Estisch

Estisch
Estnisch (Eesti keel/finnische Bezeichnung: Eesti kieli)

Gesprochen in

Estland
Sprecher 1.100.000
Linguistische
Klassifikation

Uralische Sprachen

Finno-ugrische Sprachen
Finnopermische Sprachen
Wolgafinnische Sprachen
Finnosamische Sprachen
Ostseefinnische Sprachen
  • Estnisch
Offizieller Status
Amtssprache von Estland, Europäische Union
Sprachcodes
ISO 639-1:

et

ISO 639-2:

est

ISO 639-3:

est

Estnisch (Eigenbezeichnung: eesti keel) ist eine flektierend-agglutinierende Sprache und gehört zum ostseefinnischen Zweig der Gruppe der finno-ugrischen Sprachen. Das Estnische ist eng mit dem Finnischen und dem nahezu ausgestorbenen Livischen verwandt. Eine entfernte Verwandtschaft der estnischen Grammatik besteht zum Ungarischen. In der Republik Estland als einzige Amtssprache geltend wird Estnisch hier von 950.000 Menschen gesprochen. Durch die historischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts gibt es auch im Ausland estnische Gemeinden, welche etwa 150.000 Sprecher zählen. Die Gesamtzahl der Sprecher des Estnischen als Muttersprache liegt bei rund 1.100.000. Der Sprachcode ist et bzw. est (nach ISO 639).

Inhaltsverzeichnis

Alphabet

Das estnische Alphabet verwendet die folgenden Buchstaben:

a, b, c, d, e, f, g, h, i, j, k, l, m, n, o, p, q, r, s, š, z, ž, t, u, v, w, õ, ä, ö, ü, x, y

Hierbei kommen die Buchstaben c, f, š, z, ž, q, w, x und y nur selten, entweder in Fremdwörtern oder fremden Namensgebungen, vor. Die Vokale a, e, i, o, u, ü, ä, ö und õ können alle in der ersten Silbe des Wortes vorkommen, in der zweiten sind aber nur noch die Vokale a, e, i und u möglich. Wörter, die mit den Konsonanten g, b oder d beginnen, sind Fremdwörter.

Phonologie

Vokale

Das Estnische besitzt 9 Monophthonge, welche in drei Quantitätsstufen (kurz vs. lang vs. überlang) auftreten können. Die Quantität gilt hierbei als distinktives, also bedeutungsunterscheidendes Merkmal. Weiterhin gelten Lippenrundung (gerundet vs. ungerundet) und Zungenstellung (vorne vs. hinten) als distinktive Merkmale estnischer Vokale. Es gilt hierbei zu beachten, dass der für das Deutsche typische Einfluss der Quantität auf die Qualität entfällt. Während im Deutschen ein langer E-Laut [eː] in seiner kurzen Artikulation zu einem [ɛ] würde, bleibt im Estnischen die Qualität, also die Gespanntheit, erhalten, sodass [e] zu artikulieren ist.

Monophthonge des Estnischen (in IPA-Lautschrift)
  vorne hinten
ungerundet gerundet ungerundet gerundet
überlang lang kurz überlang lang kurz überlang lang kurz überlang lang kurz
geschlossen i y   u
mittel e øː øˑ ø ɤː ɤˑ ɤ o
offen æː æˑ æ   ɑː ɑˑ ɑ  

Quelle: SAMPA für Estnisch (englisch)

Der Laut [ɤ], graphematisch durch das Zeichen <õ> dargestellt, ist ein dem russischen <ы> ähnlicher Laut, welcher jedoch im Gegensatz zu diesem als Hinterzungenvokal zur charakterisieren ist.

Je nach Zählweise umfasst das Estnische zwischen 19 und 36 Diphthongen. Die Differenzen ergeben sich aus der Frage, ob es sich bei den Lautverbindungen um verbundene oder verschmolzene Einzellaute handelt.

/ae/; /ai/; /au/; /ea/; /ei/; /eu/; /iu/; /oe/; /oi/; /ou/; /ui/; /õe/; /õi/; /õu/; /äe/; /äi/; /äu/; /öi/; /üi/ (= graphematisch durch <üü> dargestellt)

Diese Diphthonge werden um folgende, als losere Lautverbindungen zu betrachtende, Diphthonge ergänzt:

/ie/; /öe/; /ao/; /eo/; /io/; /õo/; /äo/; /oa/; /õa/; /öa/

Als schwierig erweist sich jedoch die Filterung standardsprachlicher Diphthonge von jenen, welche lediglich in dialektalen Varianten des Estnischen auftreten. Eine konsequente Betrachtung letztere Gruppe würde dazu führen, die zweite Liste der Diphthonge erweitern zu müssen.

