit über 100.000 Einwohnern. Weil Gdingen mit dem Danziger Hafen konkurrierte und Polen gegen den Willen der Danziger Regierung ein polnisches Munitionslager auf der Westerplatte durchsetzte, kam es zu Spannungen mit der Freien Stadt Danzig. Der Zugang zu Ostpreußen vom restlichen Deutschen Reich war per verplombtem Korridorzug von Konitz bis Dirschau durch das polnische Gebiet auf der Ostbahn oder per Schiff, durch den Seedienst Ostpreußen möglich.

Konflikte mit den Nachbarn

Hauptartikel: Polnisch-Ukrainischer Krieg, Großpolnischer Aufstand, Polnisch-Litauischer Krieg, Aufstände in Oberschlesien und Tschechoslowakisch-polnische Grenzkonflikte

Die Verteilung der relativen polnischen Bevölkerungsmehrheit in Ostmitteleuropa im Jahre 1921 in einer zeitgenössischen polnischen Darstellung.

Aufgrund von unklaren Grenzverläufen des neuen polnischen Staates kam es zu Konflikten mit den Nachbarn.

Deutschland

Mit Deutschland gab es zwischen 1919 und 1921 Kämpfe vor allem um den Besitz Oberschlesiens. Die Abstimmung am 20. März 1921 ergab eine Mehrheit von fast 60 % für den Verbleib bei Deutschland. Allerdings zeigte sich, dass es dabei erhebliche regionale Unterschiede gegeben hatte, so dass in einigen Gebieten das pro-polnische Votum überwog. Polnische Freischärler begannen daraufhin am 3. Mai 1921, unterstützt von französischen Besatzungstruppen – Italiener und Briten stellten sich auf die deutsche Seite –, einen bewaffneten Aufstand, um den Anschluss des östlichen Teils Oberschlesiens an Polen gewaltsam durchzusetzen. Die Alliierten wollten vorher nur den Landkreis Pleß an Polen anschließen. Das Deutsche Reich konnte aufgrund der Beschränkungen durch den Versailler Vertrag und aufgrund der Intervention der anglo-französischen Sieger nicht gegen die Freischärler vorgehen, trotzdem kam es zu einigen blutigen Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Polen. Mit Billigung der deutschen Regierung versuchten Freikorps gewaltsam den Anschluss an Polen zu verhindern. Am 23. Mai 1921 gelang den deutschen Freikorps des „Selbstschutzes Oberschlesien“ die Erstürmung des St. Annabergs, der stärksten Befestigung der Polen, wodurch eine Stabilisierung der Lage eintrat. Am 20. Oktober 1921 beschloss der Oberste Rat der Alliierten, nach einer Empfehlung des Völkerbundes, das ostoberschlesische Industrierevier an Polen zu übertragen, dem es als Autonome Woiwodschaft Schlesien angeschlossen wurde. Beim Deutschen Reich verblieb der zwar flächen- und bevölkerungsmäßig größere, jedoch eher agrarisch strukturierte Teil des Abstimmungsgebiets – Industriestädte wie Beuthen OS, Gleiwitz oder Hindenburg OS blieben weiter deutsch.

Die Provinzen des Königreichs Preußen, Westpreußen und Posen, die durch die Teilungen Polens an Preußen kamen, wurden aus der Weimarer Republik herausgelöst und ohne Plebiszite der neuen Republik einverleibt. Polen bekam dadurch einen Zugang zur Ostsee bei Gdingen. Einen Teil der Gebiete hatte polnisches Militär im Großpolnischen Aufstand bereits zuvor militärisch besetzt. Die alte Hansestadt Danzig wurde zur Freien Stadt Danzig erklärt und verblieb mit Nutzungsrechten Polens am Danziger Hafen außerhalb der Grenzen des neuen polnischen Staates unter der Aufsicht des Völkerbundes. Für weitere Gebiete sah der Versailler Vertrag Volksabstimmungen über die Staatszugehörigkeit vor. In Masuren (Regierungsbezirk Allenstein) und im Bezirk Marienwerder (ehemals Westpreußen) fanden unter alliierter Aufsicht Volksabstimmungen statt, in denen sich die große Mehrheit der Bevölkerung (98 % bzw. 92 %) für den Verbleib bei Ostpreußen und Deutschland entschied.

Im Osten

Die Reorganisation Polens, Gebietsveränderungen zwischen 1918 und 1922

Die polnischen territorialen Bestrebungen stießen auch im Osten auf erheblichen Widerstand. Wegen der nicht eindeutig abgrenzbaren Siedlungsgebiete verschiedener Völker gab es hier sich überschneidende Gebietsansprüche, vor allem mit den Ukrainern und den Litauern. Eine Woche nach polnischer Unabhängigkeitserklärung, riefen auch die Ukrainer in Lemberg ihre Unabhängigkeit aus, was den Polnisch-Ukrainischen Krieg um das ehemalige habsburgische Königreich Galizien und Lodomerien auslöste. Besonders heftige Kämpfe wurden um Lemberg geführt, das polnische Freiwilligenverbände und reguläre Armeeteile am 21. November einnahmen. Der Krieg dauerte militärisch jedoch bis in den März 1919 an und wurde erst durch ein Abkommen zwischen Polen und der Volksrepublik Ukraine unter Symon Petljura am 21. April 1920 offiziell beendet.

Der mit dem Versailler Vertrag ins Leben gerufene Völkerbund sah die Ziehung einer Grenzlinie aufgrund der im Dezember 1919 vorgelegten Empfehlungen einer Kommission unter Leitung des britischen Außenministers Curzon vor, durch die mehrheitlich polnischsprachige Gebiete um Vilnius in Litauen und Lemberg in Galizien dem polnischen Staat verloren gehen würden. Die weitergehenden Pläne Piłsudskis zielten zudem auf die Wiedererrichtung einer Republik unter polnischer Führung in der Tradition der 1795 untergegangen Adelsrepublik, zu der auch mehrheitlich von Ukrainern und Weißrussen bewohnte Gebiete gehören sollten. Polnische Truppen besetzten daher 1919 den östlichen Teil Litauens um Vilnius, das seine Unabhängigkeit gerade gegen Russland durchgesetzt hatte, ebenso vorübergehend Kiew in der Ukraine, was aufgrund der Überschneidung mit den territorialen Ansprüchen Sowjetrusslands zum Polnisch-Sowjetischen Krieg führte.

Der Polnisch-Sowjetische Krieg

Hauptartikel: Polnisch-Sowjetischer Krieg

Der Polnisch-Sowjetische Krieg, Frontverlauf im Juni 1920

Zunächst drangen die polnischen Truppen unter General Rydz-Śmigły mit Unterstützung durch nationalukrainische Kräfte bis nach Kiew vor. Der schnelle Erfolg war durch das Ausweichen der sowjetischen Truppen begünstigt, die nach der Eroberung Kiews durch die Polen eine Gegenoffensive starteten. Die sowjetischen Einheiten unter General Tuchatschewski drangen bis Warschau vor, während General Budjonny Lemberg belagerte. Durch ein waghalsiges Zangenmanöver gelang der polnischen Armee unter Piłsudskis Kommando der Durchbruch und eine nahezu vollständige Vernichtung der sowjetischen Einheiten: Während die polnischen Einheiten versuchten, die Armee von General Tuchatschewski bei Radzymin nordöstlich von Warschau aufzuhalten, startete Piłsudski vom Fluss Wieprz in der Wojewodschaft Lublin eine Großoffensive in Richtung Norden. Der Überraschungseffekt war so groß, dass die letzten sich zurückziehenden Einheiten der Roten Armee über deutsches Gebiet – Ostpreußen – flüchten mussten.

1921 wurde in der lettischen Hauptstadt Riga ein Friedensvertrag zwischen den Kriegsparteien geschlossen und der Aufbau des Landes im Inneren in Angriff genommen. Piłsudski verfehlte zwar sein Ziel, die Staatsgrenze von 1772 wiederherzustellen, es gelang ihm jedoch, die polnische Staatsgrenze etwa 200 km östlich der geschlossenen polnischen Sprachgrenze mit relativer Bevölkerungsmehrheit, der Curzon-Linie, zu ziehen. Im östlichen Teil Polens betrug der polnische Bevölkerungsanteil 1919 etwa 25 %, 1938 nach der Amtszeit Piłsudskis bezeichneten sich 38 % als polnisch. Den übrigen Anteil bildeten jeweils verschiedene Nationalitäten. Die Bevölkerungsmehrheit bezeichnete sich als ukrainisch, weißrussisch oder jüdisch. Mehrheitlich polnisch – mit einem hohen Anteil Juden – waren zum Beispiel Vilnius und Lemberg.

