Dynamische Simulation

Dynamische Simulation

Als numerische Simulation bezeichnet man allgemein Computersimulationen, welche mittels numerischer Methoden durchgeführt werden. Bekannte Beispiele sind die numerische Strömungssimulation, Festigkeits- und Steifigkeitsberechnungen, Wetter- und Klimaprognosen, thermisches Verhalten von Gebäuden bzw. Gebäudesimulation (siehe dazu auch Simupedia und TRNSYS).

Bei den numerischen Methoden handelt es sich um besondere Rechenverfahren, die unter das Teilgebiet der numerischen Mathematik fallen und es erlauben, kontinuierliche Vorgänge auf dem Computer mittels einer Vielzahl wiederholter Einzelrechnungen zu berechnen. Der Schwerpunkt solcher Methoden liegt entweder darin, eine besonders hohe Genauigkeit zu erreichen (z. B. Berechnung von Primzahlen), oder Lösung mit besonders hoher Geschwindigkeit zu berechnen (z. B. Matrizenrechnung). Ein wichtiger Teilbereich der Numerik sind Näherungsverfahren zur Lösung komplexer Gleichungssysteme.

Rauchausbreitung U-Bahn

Es gibt sehr viele verschiedene Bereiche der Wissenschaft und Technik, in denen numerische Simulationen eingesetzt werden. Ein Bereich sind Strömungssimulationen, die Luftströmungen durch ein Rechenmodell ermitteln, bei welchem der Raum in kleine Volumenelemente, sogenannte Zellen oder Voxel, eingeteilt wird (Diskretisierung). Innerhalb einer Zelle werden die physikalischen Größen jeweils durch Variable repräsentiert, die sich im Verlauf der Berechnung durch gegenseitige Beeinflussung der Zellen auch ändern können.

Der Vorgang hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der digitalen Darstellung von Fotos am Computer, die nun aus einzelnen Bildpunkten (Pixeln) bestehen. Jedes Pixel besitzt nur einen einzigen Farbwert, obwohl das reale Bild eigentlich kontinuierlich ist und auch innerhalb eines Pixels noch verschiedene Farbwerte besitzt. Eine Datenkomprimierung kann mittels vieler Vergleiche nun noch zusätzlich bestimmte wenig strukturierte Bereiche zu größeren gleichfarbigen Flächen zusammenfassen. Bei ausreichend großem Betrachtungsabstand fließen selbst dann die Farbwerte für das Auge scheinbar wieder zu einem kontinuierlichen Bild zusammen. Ist die Auflösung der digitalen Bilddarstellung zu gering, dann wirkt das Foto unscharf oder treppenartig.

Bei der numerischen Simulation volumenartiger Probleme gelten die gleichen Regeln. Ist die räumliche Auflösung zu gering (große Zellen), dann wird die Physik nicht gut abgebildet (Aliasing) und es kommt zu Ungenauigkeiten. Daher ist man an einer möglichst hohen räumlichen Auflösung interessiert. Andererseits wirken sich bei einer hohen Auflösung Rechenungenauigkeiten stärker aus und die Rechenleistung ist oft nicht ausreichend, um in akzeptabler Zeit ein Ergebnis zu erhalten.

Anders als bei einem Pixelbild, das nur zwei räumliche Dimensionen und eine Farb- und Helligkeitsinformation hat, bestehen Volumenzellen aus drei räumlichen Dimensionen sowie je nach Problem aus mehreren zusätzlichen Kenngrößen (z. B. Zeit, Wärmeleitung, Temperatur, Strahlungsabsorption, Dichte, Feldstärke usw.), die ihrerseits voneinander abhängig sein können.

Die Aufteilung eines gegebenen Gesamtvolumens in 100x100x100 Zellen ergibt z. B. schon eine Zellenanzahl von 1 Million. Will man die Kantenlänge dieser Zellen halbieren, erhöht sich die Zahl schon auf 8 Millionen Zellen. Auch bei modernen Rechnern stößt das Verfahren daher sehr schnell an Grenzen.

Die Komplexität verschiedener numerischer Simulationen ist sehr unterschiedlich. Daher gehören Probleme wie Festigkeitsberechnungen oder Schwingungsanalysen von Gebäuden und Maschinenteilen mittlerweile zum Standardwerkzeug der Konstrukteure – bei anderen Vorgängen (Wettervorhersagen, Klimaberechnungen) bewegt man sich dagegen an den oder jenseits der Grenzen der Leistungsfähigkeit moderner Computer.

Inhaltsverzeichnis

Verfahren

Bei der numerischen Simulation sind folgende Schritte nötig:

  • Modellaufbau
  • Parametrierung
  • Berechnung
  • Auswertung und Darstellung

Im Modellaufbau werden die grundlegenden Eigenschaften einer Simulation in Form mathematischer Modelle formuliert. Die Modelle werden in der Regel unabhängig von einer konkreten Aufgabenstellung entwickelt. Häufig gehören die Modelle bereits zu einem Simulationssystem, das als fertiges Paket erworben werden kann. Hersteller stecken oft viele hundert Mannjahre in die Entwicklung neuer Modelle, die bestimmte physikalische Phänomene abbilden.