Konsonanten

Das Estnische hat 17 Konsonantenphoneme, welche den Vokalen gleich in drei Quantitätsstufen (kurz vs. lang vs. überlang) auftreten können. Auch bei den Konsonanten gilt die Quantität als distinktiv und wird durch die Merkmale von autikulierendem Organ und Artikulationsstelle sowie der Artikulationsart ergänzt.

Konsonanten des Estnischen
  bilabial labio-
dental
alveolar alveolar
palatalisiert
post-
alveolar
palatal velar uvular
Plosive p   t     k  
Nasale m   n   (ŋ)    
Vibranten     r          
Frikative   f v s ʃ     h
Approximanten           j    
Laterale     l        

Quelle: SAMPA für Estnisch (englisch)

Die Laute ʒ und ʃ kommen jedoch lediglich in Fremdwörtern vor.

Auffäligkeiten ergeben sich auch im Hinblick auf die Plosive, welche im Estnischen nicht aspiriert, also behaucht, werden. Darüber hinaus für das Graphem <s> grundsätzlich stimmlos artikuliert.

Akzentuierung

Im Estnischen liegt der Wortakzent grundsätzlich auf der ersten Silbe. Eine Ausnahme bildet hier jedoch aitäh! (deutsch: danke!). Des Weiteren ist für Lehn- und Fremdwörter charakteristisch, dass die Akzentuierung der Ausgangssprache zumeist bebehalten wurde. Bei estnischen Wörtern kann zudem ein Nebenakzent auf der dritten oder einer anderen ungeraden Silbe liegen, was vor allem im Falle der zahlreichen Komposita deutlich wird.

Grammatik

Das Estnische kennt keine grammatischen Geschlechter. In der dritten Person Singular wird tema (Kurzform: ta) verwendet. Das heißt, dass zwischen maskulinum und femininum nicht unterschieden wird.

Substantive

Bezüglich der grammatischen Kategorie des Kasus unterscheidet man im Estnischen 14 Fälle. Bei der estnische Sprache handelt es sich um eine Akkusativsprache, doch ist der Akkusativ als solcher nicht mehr zu erkennen. Wie auch im Finnischen ist der historische Akkusativ im Laufe der Sprachentwicklung lautgesetzlich mit dem Genitiv übereingefallen. In der Tat spielen die estnischen Fälle, so viele es auch sind, für die Auszeichnung von Agens und Patiens keinerlei Rolle, dieselbe wird nur durch die Wortstellung und die Verbform bewerkstelligt.

Transitiv gebrauchte transitive Verben bereiten naturgemäß die kleinsten Probleme, die Reihenfolge lautet hier: Agens Verb Patiens. Intransitiv gebrauchte transitive Verben werden in der Grundform elliptisch, also sich auf einen obliquen Patiens beziehend, verstanden. Um das involvierte Substantiv selbst zum Patiens zu machen, es sozusagen in den Absolutiv zu setzen, wird der Verbstamm um „-u“ erweitert. Dies wird am folgenden Beispiel deutlich: muutma (ändern): ta muudab (er/sie/es ändert (irgendetwas)), ta muutub (er/sie/es ändert (sich)).

Ursprünglich intransitive Verben werden „absolutiv“ verstanden, das dem Verb vorangehende Substantiv ist also der Patiens. Diese können indes „transitiviert“ werden, mit der Bedeutung, dass irgendetwas dazu veranlasst wird, eine bestimmte Handlung zu vollführen und anschließend wieder elliptisch gebraucht werden. Diese „Transitivierung“ geschieht durch eine Erweiterung des Verbstammes um „-ta“, wodurch im Estnischen der Kausativ gebildet wird: langema ((im Krieg) fallen): ta langeb (er/sie/es fällt (im Krieg)), ta langetab (er/sie/es fällt (irgendetwas, aber vermutlich einen Baum, einen Helden oder einen Drachen)).

Schließlich besitzt das Estnische auch die Möglichkeit, mit Hilfe von „ise“ (selbst) reflexive Konstruktionen zu bilden: Ma küsin endalt. (Ich frage mich.)