Der Mai-Umsturz und das Sanacja-Regime

Hauptartikel: Maiputsch und Sanacja

Präsident Ignacy Mościcki bei der Verleihung der Marschallwürde an General Edward Rydz-Śmigły

Józef Piłsudski war nach einigen Jahren unzufrieden mit der entstandenen innenpolitischen Situation. Im Mai 1926 führte er, obwohl er in Armee und Staat keine offizielle Position bekleidete, mit der Unterstützung seiner zahlreichen Anhänger in der Armee, einen Staatsstreich durch und riss die Macht an sich, die er bis zu seinem Tod 1935 behielt. Allerdings bekleidete Piłsudski hierbei nur selten und nur für kurze Zeit offiziell bedeutende Ämter. Er war z. B. nie Staatspräsident sondern überließ dieses Amt seinem loyalen Gefolgsmann Ignacy Mościcki. Piłsudski war meist nur Verteidigungsminister. Allerdings war er die allgemein anerkannte oberste Autorität im Staat. Auch gab es zumindest bis zum Ende der 1920er Jahre eine mehr oder weniger funktionierende, sogar im Parlament vertretene Opposition, die allerdings konsequent an der Übernahme der Macht gehindert wurde. Nach der Ermordung von Innenminister Bronisław Pieracki im Jahre 1934 ließ die Regierung in der Kleinstadt Bereza Kartuska im heutigen Weißrussland ein Internierungslager für ukrainische Nationalisten, Kommunisten und andere prominente Regimegegner anlegen.

Das Regime, das in der Historiographie manchmal als „Vernunftdiktatur“ bezeichnet wird, nannte sich selbst Sanacja (etwa „Gesundung“). Eine auf die Person Piłsudski zugeschnittene neue Verfassung konnte erst nach dessen Tod 1935 in Kraft treten. Nach Piłsudskis Tod entstanden zwei Machtzentren in Polen – die Gruppe „Schloss“ um Mościcki, benannt nach der Residenz des Präsidenten, dem Königsschloss in Warschau und die Gruppe der „Obristen“ um den neuen Marschall Edward Rydz-Śmigły. Der Trend hin zu einem autoritären Staat verstärkte sich nun weiter, die Rechte vor allem der slawischen Minderheiten (Ukrainer, Weißrussen) wurden massiv eingeschränkt, die Juden diskriminiert. Auch die insgeheim finanziell vom Deutschen Reich unterstützte deutsche Minderheit geriet trotz der seit dem Nichtangriffsvertrag zwischen Hitler und Piłsudski offiziell guten deutsch-polnischen Beziehungen immer stärker unter die Beobachtung polnischer Geheimdienststellen, wozu auch die wachsende Begeisterung vieler der Volksdeutschen für den Nationalsozialismus beitrug.

Die außenpolitischen Bemühungen Polens, die vor allem mit der Person von Außenminister Józef Beck verbunden sind, waren im Einklang mit der französischen Politik darauf ausgerichtet, einen Block kleiner und mittlerer Staaten zur Eindämmung sowohl Deutschlands als auch der Sowjetunion zu schaffen. Dem standen jedoch vor allem die durch die Grenzziehung nach dem Ersten Weltkrieg entstandenen gegenseitigen Gebietsansprüche im Wege. So war Polen, kurz bevor es selbst von Deutschland und der Sowjetunion überfallen wurde, aktiv an der Zerschlagung der Tschechoslowakei beteiligt und annektierte nach dem Münchener Abkommen im Oktober 1938 die mehrheitlich von Polen und Deutschen besiedelten Industriegebiete in Mährisch-Schlesien und kleinere Gebiete im Grenzgebiet zur Slowakei.

Zweiter Weltkrieg 1939–1945

Hauptartikel: Zweiter Weltkrieg, Polenfeldzug, Sowjetische Besetzung Ostpolens 1939–1941, Deutsche Besetzung Polens 1939–1945 und Holocaust

Der Septemberkrieg

Molotow bei der Unterzeichnung des Hitler-Stalin-Pakts, im Hintergrund in der Mitte stehend Ribbentrop und Stalin (v. l.)

Nach Kündigung des deutsch-polnischen Nichtangriffspaktes folgte der Überfall auf Polen am 1. September 1939, an dem sich auch die Slowakei beteiligte. Folge des deutschen Angriffes auf Polen war der Kriegseintritt Großbritanniens und Frankreichs und damit der Zweite Weltkrieg.

Die deutschen Truppen kamen rasch voran. Gegen die militärische Überlegenheit der Deutschen hatten die Polen nur ihren verzweifelten Kampfeswillen entgegenzusetzen. Einzelaktionen polnischer Verbände, etwa in der Schlacht bei Wizna (6. bis 10. September) oder in der Schlacht an der Bzura (9. September bis 15. September), vermochten den mit weiträumigen Umfassungsmanövern einhergehenden Vormarsch nicht aufzuhalten. Nach zwei Wochen wurde die polnische Hauptstadt eingeschlossen. Am 17. September wurde Polen – wie in dem geheimen Zusatzprotokoll des Hitler-Stalin-Pakts vorgesehen – auch von der Sowjetunion überfallen. Am 28. September kapitulierte Warschau. Eine offizielle Gesamtkapitulation Polens, wie zum Beispiel die von Frankreich im Wald von Compiègne am 22. Juni 1940, fand jedoch nicht statt.

Das Land wurde zwischen Deutschland und der Sowjetunion aufgeteilt. Die polnische Regierung samt hoher polnischer Militärs floh zuerst über die Grenze nach Rumänien und wurde dort auf ausdrückliche Forderungen Hitlers interniert. Die Exil-Regierung ging dann nach Paris, später nach London und organisierte von dort aus die Streitkräfte und den Widerstand neu.

Europa Ende September 1939 nach der deutschen und der sowjetischen Besetzung Polens infolge des Hitler-Stalin-Paktes

Der Krieg gegen Polen sollte nach dem Willen der NS-Führung Züge eines rassistischen Verdrängungs- und Vernichtungsfeldzugs annehmen. Der polnische Staat sollte zerschlagen und der deutsche „Lebensraum“ erweitert werden. Anders als im Westen machte Hitler schon vorher klar, dass er andere Maßstäbe anlegen wolle. Es gehe nicht um bestimmte geographische Linien, die erreicht werden sollten, sondern darum, dass 80 Millionen Deutsche ihr Recht bekämen. Die „Liquidierung des führenden Polentums“ (Reinhard Heydrich) wurde als eine vorrangige Aufgabe angesehen. Als Vorwand für die Ermordung von zehntausenden Angehörigen der Intelligentsia dienten Verbrechen an Volksdeutschen in den ersten Kriegstagen, etwa im Rahmen des „Bromberger Blutsonntags“.

Unmittelbar hinter der Front rückten Angehörige der Einsatzgruppen in Polen ein. Ihnen gehörten insgesamt etwa 3000 Mann an, die sich aus Angehörigen von SS, Sicherheitsdienst und Polizei zusammensetzten, und in erster Linie die Erschießungen durchführten. Als zusätzliches Terrorinstrument fungierte der „Volksdeutsche Selbstschutz“, der der SS unterstellt war. Allein in den ersten vier Monaten der deutschen Besatzungsherrschaft wurden mehrere 10.000 Personen erschossen. An den Hinrichtungen, deren geographischer Schwerpunkt die Region Westpreußen war, beteiligten sich neben den genannten Gruppen auch Angehörige der Gestapo und der Wehrmacht. Hierbei handelte es sich nicht um einzelne Exzesse, die aus dem Klima des Hasses und den Zufälligkeiten des Krieges heraus entstanden, sondern um organisierten Massenmord.

Die deutsche und sowjetische Besatzung: Terror und Genozid

Die Besatzungszeit hatte für große Teile der polnischen Zivilbevölkerung katastrophale Folgen. Die industriell und landwirtschaftlich entwickelten Teile wurden direkt annektiert. Der Rest mit etwa zehn Millionen Menschen wurde als „Generalgouvernement“ dem Reichsminister Hans Frank unterstellt. Zu den übergreifenden Zielen der Besatzungspolitik im gesamten Gebiet gehörten 1.) die Ausschaltung und Vernichtung der polnischen Intelligenz, 2.) die Vorverlegung der deutschen Ostgrenze und die Erweiterung des „Lebensraums im Osten“ und 3.) die Stärkung der deutschen Kriegswirtschaft durch rücksichtslose Ausbeutung des Arbeitskräftepotenzials und der materiellen Ressourcen Polens.

Der annektierte Teil sollte so schnell wie möglich „entpolonisiert“ werden, und zwar teils durch direkte physische Vernichtung, teils durch Vertreibung der dort wohnenden etwa 8 Millionen Polen und Juden, teils durch „Germanisierung brauchbarer Volksbestände“ und Neuansiedlung deutscher Minderheiten aus anderen Teilen Osteuropas, etwa der Deutschbalten, die nun ihre Heimat verlassen mussten. Das Generalgouvernement verstand Hitler als Reservoir billiger halbfreier Wanderarbeiter und als „Abladeplatz“ im Reichsgebiet nicht mehr erwünschter Polen und Juden. Als die Deportationen infolge des Krieges mit der Sowjetunion im Juni 1941 beendet wurden, waren etwa 500.000 Polen vertrieben und durch etwa 350.000 volksdeutsche Umsiedler ersetzt worden. Weiter in Gang blieben dagegen die Deportationen von Polen als Zwangsarbeiter ins Reich, wovon während des Krieges allein aus dem Generalgouvernement etwa 1,2 Millionen Menschen betroffen waren. In einer Reihe von Anweisungen wurde das Ziel der NS-Führung deutlich, die Polen auf die Stufe eines schlecht ausgebildeten Hilfsvolkes ohne politisches Eigenbewusstsein zu beschränken.

