Earl of Rochester

Earl of Rochester

John Wilmot, 2. Earl of Rochester (* 1. April 1647 in Ditchley, Oxfordshire; † 26. Juli 1680) war ein englischer Dichter und Vertrauter König Karls II. und Samuel Pepys'.

John Wilmot, 2. Earl of Rochester, National Portrait Gallery, London (unbekannter Maler)

Inhaltsverzeichnis

Leben

Wilmot wurde am 1. April 1647 in Ditchley, Oxfordshire geboren. Seine Mutter, Anne St. John, Countess of Rochester, war Royalistin und strenggläubige Anglikanerin. Sein Vater Henry Wilmot war anglo-irischer Herkunft und erhielt den Titel Earl of Rochester 1652 von Karl II. während seines Exils zur Zeit des englischen Commonwealth für seine militärischen Verdienste: Er war während des Bürgerkriegs General der königlichen Cavalier-Truppen und starb 1658 im Exil, zwei Jahre vor der Restauration.

Der junge Rochester genoss seine Erziehung zunächst bei einem Hauslehrer, ging dann auf die Burford Grammar School und immatrikulierte sich 1659 am Wadham College an der University of Oxford, das er zwei Jahre später mit einem M.A. bei Edward Hyde, 1. Earl of Clarendon, verließ, einem Onkel von Rochester und seinerzeit Kanzler der Universität. Nach Studien in Frankreich und Italien, der standesgemäßen Grand Tour, wurde Rochester am englischen Hof eingeführt. Wegen seiner Tapferkeit in einem Gefecht gegen die Niederländer wurde er schlagartig bekannt und hochgelobt: Rochester diente zwischenzeitlich im 2. Seekrieg gegen Holland (1665-1667) von 1665 bis 1666 in der königlichen Flotte und überlebte schwere Gefechte, u.a. an Bord der Revenge. Dank seiner äußeren Erscheinung und seiner Eloquenz gehörte er nach der Restauration (1660) rasch zum engsten Kreis um den König.

1667 heiratete er Elizabeth Malet, eine reiche Erbin, die frühere Heiratsangebote Rochesters ausgeschlagen hatte, nun sich dem Hochzeitswunsch fügte - offenbar auf Druck des Königs.

Als Mitglied der Merry Gang (fröhlichen Truppe) wurde Rochester berüchtigt für seinen exzessiven Alkoholkonsum und derbe Ausfälle und Scherze. Gleichzeitig war er für seine brillante Art zu diskutieren bekannt. Zur Merry Gang gehörten Adlige, auch aus dem Hochadel, und Literaten, die Hochphase lag zwischen 1665 und 1680. Obwohl Wilmot der jüngste Höfling unter den Court Wits war (zu dem Zirkel gehörten etwa Sir Charles Sedley, Lord Buckhurst, George Etherege und der Herzog von Buckingham), avancierte er schnell zum gefürchteten und bewunderten enfant terrible.

Rochester war begeisterter Theatergänger. Am Theater lernte er auch Elizabeth Barry kennen, eine der bekanntesten Schauspielerinnen ihrer Zeit und spätere Geliebte Wilmots. Über Rochester liegen wie bei keinem anderen Vertreter der literarisch ambitionierten Hofelite unzählige Berichte, Anekdoten und Tagebucheinträge (vgl. The Diary of Samuel Pepys) vor, die seine Trunksucht und sein ausschweifendes Leben beleuchten. Er wurde zum Gentleman of the Bedchamber ernannt und erhielt eine beachtliche Pension von 1000 Pfund im Jahr. Von 1667 an saß Wilmot im Oberhaus und wurde im Februar 1668 zum Gamekeeper für die Grafschaft Oxford ernannt.

1674 schrieb er eine Satire auf Karl II. (bekannt unter dem Titel A Satyr on Charles II). Er kritisiert dabei den König für seine sexuellen Obsessionen auf Staatskosten. Daraufhin verbannte Karl II. ihn vom königlichen Hof. Nach sieben Monaten konnte er allerdings wieder seinen Sitz im House of Lords einnehmen.

Wenige Jahre später fiel Rochester wieder in Ungnade: 1676 geriet er mit anderen Begleitern in eine nächtliche Auseinandersetzung mit den königlichen Wachen. Im Handgemenge wurde einer von Rochesters Begleitern getötet, Rochester selbst floh vom Tatort. Daraufhin tauchte er unter und gab sich als Doctor Bembo aus und verkaufte Medizin und Heilbehandlungen auf Quecksilberbasis.