Bei dieser quasireflexiven Konstruktion liegt indes der Verdacht nahe, dass es sich dabei um einen Germanismus handelt, denn die zuvor beschriebene Sprachkonzeption zur Auszeichnung von Agens und Patiens kommt offensichtlich ohne reflexive Konstruktionen und Passivformen aus und ist in diesem Sinne als „ergativ gedacht“ zu bezeichnen.

Kasus typische Endung (Sg./Pl.) Beispiel (Sg./Pl.) Übersetzung
Nominativ -/-d maja/majad; sõber/sõbrad (das) Haus/ (die) Häuser; (der) Freund/ (die) Freunde
Genitiv Stammvokal/-de maja/majade; sõbra/sõprade des Hauses/der Häuser; des Freundes/der Freunde
Partitiv -d; -t; Stammvokal/-sid; Pluralstammvokal maja/majasid (auch maju); sõpra/sõpru (auch sõprasid) kontextabhängig
Illativ -sse; (Plural-)Stammvokal majja (auch majasse)/majadesse; sõbrasse (auch sõpra)/sõpradesse ins Lehrbuch/in die Lehrbücher; unüblich (übertr. an die Freunde (z.B. glauben))
Inessiv -s maja/majades; sõbras/sõprades im Haus/in den Häusern; in dem Freund/in den Freunden
Elativ -st majast/majadest; sõbrast/sõpradest aus dem Haus/aus den Häusern; unüblich
Allativ -le majale/majadele; sõbrale/sõpradele auf das Haus/auf die Häuser; unüblich
Adessiv -l majal/majadel; sõbral/sõpradel auf dem Haus/auf den Häusern; auf dem Freund/auf den Freunden
Ablativ -lt majalt/majadelt; sõbralt/sõpradelt vom Haus/von den Häusern; vom Freund/von den Freunden
Translativ -ks majaks/majadeks; sõbraks/sõpradeks zum Haus/zu den Häusern (werden); zum Freund/ zu Freunden (werden)
Terminativ -ni (nur temporal gebraucht) õhtu (Nom. Sg.) → õhtuni; kolmapäev (Nom. Sg.) → kolmapäevani bis zum Abend; bis zum Mittwoch
Essiv -na majana/majadena; sõbrana/sõpradena als Haus/als Häuser; als Freund/als Freunde
Abessiv -ta majata/majadeta; sõbrata/sõpradeta ohne Haus/ohne Häuser; ohne Freund/ohne Freunde
Komitativ -ga majaga/majadega; sõbraga/sõpradega mit dem Haus/mit den Häusern; mit dem Freund/mit den Freunden

Anmerkungen: Die ersten drei Kasus (Nominativ, Genitiv, Partitiv) sind grammatische, aller weiteren jedoch semantische Kasus.

Ortsangaben

Gewöhnlich liest man davon, dass der Inessiv im Gegensatz zum Adessiv dann gebraucht werde, wenn etwas sich nicht an einer Seite von etwas, sondern in seinem Inneren befindet. Der Inessiv ähnelt jedoch sehr der Verwendung der Präposition „in“ im Deutschen, und von der gilt das vorige im Gegensatz zur Präposition „an“ auch keineswegs. Beispiel: „Ah, Günther ist wieder im Land.“ Was ja nicht heißt, dass Günther in der Erde steckte. Insbesondere fällt im Estnischen der Schnee ins und nicht aufs Land. Die Regel, soweit man davon sprechen kann, ist hier, dass Dinge, die nur in einem übertragenen Sinn ein Inneres haben, mit dem Adessiv gebraucht werden, z. B. an der Arbeit sein, und Dinge, die n-dimensional ausgedehnt gedacht werden, den Inessiv für ihr n-dimensional Inneres und den Adessiv für ihren (n-1)-dimensionalen Rand nach sich ziehen, wobei n aus {1,2,3}.

Allerdings befolgt das Estnische diese Regel flächiger als das Deutsche, wie z. B. den Handschuh in die Hand zu ziehen, das Hemd in den Rücken und die Mütze in den Kopf!

Verben

Verben unterliegen im Estnischen den grammatischen Kategorien Modus, Tempus, Genus verbi, Person und Numerus.