Bei der Parametrierung werden Modelle ausgewählt, mit konkreten Rechenwerten ausgestattet und so miteinander verknüpft, dass das Gesamtmodell möglichst gut einen konkreten Anwendungsfall darstellt. Ungenaue Kenntnis der Modelle oder der Randbedingungen ist die häufigste Fehlerquelle bei Simulationen.

Die eigentliche Berechnung erfolgt durch Starten eines Lösungsprogrammes, des so genannten Solvers. Der Solver führt die eigentliche Berechnung durch und speichert die Berechnungsergebnisse. Er baut aus den Eingabedaten ein komplexes mathematisches System, für das er eine Lösung sucht. Da eine geschlossene Lösung solcher Systeme in der Regel nicht möglich ist, werden iterative Lösungsverfahren angewendet, um eine Näherungslösung zu finden.

Bei nahezu allen Simulationsberechnungen müssen Solver sehr große Datenmengen verarbeiten. Dennoch kann die Rechenzeit je nach Simulationsverfahren zwischen wenigen Minuten und mehreren Stunden variieren. Insbesondere bei der numerischen Strömungssimulation oder Klimavorhersagen treten Rechenzeiten bis zu mehreren Tagen auf. Daher werden in diesem Bereich häufig Vektorrechner oder PC-Cluster verwendet, bei denen viele Einzelrechner parallel an einem Ergebnis arbeiten. Allerdings lässt sich die Geschwindigkeit solcher Parallel-Berechnungen nicht beliebig steigern, da mit der Zahl der beteiligten Rechenkerne auch der Kommunikationsaufwand steigt (siehe Skalierbarkeit).

Die Ergebnisse der Berechnung bezeichnet man als Rohdaten. Diese liegen als digitale Ergebnisdateien vor, die nun so aufbereitet werden müssen, dass sie für Menschen verständlich sind. Die dazu erforderliche Auswertung ist ein elementarer Bestandteil der Simulation und ist häufig ebenso aufwendig wie die eigentliche Berechnung. Für die Auswertung kommen zum einen statistische Methoden zum Einsatz, die Daten zusammenfassen oder analysieren. Ein wichtiger Aspekt liegt aber auch in der Möglichkeit, Daten graphisch aufzubereiten. Hier reichen die Formen von einfachen Diagrammen bis zu komplexen, dreidimensionalen Darstellungen (siehe auch virtual Reality).

Insbesondere bei der graphischen Auswertungen anspruchsvoller Probleme zeigt sich, dass numerische Simulationen ein hohes kommunikatives Potential besitzen bzw. dass je nach Sichtweise unterschiedliche Interpretationen möglich sind. Mittels dreidimensionaler Visualisierungen können jedoch Probleme oft so dargestellt werden, dass sie für Menschen unterschiedlicher Vorbildung gleichermaßen verständlich werden.

Einsatzbereiche

Ingenieurwissenschaften

  • statische und dynamische Festigkeitsberechnungen (Gebäude, Brücken, Fahrwerksteile)
  • Analyse mechanischer Spannungen und Verformungen (elastisch und plastisch, z. B. virtuelle Crashtests)
  • 3D-Darstellung von Konstruktionsteilen und virtuellen architektonischen Modellen
  • Flugsimulatoren zum Training an vorhandenen oder neuen Flugzeugtypen
  • Berechnung optischer Systeme (Linsensysteme, Laser, thermische Verformungen durch Absorption)
  • Berechnung von Wärmeleitvorgängen (z. B. feste und flüssige Phase bei der Laser-Materialbearbeitung)
  • Schwingungsanalyse an elektrischen Maschinen, Raketen oder auch Musikinstrumenten und Glocken
  • Simulation von Verbrennungsvorgängen und chemischen Reaktionen (Verbrennungsmotoren, Ausbeute bei chemischen Synthesen)
  • Analyse des Verhaltens von Kernreaktoren
  • Simulation von Halbleiterbauelementen

Numerische Simulationen werden häufig parallel zu konventionellen Ingenieurmethoden eingesetzt. Aufgrund der Komplexität der Simulations-Programme sowie der Unsicherheit der angesetzten Parameter und Randbedingungen sind zur Ergebniskontrolle oft begleitende analytische Berechnungen notwendig.

Forschung

Militär

  • Simulation der Funktion und Wirkung von Kernwaffen
  • Szenarien kriegerischer Auseinandersetzungen (Kampfhandlungen im Flugsimulator oder im virtuellen Gelände)
  • Verhalten von Sprengstoffen, Treibladungen und Projektilen

Unterhaltung

  • dreidimensionale bewegte Spielszenen unter Berücksichtigung der Beleuchtung und der physikalischen Eigenschaften

Die Spieleindustrie ist eine der wesentlichen Triebkräfte zur Entwicklung immer leistungsfähigerer PCs (personal computer) und Grafikkarten.


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