Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
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Karte der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau
Basisdaten
Fläche: 13.358,77 km²
Leitender Geistlicher: Kirchenpräsident
Volker Jung
Mitgliedschaft: UEK
Propsteien: 6
Dekanate: 47
Kirchengemeinden: 1175
Gemeindeglieder: 1.731.883 (2009)[1]
Anteil an der
Gesamtbevölkerung:
ca. 36 %
Offizielle Website: www.ekhn.de

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) mit Sitz in Darmstadt ist eine von 22 Gliedkirchen (Landeskirchen) der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Mitglied der Konferenz der Kirchen am Rhein. Wie alle Landeskirchen ist sie eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Die Kirche hat ca. 1,73 Millionen Gemeindeglieder (Stand: 2009) in 1169 Kirchengemeinden und ist eine der unierten Kirchen innerhalb der EKD.

Die EKHN hatte bis 2010 mit dem Leitenden Geistlichen Amt ein kollegiales Bischofsamt, es wurde durch eine Änderung der Kirchenordnung mit der allgemeinen Kirchenleitung vereinigt. Es gibt keine Hauptkirchen der EKHN. Wichtige Predigtstätten sind jedoch u. a. die Pauluskirche in Darmstadt, die Katharinenkirche in Frankfurt am Main, die Marktkirche in Wiesbaden und die Christuskirche in Mainz.

Die Landeskirche unterhält u. a. die Evangelische Akademie Arnoldshain in Schmitten-Arnoldshain im Hochtaunus und das Theologische Seminar in Herborn.

Inhaltsverzeichnis

Gebiet der Landeskirche

Das Gebiet der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau umfasst im Wesentlichen den südlichen Teil des heutigen Bundeslandes Hessen, die ehemaligen Regierungsbezirke Rheinhessen und Montabaur des Landes Rheinland-Pfalz sowie einige Gemeinden in Nordrhein-Westfalen. Es entstand aus dem ehemaligen Volksstaat Hessen (bis 1918 Großherzogtum Hessen) sowie Teilen der preußischen Provinz Hessen-Nassau, nämlich dem ehemaligen Herzogtum Nassau (Hauptstadt Wiesbaden) und der ehemaligen Freien Stadt Frankfurt am Main.

Geschichte

Gründung der gemeinsamen Kirche

Die Burgkirche in Friedberg war 1947 Gründungsort der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau

Seit 1926 war in der „Marburger Konferenz“ über einen Zusammenschluss von fünf Landeskirchen beraten worden: der Evangelischen Landeskirche in Hessen-Kassel, der Evangelischen Landeskirche in Hessen, der Evangelischen Landeskirche Frankfurt am Main, der Evangelischen Landeskirche in Nassau sowie der Evangelischen Landeskirche in Waldeck. 1932 hatte die Marburger Konferenz einen Plan zur Vereinigung der fünf Kirchen vorgelegt. Durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten und die daraus folgenden kirchenpolitischen Verwerfungen wurde dieser Plan aber nie umgesetzt. Stattdessen beschlossen am 12. September 1933 getrennt tagende Synoden der drei südlichen Kirchen (Hessen-Darmstadt, Nassau, Frankfurt am Main) einen Zusammenschluss ohne Hessen-Kassel und Waldeck und gaben sich eine vom Führerprinzip geprägte Kirchenverfassung. Die vereinigte Landeskirche hatte den Namen „Evangelische Landeskirche in Nassau-Hessen“.