Konjugation

Die folgende Tabelle zeigt die Konjugation estnischer Verben am Beispiel von kirjutama (schreiben) im Präsens:

Person Endung Beispielwort Übersetzung
1. Sg. -n (ma) kirjutan ich schreibe
2. Sg. -d (sa) kirjutad du schreibst
3. Sg. -b ta kirjutab er/sie schreibt
1. Pl. -me (me) kirjutame wir schreiben
2. Pl. -te (te) kirjutate ihr schreibt
3. Pl. -vad nad kirjutavad sie schreiben

Verneinung

Die Verneinung ist im Estnischen der des Finnischen ähnlich. Beide Sprachen haben sich jedoch aus gemeinsamen Wurzeln unterschiedlich entwickelt. Während die Verneinung im Finnischen mithilfe eines Verneinungsverbs gebildet wird, ist dieses zwar im Estnischen auch vorhanden, jedoch nicht konjugierbar, sodass in der einschlägigen Literatur häufig auch von einem Verneinungspartikel, welchen man als ein Äquivalent zum deutschen nicht betrachten kann, gesprochen wird. Mit dessen Hilfe erfolgt die Verneinung wie am Verb mängima (deutsch: spielen) dargestellt:

Präsens: ei + Präsensstamm

  • mina ei mängi
  • sina ei mängi
  • tema ei mängi
  • meie ei mängi
  • teie ei mängi
  • nemad ei mängi

Präteritum: ei + nud-Partizip

  • mina ei mänginud
  • sina ei mänginud
  • tema ei mänginud
  • meie ei mänginud
  • teie ei mänginud
  • nemad ei mänginud

Perfekt: ei + Präsensstamm von olla + nud-Partizip

  • mina ei ole mänginud
  • sina ei ole mänginud
  • tema ei ole mänginud
  • meie ei ole mänginud
  • teie ei ole mänginud
  • nemad ei ole mänginud

Die Struktur ei ole wird im Präsens auch dazu genutzt, Aussagen bzw. deren Teile zu verneinen:

  • Must ei ole valge. (deutsch: Schwarz ist nicht weiß., wörtlich: Schwarz nicht sein weiß.)
  • Allan ei ole kodus. (deutsch: Allan ist nicht zuhause., wörtlich: Allan nicht sein zuhause..)

Ei ole wird im Estnischen auch oft in seiner Kurzform pole gebraucht:

  • Allan pole kodus.

Ein zweites Äquivalent zum deutschen nicht ist das estnische Wort mitte. Während es einerseits, wie im ersten der folgenden Beispielsätze, den Charakter einer Konjunktion annehmen kann, um eine Gegenüberstellung auszudrücken, liegt eine häufige Gebrauchsform auch in Imperativsätzen ohne Prädikat:

  • Allan on tööl, mitte kodus (deutsch: Allan ist an der Arbeit, nicht zuhause.)
  • Mitte nii kõvasti! (deutsch: Nicht so hart!)

Wortschatz

Deutlich mehr als andere finno-ugrische Sprachen hat das Estnische durch den Einfluss des Deutschen Ordens im Baltikum Lehnworte aus dem Deutschen übernommen, beispielsweise riik – Staat (vgl. finnisch valtakunta), müts – Mütze (vgl. finnisch lakki), käärid – Schere (vgl. finnisch sakset), vürts – Gewürz (vgl. finnisch mauste). Andere beliebte Entlehnungen aus dem Deutschen sind reisibüroo und reklaamibüroo. Die Zahl der Lehnwörter aus dem Deutschen wird auf 2.000 geschätzt. Auch gibt es etwa 350 aus dem Russischen entlehnte Wörter wie pirukad (vgl. russisch пирожки).

Ähnlich wie in einigen romanischen Sprachen (Spanisch, Französisch) ist für das Estnische ein „st“ am Wortanfang untypisch, anstatt jedoch ein „e“ voran zu stellen oder das „s“ durch ein „e“ zu ersetzen, entfällt dieses „s“ im Estnischen (z. B. tool (ndd. Stohl), tikk (eng. stick), tudeng (Student), torm (ndd. Storm). Diese Erscheinung nimmt jedoch im Zulauf neueren fremdsprachlichen Wortschatzes ab: (z. B. staadion, staap usw).

In Bezug auf Fremd- und Lehnwörter ist auch anzumerken, dass die Grapheme „b“, „d“ und „g“ der Ausgangssprache am Wortanfang zu „p“, „t“ und „k“ werden: pruukima (ndd. bruken), püksid (ndd. Büx), piljard (Billard), kips (Gips).

Außer diesen Einschränkungen am Wortanfang wurde früher noch das „f“ in ein „hv“ (gesprochen: chw) umgewandelt. Zeugnis davon geben z. B. „krahv“ (Graf) und „kohv“ (eng. coffee). Beispielsweise wird die hv-Kombination aber gegenwärtig oft [f] ausgesprochen (was aber offiziell nicht akzeptiert wird).