Auch die Polen, die unter sowjetische Herrschaft geraten waren, waren von Gewaltmaßnahmen betroffen. Man schätzt, dass ungefähr 1,5 Millionen ehemalige polnische Bürger deportiert wurden, von denen 50 bis 60 Prozent Polen, 15 Prozent Ukrainer, 5 Prozent Weißrussen und ungefähr 20 Prozent Juden waren. 300.000 polnische Soldaten gerieten in sowjetische Kriegsgefangenschaft, nur 82.000 von ihnen überlebten. Ein Großteil der Offiziere wurde durch sowjetische Truppen 1940 bei Katyn und in den Lagern von Starobielsk, Kozielsk und Ostaszków erschossen.

Der Holocaust

Todes- und Vernichtungslager der deutschen Nationalsozialisten in Auschwitz-Birkenau

Ein besonders schlimmes Schicksal traf die polnischen Juden, von denen 89 Prozent (oder 2,5 bis 3 Millionen) den Völkermord nicht überlebten. Dem wilden Terror, den Schikanen, Plünderungen und Pogromen der ersten Kriegswochen folgte die Übernahme der deutschen Verwaltungsbestimmungen: Kennzeichnungspflicht, Anmeldung des Vermögens, Zwangsarbeit, Reiseeinschränkungen, Sperrung der Konten, Arisierung des Besitzes.

Im Herbst 1940 begann die „Umsiedlung“ in die Ghettos. Die größten wurden Litzmannstadt mit 160.000 Menschen und Warschau mit 450.000 Menschen. Da die Ghettos nicht in der Lage waren, sich selbst zu erhalten und auch eine wirtschaftliche Ausbeutung von entscheidenden Stellen nicht gewünscht wurde, war die Quote an Toten, oft aus Hunger und Krankheit, von Anfang an hoch.

Nachdem die ursprünglichen NS-Pläne der Umsiedlung der Juden nach Madagaskar oder in den „Osten“ sich als undurchführbar erwiesen hatten, entwickelte sich seit Mitte 1941, nicht zufällig nach dem Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion, das Planspiel einer systematischen Ausrottung der Juden, die „Endlösung der Judenfrage“. Es ist unwahrscheinlich, dass es eine einzelne Entscheidung in Berlin zu dieser Frage gab, vielmehr radikalisierten sich die Maßnahmen gerade der lokalen Stellen im Laufe weniger Monate immer mehr (Erschießungen von „Kommissaren“, dann jüdischer Männer, später auch Frauen und Kinder). Der Anfang im Reich war mit der planmäßigen Ermordung geistig und körperlich Behinderter in der so genannten Aktion T4 gemacht worden, die dabei angewandten Maßnahmen und Mittel konnten später im Osten teilweise übernommen werden

Bis zur Mitte des Jahres 1942 wurden die Massenmorde zu einem Gesamtprogramm zur systematischen Ermordung der Juden unter deutscher Herrschaft, dem Holocaust, ausgeweitet. Die Einzelheiten der praktischen Durchführung waren auf der Berliner Wannsee-Konferenz im Januar 1942 festgelegt worden. Nun begann auch die SS mit den Deportationen in die Vernichtungslager. Diese entstanden überwiegend auf polnischem Boden: Kulmhof, Bełżec, Sobibór, Treblinka, Auschwitz-Birkenau. Insgesamt verloren bis Kriegsende etwa 90% aller polnischer Juden ihr Leben. Es gab entgegen vielen Legenden durchaus Widerstand der Juden gegen die Deutschen, der mitunter von der polnischen Widerstandsbewegung unterstützt, manchmal jedoch auch desavouiert wurde. Bekanntestes Beispiel des Widerstands war der verzweifelte Aufstand im Warschauer Ghetto Anfang 1943.

Bevölkerungsverluste Polens im Zweiten Weltkrieg Menschen in Tausend
Kriegsverluste 644
Tod in Vernichtungslagern, durch Exekutionen, „Pazifizierungen“, Liquidierung der Ghettos 3.577
Tod in Gefängnissen und Lagern durch Epidemien, Entbehrungen und Erschöpfung 1.286
Tod außerhalb der Lager durch Hunger, Entbehrung, Erschöpfung, Verletzung, Überarbeitung 521
Gesamtsverluste Polens an Menschen 6.028

nach Angaben des polnischen Büros für Kriegsschäden, Zahlen in Tausend, insgesamt 22% der polnischen Bevölkerung

Im Westen: Sikorski, das Exil und die Anders-Armee

General und Premierminister der Exil-Regierung Władysław Sikorski

In Großbritannien kämpfte seit 1940 das Erste Polnische Korps unter britischem Befehl. In der Sowjetunion entstanden nach 1941 zwei separate polnische Armeen.

Die eine, entstanden hauptsächlich aus Deportierten, verließ mit General Władysław Anders an der Spitze das Land, gelangte von Sibirien über den Nahen Osten und Nordafrika schließlich nach Italien als Zweites Polnisches Korps der 8. Britischen Armee. Es umfasste anfangs etwa 200.000, später 400.000 Mann. Sie bewährten sich besonders in den Schlachten um Monte Cassino im Mai 1944 und um Arnheim im September desselben Jahres. Die andere Armee, 1943 als Erste Infanteriedivision Tadeusz Kościuszko gegründet, stand unter Befehl der sowjetischen Führung. Sie tauchte im März 1944 als Erste Polnische Armee unter General Zygmunt Berling an der Ostfront auf.

Je länger der Krieg andauerte, desto schwerer fiel es der zunächst in Paris, nach der deutschen Eroberung der Stadt in London ansässigen polnischen Exilregierung auf die Weltpolitik Einfluss zu nehmen. Nachdem Ministerpräsident Władysław Sikorski unter bis heute ungeklärten Umständen am 4. Juli 1943 bei einem Flugzeugabsturz vor Gibraltar ums Leben gekommen war, traten zunehmend auch innere Meinungsverschiedenheiten auf. Zudem verfolgte Stalin bezüglich Polens immer mehr eigene Interessen, die mit dem Vorrücken der Front immer konkretere Formen annahmen. Er nutzte die Forderung der Exilregierung nach der Entdeckung der Massengräber bei Katyn, das Verbrechen aufzuklären, zum Abbruch aller Kontakte und setzte von da an fast ausschließlich auf die sich in der Sowjetunion befindenden polnischen Kommunisten.

Der Widerstand

Polnische Pfadfindersoldaten im Warschauer Aufstand von 1944

Durch Bildung von Partisanengruppen versuchten Polen auch nach der militärischen Niederlage Widerstand zu leisten. Die meisten von ihnen schlossen sich im Februar 1942 zur so genannten „Heimatarmee“ zusammen, die der bürgerlichen Exilregierung in London unterstand, der lediglich die rechtsradikalen Gruppen (NSZ) und die Kommunisten (AL) fern blieben. Es entstand auch eine Reihe jüdischer Widerstandsorganisationen, die schließlich 1943 den Aufstand im Warschauer Ghetto organisierten. Nachdem die Rote Armee im Januar 1944 die polnische Grenze von 1939 überschritten hatte, wurden die Truppen der Heimatarmee vom NKWD entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder in den Gulag geschickt. Der Kampf einzelner Untergrundeinheiten dauerte jedoch bis Ende der 1940er Jahre an.

Im Jahr 1944 folgte der Warschauer Aufstand, der in Deutschland oft mit dem Ghettoaufstand von 1943 verwechselt wird. Die Sowjetunion, deren Truppen bereits am Ostufer der Weichsel standen, hatte kein Interesse, die Einheiten der Heimatarmee zu unterstützen. So konnten deutsche Truppen den Aufstand brutal niederschlagen, die Zahl der Toten wird auf 180.000 geschätzt, früher wurde sogar die Zahl 250.000 genannt. Dabei wurde die Innenstadt Warschaus unter großem Einsatz an Sprengmaterial akribisch Haus für Haus dem Erdboden gleichgemacht.

Zum Widerstand gehörte zudem ein beinahe flächendeckendes Netz von Untergrundeinrichtungen wie Schulen, Universitäten, Zeitungen und vieles mehr, die dazu beitrugen, das Leid der deutschen Besatzung für die Bevölkerung etwas erträglicher zu machen. Das Ausmaß an Kollaboration war vor diesem Hintergrund im europäischen Kontext vergleichsweise gering und war, angesichts der enormen Leiden der polnischen Bevölkerung während der deutschen Besatzung, auch lange Zeit tabuisiert. Eine breite gesellschaftliche Debatte über polnische Täter wurde erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts anlässlich der durch das Buch „Nachbarn. Der Mord an den Juden von Jedwabne des polnisch-amerikanischen Soziologen Jan Tomasz Gross angestoßenen Aufarbeitung des Pogroms von Jedwabne geführt.