Die erste gemeinsame Synode der neuen Landeskirche fand am 28. November 1933 in Mainz statt. Am 6. Februar 1934 berief Reichsbischof Müller mit Ernst Ludwig Dietrich einen Vertreter der Deutschen Christen zum ersten Landesbischof. Mit Kirchengesetz vom 10. Februar 1934 führte die Landeskirche den sogenannten Arierparagraphen ein, mit dem Menschen jüdischer Abstammung vom Pfarramt und der Beamtenlaufbahn in der Kirchenverwaltung ausgeschlossen wurden. Mit einem weiteren Kirchengesetz gleichen Datums wurden fünf Propsteibezirke eingerichtet: Nassau, Frankfurt am Main, Oberhessen, Starkenburg und Rheinhessen. Oberhessen, Starkenburg und Rheinhessen waren bis dahin Superintendenturen gewesen. Die aus den Landeskirchen Hessen-Darmstadt und Nassau überkommene mittlere Ebene der Dekanate wurde beibehalten; im April wurden die dann 39 Dekanate neu gegliedert.

Gegen den nach dem Führerprinzip handelnden Landesbischof regte sich bald Widerstand (Kirchenkampf). Obwohl Ernst Ludwig Dietrich bis 1945 im Amt blieb, wurde er de facto entmachtet: Die Geschäfte der Landeskirche wurden von 1935 bis 1937 durch einen „Landeskirchenrat“ unter Vorsitz von Rudolf Zentgraf, von 1937 bis 1945 durch den Präses der Kirchenkanzlei, Walter Kipper, wahrgenommen.

Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches herrschte Unsicherheit darüber, ob die Fusion der drei Kirchen fortbestehe. Obwohl der Wille dazu bestand, bildeten die drei Landeskirchen zunächst drei getrennte vorläufige Kirchenleitungen. Rechtssicherheit stellte dann der Beschluss einer gemeinsamen Synode am 30. September 1947 in Friedberg her: „Der Kirchentag [=Synode] … bestätigt den Zusammenschluss … kirchlich und rechtlich. Die Kirche trägt den Namen: Evangelische Kirche in Hessen und Nassau“.[2] Damit trat die „Evangelische Kirche in Hessen und Nassau“ in die Rechtsnachfolge der 1933 gegründeten „Evangelischen Kirche in Nassau-Hessen“.

Landesbischof

Im Folgenden wird auf die ältere Geschichte der drei fusionierten Landeskirchen näher eingegangen.

Evangelische Landeskirche in Hessen

Geschichte

Die Geschichte der Evangelischen Landeskirche in Hessen ist untrennbar mit der Geschichte der Landgrafschaft Hessen und nach Teilung des Landes 1567 mit der Geschichte der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt verbunden.

Die Landgrafschaft Hessen führte unter dem Landgrafen Philipp dem Großmütigen die Reformation nach Vorbild Martin Luthers ein. Bei den weiteren kirchenpolitischen Maßnahmen des Landgrafen stand jedoch im Besonderen Martin Bucer Pate, der zwischen der Schweizer und der Wittenberger Reformation zu vermitteln suchte. Wie sehr Philipp von Hessen dieses Anliegen unterstützte, zeigt sich in den von ihm organisierten Marburger Abendmahlsgespräch (1529) zwischen Luther und Zwingli. Das Interesse des Landgrafen an einer Verständigung zwischen der Wittenberger und der Schweizer Reformation hatte dabei auch politische Gründe, wollte er doch einen starken militärischen Zusammenschluss der Protestanten unter Einschluss der Oberdeutschen bzw. Schweizer erreichen (Schmalkaldischer Bund). Durch seine von Luther in einem geheimen „Beichtrat“ gebilligte Doppelehe (1540) stürzte Philipp von Hessen die Reformation weit über Hessen hinaus in eine schwere Krise. Mit der Rückkehr des Landgrafen aus seiner fünfjähriger Gefangenschaft (1552) und dem Augsburger Religionsfrieden (1555) wurde die Reformation in Hessen endgültig stabilisiert.

Nach dem Tod Philipp von Hessens (1567) wurde die Landgrafschaft geteilt. Obwohl sich die hessischen Kirchen 1574 noch eine gemeinsame Kirchenordnung gaben, entwickelten sie sich in der Folgezeit auseinander. In Hessen-Kassel nahmen unter Einfluss des Herrscherhauses etliche Gemeinden das reformierte Bekenntnis an; an der Universität Marburg wurde reformiert gelehrt.

