Endowment-Effekt

Endowment-Effekt

Der Endowment-Effekt (deutsch Besitztumseffekt) besagt, dass der wahrgenommene Wert eines Gutes höher ist, wenn man es besitzt. 1980 gab Richard Thaler diesem Effekt seinen Namen. In Verhandlungssituationen kann dadurch die Bereitschaft zu zahlen (willingness to pay) geringer sein als der objektive Wert des Gutes ist. Andererseits gilt es ebenso, die Bereitschaft zu verkaufen (willingness to accept) ist geringer und es wird ein höherer Preis gefordert, als das Gut objektiv wert ist.

Inhaltsverzeichnis

Anwendungsgebiete

Für die ökonomische Praxis bieten sich unterschiedliche Ansatzfelder.

Sehr bekannt ist ein Experiment mit Tassen, welches 1991 von Daniel Kahneman durchgeführt wurde. Dabei bildete er zwei Gruppen. Der ersten Gruppe (den Verkäufern) gab er Tassen und fragte sie, welchen Preis zwischen 9,25 $ und 0,25 $ sie fordern würden, um die Tasse zu verkaufen. Die Teilnehmer der zweiten Gruppe wurden gefragt, welchen Preis sie zahlen würden, um die Tasse zu erhalten. Der Preis der „Verkaufsgruppe“ lag im Mittel bei 7,12 $, während der Preis der „Kaufgruppe“ gerade mal bei 2,87 $ lag.[1]

In einem anderen Experiment ging es um ein Ticket für ein Basketballspiel. Da die Universität und auch die Basketball-Halle der Uni klein sind, gibt es regelmäßig eine große Zahl von Unglücklichen, die trotz langem Anstehen kein Ticket erhalten. Die Mitarbeiter von Dan Ariely und Ziv Carmon verhielten sich dann als Ticket-Schwarzhändler und fragten Ticketbesitzer, für wie viel Geld sie ihr Ticket verkaufen würden – durchschnittlich wurden $ 2400 genannt. Die Studenten ohne Ticket waren im Durchschnitt bereit, $ 170 für ein Ticket zu bezahlen. Die Ticketbesitzer rechtfertigten die hohen Preise oft mit der Bedeutung des Spiels (z.B. dass sie sich damit ein wichtiges Erlebnis gönnten, von welchem sie auch ihren Kindern und Kindeskindern erzählen könnten). Die angefragten Personen ohne Ticket setzten die Geldbeträge eher in Relation zu anderen Geldbeträgen, wie zum Beispiel die Ausgaben beim Ausgehen oder Bier trinken.[2]

Nach dem Besitztumseffekt ist (unter Konstanz aller anderen Faktoren) die Bereitschaft zur Steuerhinterziehung höher, wenn die Steuer nachgezahlt werden muss. Sie ist geringer, wenn der Steuerpflichtige eine Vorauszahlung geleistet hat und daher eine Rückzahlung erwarten kann.

Provokativ kann man auch fragen: „Hast du deine Freundin, weil du sie liebst oder liebst du sie, weil du sie hast?“ (nach Dr. Ivo Bischoff). Für Beziehungen ist der Besitztumseffekt vermutlich von großer Bedeutung.

Verweise

Siehe auch

Literatur

Jack L. Knetsch: The Endowment Effect and Evidence of Nonreversible Indifference Curves. In: The American Economic Review. Bd. 79, Nr. 5 Dez. 1989, S. 1277–1284

Weblinks

Fußnoten

  1. "Kahneman, Knetsch and Thaler (1991): Experimental Test of the endowment effect and the Coase Theorem. Journal of Political Economy.
  2. "Carmon and Ariely (2000): Focusing on the Forgone: How Value Can Appear So Different to Buyers and Sellers. Journal of Consumer Research.

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