Die Volksrepublik 1945–1989

Hauptartikel: Volksrepublik Polen

Das Ende des Zweiten Weltkrieges, die Entstehung „Volkspolens“ und die Phase des Stalinismus

Das Lubliner Komitee, die Grenzfrage und der polnische Bürgerkrieg

Manifest des „Polnischen Komitees der nationalen Befreiung“, die „Geburtsurkunde“ der Volksrepublik Polen

Im Juli 1944 war in Moskau das kommunistische „Polnische Komitee der nationalen Befreiung“ (Polski Komitet Wyzwolenia Narodowego) ins Leben gerufen worden, das die Macht ergreifen sollte, sobald die Rote Armee die Curzon-Linie überschreiten würde. Dies geschah in Lublin am 22. Juli 1944 (daher auch der Name Lubliner Komitee). An der Spitze der neuen Führungsmannschaft stand der Altkommunist Bolesław Bierut.

Die auf alliierten Druck stattfindenden Verhandlungen zwischen „Londoner“ und „Lubliner“ Regierung führten zu keinem Ergebnis. International waren zu diesem Zeitpunkt bereits Vorentscheidungen über Polens zukünftige Grenzen gefallen (Konferenz von Teheran 1943). Sie führten zu der bekannten Westverschiebung des Landes. Gleichzeitig vereinbarte Stalin mit Churchill und Roosevelt die weitgehende Vertreibung der Deutschen aus dem bisherigen Ostdeutschland.

Westverschiebung Polens

Am 1. Januar 1945 proklamierte sich das Lubliner Komitee zur provisorischen Regierung und zog noch im selben Monat in die Ruinen des befreiten Warschau um. Nachdem im Frühjahr 1945 die Rote Armee ganz Polen besetzt hielt und die 14 wichtigsten Anführer der Heimatarmee nach Moskau verschleppte, dort zu langjährigen Haftstrafen verurteilte und teilweise ermordete, war der Hauptwiderstand gegen die neue Besatzung und die „Sowjetisierung“ der polnischen Gesellschaft gebrochen.

Bereits Ende 1944 bildete sich allerdings eine bewaffnete Widerstandsbewegung aus Teilen der Heimatarmee. Vor allem in den Wäldern Ostpolens stellte die Widerstandsbewegung anfangs eine ernstzunehmende Streitmacht dar. In den Jahren nach Kriegsende umfassten die Partisanen schätzungsweise bis zu 100.000 Mitglieder. Ihre Aktionen blieben aber weitgehend ergebnislos und nahmen ab dem Ende der 1940er Jahre schnell ab, da die Rote Armee, der NKWD und die sich bildenden Organe des kommunistisch-polnischen Staates massiv gegen sie vorgingen.

Die Konsolidierung des sowjetischen Regimes und die Versuche einer „nationalen Homogenisierung“ 1945–1948

Westverschiebung Polens 1945, Annexion großer Gebiete bis zur Curzon-Linie durch die Sowjetunion

Die grundsätzliche Forderung von Zwangsumsiedlungen der deutschen Bevölkerung aus Ostmittel- und Südosteuropa hatte das britische Kriegskabinett schon im Juli 1942 aufgestellt. Im Potsdamer Abkommen von 1945 wurde von Alliierten „die Überführung der deutschen Bevölkerung oder Bestandteile derselben, die in Polen, Tschechoslowakei und Ungarn zurückgeblieben sind, nach Deutschland“ beschlossen, wobei „jede derartige Überführung […] in ordnungsgemäßer und humaner Weise erfolgen soll“.[31] Alle genannten Länder vollzogen die Zwangsumsiedlung der deutschen Bevölkerung. Insbesondere waren in Polen etwa sieben Millionen Flüchtlinge und 1,2 Millionen zwangsausgesiedelte Menschen davon betroffen (→ Heimatvertriebener).[32] Die deutschen Ostgebiete selbst sollten bis zur endgültigen Entscheidung durch eine Friedenskonferenz unter polnische Verwaltung gestellt werden. Die Grenzfrage wurde zwar durch bilaterale Grenzabkommen und Verträge zwischen Polen und der DDR (1950) sowie der Bundesrepublik Deutschland (1970) geregelt, aber die endgültige und völkerrechtlich unumstrittene Friedensregelung fand erst mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag im Jahre 1990 statt.[33]

Josef Stalin während der Jalta-Konferenz (rechts sitzend), Generalsekretär und Diktator der Sowjetunion, unter seiner Ägide 1945 endgültige Unterwerfung Polens als sowjetisch-russisches Protektorat (siehe Volksrepublik)

Aus den östlichen Teilen des heutigen Polens wurden 1944 bis 1946 etwa 500.000 Ukrainer in die Ukraine zwangsumgesiedelt, weitere etwa 400.000 wurden nach Niederschlesien und Pommern, also in die „wiedergewonnenen West- und Nordgebiete“ Polens, deportiert. Parallel dazu mussten etwa 1,5 Millionen Polen ihre Heimat im Osten verlassen. Zwischen 1945 und 1947 wurden so etwa 1 Million Polen aus der Ukraine, 300.000 aus Weißrussland und 200.000 aus Litauen nach Polen „repatriiert“. Ein großer Teil von ihnen wurde in den ehemals deutschen Gebieten angesiedelt. Dorthin strömten darüber hinaus etwa 3 Millionen Neusiedler aus Zentralpolen und aus dem Westen zurückkehrende Polen.

Der im Juni 1945 gebildeten „Regierung der nationalen Einheit“ gehörten außer Stanisław Mikołajczyk fast nur Vertreter der Linken an.

Aus den im Januar 1947 abgehaltenen Wahlen gingen Sozialisten und Kommunisten als Sieger hervor. Mit ihren Stimmen wurde im selben Jahr eine erste Übergangsverfassung verabschiedet. Als letzte verbliebene demokratische Partei wurde die Bauernpartei u.a. durch Polizeimassnahmen immer mehr an den Rand gedrängt und Mikołajczyk selbst floh 1947 ins Exil. Ende 1948 schlossen sich die beiden linken Parteien zur Vereinigten Arbeiterpartei zusammen, während alle anderen Parteien zum Status von Blockparteien degradiert wurden.

Der Stalinistische Terror und die Ära Bierut 1948–1956

Während unter den polnischen Kommunisten zunächst die Überzeugung vorherrschte, auf die völlige Übernahme des sowjetischen Systems verzichten zu können, wuchs nach 1947 Stalins Druck. Er verlangte vor allem einen forcierten Aufbau einer Schwerindustrie, die Übernahme des zentralen Planungssystems und eine rasche Kollektivierung der Landwirtschaft. Damit befand er sich im Widerspruch mit den eher nationalen Kräften in der polnischen Parteiführung unter ihrem Generalsekretär Władysław Gomułka, der eher Sympathien für das jugoslawische Modell Titos erkennen ließ.

Im Rahmen von Partei und Gesellschaft wurden radikale Säuberungen und Umstrukturierungen durchgeführt. Im kulturellen Bereich begann die vorübergehende Herrschaft des Sozialistischen Realismus. Diese Phase endete mit dem Tode Stalins 1953, ohne dass wie in anderen Ländern unter sowjetischer Herrschaft Schauprozesse gegen in Ungnade gefallene kommunistische Politiker durchgeführt wurden.

Im außenpolitischen Bereich wurden die nationalistischen Angriffe auf Deutschland durch die Theorien des dialektischen Materialismus ersetzt, so dass nunmehr die USA und Großbritannien sowie die Bundesrepublik Deutschland und der Vatikan zu Hauptgegnern wurden, während man eine Annäherung zur DDR suchte, die 1950 im Görlitzer Vertrag die Oder-Neiße-Grenze anerkannte.

Der Polnische Oktober 1956 und die Ära Gomułka 1956–1970

Die Abrechnung des KPdSU-Chefs Nikita Chruschtschow mit den Verbrechen Stalins während des XX. Parteitages im Februar 1956 fiel zusammen mit dem überraschenden Tod des polnischen Parteichefs Bolesław Bierut in Moskau wenige Tage später. Gegen den Willen des neuen Kremlchefs einigte sich die in sich zerstrittene Parteiführung der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei auf den Kompromisskandidaten Edward Ochab als Nachfolger Bieruts.

Wie wenig gefestigt das politische System war, erwies sich schon im Juni 1956 als Tausende von Arbeitern im westpolnischen Posen streikten und es schließlich zum Posener Aufstand kam

Der Streit über das weitere Vorgehen vertiefte den Konflikt im Politbüro. Verschärft wurde die Lage durch die politische Entwicklung in Ungarn, wo sich tiefgreifende Auseinandersetzungen innerhalb der Gesellschaft abzeichneten. Der Wirtschaftschef Hilary Minc wurde zum Rücktritt gezwungen, der rehabilitierte ehemalige Generalsekretär Władysław Gomułka kehrte an die Macht zurück, obwohl Moskau dem zunächst nicht zustimmen wollte, seine Truppen mobilisierte und die komplette Parteiführung zu einem unangemeldeten Blitzbesuch in Warschau eingetroffen war. Schließlich gab man nach und der bisherige polnische Verteidigungsminister Marschall Konstanty Rokossowski – ein sowjetischer Staatsbürger, über seinen Vater polnischer Herkunft – wurde in seine Heimat zurückgerufen.

