Eisenbüttel

Eisenbüttel
Eisenbüttel
Historische Landkarte um 1714−1750
Eisenbüttel
Historische Landkarte um 1714−1750

Eisenbüttel war eine Ortschaft die im 19. Jahrhundert in der Kernstadt Braunschweigs aufgegangen ist.

Eisenbüttel lag direkt an der Oker südlich von Braunschweig und wurde schon im 12. Jahrhundert als Mühlenort nachgewiesen. Heute befindet er sich in den Stadtbezirken Viewegs Garten-Bebelhof und Westliches Ringgebiet. Durch den Straßennamen „Eisenbütteler Straße“ ist der Ortsname auch heute noch bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Erste Erwähnung

Schon 1180 wird ein Eysenbutle als Mühle erwähnt. Hahne vermutet anhand der Silben „-büttel“ hier und anderen im Braunschweigischen vorkommenden „Büttel“ „aus den Gebieten an der niederen Elbe durch die Nordmännereinfälle vertriebene Bewohner“[1], die „seit dem 9./10. Jahrhundert von den Grundherren hier angesiedelt wurden, um ein kleines Stück, um ein kleines Stück der noch unberührten Auenwälder an den Flüssen zu roden und Mühlen anzulegen“[1]. In den den Namen vorgestellten Silben vermutet Hahne Personennamen. Den Ackerflur von Eisenbüttel schätzt Hahne auf 30 bis 60 Morgen.

Die Mühle

ehemalige Mühle bzw. ehemaliges Wasserwerk

Die Mühle gehörte zum Kloster St. Cyriakus, das Markgraf Ekbert II. gegründet hatte. Auf ihn soll auch schon die Mühle zurückgehen, die aber erst um 1200 erwähnt wird. Einer Legende nach wurde Ekbert II. in der Mühle von Reitern des Kaisers Heinrich IV. ermordet. Die meisten Historiker nennen eine Mühle bei Selke im Harz als Ort, an dem Ekbert II. am 3. Juli 1090 erschlagen wurde. Dageben vermutete der Braunschweiger Jurist und Historiker Julius Dedekind, dass der Markgraf mit großer Wahrscheinlichkeit weder in der Mühle in Eisenbüttel, noch im Selketal, sondern bei Isenbüttel an der Salke, im heutigen Landkreis Gifhorn, ermordet wurde.[2] Begraben wurde Ekbert II. allerdings im Cyriakusstift.

Bis 1580 blieb die Mühle bei Cyriaki, wurde aber gegen Erbbauzins an Bürger vergeben. 1580 kaufte die Stadt die Mühle für 6500 Taler. Aus der Urkunde wird deutlich, „dass es sich um damals um ein ganzes Mühlensystem handelte […] 2 Schleifmühlen, 1 große Mahlmühle mit 5 Mühlen, 1 Walkmühle um Verdichten und Stampfen von gewebten Tüchern) mit 2 Mühlen, zwei weitere Schleifmühlen, 1 Borkenmühle (Lohmühle) […] 1 abseits gelegene Pulvermühle“[3].

Eisenbüttel geriet in die Auseinandersetzungen der Stadt Braunschweig mit ihren Herzögen, der Ort und die Mühlen wurden mehrfach zerstört und wieder aufgebaut.

Weiterhin wurde 1843 in Eisenbüttel eine Lohmühle erbaut und zwar durch Gottlieb Luther, dem Gründer der Luther-Werke. Wo diese genau gestanden hat und bis wann diese bestand ist nicht bekannt.

Hafen und Ausflugslokal

Der ehemalige Hafen heute

Aus einer Herrenstube entstand ab 1707 eine Gaststätte[3], Eisenbüttel entwickelte sich zum Ausflugsort. Eisenbüttel wurde mit der Gaststätte Heinrichshafen, die ab 1873 nachgewiesen ist und bis in die 1960er[4] bestand, zum Ausflugslokal im 19. Jahrhundert, das vom alten Hauptbahnhof aus mit Dampfschiffen angefahren wurde.

