Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften

Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften

Nach Artikel 269 des EG-Vertrags bzw. Artikel 173 des Euratom-Vertrags ist der Haushalt von EG (einschließlich EU im engeren Sinne, vgl. Artikel 28 des EU-Vertrags) und Euratom unbeschadet der sonstigen Einnahmen vollständig aus Eigenmitteln zu finanzieren. Eigenmittel sind den Gemeinschaften zugewiesene Einkünfte zur Finanzierung ihres Haushalts, die ihnen von Rechts wegen zustehen und die keiner weiteren Beschlüsse der Regierungen der EU-Mitgliedstaaten bedürfen. Die Eigenmittel sind sozusagen die Steuereinnahmen der EU, solange es keine originäre EU-Steuer/Europasteuer gibt.

Inhaltsverzeichnis

Einnahmenquellen der EU

Der EU stehen folgende Einnahmequellen zur Verfügung:

Traditionelle Eigenmittel

Hierbei handelt es sich vor allem um Abschöpfungen, Prämien, Zusatz- oder Ausgleichsbeträgen, Zöllen auf den Warenverkehr mit Drittländern und aus Beiträgen und Abgaben im Rahmen der GMO für Zucker. Diese Abgaben werden bei Agrarimporten aus Nicht-EU-Staaten bzw. auf die innergemeinschaftliche Zuckerproduktion erhoben. Im EU-Haushalt 2007[1] sind dafür etwa 17,3 Mrd. Euro, dies entspricht etwa 15 Prozent der Gesamteinnahmen.

Mehrwertsteuer-Eigenmittel

Mehrwertsteuer-Eigenmittel sind Einnahmen der EU, deren Höhe sich aus der statistisch ermittelten „theoretischen“ einheitlichen Summe der steuerpflichtigen Umsätze (Warenlieferungen, Dienstleistungen und Einfuhren) auf der Stufe der Letztverbraucher in den Mitgliedstaaten ergibt (MwSt-Bemessungsgrundlage). Der Prozentsatz ist für alle Mitgliedstaaten gleich und wird im Haushaltsverfahren der EU festgelegt. Der Anteil, den jeder Mitgliedstaat als Mehrwertsteuer-Eigenmittel an die EU abzuführen hat, beträgt derzeit 0,31 Prozent der MwSt-Bemessungsgrundlage. Die MwSt-Bemessungsgrundlage darf 50 Prozent des Bruttosozialprodukts des betreffenden Mitgliedstaats nicht übersteigen. Etwa 15 Prozent (eta 17,8 Mrd. Euro) des Gesamtbudgets werden 2007 aus diesen Einnahmen erzielt.

BNE-Eigenmittel (vor 2002: BSP-Eigenmittel)

Der Abführungssatz für die BNE-Eigenmittel errechnet sich aus der Differenz zwischen dem gesamten Finanzierungsbedarf und den übrigen Eigenmitteln (Restfinanzierungsbedarf). Dieser Restfinanzierungsbedarf (etwa 0,73 % des BNE) ist von den einzelnen Mitgliedstaaten entsprechend ihrem Anteil am Bruttosozialprodukt/Bruttonationaleinkommen aufzubringen. BNE-Eigenmittel sollten ursprünglich nur ergänzend herangezogen werden, wenn die anderen Einnahmequellen den Finanzbedarf der Gemeinschaft nicht decken konnten. Im EU-Haushalt 2007 sind BNE-Einnahmen von etwa 80 Mrd. Euro = etwa 69 Prozent eingestellt.

Sonstige Einnahmen

Überschüsse aus Vorjahren, Zinserträge, Mieteinnahmen, Buß- und Zwangsgelder, Steuern und Abgaben auf die Dienstbezüge des EU-Personals. Im EU-Haushalt 2006 sind dafür insgesamt rd. 1,3 Mrd. Euro = rd. 1,2 Prozent ausgewiesen.

Eine Eigenmittel-Obergrenze legt fest, bis zu welcher Höhe die EU Eigenmittel erheben darf; für 2006 beträgt diese Eigenmittel-Obergrenze 1,24 % des Bruttonationaleinkommens der MS.

Insgesamt rechnet die EU im Gesamthaushaltsplan 2007 mit Einnahmen in Höhe von etwa 116 Mrd. Euro.

Briten-Rabatt

Großbritannien erhält bei der Zahlung der MwSt-Eigenmittel einen sogenannten Britenrabatt. Dieser errechnet sich nach der Formel: (MwSt-Eigenmittel + BSP-Eigenmittel Großbritanniens abzüglich Zahlungen der EU an Großbritannien) x 66 % = Briten-Rabatt. Diese Regelung geht auf eine Vereinbarung aus dem Jahr 1985 zurück. Der Rabatt muss von den anderen MS finanziert werden: Deutschland, die Niederlande, Österreich und Schweden tragen seit 2001 insgesamt 25 % des Ausgleichsbedarfs, den Rest die übrigen MS, deren Anteil sich wiederum am Bruttonationaleinkommen orientiert.