Schon in seiner ersten Rede kündigte Gomułka tiefgreifende Reformen an. Im kirchlichen und kulturellen Bereich wurde ein größerer Freiraum zugestanden, die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft wurde beendet, eine Reorganisation des gesamten Wirtschaftssystems zugesagt. Bald zeigte sich jedoch, dass diesen Worten nur wenige Taten folgten: liberale Zeitschriften wurden wieder verboten, der staatliche Religionsunterricht abgeschafft. Gegen Abtrünnige in den eigenen Reihen begann die Parteiführung massiv vorzugehen.

Angesichts der Feiern zum Millennium des christlichen Polens im Jahre 1966 steuerte die Auseinandersetzung zwischen Staat und der katholisch-polnischen Kirche auf einen neuen Höhepunkt zu, die auch das Deutungsmonopol über die polnische Geschichte zum Thema hatte. Hinzu kamen außenpolitische Verwerfungen, vor allem vor dem Hintergrund der nach 1956 wieder verstärkten antiwestdeutschen Agitation.

Władysław Gomułka, Generalsekretär der PVAP

Im kulturellen Bereich waren die ersten Jahre der Gomułka-Herrschaft durchaus von positiven Entwicklungen geprägt. In den Jahren der „kleinen Stabilisierung“ (benannt nach einem Theaterstück von Tadeusz Konwicki) entstand eine Reihe wichtiger Werke in Literatur, Kunst und im Kinobereich, etwa die ersten Filme von Andrzej Wajda, Andrzej Munk und Roman Polański.

In der zweiten Hälfte der 1960er Jahre spitzten sich die innerparteilichen Konflikte in der PVAP zu. Eine Gruppe von kommunistischen Kadern, die sich durch ihren Kampf gegen die deutschen Besatzer im Zweiten Weltkrieg besonders verbunden fühlte, die „Partisanen“, drängte unter ihrem Anführer, Innenminister General Mieczysław Moczar, an die Macht. Moczar baute Geheimdienst und Bürgermiliz aus und schuf sich eine breite Anhängerschaft innerhalb der Bevölkerung, die mit der wirtschaftlichen Entwicklung äußerst unzufrieden war. Die offizielle Propaganda gegen Israel wegen des Sechstagekriegs im Jahre 1967 und die Ereignisse im März 1968 nahm Moczar zum Anlass, die erste staatlich tolerierte und geförderte antisemitische Kampagne gegen Juden, die in einem europäischen Land nach 1945 ohne Beispiel war, zu starten, um die kritischen und liberalen Intellektuellen, sowie wirkliche und potenzielle Oppositionelle mundtot zu machen und sich die Macht im polnischen Staat zuzuschanzen. Als Folge davon wurden etwa 20.000 polnische Juden in den Jahren 1968/1969 zum Verlassen Polens, unter Verlust der polnischen Staatsbürgerschaft, getrieben. Zusätzlich griffen Proteste im Zusammenhang mit dem „Prager Frühling“ auf das Land über. Die auf die Absetzung der Aufführung des Theaterstücks Dziady von Adam Mickiewicz in Warschau folgenden Studentenproteste wurden gewaltsam niedergeschlagen. In der PVAP setzte eine Säuberungswelle ein, der u.a. Außenminister Adam Rapacki zum Opfer fielen.

Parteichef Gomułka war zunächst weder Willens noch in der Lage, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Erst allmählich distanzierte er sich vorsichtig von seinem Innenminister. Gleichzeitig versuchte er, durch außenpolitische Anstrengungen der Krise seiner Herrschaft entgegen zu treten. Zu Beginn der 1960er Jahre begann der gesellschaftliche Dialog mit der Bundesrepublik Deutschland und Polen. Gomułka erklärte sich dabei zu offiziellen Verhandlungen bereit, die in erster Linie der Frage der polnischen Westgrenze zum Thema haben sollten. Nachdem Bonn mit Moskau zu einer Vertragsvereinbarung bezüglich des deutsch-sowjetischen Verhältnisses gelangt war, kamen Ende 1970 auch die Verhandlungen mit Polen zu einem Abschluss.

Der Unterzeichnung des Vertrages in Warschau, der die Oder-Neiße-Grenze aus westdeutscher Rechtsposition bestätigte, wie es die DDR schon im Görlitzer Vertrag von 1950 getan hatte, einen gegenseitigen Gewaltverzicht und die Bereitschaft zu weiterer politischer Zusammenarbeit beinhaltete, folgte als symbolischer Höhepunkt der legendäre Kniefall Willy Brandts vor dem Denkmal für die Opfer des Aufstandes im Warschauer Ghetto am 7. Dezember 1970, der in der Bundesrepublik teilweise heftig kritisiert wurde, für die Polen aber – obwohl offiziell kaum darüber berichtet wurde – einen entscheidenden Einschnitt in den Nachkriegsbeziehungen darstellte.

Die Herrschaft Gomułkas konnte dieser außenpolitische Erfolg freilich nicht mehr retten. Knapp zwei Wochen nach der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Vertrages führten plötzlich verkündete radikale Preiserhöhungen für Lebensmittel zu Arbeiterprotesten. Ausgehend von den großen Werften in Danzig und Stettin brachen in den Industriezentren Unruhen aus, die von Plünderungen und Brandstiftungen begleitet waren. Erst der Einsatz von Militär konnte den Aufruhr stoppen, dem 45 Menschen zum Opfer fielen, über 1000 wurden verletzt. Das Politbüro zwang daraufhin Parteichef Gomułka zum Rücktritt.

Die Ära Gierek 1970–1980

Edward Gierek (in der Mitte), während des Besuchs einer LPG

Gomułkas Nachfolger, der oberschlesische Parteifunktionär Edward Gierek, genoss in weiten Teilen der Bevölkerung große Sympathien. Ihm gelang es, viele der alten Kader rasch auszuwechseln. Seine neue Wirtschaftspolitik stand unter dem Schlagwort von der besseren Befriedigung der Konsumbedürfnisse der Bevölkerung. Mit Lohn- und Rentenerhöhungen sollte der allgemeine Lebensstandard angehoben werden. Die eingeleiteten Reformen (größere Unabhängigkeit der Regierung von der kommunistischen Partei, Erweiterung der Arbeitermitbestimmung, Änderung der Verwaltungsstrukturen etc.) bewirkten in der Praxis aber eher noch einen Machtzuwachs der PVAP auf allen Ebenen.

Die Ansätze einer umfassenden Modernisierung der Wirtschaft lagen vor allem im Bereich der Schaffung neuer Strukturen, deren Verfahren und Produktionsstätten im Westen auf Kredit eingekauft wurden. Die Rückzahlung sollte durch den Verkauf der erzeugten neuen Produkte ins Ausland erfolgen. Diese Bemühungen bewirkten in der Tat gerade im psychologischen Bereich positive Veränderungen. Die größere Produktpalette und die steigende Kaufkraft erweckten den Anschein einer Annäherung an die Konsumgesellschaften des Westens, weswegen auch im Rückblick heute viele Polen die Gierek-Zeit besonders positiv in Erinnerung haben. In Wirklichkeit war aber die Zentrale Wirtschaftsplanungskommission nicht in der Lage, die unterschiedliche Entwicklung in verschiedenen Wirtschaftszweigen aufeinander abzustimmen.

Erzbischof von Krakau Karol Wojtyła, als Papst Johannes Paul II.

In der Außenpolitik verbesserte sich das Verhältnis zur Bundesrepublik weiter, u.a. wegen der „Männerfreundschaft“ zwischen Gierek und dem neuen Bundeskanzler Helmut Schmidt. Die Öffnung der Grenze zur DDR schuf jedoch aufgrund der ökonomischen Unterschiede zwischen beiden Ländern eine Reihe von Spannungen.

Die innenpolitischen Daumenschrauben wurden Mitte der 1970er Jahre allmählich wieder angezogen, was die Unterdrückung von Gegenstimmen zur neuen, sozialistischen Verfassung deutlich zeigte. Als im Juni 1976 die Preise für Grundnahrungsmittel drastisch erhöht wurden, kam es in den industriellen Zentren Radom und Ursus bei Warschau zu Unruhen. Die Preiserhöhungen wurden daraufhin zwar zurückgenommen, gleichzeitig aber eine große Anzahl von Arbeitern entlassen, verhaftet und sogar zu langen Gefängnisstrafen verurteilt.

Während es bis dahin keine klare Trennungslinien innerhalb der polnischen Gesellschaft gab und die Reformdiskussionen bis weit in die PVAP hinein geführt wurden, entwickelten sich nun erstmals deutlich oppositionelle Gruppierungen in Polen selbst. Führende Intellektuelle gründeten am 23. September 1976 das „Komitee zur Verteidigung der Arbeiter“ (Komitet Obrony Robotników, KOR). Der zunehmende Druck der öffentlichen Meinung verhinderte in der Folgezeit repressive Maßnahmen der Parteiführung. In den nächsten Jahren gründeten sich weitere Bürgerrechtsorganisationen. Gleichzeitig engagierte sich die katholische Kirche unter ihrem Primas Stefan Kardinal Wyszyński zunehmend stärker. Ihre besondere Stellung wurde untermauert durch die mit Begeisterung aufgenommene Wahl des Krakauer Erzbischofs Karol Wojtyła zum Papst am 16. Oktober 1978 und dessen triumphale erste Polenreise ein halbes Jahr danach.

