Ernst Franz Ludwig Freiherr Marschall von Bieberstein

Ernst Franz Ludwig Freiherr Marschall von Bieberstein

Ernst Franz Ludwig Freiherr Marschall von Bieberstein (* 2. August 1770 in Wallerstein; † 22. Januar 1834 in Wiesbaden) war als Staatsminister der führende Politiker des Herzogtums Nassau.

Ernst Franz Ludwig Freiherr Marschall von Bieberstein
Wappen der Familie Marschall von Bieberstein

Leben und Wirken

Ernst Franz Ludwig Freiherr Marschall von Bieberstein war ein Familienmitglied des alten meißnischen Adelsgeschlechts Marschall von Bieberstein und Sohn von Conrad Otto Christoph Freiherr Marschall von Bieberstein und dessen Frau Johanna Theresia.

Seit 1782 besuchte Bieberstein die Karlsschule in Stuttgart und hatte dort engen Kontakt mit dem späteren Naturwissenschaftler Georges Baron de Cuvier. Seine älteren Brüder Friedrich August Marschall von Bieberstein und Karl Wilhelm Marschall von Bieberstein waren ebenfalls Absolventen der Karlsschule. 1791 trat er in den Staatsdienst von Nassau-Usingen ein. Relativ bald, im Jahr 1793, reiste er als Diplomat nach Den Haag, wurde aber von französischen Truppen gefangenen genommen. In der Folge stieg er weiter in nassauischen Diensten auf und wurde 1796 zum Geheimen Regierungsrat ernannt. Angesichts der französischen Überlegenheit trat er für eine gewisse Annäherung an Frankreich ein. Bereits 1793 äußerte er, ähnlich wie die preußischen Reformer einige Jahre später, die Meinung, dass eine Verfassung der beste Schutz gegen revolutionäre Bewegungen sei. Gegen den Willen des damaligen Regierungspräsidenten von Kruse reiste Marschall von Bieberstein 1797 nach Paris, um dort nicht zuletzt für eine Mediatisierungspolitik zu werben.

Im Jahr 1802 heiratete er Karoline von Veltheim. Im Jahr 1803 wurde er zum Regierungspräsidenten ernannt. Im Zuge der beginnenden Mediatisierung der Reichsritterschaften ließ er 1804 die Besitzungen des Reichsfreiherrn Heinrich Friedrich Karl vom Stein durch nassauische Soldaten besetzen. Dagegen protestierte vom Stein nachdrücklich, und auch auf Druck von Kaiser Franz II. musste die Besetzung zunächst aufgehoben werden. Diese Episode führte zu einer lang anhaltenden Gegnerschaft vom Steins gegenüber Nassau und Marschall von Bieberstein.

Nach der Vereinigung der beiden nassauischen Länder Nassau-Usingen und Nassau-Weilburg 1806, die beiden dem gerade gegründeten Rheinbund angehörten, wurde Bieberstein wie auch Hans Christoph Ernst von Gagern Staatsminister und damit Leiter der Politik im Herzogtum. Während Gagern sich vor allem um die Außenpolitik kümmerte, war Bieberstein für innenpolitische Fragen zuständig. Im Jahr 1808 setzte er sich für ein Ende der Leibeigenschaft ein und setzte das Recht auf Eheschließung zwischen Lutheranern, Katholiken und Reformierten durch. Hinzu kam eine Neuorganisation der Verwaltung und einige Zeit später die Einführung der Simultanschule. Auch an den Reformen in der Justiz, und der Wirtschafts- und Finanzpolitik war er beteiligt. Nach dem Rücktritt Gagerns wurde Bieberstein 1809 alleiniger Staatsminister und damit Leiter der Regierung.

Er nahm in den folgenden Jahren den Vorschlag vom Steins für eine nassauische Verfassung auf. Zusammen mit vom Stein und Carl Friedrich Emil von Ibell war Bieberstein maßgeblich an ihrer Ausarbeitung beteiligt. Die Verfassung trat 1813 in Kraft und garantierte die Grundrechte. Eine Landständeversammlung setzte sich aus der Herrenbank für den Adel und einer Deputiertenkammer für Kirche und wohlhabendes Bürgertum zusammen.

Durch diese Zusammenarbeit verbesserte sich das Verhältnis zum Freiherrn vom Stein deutlich. Dies wirkte sich positiv auf die Position Nassaus auf dem Wiener Kongress aus. Als Vertreter seines Landes war Bieberstein dort anwesend. Es gelang ihm dort, gegen anfängliche Annektionsabsichten Preußens, die Souveränität Nassaus zu erhalten. Als Dank erhielt Bieberstein Ländereien und das Wasserschloss in Hahnstätten.

Im Jahr 1816 kam es erneut zu einem Konflikt mit vom Stein, der zu dieser Zeit wieder in Nassau lebte. Dieser wollte sich nicht mit dem Verlust seiner ehemals reichsunmittelbaren Stellung abfinden und griff Bieberstein auch in der Presse scharf an. Bieberstein selbst wandte sich zunehmend von einer liberalen Politik ab und näherte sich dem Restaurationskurs Metternichs an. Die von ihm selbst 1814 eingeführte Pressefreiheit wurde sechs Jahre später durch die Einführung der Zensur faktisch wieder aufgehoben. Die letzten Jahren seiner Regierungszeit waren geprägt von Konflikten mit der liberalen Opposition in den Landständen.

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