Als Reaktion auf diese Entwicklung gründete Hessen-Darmstadt 1607 die lutherische Universität Gießen, die fortan als Landesuniversität fungierte. Hessen-Darmstadt und insbesondere die Universität Gießen entwickelte sich in der Folgezeit zu Hochburgen der lutherischen Orthodoxie. 1668 wurde eine kirchliche Verwaltungsbehörde, das Konsistorium mit Sitz in Darmstadt gegründet.

1803 geriet die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt unter Napoleonischen Einfluss und wurde in ein Großherzogtum umgewandelt, das dem Rheinbund beitrat. Nach der Niederlage Napoleons wurde das Großherzogtum um die Provinz Rheinhessen erweitert (1816), in der es etliche reformierte Gemeinden gab. Die auch im Großherzogtum Hessen gegebenen Bemühungen, anlässlich des 300-jährigen Reformationsjubiläums 1817 eine Union zwischen Lutheranern und Reformierten zu bilden, hatten trotz mangelnder Unterstützung durch den Großherzog (Ludwig I.) gewisse Erfolge, insbesondere in Rheinhessen. Außerhalb Rheinhessens gaben sich einzelne Gemeinden ein Unionsbekenntnis, andere bleiben lutherisch oder reformiert. 1832 wurde zwar für alle Gemeinden ein gemeinsames Oberkonsistorium in Darmstadt gebildet, das aber lediglich die organisatorische Einheit der Konfessionen brachte.

In Folge der 1848er-Bewegung erhielt die Landeskirche 1874 eine Verfassung mit presbyterial-synodalen Elementen nach dem Vorbild der Rheinisch-Westfälischen Kirchenordnung von 1835: Auf Gemeindeebene wurden Gemeindevertretungen und Kirchenvorstände eingerichtet; auf Dekanatsebene Dekanatssynoden. Die Landessynode übte die kirchliche Gesetzgebung in Gemeinschaft mit dem Landesherrn aus, der "summus episcopus" blieb.

Nach dem Wegfall des landesherrlichen Kirchenregiments (1918) wurde die Verfassung entsprechend angepasst (1922); die landesherrliche Kirchengewalt ging nun auf die Synode über. Der geistliche Leiter der Landeskirche trug den Titel Prälat; die drei Superintendenturen in Darmstadt (Starkenburg), Mainz (Rheinhessen) und Gießen (Oberhessen) bestanden fort.

1933 wurde die Evangelische Landeskirche in Hessen dann mit den beiden anderen Kirchen vereinigt.

Präsidenten des Konsistoriums und Prälaten von Hessen-Darmstadt

  • 1877–1899: Theodor Goldmann, Präsident des Oberkonsistoriums in Darmstadt
  • 1899–1907: Adolf Buchner, Präsident des Oberkonsistorium in Darmstadt
  • 1907–1922: Ludwig Nebel, Präsident des Oberkonsistorium in Darmstadt
  • 1923–1933: Wilhelm Diehl, Prälat und Präsident der Landeskirchenregierung und des Landeskirchenamts in Darmstadt

Evangelische Landeskirche in Nassau

Geschichte

Die Geschichte der Evangelischen Landeskirche in Nassau ist untrennbar mit derjenigen des Herzogtums Nassau bzw. seiner Vorläuferterritorien. Die Herrscher der verschiedenen nassauischen Territorien gingen zur Reformation über und gestalteten die jeweiligen Kirchen nach 1529 entsprechend um.

Unter Graf Johann VI. (1559-1606) wurde in Nassau-Dillenburg das reformierte Bekenntnis eingeführt. 1584 gründete Johann VI. die Hohe Schule in Herborn, die zu einer der wichtigsten Ausbildungsstätten reformierter Theologen und zu einem Ausstrahlungspunkt reformierter Theologie wurde.