Zu Beginn des neuen Jahrzehnts zeichnete sich angesichts der immer größeren wirtschaftlichen Probleme ab, dass auch die Zeit des einstmals bejubelten Edward Gierek abgelaufen war.

Von der Solidarność bis zur Wende 1980–1989

Opposition, Streikbewegung und Gewerkschaft

Bereits 1977 und 1978 waren in Radom bzw. Kattowitz Zellen unabhängiger Gewerkschaften gegründet worden. Am 29. April 1978 entstand in Danzig das „Gründungskomitee freier Gewerkschaften für das Küstengebiet“, dessen Teilnehmer zumeist schon 1970 mitgestreikt hatten. Zu ihnen stieß bald der junge Elektriker der „Lenin-Werft“ Lech Wałęsa. In der Untergrundzeitschrift „Robotnik“ (Der Arbeiter) wurde im September 1979 die „Charta der Arbeiterrechte“ veröffentlicht. In ihr wurden die bisherigen Erfahrungen mit Streiks berücksichtigt, Forderungen für die Zukunft aufgestellt und allgemeine Positionen festgelegt.

Logo der freien Gewerkschaft „Solidarność“ (Solidarität)

Anfang 1980 hatte sich die gesamtwirtschaftliche Lage dramatisch verschlechtert: die Subventionen für Grundnahrungsmittel verschlangen etwa 40% der Staatseinnahmen, der Kaufkraftüberhang nahm ständig zu, die im Westen aufgenommenen Schulden konnten nicht mehr bedient werden. Die Regierung wählte wiederum den Weg der Preiserhöhungen und begann mit ihnen ohne öffentliche Bekanntmachung am 1. Juli, dem landesweiten Beginn der Sommerferien. Dennoch brachen in vielen Betrieben umgehend Streiks aus, zunächst im Traktorenwerk Ursus in Warschau, dann in Ostpolen und Mitte August auch in Danzig. Obwohl die Parteiführung nun wieder zum Nachgeben bereit war und die Lohnforderungen bewilligte, konnte sie die Bewegung nicht mehr eindämmen. Als die Belegschaft der Danziger „Lenin-Werft“ am 14. August wie schon 1970 komplett in den Ausstand trat und das Werksgelände besetzt hatte, stellte das neue Streikkomitee erstmals auch politische Forderungen, etwa die Wiedereinstellung der entlassenen Streikführer und die Errichtung eines Denkmals für die Opfer von 1970.

Die Warschauer Regierung erkannte bald die Gefahr, die von der sich ausbreitenden Streikwelle ausging, und kappte alle Verbindungen nach Danzig und Umgebung. Ein Teil der streikenden Werftarbeiter akzeptierte das Kompromissangebot der Werksleitung, andere plädierten für eine Ausdehnung des Arbeitskampfes, die mit der Gründung eines Überbetrieblichen Streikkomitees (MKS) am 16. August auch erfolgte. Der von seinem Vorsitzenden Lech Wałęsa präsentierte Forderungskatalog enthielt unter anderem den Wunsch nach Zulassung freier Gewerkschaften, Meinungsfreiheit und das Streikrecht.

Innerhalb der PVAP setzten sich nun die Reformkräfte durch und Regierungsvertreter akzeptierten in Verhandlungen in Stettin und Danzig am 30. und 31. August die meisten der Forderungen. Am Nachmittag des 31. Augusts wurde das Danziger Abkommen unterzeichnet, das die Verhandlungsergebnisse politisch festschrieb. Die Gewerkschaftskräfte waren jedoch nicht mehr bereit, ihre Tätigkeit auf den Danziger Raum zu beschränken und beschlossen die Ausdehnung auf das ganze Land. Mit einem Warnstreik erzwang die neue Organisation, die sich den Namen „Solidarność“ (Solidarität) gab, am 3. Oktober ihre gerichtliche Registrierung. In den Wochen darauf setzte ein gewaltiger Ansturm auf sie ein, so dass ihr schon im November etwa 10 Millionen Arbeitnehmer angehörten (von insgesamt 16 Millionen), darunter über 1 Million Mitglieder der PVAP.

Die innenpolitische Lage schien sich nun allmählich zu entspannen, nachdem Parteichef Gierek schon im September durch den gemäßigten Stanisław Kania ersetzt und die meisten Hardliner aus dem Politbüro entfernt worden waren. Der Vorschlag mehrerer Parteichefs, darunter Erich Honecker, mit den Warschauer-Pakt-Truppen einzumarschieren, scheiterte am Veto Moskaus, das nach den Erfahrungen der Besetzung Afghanistans eine weitere Verschlechterung des weltpolitischen Klimas fürchtete.

Der Kreml steigerte jedoch den Druck auf die PVAP, die „Konterrevolution“ zu bekämpfen und veranstaltete wiederholt Manöver in der Nähe der Grenzen Polens. Im Frühjahr 1981 kam es wiederholt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Staatsorganen und Gewerkschaftsaktivisten. Aufgrund der sich weiter verschlechterten wirtschaftlichen Lage häuften sich wilde Streiks, der Eindruck von Chaos verbreitete sich angesichts der „Doppelherrschaft“. In dieser entscheidenden Phase waren zudem die bewährten Vermittlungsmöglichkeiten der Kirche eingeschränkt, weil im Mai sowohl das Attentat auf Papst Johannes Paul II. verübt worden, als auch Primas Stefan Wyszyński gestorben war.

Nachdem der erste Landeskongress der Solidarność im September 1981 ein noch stärkeres politisches Engagement beschlossen und eine Botschaft an alle Arbeiter der anderen sozialistischen Staaten gerichtet hatte, entschloss sich die PVAP-Führung endgültig zum Konfrontationskurs.

Jaruzelski und der Kriegszustand

Auf dem 4. ZK-Plenum vom 16. bis 18. Oktober wurde Parteichef Stanisław Kania durch den als Hardliner geltenden Verteidigungsminister General Wojciech Jaruzelski ersetzt. Die Vorbereitungen für einen entscheidenden Schlag gegen die Opposition waren zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen.


Trotz der Bereitschaft der „Solidarność“ zu Kompromissen übernahmen in der Nacht vom 12. auf den 13. Dezember 1981 Militär und Sicherheitsorgane die Macht in Polen. General Jaruzelski verkündete in einer Fernsehansprache die Verhängung des Kriegszustandes, der bis 1983 in Kraft blieb. Die Führungsspitze der Gewerkschaft wurde in Danzig verhaftet. Regionalführer, Leiter der Betriebskommissionen und oppositionelle Intellektuelle, insgesamt einige Tausend Personen, wurden in Internierungslager gebracht. Jaruzelski rechtfertigt bis zum heutigen Tage diesen Schritt mit einer angeblichen unmittelbaren Gefahr des Einmarsches der Roten Armee, doch gibt es für diese keinerlei Beweise, vielmehr sprach alles gegen eine solche Option des Kreml zum damaligen Zeitpunkt.

Die kommunistische Partei, deren Tätigkeit interessanterweise ebenfalls kurzfristig suspendiert worden war, besaß kein Konzept zur inneren Erneuerung des Landes. Man suchte vielmehr nun Wege der Verständigung mit den gesellschaftlichen Kräften, die nicht zur „Solidarność“ gehörten, vor allem mit der katholischen Kirche. Im wirtschaftlichen Sektor begann man mit zaghaften Reformen, deren Erfolge aber zu wünschen übrig ließen. Sie waren begleitet von internen Machtkämpfen zwischen „Falken“ und „Tauben“ in der PVAP, deren Höhepunkt die Ermordung des oppositionellen Priesters Jerzy Popiełuszko durch Angehörige des Sicherheitsapparates im Oktober 1984 war.

Parallel zur Entwicklung in der Sowjetunion nach dem Machtantritt von Michail Gorbatschow setzten sich seit Mitte der 1980er Jahre auch in Polen die Reformkräfte durch. Im Rahmen einer Amnestie wurden im Juli 1986 alle politischen Gefangenen freigelassen. Um angesichts der sich weiter verschlechternden Versorgungssituation die Unterstützung der Bevölkerung für weitere Wirtschaftsreformen zu gewinnen, führte man im November 1987 die erste Volksabstimmung nach über 40 Jahren durch, die mit einer klaren Niederlage für die Regierung endete. Zwei Streikwellen im April, Mai und im August 1988 brachten die Reformer zu der Erkenntnis, dass ohne weitere Zugeständnisse die Dauerkrise nicht würde überwunden werden können.

Agonie und Ende der Volksrepublik

Die „Solidarność“ hatte die ganze Zeit über im Untergrund weiter gewirkt. Es erschienen zahlreiche Zeitschriften und Bücher in Anknüpfung an die sowjetische Samizdat-Tradition im „Zweiten Umlauf“ (drugi obieg). Die systemkonformen Gewerkschaften wurden weitgehend boykottiert.

