Eigenkapitalkostensatz

Eigenkapitalkostensatz

Für einen Finanzierungstitel f ist sein Kapitalkostensatz r \left(f \right) derjenige erwartete Zinssatz, bei dem erst die Schaffung des Finanzierungstitels möglich ist.

Dabei gibt es

  • den Eigenkapitalkostensatz für f, wenn f ein Beteiligungstitel ist,
  • den Fremdkapitalkostensatz für f, wenn f ein Forderungstitel ist,
  • den Gesamtkapitalkostensatz für U, wenn U ein Unternehmen ist.

Da Finanzierungstitel „zusammengepackt“ werden können (zum Beispiel in einen Fonds), gibt es auch für jeden zusammengesetzten Finanzierungstitel einen Kapitalkostensatz.

  • So lässt sich das Eigenkapital eines Unternehmens als zusammengesetzter Finanzierungstitel aller Beteiligungstitel des Unternehmens auffassen.
  • So lässt sich das Fremdkapital eines Unternehmens als zusammengesetzter Finanzierungstitel aller Forderungstitel des Unternehmens auffassen.

Inhaltsverzeichnis

Gesamtkapitalkostensatz

Sei

  • U ein Unternehmen, dessen Passiva lediglich aus vorrangigem Fremdkapital und nachrangigem Eigenkapital bestehen,
  • EK \left( U \right) das Eigenkapital des Unternehmens U,
  • FK \left( U \right) das Fremdkapital des Unternehmens U,
  • r\left( EK \left( U \right)\right) der Eigenkapitalkostensatz des Unternehmens U,
  • r\left( FK \left( U \right)\right) der Fremdkapitalkostensatz des Unternehmens U,
  • r\left( U \right) der Gesamtkapitalkostensatz des Unternehmens U,
  • V\left( EK \left( U \right)\right) der Marktwert des Eigenkapitals des Unternehmens U,
  • V\left( FK \left( U \right)\right) der Marktwert des Fremdkapitals des Unternehmens U,
  • V\left( U \right) der Marktwert des Unternehmens U.

Dann gilt wegen V\left( U \right) = V\left( EK \left( U \right)\right)+ V\left( FK \left( U \right)\right):

  • r\left( U \right) = {{r\left( EK \left( U \right)\right) \cdot V\left( EK \left( U \right)\right) + r\left( FK \left( U \right)\right) \cdot V\left( FK \left( U \right)\right)} \over {V\left( U \right)}} beziehungsweise

r\left( U \right) = {{r\left( EK \left( U \right)\right) \cdot V\left( EK \left( U \right)\right) + r\left( FK \left( U \right)\right) \cdot V\left( FK \left( U \right)\right)} \over {V\left( EK \left( U \right)\right)+ V\left( FK \left( U \right)\right)}}

  • r\left( U \right) \cdot V\left( U \right) = r\left( EK \left( U \right)\right) \cdot V\left( EK \left( U \right)\right) + r\left( FK \left( U \right)\right) \cdot V\left( FK \left( U \right)\right)

Modifizierter Kapitalkostensatz

Bei Verzicht auf die Annahme vollkommener Kapitalmärkte werden Kapitalkostensätze unmittelbar aus messbaren Risikoinformationen der Zahlungsreihe (gemäß Planung) abgeleitet. Vom Kapitalmarkt ist damit nur die Bestimmung des Marktpreises des Risikos erforderlich, nicht aber die Bestimmung des Risikomaßes (z.B. des Eigenkapitalbedarfs). Derartige Ansätze berücksichtigen damit die Verfügbarkeit überlegener Informationen über die Zahlungsreihe (z.B. bei der Unternehmensführung gegenüber dem Kapitalmarkt) und gegebenenfalls auch die Bewertungsrelevanz nicht diversifizierter unternehmensspezifischer Risiken.[1]

Zur Berechnung des Kapitalkostensatzes (WACC) in Abhängigkeit vom Eigenkapitalbedarf als Risikomaß wird die folgende Formel herangezogen (Gleißner, 2005):