Der Reichsdeputationshauptschluss (1803) und die nachnapoleonische Neuordnung der deutschen Territorien (1814/15) führte Nassau-Dillenburg (ohne das Siegerland), Nassau-Weilburg und weitere Gebiete zum Herzogtum Nassau zusammen, dessen Einwohnerschaft nun neben einem beträchtlichen katholischen Anteil zu etwa gleichen Teilen aus lutherischen und reformierten Protestanten bestand.

In Nassau entfaltete der Gedanke einer Vereinigung der beiden evangelischen Konfessionen aus Anlass des 300-jährigen Reformationsjubiläums 1817 besondere Kraft. Auf einer Synode am 5. August 1817 in Idstein wurde einstimmig die Vereinigung beider Konfessionen zu einer „evangelisch-christlichen Kirche“ beschlossen und am 11. August 1817 durch herzogliches Edikt angeordnet. Damit ist die Union von Nassau die erste Union in Deutschland. Anders als die durch den Landesherrn durchgesetzte Preußische Union war die Nassauer Union unter breiter Beteiligung der Geistlichkeit im Konsens zustande gekommen und führte daher auch nicht zu Separationen unzufriedener Gemeinden. Die geistliche Leitung der unierten Kirche nahmen zunächst die im Amt verbliebenen Generalsuperintendenten Friedrich Giesse (reformiert) und Georg Emmanuel Christian Theodor Müller (lutherisch) gemeinsam wahr. Als Giesse 1827 sein Amt aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste, wurde Müller alleiniger „evangelischer Landesbischof“ von Nassau.

Im Jahre 1866 wurde das Herzogtum Nassau von Preußen annektiert. Die Nassauische Kirche wurde aber nicht in die Kirche der Altpreußischen Union eingegliedert, sondern blieb – unter Oberaufsicht des Königs von Preußen – selbständig. 1867 wurde in Wiesbaden ein Konsistorium gebildet, das neben den nassauischen Territorien auch das lutherische Hessische Hinterland (Gladenbach, Biedenkopf) umfasste sowie das ebenfalls an Preußen gelangte Hauptgebiet von Hessen-Homburg[3] und damit dem preußischen Regierungsbezirk Wiesbaden ohne den Stadtkreis Frankfurt entsprach. Die geistlichen Leiter der Kirche trugen nach dem Tod von Landesbischof Wilhelmi (1882) wieder den Titel Generalsuperintendent und wurden auf Vorschlag eines Synodalausschusses vom preußischen König ernannt. 1878 erhielt Nassau eine Kirchenverfassung mit presbyterial-synodalen Elementen nach Vorbild der Rheinisch-Westfälischen Kirchenordnung von 1835.

Nach Ende des landesherrlichen Kirchenregiments (1918) wurde die Kirchenverfassung so modifiziert (1922–1925), dass die landesherrliche Kirchengewalt nun vom Landeskirchentag, d .h. der Synode, wahrgenommen wurde. Das bisher vom Wiesbadener Konsistorium verwaltete Kirchengebiet wurde zur „Evangelischen Landeskirche in Nassau“; ihr geistlicher Leiter trug seit 1922 wieder den Titel „Landesbischof“.

1933 wurde die nassauische Landeskirche mit der „Evangelischen Landeskirche Frankfurt am Main“ und der „Evangelischen Landeskirche in Hessen“ vereinigt.

