Ehrgefühl

Ehrgefühl

Ehre bedeutet in etwa Achtungswürdigkeit (einer Person), sie kann jemandem als Mitglied eines Kollektivs zuerkannt werden (Ehre des Weibes, des Edelmannes, des Handwerkers u. a. m.), sie kann aber auch (etwa durch die Nobilitierung oder eine Ordensverleihung) vom dazu Berechtigten zugesprochen werden (The Queen is the fountain of honour).

Gegenüber jemandem, der einem an Ehre sehr überlegen ist, gibt man sich ehrerbietig. Jemanden ehren bedeutet, ihm eine neue Ehre zuzuerkennen.

Das Gegenteil der Ehre ist die Schande. In der westlichen Welt ist hiermit oft der Verlust der Ehre oder in milderer Form eine persönliche Blamage gemeint.

Inhaltsverzeichnis

Gesellschaftliche Bedeutung

Durch Missachtung seines Kollektivs wird der Einzelne, durch Missachtung des Einzelnen wird sein Kollektiv getroffen (vgl. die Ehrverletzung) – anders als z. B. beim Ruhm. Beim „Verlust der Ehre“ ist auch von „Gesichtsverlust“ die Rede, was sich auf den Verlust von Ansehen innerhalb des Kollektivs bezieht.

„Verletzte Ehre“ wurde und wird in Gesellschaften/Kulturkreisen, in denen das Ansehen eines familiären, ethnischen oder religiösen Kollektivs über das Wertesystem des Individualismus gestellt wird, unter offener Missachtung rechtsstaatlicher Prinzipien (Gewaltmonopol des Staates) auf gewaltsame Weise „wiederhergestellt“ (vgl. Rache, Duell, Ehrenmord).

Das Streben einer Person nach Ruhm oder Ehre führte und führt nicht selten zu persönlichen und äußeren Konflikten.

Die Ehre war im mittelalterlichen und neuzeitlichen Europa auch ein Medium, um Konflikte zwischen Personen und/oder Institutionen auszutragen. Bei der Lösung und Austragung von Streitfällen wurde darauf geachtet, offene Konflikte möglichst zu vermeiden oder zu verschleiern, da ein offener Streit einen Ehrverlust des Widerparts zur Folge haben könnte. Da man sich des Eskalationspotenzials von Ehrverletzungen durchaus bewusst war, wurde es für beide Seiten erforderlich, den Konflikt dergestalt auszutragen, dass beider Ehre keinen Schaden nahm. Insofern kann man der Ehre in bestimmten Fällen durchaus eine deeskalierende Wirkung zugestehen.

Literatur

Soziologisch-historisch

  • Pierre Bourdieu: Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft, Frankfurt am Main 1979
  • Dagmar Burkhart: Eine Geschichte der Ehre, Darmstadt, 2006 (enthält eine Geschichte der Ehrkonzeptionen vom Mittelalter bis zur Gegenwart und einen Kulturvergleich, mit Abb.)
  • Ralf-Peter Fuchs: Um die Ehre. Westfälische Beleidigungsprozesse vor dem Reichskammergericht (1525 - 1805), Paderborn 1999
  • Simon Meier: Beleidigungen. Eine Untersuchung über Ehre und Ehrverletzung in der Alltagskommunikation, Aachen 2007 (ISBN 978-3-8322-6265-5)
  • Ludgera Vogt: Zu Logik der Ehre in der Gegenwartsgesellschaft, Frankfurt am Main 1997. [enthält eine umfangreiche Bibliographie zum Thema]
  • Friedrich Zunkel: „Ehre, Reputation“, in: Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. II, 1975, S. 1-64

Philosophisch-theologisch

Literarisch

Siehe auch

Weblinks


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  • Ehrgefühl — Ehrgefühl, Ehrgeiz, Ehrsucht s.u. Ehre …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Ehrgefühl — Ehrgefühl, die Bestimmbarkeit der Entschlüsse eines Menschen durch die Rücksicht auf die Ehre (s. d.). Das E. ist also eins derjenigen psychologischen Motive, durch welche die in einem engern oder weitern gesellschaftlichen Verbande (einem Stand …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Ehrgefühl — Ehr|ge|fühl 〈n. 11; unz.〉 Gefühl für Ehre, sittl. Würde u. Anstand ● keinen Funken Ehrgefühl haben; ein stark ausgeprägtes Ehrgefühl haben; er hat kein Ehrgefühl im Leibe; etwas aus falschem, verletztem Ehrgefühl heraus tun; ein Mann von… …   Universal-Lexikon

  • Ehrgefühl — das Ehrgefühl (Oberstufe) Gefühl der Selbstachtung Synonyme: Ehre, Stolz, Wertgefühl, Würde Beispiele: Mit der Unterstellung, er habe gestohlen, hat sie sein Ehrgefühl verletzt. Es gibt auch Täter, die bei der einmal ausgesprochenen Lüge bleiben …   Extremes Deutsch

  • Ehrgefühl — Anstand, Ehre, Selbstachtung, Stolz, Wertgefühl, Würde. * * * Ehrgefühl,das:⇨Ehre(1) Ehrgefühl→Ehre …   Das Wörterbuch der Synonyme

  • Ehrgefühl — E̲hr·ge·fühl das; nur Sg; 1 jemandes Ehrgefühl verletzen jemanden kränken oder beleidigen 2 kein Ehrgefühl (im Leib) haben unehrenhaft und würdelos handeln …   Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

  • Ehrgefühl, das — Das Ehrgefühl, des es, plur. car. das Gefühl seiner Vorzüge und der darin gegründeten Ehre, nebst der damit verbundenen Bemühung, letztere weder selbst zu verletzen, noch von andern verletzen zu lassen; mit einem Französischen Ausdrucke, die… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Ehrgefühl — Ehr|ge|fühl …   Die deutsche Rechtschreibung

  • Ehre — Ehrung; Anerkennung * * * Eh|re [ e:rə], die; , n: 1. <ohne Plural> persönliche Würde, äußeres Ansehen: die Ehre eines Menschen, einer Familie; seine Ehre wahren, verlieren; jmds., seine Ehre retten; jmdn. in seiner Ehre kränken; sich in… …   Universal-Lexikon

  • Blonde Bestie — Geflügelte Worte   A B C D E F G H I J K L M N O …   Deutsch Wikipedia

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