Eipo

Eipo

Die Eipo (teilweise in der Literatur als Eipomek gelistet) sind Bewohner des Zentralgebirges im Hochtal des Eipomek (des gleichnamigen Flusses) auf West-Neuguinea. Die melanesische Kultur der Eipo zählt zu den ältesten Bevölkerungen der Welt, besteht seit 50 000 Jahren[1] und ist Teil der Sprach- und Kulturfamilie der Mek.[2] 1975 zählten Verhaltensforscher noch 800 Eipo.

Inhaltsverzeichnis

Morphologische Merkmale

Die Eipo sind kleine, pygmäenhafte Menschen, deren durchschnittliche Körpergröße bei Männern unter 145 cm und Frauen unter 140 cm liegen. Das durchschnittliche Körpergewicht liegt bei 40 kg.[3] Dabei sind sie gleichwohl muskulös und leistungsfähig. Oft müssen sie Lasten, in Form von Früchten und Brennholz, die mehr als ihr Körpergewicht wiegen, über mehrere Stunden tragen.

Sprache

Ihre Sprache ist eine Untergruppe der Mek–Sprache. Mek bedeutet Wasser, Fluss, Bach und ist eine Sprach– und Kulturfamilie.

Siedlungen

Die Eipo leben in 1600 bis 2100 m Höhe des tropischen Hochgebirges, genau in der Regenzone, wo tagsüber Temperaturen von 20 bis 25 °C und Nachts von 11 bis 13 °C herrschen.

Die Dörfer stehen an verteidigungstechnisch günstigen Stellen und haben die typische Struktur eines Haufendorfes. Etwa zehn bis dreißig Rundhütten beherbergen 40 bis 150 Bewohner pro Dorf. In der Mitte des Dorfes stehen die sakralen Männerhäuser (der Versammlungsort der Männer und das Zentrum religiöser Zeremonien) und der Zeremonialplatz. Im Rahmen der Missionierungseinflüsse wandelt sich der Zweck der Männerhäuser zunehmend zum Treffpunkt informatorischen Austauschs, zur Unterbringung von Gästen oder als Lagerstatt für Kultobjekte, ist für Frauen aber heute noch tabu. Abseits befindet sich das Frauenhaus. Im Frauenhaus wohnen die weiblichen Eipo während ihrer Menstruation, bei Krankheit und vor der Niederkunft, Lebensumstände, die als unrein gelten und daher zur Absonderung zwingen. Der Zutritt für Männer in das Frauenhaus ist nur unter besonderen Bedingungen gestattet, wie zur Nahrungsversorgung.

Leben

Die Eipo betreiben Gartenanbau, wobei hauptsächlich Süßkartoffeln, Bananen, Gemüse und Taro (Aronstabgewächs) angebaut wird. Außerdem sind die Eipo Jäger und Sammler. Das Sammeln ist hauptsächlich die Aufgabe der Frauen. Sie sammeln Insekten und Kleingetier, was aber größtenteils von Kindern und Frauen, wie auch die gefangenen Vögel, verzehrt wird. Vögel werden durch gekonnte Stimmimitationen angelockt. Die Männer erlegen auch wildlebende Tiere (ausnahmslos Beuteltiere; entfernte Verwandte des Kängurus) mit Pfeil und Bogen und Unterstützung von eigens abgerichteten Hunden. Aber die Beuteltiere spielen keine wesentliche Rolle auf dem Speisezettel der Eipo. Neben Hunden werden Schweine als Haustiere gehalten. Doch sie werden bei den Eipo nur zu speziellen Anlässen geschlachtet. Angehörige mancher Clans dürfen das Fleisch nicht essen, weil das Schwein als ihr mythischer Vorfahr gilt. Tierisches Eiweiß ist rar, hat aber auch eine unbedeutende Rolle für die Ernährung der Eipo. [4]

Bei Beginn der Forschungsarbeiten (1974) hatten die Eipo noch ein steinzeitähnliches Inventar an Werkzeugen wie: Steinmessern, Nagetierzahnschabern, Knochendolchen und weiteren Gegenständen aus Holz, Knochen, Rinde und Fasern. Dabei sind die Eipo keine isolierte Gruppe. Sie haben traditionelle Beziehungen mit ihren Nachbarn, große rituelle Feste verbinden die verschiedenen, auch weit entfernten, Täler.