Daneben gibt es auch noch „freiere“ Adaptionen, so z. B. „rand“ (Strand) und „särk“ (eng. shirt).

Dialekte

Trotz der geringen Fläche Estlands von 45.227 km² weist die estnische Sprache acht Dialekte (estnisch: murded) auf, welche insgesamt etwa 117 Mundarten vereinen. Durch Leibeigenschaft und Fronsystem waren die estnischen Bauern in ihren Kirchspielen isoliert. Ihnen war es unmöglich, sich frei im Land zu bewegen. Die Sprache entwickelte sich folglich regional isoliert und mit unterschiedlichsten Tendenzen. Die größte Konkurrenz bestand jedoch stets zwischen der nordestnischen Dialektgruppe, welche sich bei der Entwicklung der heutigen Standardsprache durchsetzte, und der Gruppe der südestnischen Dialekte. Während erstere durch Tallinn als politisches Zentrum von Bedeutung war, erlangte letztere durch Tartu als erste Universitätsstadt des Landes ebenfalls schriftsprachliche Bedeutung. Die starke Ausprägung dieser Dialektgruppen lässt sich durch die einstige Teilung des heutigen Estlands in Nordestland und Südestland erklären, wobei letzteres territorial dem früheren Livland angehörte.

Die acht Hauptdialekte werden in zwei Dialektgruppen eingeteilt (Nord- und Süd-Estnisch), wobei der Dialekt der Nordostküste sowie auch der Dialekt der Inseln im Westen des Landes diesen Gruppen nicht zugeordnet werden können:

Nordestnisch

  • West-Dialekt (estnisch: Läänemurre)
  • Zentral-Dialekt (estnisch: Keskmurre)
  • Ost-Dialekt (estnisch: Idamurre)

Südestnisch (südlich von Tartu und Põltsamaa)

Küstenestnisch (östlich von Tallinn entlang der Küste bis zur Grenzstadt Narva)

  • Nordostküsten-Dialekt (estnisch: rannikumurre)

Inselestnisch

  • Insel-Dialekt (estnisch: Saarte murre)

Sprachpolitik im 20. Jahrhundert

Am Anfang des 20. Jahrhundert wirkte noch die vom Zaren Alexander III. erzwungene Russifizierung nach, die russischen Schulunterricht an den höheren Schulen im Baltikum vorgeschrieben hatte. Mit der Unabhängigkeit ab 1918 wurde der russische Einfluss zugunsten eines Auflebens estnischer Kultur zurückgedrängt. Im Jahre 1934, zur Zeit der ersten estnischen Unabhängigkeit, sprachen mindestens 88 % der Bevölkerung Estlands Estnisch, die meisten Bevölkerungsteile, welche Russisch als Muttersprache sprachen, lebten in jenem Gebiet, welches während des Zweiten Weltkrieges an Russland verloren wurde. Während der Sowjet-Zeit war die estnische Sprache einer gezielten Politik der Sprachunterdrückung unterworfen, die letztlich durchaus zum Linguizid hätte führen können, wenn Estland nicht 1991 erneut unabhängig geworden wäre. So wurde zwischen 1940 und 1990 durch gezielte Förderung der Einwanderung Estnisch stark zurückgedrängt (1990 gab es gerade noch 63 % Estnischsprachige in Estland). Darüber hinaus wurde die estnische Sprache gezielt aus der Öffentlichkeit verdrängt und das Russische zur von allen Teilen der Bevölkerung beherrschten Sprache gemacht, sodass die Beherrschung des Estnischen für Nicht-Esten keinen praktischen Wert mehr hatte, zumal Russisch auch Amtssprache war. Es bedurfte großer Anstrengungen um diesen Zustand zumindest teilweise wieder rückgängig zu machen. Am 1. Mai 2005 beherrschten 91 % der Bevölkerung Estnisch. Seit dem 1. Mai 2004 ist Estnisch eine der Amtssprachen in der EU. Inzwischen ist der Erwerb der Staatsbürgerschaft an die Beherrschung der estnischen Sprache gekoppelt.

Literatur

Urmas Sutrop: Die estnische Sprache. Deutsch von Carsten Wilms. Eesti Instituut, Tallinn: 2005, ISBN 9-985-93419-9. Arvo Laanest: Einführung in die ostseefinnischen Sprachen. Deutsch von Hans-Hermann Bartens. Buske-Verlag, Hamburg: 1975. ISBN 3-87118-487-x.

Weblinks

Wikipedia Wikipedia auf Estnisch

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