Runder Tisch zwischen den Vertretern der PVAP und der Solidarność-Bewegung 1989

Die anwachsende Streikbewegung wurde von der PVAP mit Sorge betrachtet, zumal sich herausstellte, dass an ihr vor allem jüngere Arbeiter der Nach-„Solidarność“-Generation beteiligt waren. Die Politik Jaruzelskis, die auf den Prinzipien der Konsultation und Kooptation beruhte, war gescheitert. Unter Vermittlung von führenden Intellektuellen und der katholischen Kirche kam es am 31. August 1988 zu einem ersten Gespräch zwischen Innenminister Czesław Kiszczak und Lech Wałęsa „unter Gleichen“. Die Verhandlungen traten zunächst auf der Stelle, besonders als sich der neue Ministerpräsident Mieczysław Rakowski auf reine Wirtschaftsreformen konzentrieren wollte. Erst nach einer Fernsehdiskussion zwischen Wałęsa und dem Chef der offiziellen Gewerkschaft, Alfred Miodowicz, die nach mehrheitlicher Auffassung der Zuschauer ersterer klar für sich entschied, war der Parteiführung klar, dass ohne eine Beteiligung der „Solidarność“ neue Reformen in der Bevölkerung nicht durchzusetzen sein würden.

Vom 6. Februar bis 5. April 1989 versammelten sich in Warschau Repräsentanten der Partei und der gesellschaftlichen Opposition zu Gesprächen am Runden Tisch. Die eigentliche Arbeit in verschiedenen Verhandlungsgruppen führte zu radikalen Veränderungen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Im politischen Sektor vereinbarte man die schrittweise Einführung der vollen Volkssouveränität mit dem dazu gehörenden Pluralismus. Als Sofortmaßnahme wurde am 17. April die „Solidarność“ wieder zugelassen. Die Anerkennung eines Mehrparteiensystems, des Prinzips freier Wahlen und unabhängiger Gerichte waren weitere wichtige Etappen dieser „Refolution“, wie es Timothy Garton Ash nannte, um zu verdeutlichen, dass dieser Prozess, eher eine Mischung aus Revolution und Reform war.[34]

Die ersten halbwegs freien Wahlen seit über 40 Jahren beschleunigten den Systemwandel noch. Die Sitze im Sejm wurden nach dem Schlüssel 65 Prozent für die PVAP und ihre Verbündeten, 35 Prozent für die Opposition vergeben, während die Wahlen zum Senat unbeschränkt waren. Von den 262 vorher festgelegten Kandidaten der „Solidarność“ wurde nur ein einziger nicht gewählt, während die PVAP ihre Kandidaten nur mit Hilfe einer kurzfristigen Änderung des Wahlgesetzes durchbrachte. Die Wahl General Jaruzelskis zum Staatspräsidenten am 19. Juli erfolgte nur noch mit einer Stimme Mehrheit, ein von der PVAP geführtes Kabinett unter General Kiszczak kam gar nicht mehr zustande. Statt dessen gelang es der „Solidarność“ in Zusammenarbeit mit zwei bisherigen Blockparteien am 13. September eine Regierung unter dem katholischen Publizisten Tadeusz Mazowiecki zu bilden. Diese Ereignisse in Polen, die vom Kreml unterstützt wurden, trugen maßgeblich zum Fall der Berliner Mauer in Deutschland und zum Niedergang des Kommunismus im östlichen Europa bei.

Das freie Polen und die Dritte Republik seit 1989

Hauptartikel: Regierungen der Dritten Republik

Deutsch-Polnische Nachbarschaftspolitik

Am 12. März 1999 Beitritt Polens zur NATO

1990 wurde die Westgrenze Polens durch das wiedervereinigte Deutschland unter Bundeskanzler Helmut Kohl anerkannt. Kohl vollendete damit, was Willy Brandt zu Beginn der 1970er Jahre begonnen hatte. Die Kontakte Polens mit seinem westlichen Nachbarn entwickeln sich seitdem vertrauensvoll und eng. Auch zwischen ehemaligen deutschen Bewohnern der damaligen Ostgebiete und den heutigen polnischen Einwohnern sind inzwischen viele Freundschaften entstanden: Besondere Katalysatoren in dieser Verständigung sind die Kirchen sowie Teile der Vertriebenenverbände. Auch in Polen wächst das Interesse an der Beschäftigung mit dem „Komplex der Vertreibung“, einschließlich der Vertreibung von Polen aus den früher zu Polen gehörenden Gebieten um Vilnius und Lemberg. Ein weiterer Höhepunkt der besseren Beziehungen zwischen Polen und Deutschland war 2004 die Einladung an den deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder zu den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag des Warschauer Aufstandes. Schröder war damit der erste deutsche Kanzler, der an den alljährlichen Feiern teilnehmen durfte. Jedoch folgten diesem Besuch Schröders Diskussionen um Wiedergutmachungsleistungen an die deutschen Vertriebenen, die dazu führten, dass in Polen neue Ängste gegenüber den Deutschen aufkamen.

Euroatlantische Integration

Am 25. Mai 1997 wurde per Volksabstimmung eine neue Polnische Verfassung angenommen. Polen gilt heute als wirtschaftlich aufstrebender, stabiler und demokratischer Staat, was in seiner Aufnahme in die NATO am 12. März 1999 und in die Europäische Union am 1. Mai 2004, nachdem sich eine Mehrheit der polnischen Bürger (73 % Ja-Stimmen bei einer Beteiligung von etwa 59 %) in einer Volksabstimmung im Juni 2003 für den EU-Beitritt ausgesprochen hatte, Ausdruck findet.

Seit dem 1. Mai 2004 Mitgliedschaft Polens in der Europäische Union

Polen entwickelte sich während des Dritten Golfkrieges und in der Nachkriegszeit neben Großbritannien, Italien und Spanien zu einem wichtigen Verbündeten der USA in Europa. Während der Kriegshandlungen entsandte Polen 400 Spezialkräfte der Einheit GROM, die aktiv an den Kämpfen um die irakische Stadt Umm Kasr beteiligt waren. Auch im Nachkriegs-Irak nahm Polen eine wichtige Rolle ein. Der Grad der Westintegration Polens fand unter anderem auch in der Übernahme der Verwaltung einer von drei Besatzungszonen im Irak nach dem Dritten Golfkrieg 2003 seinen Ausdruck. Polen hatte seit dem 1. September 2003 das Oberkommando über etwa 10.000 Soldaten aus Ländern wie Spanien (nach Amtsantritt Zapateros abgezogen), Ukraine, Bulgarien, Mongolei und weitere kleinere Truppenkontingente. Aufgrund der Haltung der polnischen Regierung während des Irak-Konflikts kam es jedoch zu schweren Misstönen im Verhältnis zu Deutschland und Frankreich, die eine ablehnende Haltung gegenüber dem „illegalen Krieg“ im Irak einnahmen.

Feuerwerk auf der Stadtbrücke zwischen Frankfurt (Oder) und Słubice

Während des Konfliktes um die Präsidentschaftswahlen im Nachbarstaat Ukraine im November/Dezember 2004 engagierte sich der polnische Präsident Aleksander Kwaśniewski als Vermittler zwischen den Konfliktparteien, während die polnische Öffentlichkeit und die Medien in noch nie da gewesenem Ausmaß Solidarität mit Wiktor Juschtschenko übten.

Im Herbst 2005 standen die Polen vor entscheidenden Wahlen: Am 25. September wurde das neue Parlament gewählt, zwei Wochen später, am 9. Oktober, sind die Präsidentschaftswahlen anberaumt, die wahrscheinlich am 23. Oktober in einer Stichwahl entschieden werden.

Die Wahl zum neuen Parlament führte zu einem Richtungswechsel: Das bis dahin regierende Bündnis der „Demokratischen Linken“ wurde durch ein konservatives Bündnis abgewählt. Gewinner ist Jarosław Kaczyński, Führer der national-konservativen Partei PiS (deutsch: Recht und Gerechtigkeit) mit 27 % der Stimmen (152 Sitze) und Donald Tusk von der liberal-konservative Bürgerplattform PO mit 25 % (133 Sitzen). Die radikale Bauernpartei „Selbstverteidigung“ unter ihrem Vorsitzenden Lepper wurde mit über 12 Prozent drittstärkste Kraft im Parlament. Erst an vierter Stelle kommt die bisherige Regierungspartei der „Demokratischen Linken“ mit knapp elf Prozent der Stimmen nach 41 Prozent bei der Wahl im Jahr 2001. Die Wahlbeteiligung lag bei unter 40 %. Die Regierung wurde nicht aus einer Koalition aus der PiS und der PO gebildet und der Ministerpräsident wird nicht automatisch der Vorsitzende der PIS Jarosław Kaczyński, da bei der Stichwahl zur Präsidentenwahl sein Zwillingsbruder Lech Kaczyński gewinnen sollte und er diese noch anstehende Wahl nicht belasten wollte. Die PiS verlor bei den vorgezogenen Parlamentswahlen am 21. Oktober 2007 ihre Position als stärkste Partei. Ihre bisherigen Koalitionspartner scheiterten an der 5-%-Hürde. Seit November 2007 bilden die PO und ihr Koalitionspartner, die gemäßigte Bauernpartei PSL, die Regierung. Neuer Ministerpräsident ist Donald Tusk.