Kultur

Die Frauen– und Männerwelt ist klar getrennt, aber es werden beide Geschlechter als notwendig für den Fortbestand des Menschen und ihrer Kultur gesehen. Bei den Eipos gibt es keinen Häuptling, also ist die Gesellschaft akephal (d.h.: ohne etablierte Häuptlingsfunktion) Es gibt nur Rollen als Initiatoren, die man als „Big Men“ bezeichnet. Durch unterschiedliche Begabungen kann ein Eipo zu einem „Big Man“ werden. Doch wenn jemand seine Begabungen, sein Charisma oder seine Vitalität verliert, verliert er auch den Einfluss auf die Gesellschaft.

Die Frauen gebären im Freien, wo sie von geburtserfahrenen Frauen umsorgt werden. Meist wird das Kind im Sitzen oder Stehen auf die Welt gebracht. Die Säuglingssterblichkeit ist erstaunlich gering, sie beträgt im 1. Lebensjahr 6 %. Die Säuglinge und die Kleinkinder werden bei den Eipo grundsätzlich sehr einfühlsam und liebevoll behandelt. Es wird auf ideale Weise auf ihre Bedürfnisse eingegangen. Sie haben unbehinderten Zugang zur Mutterbrust, sind weit mehr als die Hälfte des Tages in Körperkontakt mit einer Bezugsperson und schlafen nachts meist am Körper der Mutter. Die Kleinkinder entwickeln sich daher schnell, oft können sie schon vor dem ersten Lebensjahr gehen. Gleichwohl wurde von Wulf Schiefenhövel Mitte der 1970er-Jahre festgehalten, dass massiv Kindstötungen vorgenommen wurden. Bei zwanzig Geburten wurden neun Tötungen registriert, die in sieben Fällen wiederum Mädchen betrafen. Als Ursache wird ein Ernährungsproblem antizipiert, dem dadurch begegnet werden sollte. Mehr lebende Frauen bedeuteten mehr zu ernährende Kinder und damit eine Verschärfung des Überlebenskampfes.[5]

Hochzeit

Frauen haben vor allem Einfluss auf die Sphäre der Familie, auf die Hausgemeinschaft und auf die Nachbarschaft. Doch meist werden von den Männern die wichtigen Entscheidungen getroffen. Frauen können sich von einem ungeliebten Ehemann trennen und ziehen sich in solchen Fällen zu ihrer Verwandtschaft zurück, die oft in einem anderen Tal lebt. Es besteht nämlich strikte Clanexogamie ( Heirat nur außerhalb des Clans). Die Frauen heiraten daher oftmals nach „draußen“. Die Kinder werden dem Clan des Vaters zugerechnet. [6]

Als die ideale Verbindung wird die von den Eltern arrangierte Heirat gesehen, doch die jungen Leute sind oft nicht glücklich über diese Entscheidung und versuchen ihre Wahl durchzusetzen. Oft gelingt ihnen das. Bei der Heirat spielen die Gaben der Familien von Braut und Bräutigam, sowie das Ausrichten von Zeremonien und Festen eine große Rolle. Besonders Frauen mittleren Alters beginnen außereheliche Affären. Leidenschaftliche Liebesbeziehungen und Eifersuchtsszenen sind keine Seltenheit. Oft werden in der Verliebtheit anspruchsvolle Lieder gedichtet.

Bestattung

Von den Eipo behauptet man, sie seien ein sehr kriegerisches Volk. Die Kämpfe untereinander und die Kriege gegen Nachbarfeinde fordern viele Tote. Etwa ein Fünftel bis ein Viertel aller Männer sterben eines gewaltsamen Todes. In einigen Fällen wird der getötete Feind in der Dorfgemeinschaft aufgegessen. Nur so, sagen die Eipo, sei es möglich, diese verhassten Feinde vollkommen zu vernichten. Tote des eigenen Dorfes werden in der Krone entlaubter Bäume bestattet. Mit Blättern und Rinden wird der Leichnam vor Regen geschützt. So entsteht eine Mumie, die später beigesetzt wird.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Susanne Wittmann: Auf der Suche nach der idealen Gesellschaftsform ...Zwei melanesische Kulturen im Vergleich. Wilhelm-Reich-Institut, 1996
  2. Werner M. Egli: Beiträge zur Ethnologie der Kindheit. S. 167
  3. Roland Garve, Irian Jaya, S. 72 (s. Lit.)
  4. http://www.iwf.de/iwf/res/mkat/others/bp/04000025959910000000.pdf.
  5. Roland Garve, Irian Jaya, S. 75 (s. Lit.)
  6. Rosemarie Plarre: Spontane Kartographie und andere Zeichnungen: Stadien unterschiedlicher Realitätskonstrukte in Neuguinea (West-Papua). Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften, Nr. 16, Juni 2006

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