Entwicklung des Gebiets ab Mitte des 19. Jahrhundert

Die Eisenbütteler Straße mit Straßenbahngleis

Aus der Mühle entstand Ende des 19. Jahrhundert ein Wasserkraftwerk, das zur Wasserkunst Braunschweigs gehörte und 1911 eröffnet wurde[4]. Als Ort existiert Eisenbüttel nicht mehr, die schon auf frühen Karten nachweisbaren Okerarme sind aber zum Teil heute noch vorhanden. Die Straße nach Eisenbüttel, die spätestens 1671[5] von der Wolfenbütteler Straße abzweigte, hieß von 1860 bis 1882 „Eisenbüttel“, danach bis heute „Eisenbütteler Straße“[4]. Der ehemalige Ort ist aber eng mit dem Schienenverkehr in Braunschweig verbunden. Westlich von Eisenbüttel verlief ab 1838 die Herzoglich Braunschweigische Staatseisenbahn von Braunschweig nach Wolfenbüttel. 1870 war hier die Verwaltung der Straßen-Eisenbahn-Gesellschaft[4]. Eine Wendeschleife der Straßenbahn existiert noch heute, sie wurde bis zum Jahr 2008 allerdings nur noch während der Messe auf dem nahe gelegenen Messegelände angefahren und ist jetzt aufgrund der Demontage der Zufahrtsweiche nicht mehr befahrbar.

Die Eisenbahnbrücke Wolfenbütteler Straße

Südlich von Eisenbüttel verlief die 1872 in Betrieb genommene Helmstedter Bahn. Die Braunschweiger Strecke muss allerdings schon vorher bestanden haben, da der an dieser Strecke bestehende Rangierbahnhof St. Leonhard nach Löffelsend [6] schon 1871 im Betrieb war. In unmittelbarer Nähe von Eisenbüttel war ab Ende des 19. Jahrhundert als möglicher Standort für den schon damals gedachten Durchgangsbahnhof im Gespräch[7] [8], der aber 1960 weiter östlich am heutigen Berliner Platz eröffnet wurde (siehe Braunschweig Hauptbahnhof).

Die Dämme, die zur 1937 errichteten Eisenbahnbrücke über die Wolfenbütteler Straße gehören, prägen heute ebenso die Gegend um den ehemaligen Mühlenort, wie der angrenzende Bürgerpark, das Messegelände (seit 1973) und das nahe Schwimmbad Kennel.

Heute sind in der Nähe des Wehrs Eisenbüttel die Freiwillige Feuerwehr Braunschweig (Ortsfeuerwehr Innenstadt), mehrere Braunschweiger Behörden (Zivil- und Katastrophenschutz, Gewässerdienst), Sportanlagen (Sporthalle, Bezirkssportanlage Jahnplatz) sowie verschiedene Vereinsheime (Gehörlosen-Sportverein, Marineheim, Schiffsmodellclub) beheimatet. Gegenüber dem Messegelände stehen an der Eisenbütteler Straße Häuser mit Gärten zur Oker.

Literarische Adaption

Die Schriftstellerin Benedikte Naubert (1752−1819) beschreibt in ihrer Erzählung „Der Müller von Eisenbüttel“ die Geschichte eines Müllers, in dessen Mühle der Markgraf Egbert zu Tode kam.[9]

Einzelnachweise

  1. a b Hahne, Otto: „Alte Einzelhöfe im Stadtgebiet von Braunschweig“, Braunschweig 1954
  2. Ludwig Ferdinand Spehr: „Dedekind, Julius.“ In: „Allgemeine Deutsche Biographie“ (ADB). Band 5, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 15 f.
  3. a b Appelt, Wilhelm; Müller, Theodor: „Wasserkünste und Wasserwerke der Stadt Braunschweig“; Braunschweig 1965
  4. a b c d Pingel, Norman-Mathias: Stadterweiterung und Städtische Behörden in Braunschweig 1851–1914; Hannover 1998, S. 167
  5. „Die Geschichte der Stadt Braunschweig in Karten, Plänen und Ansichten. Mit Beiträgen Jürgen Mertens und Richard Moderhack“, Bl. 23
  6. vgl. Karl-Heinz Löffelsend: „Die Helmsteder“, Braunschweig 2006; S. 54ff
  7. „Der Rinlake'sche Bahnhofsplan für die Stadt Braunschweig, beurtheilt vom Architekten- und Ingenieur-Verein für das Herzogthum Braunschweig“, Braunschweig 1899
  8. vgl. „Hauptbahnhof Braunschweig“ 1960, Braunschweig 1860, S. 19ff
  9. Benedikte Naubert: Neue Volksmärchen der Deutschen. Bd. 3, Weygand, Leipzig 1792, S. 323−398

Literatur

  • Appelt, Wilhelm; Müller, Theodor: „Wasserkünste und Wasserwerke der Stadt Braunschweig“, Braunschweig 1965
  • Hahne, Otto: „Alte Einzelhöfe im Stadtgebiet von Braunschweig“, Braunschweig 1954
  • Löffelsend, Karl-Heinz: „Die Helmstedter: die Geschichte einer Straße und ihrer Bewohner“, Braunschweig 2005, 2006
  • Pingel, Norman-Mathias: „Stadterweiterung und städtische Behörden in Braunschweig 1851–1914“, Hannover 1998
52.24694444444410.520833333333

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