Drosselspule

Drosselspule

Drosseln sind induktive passive Bauelemente, die überwiegend im Bereich der Stromversorgungen elektrischer und elektronischer Geräte oder Anlagen sowie in der Leistungselektronik zur Dämpfung (Funkentstörung, Kommutierung, Strombegrenzung) unerwünschter Frequenzen oder zur Energiespeicherung eingesetzt werden. Drosseln bestehen aus mindestens einem Wickel eines Stromleiters, durch den der volle Laststrom der Schaltung fließt, mit Windungen, die oft auf einem Spulenträger gewickelt sind und überwiegend mit einem magnetisierbaren Kern versehen sind. Die Windungsanordnung, ihr Durchmesser, das Wickel- und das Kernmaterial legen den Wert der Induktivität und weitere Eigenschaften der Drossel fest.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Aufgebaut als Spulen und meist mit magnetisierbaren Kernen versehen, nutzen Drosseln die Selbstinduktion und dämpfen bzw. schwächen hochfrequente Wechselstromamplituden, vermindern hochfrequente Störstrahlungen (Funkentstörung, Elektromagnetische Verträglichkeit), flachen steile Stromanstiegsflanken ab, glätten gleichgerichtete Wechselspannungen oder speichern in Stromversorgungen elektrische Energie. Drosseln sind insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass durch die Wicklung dieser Bauelemente der volle Laststrom der nachfolgenden Schaltung hindurchfließt. Deshalb haben sie, um die ohmschen Verluste gering zu halten, oftmals einen relativ starken Leiterbahnquerschnitt. Drosseln werden auch zur Trennung von Wechselströmen verschiedener Frequenz eingesetzt. Sie sind hierzu kombiniert mit Kondensatoren z. B. in Netzfiltern und Lautsprecherweichen. Die Begriffe „Drossel“ und „Spule“, beides vom Aufbau her „Spulen“, sind im allgemeinen Sprachgebrauch oft nicht klar getrennt, sie können aber durch ihre unterschiedlichen Anwendungen unterschieden werden. Während Drosseln überwiegend für den Einsatz in Stromversorgungen vorgesehen sind und auch mit größeren Toleranzen des Induktivitätswertes ihre Funktion erfüllen, werden Spulen als Bauelemente meist in der Signalverarbeitung und in frequenzbestimmenden Kreisen als engtolerierte Bauelemente eingesetzt.

Spulen als Halbfabrikate für Erregerwicklungen von Elektromagneten, Relais, Bildröhren-Ablenkeinheiten, Transformatoren, Übertrager und Motoren werden nicht mit dem Begriff Drossel bezeichnet.

Es gibt für Drosseln in der Elektrotechnik und in der Elektronik eine große Anzahl von eigenen Begriffen, die sich entweder aus der Anwendung, der Schaltungstechnik oder der Bauform herleiten. Es ist nicht auszuschließen, dass teilweise für gleiche Anwendungen unterschiedliche Bezeichnungen benutzt werden, wenn Kern-Bauformen (Ring, Stab) zu eigenen Begriffen geführt haben, wobei es möglicherweise schon einen Drosselbegriff gibt, der sich von der Anwendung herleitet.

Anwendungsbezogene Drosselbegriffe

  • Speicherdrosseln, Filterdrosseln, (Funk-)Entstördrosseln, Netzrückwirkungsdrosseln, Kommutierungsdrosseln, HF-Drosseln, UKW-Drosseln, Dämpfungsperlen

Aus der Schaltungstechnik hergeleitete Drosselbegriffe

  • stromkompensierte Drosseln, nichtlineare Drosseln, Transduktordrosseln, Luftdrosseln

Aus der Bauform abgeleitete Drosselbegriffe

  • Ringkerndrosseln, Stabkerndrosseln, Toroiddrosseln, Mikroinduktivitäten, Chipinduktivitäten

Anwendungen und Bauarten

Schaltsymbol einer Drossel mit Kern

Drosseln werden unter anderem zur Unterdrückung von Störimpulsen und höheren Wechselstromanteilen in Gleichstrom und Netzspannungsversorgungen eingesetzt. Solche Filterdrosseln werden auch zur Trennung von Wechselströmen verschiedener Frequenz eingesetzt. Sie sind hierzu kombiniert mit Kondensatoren z. B. in Netzfiltern und Lautsprecherweichen untergebracht (siehe auch Frequenzweiche, Tiefpass, Hochpass).

