Einhandsegeln

Einhandsegeln

Einhandsegeln bezeichnet das Segeln eines Bootes durch eine einzige Person. Der Begriff leitet sich vom englischen Ausdruck für Besatzungsmitglied, hand, ab und bezeichnet lediglich die Mannschaftsstärke (vgl. Hand für Koje). Beispielsweise entspricht dem deutschen Kommando „Alle Mann an Deck“ das englische „all hands on deck“.

Der Begriff wird zum einen für Segelboote verwendet, die bauartbedingt durch eine Person zu steuern sind, zum anderen für mehrtägige Fahrten, auch mit größeren Jachten, durch eine einzelne Person. Dieser Artikel befasst sich mit der zweiten Bedeutung.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die erste Weltumrundung eines Einhandseglers fand Ende des 19. Jahrhunderts durch Joshua Slocum statt. Als erste Frau überquerte die Britin Ann Davison 1952/1953 solo den Atlantik. Der Engländer Robin Knox-Johnston führte 1968-1969 erstmals eine Einhand-Weltumsegelung durch, ohne einen Hafen anzulaufen. Die erste Einhandseglerin, die die Welt non-stop umrundete, war 1988 die Australierin Kay Cottee, die in ihrer 11-Meter-Jacht First Lady in 187 Tagen von Sydneys Vorort Watsons Bay um die Erde und zurück in den Hafen von Sydney segelte.

Die Zahl der Weltumsegelungen durch Einhandsegler dürfte inzwischen einige Hundert betragen, wobei keine Institution über solche Reisen Buch führt. Einen regelrechten Boom erlebte das Hochsee-Einhandsegeln durch die Entwicklung leistungsfähiger mechanischer Selbststeueranlagen in den 1970er Jahren.

Der bekannteste deutsche Einhandsegler und zugleich der erste deutsche Einhand-Weltumsegler ist Wilfried Erdmann, der auch als einziger mit derselben Yacht Kathena Nui die Erde in beide Richtungen (also mit den vorherrschenden Windrichtungen und gegen sie) umrundete. Die erste deutsche Frau, die einhand die Welt umsegelte, war Gudrun Calligaro.

Psychische Herausforderungen

Eine mehrtägige, mehrwöchige oder mehrmonatige Fahrt bedeutet eine besondere psychische Belastung für den Segler. Neben dem Alleinsein wird Schlafmangel zur Gefahr: Müdigkeit führt zu verminderter Konzentrations- und Leistungsfähigkeit und Beeinträchtigung der Wahrnehmung bis hin zu hypnagogischen Halluzinationen. Frieren, allgemeines Unwohlsein, Antriebslosigkeit und erhöhte Reizbarkeit sind „normale“ Begleiterscheinungen, Depressionen und Angstzustände können die Folge sein.

Anforderungen an das Boot

Der Einhandsegler soll möglichst alle Manöver von einem Platz aus durchführen können. Daher stellt das Einhandsegeln noch weitere Anforderungen an das Boot über das hinaus, was für Konstruktion und Ausstattung eines Bootes sonst schon gilt. So müssen alle Schoten und Fallen in das Cockpit geführt werden, damit der Einhandsegler sich beim Hissen, Reffen oder Bergen der Segel nicht weit vom Ruder entfernen muss.

Weil der Einhandsegler alles alleine tun muss, kann er nicht ständig am Ruder sein. Daher sind Selbststeueranlagen wie Rad- oder Pinnenpilot und Windautomat immer zu empfehlen und bei allen längeren Törns auch notwendig und bei entsprechenden Sportveranstaltungen wie dem Vendée Globe in Gebrauch.

Auf allen Booten sinnvoll, für den Einhandsegler aber notwendig ist ein leichter Zugriff auf die Cockpit-Verpflegung: bei schwerem Wetter und in stark befahrenen Gewässern sind lange Zeiten als Rudergänger die Regel.

Rekorde

Den Rekord der schnellsten Einhand-Weltumsegelung einer Frau hält Dame Ellen MacArthur, die 2005 nach nur 71 Tagen nach Ouessant im Nordwesten Frankreichs zurückkehrte. Bis Januar 2008 war das auch Weltbestleistung, dann erst brach sie der Franzose Francis Joyon, der mit 57 Tagen, 13 Stunden und 34 Minuten den aktuellen Rekord aufstellte. Die längste Zeit alleine auf See verbrachte der Australier Jon Sanders, der die Welt dreimal und nonstop in 657 Tagen umrundete.

Wettbewerbe

Im Jahre 1960 wurde erstmals die Transatlantikregatta Observer Singlehanded Transatlantic Race (OSTAR) ausgerichtet, die von Plymouth, Großbritannien, nach Newport, Rhode Island, USA, führte. Dieses Rennen wurde unter verschiedenen Namen bis in die Gegenwart veranstaltet und ist damit die traditionsreichste Regatta für Einhandsegler[1]. Deutsche Teilnehmer an diesem Rennen waren u.a. Claus Hehner (1972: 28. Platz) und Wolfgang Quix, die sich gegen die internationale Konkurrenz allerdings nicht behaupten konnten. Traditionell wird das OSTAR von Franzosen und Engländern dominiert, wobei seit den 1980er Jahren grundsätzlich Mehrrumpfboote die vorderen Plätze belegten.

Als anspruchsvollste Regatta für Einhandsegler gilt die Vendée Globe, die – wie das OSTAR – im vierjährigen Turnus veranstaltet wird.

Bekannte Einhandsegler

Bekannte Einhandsegler sind:


Bei den Einhand-Weltumrundungen hat sich mittlerweile ein Wettbewerb um die jüngste Person mit einer abgeschlossenen Weltumrundung entwickelt. Folgende Segler hatten jeweils zu Abschluss ihrer Umrundung den Altersrekord inne (mit Jahr der Umrundung und Alter beim Abschluss):

Derzeit befindet sich Laura Dekker auf einer Einhand-Weltumrundung.

Einhand-Weltumsegler nonstop gegen den Wind (von Ost nach West)

  • 1970 Sir Chay Blyth, Großbritannien (UK) in 292 Tagen
  • 1994 Mike Golding, Großbritannien (UK) in 161 Tagen
  • 2000 Philippe Monnet, Frankreich in 151 Tagen
  • 2001 Wilfried Erdmann, Deutschland in 343 Tagen
  • 2004 Jean-Luc van den Heede, Frankreich in 122 Tagen (Rekord)
  • 2006 Denise "Dee" Caffari, Großbritannien (UK) in 178 Tagen

Literatur

Weblinks

Einzelnachweis

  1. The Artemis Transat 2008. Abgerufen am 2. August 2010.

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