El Lissizki

El Lissizki

Eliezer „El“ Lissitzky (russisch Эль Лисицкий; eigentlich Лазарь Маркович Лисицкий / Lasar Markowitsch Lissizki   anhören?/i; * 11. Novemberjul./ 23. November 1890greg. in Potschinok, Russland; † 30. Dezember 1941 in Moskau) war ein russischer Maler, Grafikdesigner, Architekt, Typograph und Fotograf.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Nach Kindheit und Jugend in Smolensk bewarb sich El Lissitzky 1909 an der Kunsthochschule von Sankt Petersburg, wurde dort aber als Jude abgewiesen. Wie viele andere Russen in seiner Lage ging er daraufhin nach Deutschland und studierte 1909–1914 Architektur an der Technischen Hochschule Darmstadt bei Professor Joseph Maria Olbrich; das Studium schloss er mit dem Diplom 1915 ab.

In der Oktoberrevolution 1917 sah Lissitzky einen künstlerischen und sozialen Neubeginn für die Menschheit. Die Themen seines Werks sind stark von seiner politischen Einstellung geprägt.

Er prägte mit seinem Stil die Gestaltung seiner Zeit. Er war Mitbegründer des Konstruktivismus und stark beeinflusst durch den Suprematismus. Geometrische Elemente wurden in einen für jedermann verständlichen politischen Symbolismus verwandelt. Sein Werk beeinflusste die De-Stijl- Bewegung und das Bauhaus.

Seine Proun-Bilder sind Bildkompositionen aus geometrischen Figuren, die eine räumliche Wirkung auf der zweidimensionalen Fläche erzielen. Als ausgebildeter Architekt sah El Lissitzky seine Arbeit als Interaktion zwischen Architektur und Malerei.

Mit seiner Ablehnung des ihn gestalterisch einschränkenden Gutenbergschen Bleisatzes sah El Lissitzky früh die Wende zum Fotosatz voraus.

El Lissitzky übte verschiedene Lehrtätigkeiten aus, unter anderem ab 1919 an der Kunsthochschule im weißrussischen Wizebsk (vom damaligen Direktor Marc Chagall angeworben; an der Hochschule lehrte auch Kasimir Malewitsch). 1923 erkrankte er an Tuberkulose, die er in einem Sanatorium in Locarno behandeln ließ und an der er 1941 versterben sollte. Nach einem längeren Aufenthalt in Deutschland und der Schweiz (1921–1925) unterrichtete er von 1925 bis 1930 an der Moskauer Kunsthochschule Wchutemas, Abteilung Stahl und Metalle. Gemeinsam mit Ilja Ehrenburg gab er die dreisprachige Zeitschrift Vešč - Objet - Gegenstand'' heraus.

Er pflegte Künstlerbekanntschaften mit Hans Arp, Kasimir Malewitsch, Jan Tschichold und Willi Baumeister. In den 1930er Jahren war er Mitglied der Künstlerbewegung Abstraction-Création in Paris.

Vermächtnis

Lissitzky beschäftigte sich mit einer Vielzahl unterschiedlicher Methoden und Ideen; dies hatte eine große Auswirkung auf die zeitgenössische Kunst, insbesondere auf den Gebieten Grafikdesign, Ausstellungsgestaltung und Architektur.

Einige seiner Werke wurden postum auf der documenta III im Jahr 1964 in Kassel gezeigt.

Werke (Auswahl)

Grafische Arbeiten

  • Layout des Titelbildes des amerikanisches Kulturmagazins Broom
  • Werbekampagnen für die Pelikan AG Hannover
  • Mitarbeit an der Merz-Zeitschrift von Kurt Schwitters (Nr. 8/9, 1924)