Vorschaltdrosseln

Bei Gasentladungslampen müssen Drosseln (Vorschaltdrosseln, siehe Vorschaltgerät) vorgeschaltet werden, um zum einen durch ihren Blindwiderstand verlustarm den Strom zu begrenzen und zu stabilisieren und zum anderen bei Leuchtstofflampen mit Hilfe eines zusätzlichen Starters die notwendige hohe Zündspannung zu erzeugen. Ein Berechnungbeispiel des induktiven Widerstandes ist hier gezeigt.

Vorschaltdrosseln konventioneller Vorschaltgeräte (KVG) haben einen geblechten Eisenkern mit einem Luftspalt. Elektronische Vorschaltgeräte (EVG) verwenden eine Ferritkerndrossel. In großen Gleichrichtern werden Kommutierungsdrosseln eingesetzt, um den Stromflusswinkel zu vergrößern und Netz-Oberwellen zu verringern.

Speicherdrosseln

In Schaltnetzteilen geringer Leistung werden zur Speicherung magnetischer Energie Speicherdrosseln benötigt. Bei diesen Drosseln ist der magnetische Kreis des Ferritkernes häufig durch einen Luftspalt unterbrochen. Die in der Drossel gespeicherte Energie steckt dann fast vollständig in diesem Luftspalt. Der Kern dient nur zur Führung des Magnetfeldes. Der Luftspalt dient der Verringerung der magnetischen Flussdichte B. Das vermeidet die Sättigung des Kernmaterials und gewährleistet einen lineareren Induktivitätsverlauf auch bei hoher Magnetisierung. Der Kern von Speicherdrosseln besteht daher entweder aus einem unterbrochenen Magnetkreis oder häufig auch aus Sintermetall (Pulverkern) oder nanokristallinem bzw. amorphem gewickelten Metallband (Ringbandkern).

Zur Vermeidung der Kernsättigung werden massive Eisen- oder Ferritkerne von Drosseln häufig mit einem Luftspalt versehen. Der Luftspalt ist eine spaltförmige Unterbrechung des Magnetkerns und wird oft zur mechanischen Stabilisierung mit nichtmagnetischem Material wie Papier, Plastik oder Harz ausgefüllt. Eisendrosseln werden als Vorschaltdrossel (induktiver Vorschaltwiderstand) von Gasentladungslampen oder in Netzfiltern eingesetzt. Die Berechnung der Induktivität erfolgt hier.

Als Pulver werden meist Eisen oder Eisenlegierungen (z. B. Sendust, High Flux, MPP) verwendet. Merkmale dieser Pulverkerne sind das gegenüber massiven Kernen höhere Energiespeichervermögen sowie der zum Magnetfeld linearere Induktivitätsverlauf ohne scharfen Übergang in die Sättigung. Man spricht auch von einem verteilten Luftspalt. Pulverkerndrosseln werden als kompakte Speicherdrosseln in Schaltnetzteilen, Schaltreglern und PFC-Stufen (PFC: Power Factor Compensation, Leistungsfaktorkorrektur) sowie als Entstördrosseln bei Gegentaktstörungen (z. B. in Dimmern) verwendet.

Entstördrosseln

Drosseln zur Funkentstörung (Entstördrosseln) sollen in einem möglichst breiten Frequenzspektrum eine hohe Impedanz aufweisen. Sie müssen hierzu eine hohe Induktivität und eine geringe parasitäre Eigenkapazität haben. Diese Forderungen sind häufig nicht mit einer einzigen Bauform zu erreichen, sondern nur durch die Kombination mehrerer Drosseln mit unterschiedlichen Eigenschaften.