In einer durch die Kommission (angeregt vom Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat) ins Leben gerufenen Haushaltsüberprüfung steht die gesamte Haushaltspolitik, einschließlich des Britenrabattes, derzeit zur Debatte. Die öffentliche Konsultationsphase, die bis Juni 2008 andauerte, trug dazu bei, Reformvorschläge zu konkretisieren mit dem Ziel, den EU-Haushalt für zukünftige Herausforderungen fit zu machen. Vorschläge dazu konnte auf einer Website eingereicht werden, auf der auch das Konsultationspapier eingesehen werden kann. Auf Grundlage der Konsultation hat die Kommission im November 2008 Vorschläge für eine Haushaltsgestaltung nach 2013 einreichen.

Rechtsgrundlagen

Wichtigste Rechtsgrundlage ist seit 2002 der Beschluss 2000/597/EG, Euratom vom 29. September 2000[2] über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (ABl. EG L 253 vom 7. Oktober 2000, S. 42); der ihn ersetzende Beschluss 2007/436/EG, Euratom vom 7. Juni 2007[3] über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (ABl. EG L 163 vom 23. Juni 2007, S. 17) ist noch nicht in Kraft getreten.

Die Einzelheiten für die Bereitstellung und Abführung der Eigenmittel sowie die Kontrollvorschriften ergeben sich aus der Durchführungs-Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 vom 22. Mai 2000[4] (ABl. EG L 130 vom 31. Mai 2000) und der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1553/89 vom 29. Mai 1989[5] (ABl. EG L 155 vom 7. Juni 1989). Weitere Vorschriften enthält die EG-Haushaltsordnung vom 25. Juni 2002[6] (ABl. EG L 248 vom 16. September 2002). Die von den Dienststellen des Bundes bewirtschafteten Einnahmen und Ausgaben der EU sind in besonderen Anlagen ("E") zu Kap. 1004 und zu Kap. 6001 ausgewiesen.

Ausgaben und Einnahmen des EU-Gesamthaushalts

in Mrd €, sofern nicht als Prozentwert ausgewiesen:

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 (1) 2006 (2)
Ausgaben der EU
Agrarpolitik 39,8 40,5 41,5 43,5 44,4 43,6 49,1 51,2
Strukturpolitik 26,7 27,6 22,5 23,5 28,5 34,2 32,4 35,5
Interne Politikbereiche 4,5 5,4 5,3 6,6 5,7 7,3 7,9 8,3
Externe Politikbereiche 4,6 3,8 4,2 4,4 4,3 4,6 5,5 5,3
Reserven 0,3 0,2 0,2 0,2 0,1 0,2 0,4 0,5
Heranführungshilfe (3) 1,2 1,4 1,8 2,2 4,5 4,6 4,1
Verwaltung 4,5 4,6 4,9 5,2 5,3 5,9 6,3 6,6
Insgesamt 80,3 83,3 80 85,1 90,6 100,1 106,2 111,4
Veränderung gegenüber Vorjahr in % – 0,5 3,8 – 4,0 6,4 6,4 10,6 6,1 4,9
Nachrichtlich: in % des BNE 1 0,98 0,91 0,93 0,98 0,98 1 1,01
Einnahmen der EU
Traditionelle Eigenmittel (4) 13,9 15,3 14,6 9,2 10,9 12,3 12,4 14,2
MwSt-Eigenmittel 31,3 35,2 31,3 22,4 21,3 13,9 15,3 15,9
BNE-Eigenmittel 37,5 37,6 34,9 45,9 51,2 69 77,6 81,2
Sonstige Einnahmen (5) 4,2 4,7 13,5 17,9 10,1 8,3 1 1,3
Insgesamt 86,9 92,7 94,3 95,4 93,5 103,5 106,3 112,6
Veränderung gegenüber Vorjahr in % 2,8 6,7 1,7 1,2 – 2,1 10,7 2,7 5,9
  • (1) Haushaltsplan (Mittel für Zahlungen) für EU-25.
  • (2) Haushaltsentwurf (Stand nach der ersten Lesung im Rat im Juli 2005).
  • (3) Einschl. Ausgleichszahlungen für neue Mitgliedstaaten.
  • (4) Netto, d.h. abzüglich der den Mitgliedstaaten verbleibenden Erstattung für Erhebungskosten. Zum Haushaltsjahr 2002 wurde der pauschale Erhebungskostenanteil der Mitgliedstaaten von 10% auf 25% des Aufkommens angehoben.
  • (5) Einschl. verfügbarer Überschüsse aus dem vorhergehenden Haushaltsjahr.


Fußnoten

  1. http://ec.europa.eu/budget/budget_glance/where_from_de.htm EU-Haushalt 2007]
  2. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/oj/2000/l_253/l_25320001007de00420046.pdf
  3. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/oj/2007/l_163/l_16320070623de00170021.pdf
  4. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/consleg/2000/R/02000R1150-20041128-de.pdf
  5. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/consleg/1989/R/01989R1553-20030605-de.pdf
  6. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/consleg/2002/R/02002R1605-20070101-de.pdf

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