Euro-Kommunismus

Euro-Kommunismus

Eurokommunismus bezeichnet die Politik einiger kommunistischer Parteien Westeuropas und insbesondere deren Abgrenzung zum Sozialismus sowjetischer Prägung. Der Begriff entstand um 1975 und wurde in den 1970er- und 1980er-Jahren in Medien und Politik verwendet. Er war zunächst eine Fremd- und keine Eigenbezeichnung, wurde jedoch auch innerhalb der so bezeichneten Parteien akzeptiert und benutzt. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, Anfang der 1990er-Jahre, kann der Begriff Eurokommunismus als historisch gelten, da er bewusst zur Abgrenzung vom Sozialismusbegriff der UdSSR entwickelt wurde. Die mit ihm verbundenen, undogmatischen Strömungen und Politikansätze, wurden bereits vorher und werden bis heute übergreifend als Reformkommunismus bezeichnet.

Die Eurokommunisten verneinten den internationalen Führungsanspruch der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) über die anderen kommunistischen Parteien (KPs) und proklamierten unter Verzicht auf die Parole der „Diktatur des Proletariats“ einen demokratischen Weg zum Sozialismus innerhalb der pluralistischen parlamentarischen Systeme Westeuropas.

In den 1970er und 1980er Jahren vertraten vor allem die kommunistischen Parteien Italiens, Spaniens und Frankreichs eurokommunistische Ansichten. Wichtiger Vertreter und Vorreiter des Eurokommunismus war Enrico Berlinguer, von 1972 bis 1984 Generalsekretär der Italienischen Kommunistischen Partei (PCI - Partito Comunista Italiano). Schon vor Berlinguer hatte die KP Italiens eine kritische Haltung gegenüber der KPdSU eingenommen. So verurteilte sie schon 1968 die Niederschlagung des reformkommunistischen Prager Frühlings durch Truppen des Warschauer Pakts unter sowjetischer Führung.

In Westeuropa folgten die politisch erfolgreichen KPs mit ständigen Mandaten in Parlamenten, Bürgermeistern oder teilweiser Regierungsbeteiligung seit den 1970er Jahren zunehmend einer eurokommunistischen Ausrichtung; viele an der KPdSU ausgerichteten KPs, wie z.B. die westdeutsche Deutsche Kommunistische Partei (DKP) oder die Sozialistische Einheitspartei West-Berlins (SEW), fanden dagegen keinen Rückhalt in der Bevölkerung.

Der Titoismus wurde mitunter ebenfalls als eine Form des Eurokommunismus betrachtet, da Tito schon 1948 mit der Sowjetunion brach und einen eigenen Weg zum Kommunismus verfolgte. Obwohl nicht in Europa, galt auch die relativ einflussreiche Kommunistische Partei Japans (KPJ) als „eurokommunistisch“.

Der Eurokommunismus wurde von Politikwissenschaftlern als größte politische Gefahr des Warschauer Pakts eingeschätzt, da er wirtschaftlich erfolgreicher als der oktroyierte Kommunismus sowjetischer Prägung zu sein schien.

Siehe auch

Literatur

  • Nikolas Dörr: „Wandel des Kommunismus in Westeuropa: eine Analyse der innerparteilichen Entwicklungen in den Kommunistischen Parteien Frankreichs, Finnlands und Italiens im Zuge des Eurokommunismus“; Berlin, 2006 (ISSN 0947-3599).
  • Eurokommunismus - Eine Sammlung von Stellungnahmen (mit Franz Muhri, Erwin Scharf, Ernst Wimmer), KPÖ Wien 1978
  • Detlev Albers u.a. (Hg.), Otto Bauer und der „dritte“ Weg. Die Wiederentdeckung des Austromarxismus durch Linkssozialisten und Eurokommunisten, Frankfurt/M 1979

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