Die meisten Drosseln besitzen einen ferromagnetischen Kern. Diese Drosseln benötigen wesentlich weniger Windungen für die gleiche Induktivität als Luftdrosseln, allerdings kann der Kern bei starken Strömen in die Sättigung geraten, was zur Verzerrung des Stromverlaufes und zur starken Verringerung der Induktivität führt. Ein weiterer Nachteil ist das Auftreten von Wirbelströmen im Spulenkern, wenn Wechselströme die Drossel durchfließen. Um Wirbelströme zu unterdrücken, müssen leitfähige Kernmaterialien voneinander isoliert werden - der Kern besteht dann zum Beispiel wie bei Transformatoren aus mehreren längs zum magnetischen Feld liegenden voneinander isolierten Blechen oder aus einem ferromagnetischen Pulver (Pulverkern).

Da Ferritmaterialien ferromagnetisch, aber nicht elektrisch leitend sind, zeigen Ferritkerndrosseln keine Wirbelstromverluste und können – je nach Werkstoff – auch für sehr hohe Frequenzen eingesetzt werden. Ferritkerndrosseln zeigen bei hohen Strömen jedoch eher Sättigungserscheinungen im Kern als andere Werkstoffe, da Ferrit eine geringere Sättigungsinduktion hat. Man vermeidet die Sättigung, indem man die Kerne mit einem Luftspalt versieht oder einen offenen Magnetkreis gestaltet (Stabkern, Bobbinkern).

Stromkompensierte Drosseln

Schaltbild der Stromkompensierten Drossel
Stromkompensierte Drossel mit 2 x 47 mH auf einteiligem Ferritkern (D-Kern)
Ein Klappferrit wirkt nach dem Prinzip der stromkompensierten Drossel

Die stromkompensierte Drossel oder Gleichtaktdrossel (kurz CMC, von engl. common mode choke) hat mehrere gleiche Wicklungen, die gegensinnig vom Arbeitsstrom durchflossen werden, sodass sich deren magnetische Felder im Kern der Drossel aufheben. CMCs werden häufig zur Dämpfung von Störemissionen eingesetzt. Solche Störströme treten meist gleichsinnig in Hin- und Rückleitung auf (common mode, deutsch: Gleichtakt). Für diese Gleichtakt-Störungen bildet die stromkompensierte Drossel eine sehr hohe Induktivität, da sich diese Störströme in ihr nicht kompensieren. Stromkompensierte Drosseln sind oft an Ein- und Ausgängen von Schaltnetzteilen sowie in Netzfiltern zu finden. Eine besonders einfache Form stromkompensierter Drosseln sind auf Kabel aufgeschobene Ringkerne oder sogenannte Klappferrite; sie wirken jedoch erst bei sehr hohen Frequenzen (UKW-Bereich) störunterdrückend. Gegentaktstörungen lassen sich mit diesen Drosseln nicht beheben, ein Gegentaktsignal (wie auch das Nutzsignal) wird von einer Gleichtaktdrossel nahezu ungehindert hindurchgelassen.

Stromkompensierte Drosseln werden oft aus einteiligen, geschlossenen Ferritkernen in Ringform, E-Form, Rahmenform oder sogenannter D-Form[1] gefertigt, indem die Wicklungsdrähte bei Ringkernen hindurchgefädelt und bei den anderen Kernformen auf Spulenkörpern aufgewickelt werden. Mehrere Kammern pro Teilwicklung verringern die Eigenkapazität und verschieben die Eigenresonanzfrequenz und den Wirksamkeitsbereich hin zu höheren Frequenzen.

