Ereignisse und Gestalten aus den Jahren 1878–1918

Ereignisse und Gestalten aus den Jahren 1878–1918

Ereignisse und Gestalten aus den Jahren 1878–1918 ist der Titel der im holländischen Exil geschriebenen Memoiren des abgedankten deutschen Kaisers Wilhelm II.

Wilhelm II. im holländischen Exil

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Wilhelm II. äußert sich in Ereignisse und Gestalten aus den Jahren 1878–1918 ausführlich über Wegbegleiter, Gegner und die internationale Politik in diesen Jahren, unter anderem über

Bedeutung und Rezeption

Das Erinnerungsbuch legt die Lebensumstände und das Weltbild Wilhelms II. dar. Er bestreitet darin die deutsche Schuld am Ersten Weltkrieg, wie sie der Friedensvertrag von Versailles festlegte. Die Kriegsschuldfrage beantwortet er in erster Linie unter Hinweis auf die Einkreisungspolitik der Triple Entente (primär Großbritannien, Frankreich und Russland), deren fortgeschrittene Kriegsvorbereitungen und deren Ziele. Dazu zitiert er unter anderem John Kenneth Turner, der 1922 die Kriegspolitik Woodrow Wilsons kritisierte, und erwähnt die Propaganda des Londoner Crewe House. Keine Erwähnung finden einige, eventuell für die Kriegsschuldfrage relevante Erkenntnisse über seine Regierungszeit, wie etwa die Julikrise oder die deutsche Blankovollmacht für Österreich-Ungarn. Er betont vielmehr seinen eigenen Pazifismus und kommt zu der Aussage: „Die Ziele der Entente konnten nur durch einen Krieg, die Ziele Deutschlands nur ohne Krieg erreicht werden.“[1]

Außerdem brachten unter anderem die Aufzeichnungen des Kaisers den Wirklichen Geheimen Rat Friedrich von Holstein, der im Auswärtigen Amt noch nicht einmal die Position eines Unterstaatssekretärs sondern nur diejenige eines Vortragenden Rates innegehabt hatte, fälschlicherweise[2] in den Ruf als spiritus rector der eigentliche Drahtzieher der deutschen Außenpolitik unter drei Reichskanzlern gewesen zu sein.[3] Ein weiterer Schachzug Wilhelm II., der damit erneut wie im Falle der Krüger-Depesche[4], als er die Verantwortung Reichskanzler Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst und Staatssekretär Marschall zuschob,[5] von seiner Schuld ablenken wollte.[6]

Eine angebliche Verschwörung der freimaurerischen Orientgesellschaft wird als weitere mögliche Ursache des Krieges angegeben.

Im Hinblick auf den Kriegsausgang der Krieges hängt Wilhelm der sogenannten Dolchstoßlegende an.

Man kann das Werk als Reaktion auf die Herausgabe des dritten Bandes von Otto von Bismarcks Erinnerungen sehen,[7] für das damalige Publikum war es weniger durch seinen Inhalt als durch die Person seines Autors interessant. Erstmals meinte ein ehemaliger Monarch einen schriftlichen Rechtfertigungsbericht verfassen zu müssen.[8] Dafür, dass Wilhelm II. sein Werk ausdrücklich dem „Gedächtnis der Kaiserin, deren Andenken diese Aufzeichnung ihre Entstehung verdanken“, widmete, wird dem Stellenwert und den Verdiensten der Frauen in der Kaiserzeit mit keinem einzigen Wort Tribut gezollt.[9] Obwohl die Kaiserin als Vorsitzende der Vaterländischen Frauenvereine letztlich von den deutschen Frauen erfolgreich die identische Hingabe und Opferfreudigkeit wie von den Männern gefordert hatte, wie Tausende von Krankenpflegerinnen und Industriearbeiterinnen neben ihren persönlichen Opfern belegte, verlor Wilhelm dazu keine Zeile.

Stattdessen beklagt er, dass es ihm trotz seiner Bemühungen in den Jahrzehnten zuvor nicht gelungen sei, dem deutschen Volk eine germanische Erziehung zu geben: „Wären die Deutschen aller Schichten und Stände zur Freude und zum Stolze an ihrem Vaterlande erzogen gewesen, dann wäre eine solche Selbsterniederung eines so großen Volkes undenkbar gewesen“.[10]

Ausgabe

  • Kaiser Wilhelm II.: Ereignisse und Gestalten aus den Jahren 1878–1918. K. F. Koehler, Leipzig/Berlin 1922.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Frank-Lothar Kroll: Zur Beurteilung Wilhelms II. In: Das Historisch-Politische Buch 40 (1992), S. 355-358.
  2. Helga Neumann, Manfred Neumann: Maximilian Harden (1861-1927). S. 105.
  3. Kaiser Wilhelm II.: Ereignisse und Gestalten aus den Jahren 1789-1918. Leipzig u.a. 1922, S. 83ff.
  4. Ereignisse und Gestalten aus den Jahren 1789-1918, S. 69.
  5. Markus Laag: Die Deutsch-burische "Kolonialpartnerschaft" im südlichen Afrika bis zum Burenkrieg (1899-1902). GRIN Verlag 2007, S. 58.
  6. Otto Hammann: Die Entstehung der Krügerdepesche. In: Archiv für Politik und Geschichte, Bd. 2, 1924, S. 203-208.
  7. Erster Abdruck in: Der Kaiser und Bismarck. In: Vossische Zeitung. 17. Januar 1920, Nr. 30.
  8. Martin Kohlrausch: Der Monarch im Skandal die Logik der Massenmedien und die Transformation der wilhelminischen Monarchie. Akademie Verlag, Berlin 2003, S. 338 .
  9. Gerhard Schildberg-Schroth: Szenen zur Kaiserzeit: Ansichten und Aussichten vom 19. zum 20. Jahrhundert. Lit, Münster/Hamburg/London 2002, S. 63.
  10. Ereignisse und Gestalten aus den Jahren 1789-1918, S. 49.

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