Generalsuperintendenten und Landesbischöfe

  • 1817–1827: Friedrich Giesse (Generalsuperintendent)
  • 1817–1827: Georg Emmanuel Christian Theodor Müller (Generalsuperintendent)
  • 1827–1836: Georg Emmanuel Christian Theodor Müller (Landesbischof)
  • 1836–1858: August Ludwig Christian Heydenreich (Landesbischof)
  • 1858–1882: Wilhelm Wilhelmi (Landesbischof)
  • 1882–1897: Karl Ernst (Generalsuperintendent)
  • 1897–1913: D. Heinrich Maurer (Generalsuperintendent)
  • 1913–1919: Karl Ohly (Generalsuperintendent)
  • 1919–1925: Anton Jäger (kommissarischer Generalsuperintendent)
  • 1925–1933: August Kortheuer (Landesbischof)

Konsistorialpräsidenten bzw. Präsidenten des Landeskirchenamts in Wiesbaden

  • 1883–1892: Otto de la Croix
  • 1892–1895: Hermann Opitz
  • 1896–1898: Wilhelm Stockmann
  • 1899–1919: Walter Ernst
  • 1919–1925: Richard Schulin
  • 1925–1933: Max Theinert

Evangelische Landeskirche Frankfurt am Main

Geschichte

Die Evangelische Landeskirche Frankfurt am Main ist die Landeskirche der früheren Freien Stadt Frankfurt.

In Frankfurt am Main wurde 1533 durch den Rat die lutherische Reformation eingeführt. Nach 1554 fanden reformierte Glaubensflüchtlinge Aufnahme in der Stadt, auf die eine deutsch-reformierte und eine französisch-reformierte Gemeinde in Frankfurt zurückgehen. Trotz Repressalien des lutherischen Rats und der lutherischen Geistlichkeit blieben beide Gemeinden erhalten. Erst 1787 wurde ihnen die Abhaltung eigener Gottesdienste in ihren Bethäusern erlaubt; mit der Abdankung des letzten Kaisers des Heiligen römischen Reichs deutscher Nation 1806 und dem Ende der Freien Reichsstadt erhielten die reformierten und katholischen Konfessionen die volle Gleichstellung mit der lutherischen Kirche.

In den Jahren 1666 bis 1686 wirkte in Frankfurt der bedeutende lutherische Pietist Philipp Jakob Spener. Als Senior stand er den Pfarrern der Stadt vor. 1675 verfasste er in Frankfurt seine Reformschrift Pia desideria, die zu einer der maßgeblichen Programmschriften des lutherischen Pietismus wurde. Nachdem es zur Bildung pietistisch-separatistischer Zirkel gekommen war (Saalhofpietisten), musste Spener 1686 die Stadt verlassen

1815 erhielt die Freie Stadt Frankfurt ihre Selbständigkeit zurück. Ihre Verfassung, die Konstitutionsergänzungsakte von 1816, unterstellte alle Kirchen dem städtischen Senat, der als Aufsichtsgremien 1817 ein lutherisches Konsistorium und 1820 auch ein reformiertes Konsistorium bildete. Die Besoldung der zwölf lutherischen Geistlichen sowie den Unterhalt der sechs evangelischen Kirchen und der kirchlichen Schulen regelte der 1830 erlassene Dotationsvertrag.

1848 fand in Frankfurt die Frankfurter Nationalversammlung statt. Die Kirche hatte dafür die Paulskirche zur Verfügung gestellt. In Folge der Paulskirchenversammlung wurde in Frankfurt die allgemeine Religionsfreiheit hergestellt; binnen kurzer Zeit gründeten sich eine katholisch-apostolische (1851), eine baptistische (1851), eine methodistische (1851) sowie eine altlutherische Gemeinde (1851).

1866 verlor Frankfurt seine Unabhängigkeit und fiel an Preußen. In längeren Verhandlungen konnte die kirchliche Unabhängigkeit weitgehend sichergestellt werden. 1899 bekam Frankfurt eine Kirchenverfassung, in deren Folgte die lutherischen und die beiden reformierten Gemeinden erstmals durch ein gemeinsames „Königliches Konsistorium“ verwaltet wurden, ohne dass es zu einer Bekenntnisunion kam.