Anhang

Siehe auch

Literatur

Deutschsprachig
  • 6-bändiges Werk Geschichte Polens
    • Erster Teil von Richard Roepell, Hamburg 1840, 702 Seiten (online).
    • Zweiter Teil (1300–1386) von Jacob Caro, Gotha 1863 (unnveränderter Nachdruck: Elibron Classics, USA, ISBN 9-780-54382-277-2), 617 Seiten (online).
    • Dritter Teil (1386–1430) von Jacob Caro, Gotha 1869, 657 Seiten.
    • Vierter Teil (1430–1455) von Jacob Caro, Gotha 1875 (unveränderter Nachdruck: Elibron Classics, USA, ISBN 9-780-54382-269-7), 513 Seiten.
    • Fünfter Teil (1455–1486) von Jacob Caro, Gotha 1886.
    • Sechster Teil – Die zwei letzten Jagellonen (1506–1572) von Ezechiel Zivier, Gotha 1915, 809 Seiten.
  • Manfred Alexander: Kleine Geschichte Polens, Stuttgart 2003, ISBN 3-150-10522-6.
  • Norman Davies: Im Herzen Europas – Geschichte Polens, München 2000, ISBN 3-406-46709-1. (Aktualisiert um die Geschichte nach 1989)
  • Peter Gatter: Der weiß-rote Traum. Polens Weg zwischen Freiheit und Fremdherrschaft, Düsseldorf/Wien 1983, ISBN 3-426-03724-6.
  • Jürgen Heyde: Geschichte Polens, C.H. Beck, München 2006, ISBN 3-406-50885-5.
  • Jörg K. Hoensch: Geschichte Polens, Stuttgart 1983, ISBN 3-825-21251-3.
  • Rudolf Jaworski; Christian Lübke; Michael G. Müller: Eine kleine Geschichte Polens, Frankfurt/Main 2000, ISBN 3-518-12179-0.
  • Enno Meyer: Grundzüge der Geschichte Polens, 3., erweiterte Auflage, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1990, ISBN 3-534-04371-5.
  • Manfred Raether: „Polens deutsche Vergangenheit“, Schöneck 2004, ISBN 3-00-012451-9 (Neuausgabe 2008 als e-Buch).
  • Gotthold Rhode: Geschichte Polens – Ein Überblick, Darmstadt 1980, ISBN 3-534-00763-8.
  • Hans Roos: Geschichte der polnischen Nation 1918–1985, Stuttgart etc. 1986, ISBN 3-170-07587-X.
  • Jaroslaw Suchoples (Hrsg.), Skandinavien, Polen und die Länder der östlichen Ostsee: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, Wroclaw: Wydawn. Uniw. Wroclawskiego 2005, ISBN 83-229-2637-5.
  • Stefan Muthesius: Kunst in Polen – Polnische Kunst 966–1990. Eine Einführung. Königstein i. Ts. 1994, ISBN 3-7845-7610-9.

Weblinks

Fußnoten

  1. Rudolf Usinger: Deutsch-Dänische Geschichte 1189–1227. Mittler und Sohn, Berlin 1863, 448 Seiten (online).
  2. Scriptores Rerum Prussicarum – Die Geschichtsquellen der preußischen Vorzeit bis zum Untergange der Ordensherrschaft (T. Hirsch, M. Töppen und E. Strehlke, Hrsg.), Band I, Leipzig 1861, S. 705.
  3. Jacob Caro: Geschichte Polens, Zweiter Theil. Perthes, Gotha 1863, S. 27
  4. Scriptores Rerum Prussicarum – Die Geschichtsquellen der preußischen Vorzeit bis zum Untergange der Ordensherrschaft (T. Hirsch, M. Töppen und E. Strehlke, Hrsg.). Band I, Leipzig 1861, Anmerkung 91.
  5. Scriptores Rerum Prussicarum – Die Geschichtsquellen der preußischen Vorzeit bis zum Untergange der Ordensherrschaft (T. Hirsch, M. Töppen und E. Strehlke, Hrsg.). I. Band, Leipzig 1861, Seite 695, Anmerkung 62.
  6. Richard Roepell: Geschichte Polens. Perthes, Hamburg 1840, S. 558.
  7. Slawomir Gawlas: Die Probleme des Lehnswesens und des Feudalismus aus polnischer Sicht, S. 120, in: Michael Borgolte, Ralf Lusiardi: Das europäische Mittelalter im Spannungsbogen des Vergleichs, Akademie Verlag, 2001, ISBN 305003663X, 9783050036632
  8. Brockhaus' Konversationslexikon, Band 7, Seite 322
  9. Peter Claus Hartmann: Französische Könige und Kaiser der Neuzeit, C.H. Beck, 2006, S. 129
  10. Pierre Chevallier: Henri III, S. 209-231
  11. Schwedisch-Polnische Kriege der Jahre 1600−1611 und 1617−18, Zebrzydowski-Konföderation 1606−1609, unzählige Tatarenrazzien etc.
  12. http://history.wisc.edu/sommerville/351/351-104.htm
    „This left the Polish garrisons in Muscovy in a most awkward position, since the forces of the national movement had them under siege. First they ate grass and offal, then they ate each other, and the survivors finally surrendered. The Moscow Kremlin fell on 6 November 1612“ (Parker).
  13. Valentin Gitermann, Geschichte Russlands 1. Band, Frankfurt am Main 1987, Athenäum Verlag, S. 250
  14. Reverend R Thornton, Lives of Eminent Russian Prelates. Kessinger Publishing, 2004, ISBN 1-4179-4649-0, S. 3.
    „He endured to the end and was accounted worthy of the crown of martyrdom: inflexible alike to prayers and threats, he was starved to death in prison, to be a pledge of deliverance to his country“; A N Mouravieff, A History of the Church of Russia, 1842, reprinted 2004, ISBN 1-4179-1250-2, S. 166.
  15. Zur Frage der Übergabe der Souveränität über das Herzogtum Preußen an die brandenburgische Linie der Hohenzollern siehe: Dietmar Willoweit, Hans Lemberg: Reiche und Territorien in Ostmitteleuropa, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2006, S. 78-79
  16. Norman Davies: Im Herzen Europas – Geschichte Polens. Fünftes Kapitel – Das Ende einer alten Kultur, Eine historische Nation, 4 Die Adelsrepublik, 1569–1795, Seite 276.
  17. Dietmar Willoweit, Hans Lemberg: Reiche und Territorien in Ostmitteleuropa, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2006, S. 116
  18. Matthias Weber: Preussen in Ostmitteleuropa, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2006, S. 14–15
  19. Karl Heinrich Ludwig Pölitz: Die Staatswissenschaften im Lichte unsrer Zeit, S. 148
  20. Ernst Daniel Martin Kirchner, Arnim-Boytzenburg, David Schwartz: Das Schloss Boytzenburg und seine Besitzer, S. 335
  21. Karl Heinrich Ludwig Pölitz: Die Staatswissenschaften im Lichte unserer Zeit, S. 148
  22. Bernd Sösemann: Kommunikation und Medien in Preussen vom 16. Bis zum 19., Franz Steiner Verlag, 2002, S. 119
  23. Meyers Konversationslexikon, Vierte Auflage, S. 179
  24. Małgorzata Danecka, Thorsten Hoppe: Warschau entdecken – Rundgänge durch die polnische Hauptstadt, Trescher-Verlag, 2008, S. 26
  25. Dieter Schulze: Polen – der Süden mit Warschau und Posen, Dumontreise-Verlag, 2008, S. 331
  26. Carl Neyfeld: Polens Revolution und Kampf im Jahre 1831, S. 48
  27. Imanuel Geiss: Zukunft als Geschichte, Franz Steiner Verlag, 1998, S. 130
  28. Richard Brettell, Modern Art 1851–1929. Capitalism and Representation, Oxford University Press, 1999, S. 198
  29. Feliks Szyszko: The Impact of History on Polish Art in the Twentieth Century,
  30. Christoph Mick, „Den Vorvätern zum Ruhm – den Brüdern zur Ermutigung“, Variationen zum Thema Grunwald/Tannenberg, in: zeitenblicke 3 (2004), Nr. 1
  31. o.T. Potsdamer Abkommen
  32. Jochen Oltmer, Migration. Zwangswanderungen nach dem Zweiten Weltkrieg
  33. Andreas Zimmermann, Max-Planck-Institut für Ausländisches Öffentliches Recht und Völkerrecht (Hrsg.), Staatennachfolge in völkerrechtliche Verträge: Zugleich ein Beitrag zu den Möglichkeiten und Grenzen völkerrechtlicher Kodifikation. (= State succession with Regard to treaties: A Stocktaking), Springer, 2000, ISBN 3-540-66140-9, ISBN 978-3-54066-1-405, S. 173 f.
  34. Timothy Garton Ash: We the people. The Revolution of '89 Witnessed in Warsaw, Budapest, Berlin and Prague, London 1999, ISBN 0-140-28391-9, S. 14.

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