WACC^\text{mod}=k_\mathrm{EK}\frac\text{Eigenkapitalbedarf}\text{Gesamtkapital} + k_\mathrm{FK} \frac{\text{Gesamtkapital} - \text{Eigenkapitalbedarf}}\text{Gesamtkapital} \cdot(1-s)

Ein zunehmendes Risiko mit einem höheren Bedarf an „teurem“ Eigenkapital führt zu steigenden Gesamtkapitalkostensätzen (WACC)(kEK > kFK). Der Eigenkapitalbedarf (EKB) als Risikomaß und die Eigenkapitalkosten sind abhängig von den durch die Fremdkapitalgebern maximal akzeptierten Ausfallwahrscheinlichkeit p. Um die Einzelrisiken – systematische und nicht diversifizierte unsystematische – eines Unternehmens zum Eigenkapitalbedarf zu aggregieren, müssen diese zunächst durch Wahrscheinlichkeitsverteilungen beschrieben und dann denjenigen Positionen der Unternehmensplanung zugeordnet werden, bei denen diese zu Planabweichungen führen können. Mit Hilfe von Simulationsverfahren (Monte-Carlo-Simulation) wird anschließend eine große repräsentative Stichprobe möglicher risikobedingter Zukunftsszenarien der Unternehmensentwicklung ausgewertet, was Rückschlüsse auf den Umfang risikobedingter Verluste zulässt.

Für den Eigenkapitalbedarf ist ein „passender“ Eigenkapitalkostensatz zu berechnen, der ebenfalls von p abhängig ist. Eine einfache Abschätzung wird durch die folgende Methode möglich, die als Alternativinvestition zum Unternehmen eine Anlage des Eigenkapitals in das Marktportfolio (Aktien) unterstellt.

Dabei wird berechnet, welche erwartete Rendite das Investment in ein Aktienportfolio (Marktportfolio) hätte, wenn dieses aufgrund eines Einsatzes von Fremdkapital die gleiche Ausfallwahrscheinlichkeit aufweisen würde (Opportunitätskosten). In Abhängigkeit von der erwarteten Rendite des Marktportfolios (r^e_m), der Standardabweichung dieser Rendite (σm) und der akzeptierten Ausfallwahrscheinlichkeit p erhält man damit folgende ratingabhängige (p-abhängige) Eigenkapitalkosten.

r^e_{\mathrm{EK}, p} = \frac{r^e_m - (1 - a)\cdot k_{\mathrm{FK}, p}}{a}

mit

a = -\left(r^e_m + q_p \cdot \sigma_M\right)
k_{\mathrm{EK}, p} = r^e_{\mathrm{EK}, p} = \frac{r^e_m - (1 + (r^e_m + q_p \cdot \sigma_M)) \cdot k_{\mathrm{FK}, p}}{-(r^e_m + q_p \cdot \sigma_M)} = \frac{r^e_m \cdot (1 - k_{\mathrm{FK}, p}) - (1 + q_p \cdot \sigma_M)\cdot k_{\mathrm{FK}, p}}{-(r^e_m + q_p \cdot \sigma_M)}

Dabei ist a der Eigenkapitalanteil am Portfolio (EKB in Prozent des Investments), so dass die Ausfallwahrscheinlichkeit p erreicht wird. Zudem ist qp der Wert der invertierten Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung zum Konfidenzniveau α = 1 − p und kFK,p die erwartete Rendite des Fremdkapitals bei akzeptierter Ausfallwahrscheinlichkeit p (nicht der Fremdkapitalzinssatz).

Literatur und Quellenangabe

  1. Gleißner, W. (2006): Neue Wege für Unternehmensbewertung und wertorientierte Unternehmensführung in einem unvollkommenen Kapitalmarkt, in: Meyer, C./Pfaff, D. (Hrsg): Finanz- und Rechnungswesen, Jahrbuch 2006, S. 119-154, Zürich.


Siehe auch


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