Im Alter von dreiunddreißig Jahren starb Rochester am 26. Juli 1680, vermutlich an Syphilis und den Folgen seines Alkoholmissbrauchs. Unter Einfluss seiner Mutter beschäftigte sich Rochester in seinen letzten Wochen mit Religion und Spiritualität, unter seinem Namen wurde posthum eine Schrift veröffentlicht, in der er die Abkehr vom Atheismus äußert. Die Urheberschaft dieses Werks ist allerdings umstritten. An seinem Sterbebett nahm ihm Gilbert Burnet, Bischof von Salisbury, die Beichte ab und will ihn zu einem gläubigen Christen bekehrt haben, wie er es in seinem Werk Some passages on the life and death of John Earl of Rochester (1680) beschreibt. Wilmot ist in der Kirche von Spelsbury (Oxfordshire) begraben.

Werk

Als Autodidakt und nicht finanziell abhängiger Gelegenheitsschriftsteller ließ sich Rochester sowohl formal als auch inhaltlich nicht festlegen. Neben Parodien und Imitationen zeitgenössischer Dichter wie Malherbe, Ronsard, oder Boileau übersetzte oder imitierte er ebenso klassische Autoren wie Petronius, Lucretius, Ovid, Anacreon, Horaz, oder Seneca. Er verfasste Satiren, Essais und Liebeslyrik, einzig erzählerische Formen sind nicht bekannt. Das Geschmacksideal der Court Wits und ihr kritisches Urteilsvermögen waren für andere Autoren der Zeit von immenser Bedeutung, da die Kritik der einflussreichen Hofliteraten in besonderem Maße die Rezeption von Theaterstücken beeinflussen konnte. So war auch Rochester zeit seines Lebens Mäzen und Förderer vieler Dramatiker (John Dryden, Thomas Shadwell, Thomas Otway u.a.), sein literarisches Talent brachte indes keine Stücke hervor.

Berüchtigt für ihre scharfe und hellsichtige Gesellschaftskritik und gleichzeitig für ihre äußerst obszöne Sprache waren Rochesters Satiren. Neben Gedichten und traditionellen songs verfasste er Episteln und Satiren in Anlehnung an Horaz (An Allusion to Horace). Auf dem Gebiet der Dichtkunst waren die Hofliteraten in der Tradition der höfisch-klassischen Dichtung verwurzelt; viele Gedichte der Restaurationszeit imitierten den verfeinerten Stil der Renaissancedichter und übernahmen die Form der pastoralen Liebeslyrik oder der Sonettdichtung der elisabethanischen Dichter im Stile Petrarkas. Die Dichter der Restaurationszeit, nicht zuletzt die Court Wits, imitierten aber nicht nur die älteren Stilformen, sondern schufen eigene Variationen der Dichtkunst mit satirisch-parodistischer Reflexion. So wurde die bukolische Tradition lediglich als äußere Form benutzt, um entweder das Hofleben, die Positionen zur Liebe und die Haltung gegenüber der Frau auf skeptische und satirisch-zynische Weise zum Ausdruck zu bringen.

Hierbei verstand es insbesondere Rochester, tradierte Gattungen parodistisch umzugestalten. So stößt man bei ihm auf elegante Gedichte obszönen bzw. pornographischen Inhalts, die den Leser mit Schockeffekten überraschen. Rochester verkörpert gleichzeitig die progressivste und aggressivste Dichtkunst seiner Zeit. Seine Verssatiren wandten sich gegen die utopia of gallantry und hinterfragten kritisch den Hofzirkel, Heuchelei und eine degenerierte Auffassung von Liebe (so etwa in A Letter from Artemisia in Town to Chloe in the Country).

In seinem paradoxen Werk A Satyr against Mankind stellt er die moralische Verworfenheit des Menschen und den Irrglauben, eine Überlegenheit durch die Vernunft zu besitzen, der "Aufrichtigkeit" des instinktsicheren Tieres gegenüber.

Der Großteil seiner Werke wurde anonym veröffentlicht und zirkulierte meist nur als Manuskript, weswegen angenommen wird, dass viele Werke Rochesters verschollen sind.

Werke

  • Poems on several occasions (1680)
  • A Letter from Artemisia in Town to Chloe in the Country (1679)
  • A Satyr against mankind (1679)
  • Upon Nothing (1679)

Literatur

  • D.H. Griffin, Satires against man. The Poems of Rochester (Cambridge, 1973).
  • Marianne Thormählen, Rochester: The Poems in Context (Cambridge, 1993).
  • The Works of John Wilmot, Earl of Rochester Ed. Harold Love (Oxford, 1999).

Wirkung

Der Film The Libertine von 2004 basiert auf einem Theaterstück und beschäftigt sich mit dem Leben Wilmots.

Weblinks


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