Publikationen

Architektur, Entwürfe

Lenin-Tribüne 
Die Idee einer Rednertribüne entstand 1920 in Witebsk, wo Lissitzky bei Marc Chagall als Professor der Höheren Kunstwerkstätten seit 1919 tätig war. Dort stellte er seinen Schülern die Aufgabe, eine Rednertribüne zu entwerfen. Der Entwurf von Ilja Grigorjewitsch Tschaschnik ist die Grundlage für die von Lissitzky 1924 weiter entwickelte Tribüne. Der Entwurf zeigt eine dynamische Anordnung von Farbflächen, die horizontal und diagonal orientiert sind. Verbunden wird dieses lineare Schema durch eine kranartige Eisenkonstruktion, welche auf einem Quadrat als Basis aufliegt. Ein verschiebbares Flächenelement lässt die Tribüne je nach Stellung offen oder geschlossen erscheinen. Ein räumlicher Eindruck wird lediglich durch die Überlagerung von Linien und Flächen erzeugt. Die die das Konzept der Tribüne bestimmende Leitidee ist die räumliche Organisation von Bewegungsabläufen, die in der Körpersprache des Agitators gipfelt. Dabei blieben die konstruktiven oder technischen Merkmale der Tribüne von sekundärer Bedeutung. Lissitzky selbst nennt die 12 m hohe Tribüne „Rednertribüne für öffentliche Plätze“. Das Temporäre des Entwurfs wird durch die Konstruktion dokumentiert – die Tribüne kann fast komplett zerlegt werden, um später an anderer Stelle wieder aufgebaut zu werden. Die diagonal ausziehbare, leiterähnliche Konstruktion mit zwei Plattformen (Warteraum für Gäste und Rednerkanzel) besaß einen gläsernen Aufzug, der die Redner bzw. Gäste zu den jeweiligen Plattformen beförderte. Der Kubus, auf dem die Eisenkonstruktion aufliegt, enthält den Maschinenraum und die Fahrkanzel, die ebenfalls völlig verglast sein sollte. Eine am Ende der Eisenkonstruktion anzubringende Leinwand, die schnell zu entfalten war, diente der Verbreitung von Tagesparolen und sollte nachts als Kinoprojektionsfläche genutzt werden. Sie ist als Hinweis Lissitzkys zu verstehen, dass der Träger über sich selbst hinausweisen soll. In seiner Perspektive lässt Lissitzky das Wort Proletarier erscheinen.
Ein Wolkenbügel
Wolkenbügel 
Lissitzky ersinnt in dem 1924 entworfenen Projekt Wolkenbügel eine völlig neuartige Gestalt des Bürohauses. Fasziniert von amerikanischer Ingenieurleistung kritisiert er beim „Skyscraper“ den Widerspruch zwischen moderner Konstruktion und historischer Gestaltung. Darüber hinaus lehnt er das amerikanische Hochhaus als Symbol des Kapitalismus dogmatisch ab. In diesem Spannungsfeld entsteht das Wolkenbügel-Projekt als Antithese zum Wolkenkratzer. Er beschäftigt sich mit einer nationalen Ausdrucksform für ein in die Struktur integriertes Hochhaus, das sich in der Betonung der Horizontalen deutlich vom „Skyscraper“ abgrenzen soll.
Räumliche Organisation: In den vertikalen Elementen, den Pfeilern, sollte die Erschließung in Form von Treppenhäusern und Aufzügen untergebracht werden, die eine direkte Anbindung an das Straßenbahnnetz und die Metrostation haben sollten. In den horizontalen Bereichen als eigentlicher Nutzfläche sollten Büros untergebracht werden, die eine gewisse Dynamik symbolisieren sollten, weil sie dem Straßenverlauf folgten.
Städtebaulich integriert sich der Wolkenbügel, indem er den Verkehr der Stadt in sich aufnimmt. Halbkreisförmig um den Moskauer Ring angeordnet geben die acht Wolkenbügel ein Bild von symbolhaften Stadttoren mit der Bedeutung von Triumphbögen einer neuen Zeit ab.
Allerdings wurde das Projekt, wie viele Entwürfe mit extremen Tragwerken, nie realisiert und ist hauptsächlich im Gebiet der Architekturtheorie anzusiedeln.

Siehe auch

Grafikdesigner, Grafikdesign, Typographie, Konstruktivismus, Suprematismus, Kunst, Fotografie

Literatur

  • Sophie Lissitzky-Küppers: El Lissitzky. Dresden 1967
  • Sophie Lissitzky-Küppers: El Lisstizky, Maler, Architekt, Typograf, Fotograf; Erinnerungen, Briefe, Schriften. Dresden 1976
  • J. Christoph Bürkle: El Lissitzky Der Traum vom Wolkenbügel. gta, Zürich, o. J.
  • Ausstellungskatalog El Lissitzky, architect, painter, photographer, typographer. Eindhoven, Madrid, Paris, 1990
  • Wilma Ruth Albrecht: EL - wie Lissitzky. Das Künstlerporträt, in: liberal, 35 (1993) 4, pp. 50-60 (ISSN 0459-1992)
  • Inge Münz-Koenen: Der Kinderbuch-Architekt El Lisstzky. In: „Laboratorium Vielseitigkeit“. Zur Literatur der Weimarer Republik. Hrsg. v. Petra Josting u. Walter Fähnders. Bielefeld 2005, S. 89-112 (ISBN 3-89528-546-3)
  • J. Christoph Bürkle: El Lissitzky. Der Traum vom Wolkenbügel. gta Verlag Zürich 1991. ISBN 978-3-85676-034-2.

Weblinks


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