Luftdrosseln

Eine sogenannte Luftdrossel hat keinen Kern bzw. ist frei von ferromagnetischen Materialien. Luftdrosseln haben den Vorteil, dass keine Sättigung auftritt, die zur Verzerrung des Stromes führen können. Auch treten keine Wirbelstromverluste und Hystereseverluste auf. Allerdings benötigen Luftdrosseln für die gleiche Induktivität mehr Windungen als Eisen- bzw Ferritkerndrosseln, was zu einem erhöhten ohmschen Widerstand der Spulenwicklung führen kann. Luftdrosseln bzw. Luftspulen verwendet man in Frequenzweichen von Lautsprecherboxen und für sehr hohe Frequenzen, bei denen Ferrite versagen.

(Anmerkung: In der Klimatechnik ist die Luftdrossel eine Vorrichtung zur Regulierung der Lufteintritts- oder Luftaustrittsmenge. Über bewegliche Elemente der Luftdrossel wird die Größe von Ein- oder Austrittsöffnungen verändert.)

Sättigungsdrosseln

Sättigungsdrosseln und Transduktordrosseln nutzen den Effekt der Sättigung des Kernmaterials aus: Sättigungsdrosseln begrenzen die Stromanstiegsgeschwindigkeit in Thyristor-Schaltungen zu Beginn des Stromflusses und verlieren später durch Eintreten der Sättigung ihre Induktivität fast vollständig.

Transduktordrosseln

Transduktordrosseln gestatten die Steuerung deren Induktivität bzw. des Blindwiderstandes mittels einer Gleichstrom-Vormagnetisierung. Die Vormagnetisierung verschiebt den Sättigungseinsatz, dadurch können Wechselspannungen und -ströme mittels Gleichstrom gesteuert werden.

PFC-Drosseln

PFC-Drosseln arbeiten in Reihe zur speisenden Netzspannung in Schaltnetzteilen. Sie arbeiten entweder bei Netzfrequenz als passive PFC auf Trafoblechkern oder als Speicherdrossel in einer speziellen aktiven PFC-Schaltung bei ca. 10…100 kHz. Sie verringern die Oberwellenbelastung des speisenden Netzes.

Bauformen

Ringkerndrosseln

Ringkerndrosseln werden mit Ferrit- oder Pulver-Ringkernen hergestellt. Ringkerne können auch aus kristallinen oder amorphen Metallbändern bestehen. Ringkerne bilden einen geschlossenen magnetischen Kreis und weisen daher nur geringe magnetische Streufelder auf. Geringe Streuung trägt zur besseren elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) bei. Eine Extremform (1 Windung) von Ferrit-Ringkerdrosseln sind über Drähte geschobene Ferritperlen.

Stabkerndrosseln

Stabkerndrosseln haben dagegen einen offenen magnetischen Kreis. Sie vertragen jedoch höhere Magnetisierungsfeldstärken und haben – wenn sie einlagig gewickelt sind – eine geringe Eigenkapazität, was sie auch für sehr hohe Frequenzen geeignet macht (UKW-Drosseln). Stabkerne bestehen bei HF-Anwendungen aus Ferrit und für Netzspannungsanwendungen aus Elektroblech.

Literatur

  • Joachim Franz: EMV, Störungssicherer Aufbau elektronischer Schaltungen. Teubner, Stuttgart Leipzig Wiesbaden 2002, ISBN 3-519-00397-X. 

Weitere Quellen

  • Handbuch der Elektronik, Franzis-Verlag München 1979, ISBN 3-7723-6251-6
  • Der Brockhaus, Naturwissenschaft + Technik, 2003, ISBN 3-7653-1060-3
  • Lexikon Elektronik und Mikroelektronik, VDI-Verlag, 1990, ISBN 3-18-400896-7
  • Werkbuch Elektronik, Dieter Nührmann, Franzis-Verlag, 1981, ISBN 3-7723-6543-4
  • Widerstände, Kondensatoren, Spulen und ihre Werkstoffe, Zinke, Seither, Springer-Verlag 1982, ISBN 3-540-11334-7
  • Elektronische Bauelemente verstehen und anwenden, F. F. Mazda,Telekosmos-Verlag 1984, ISBN 3-440-05342-5

Einzelnachweise / Weblinks

  1. http://www.epcos.com/inf/30/db/ind_2008/b82734r_w.pdf

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