Auch bei der Anpassung der Kirchenverfassung (1922) nach Wegfall des preußischen Kirchenregiments gab es keine konfessionelle Union. Die beibehaltene Verwaltungsgemeinschaft bekam nun die Bezeichnung „Evangelische Landeskirche in Frankfurt am Main“. Aufgrund der zahlreichen Eingemeindungen seit 1895 deckte das Gebiet der Landeskirche nur einen Teil des Stadtgebietes ab. 1928 kamen mit Übertragung des Kirchenkreises Bockenheim von der Evangelischen Kirche in Hessen-Kassel an die Evangelische Kirche in Frankfurt auch unierte Gemeinden zur Landeskirche. 1929 bildeten die lutherischen, unierten und die beiden reformierten Gemeinden eine Finanz- und Verwaltungsunion (bei Wahrung der überkommenen Rechte der Einzelgemeinden).

Bei der Frankfurter Konstruktion einer Verwaltungsunion bei weitgehenden Rechten der konfessionellen Einzelgemeinden konnte es keinen gemeinsamen geistlichen Leiter der Landeskirche geben. Die Repräsentation der Landeskirche nach außen nahm der Präsident der Landeskirchenversammlung, d. h. der Frankfurter Synode, wahr. Von 1925 bis 1932 hatte D. Richard Schulin diese Funktion inne. Große Außenwirkung erzielte auch sein Stellvertreter, Landeskirchenrat Johannes Kübel.

1933 vereinigte sich die Landeskirche Frankfurt mit der „Evangelischen Landeskirche in Nassau“ und der „Evangelischen Landeskirche in Hessen“.

Präsident des „Königlichen Konsistoriums“

  • 1899–1918: D. Walter Friedemann Ernst

Präsident der Landeskirchenversammlung

  • 1925–1932: D. Richard Schulin

Leitung und Verwaltung der Landeskirche

Kirchenpräsident

Volker Jung, seit dem 1. Januar 2009 amtierender Kirchenpräsident der EKHN

Organe der EKHN sind die Kirchensynode, die Kirchenleitung und der Kirchenpräsident, der von der Landessynode auf acht Jahre gewählt wird. In der Regel soll der Kirchenpräsident mit der Vollendung seines 65. Lebensjahres in den Ruhestand eintreten.

Am 27. September 2008 wurde für die Amtsperiode 2009-2017 der Vogelsberger Dekan Volker Jung gewählt. Er setzte sich im zweiten Wahlgang mit 80:74 Stimmen gegen den Wiesbadener Propst Sigurd Rink durch. Er trat sein Amt am 1. Januar 2009 an.[4]

Der Kirchenpräsident hat seinen Amtssitz in Darmstadt in der Kirchenverwaltung der EKHN. Er ist Vorsitzender der Kirchenleitung, die ferner aus der Stellvertreterin des Kirchenpräsidenten, den Pröpsten, dem Leiter der Kirchenverwaltung, zwei Mitgliedern des Kirchensynodalvorstands und zwei bis vier von der Synode gewählten Gemeindegliedern sowie (mit beratender Stimme) den drei Dezernenten der Kirchenverwaltung besteht.[5] Die Kirchenleitung vertritt und verwaltet die Kirche im Auftrag der Kirchensynode und führt deren Beschlüsse aus. Dazu kann sie Rechts- und Verwaltungsverordnungen erlassen. Außerdem führt die Kirchenleitung die Aufsicht über die kirchlichen Körperschaften und deren Mitarbeiter.[6]

Das Leitende Geistliche Amt, als kollektives Bischofsamt eine Besonderheit der EKHN, wurde mit der von der Kirchensynode im Februar 2010 beschlossenen Neufassung der Kirchenordnung abgeschafft.[7]

Kirchensynode

Zehnte Kirchensynode Ende April 2009

Das Kirchenparlament der EKHN ist die Kirchensynode. Deren Mitglieder, 153 Synodalen, werden von den Dekanatssynodalen gewählt, zehn davon von der Kirchenleitung berufen. Sie tagt zwei- bis dreimal im Jahr, in der Regel in Frankfurt am Main. Sie ist maßgebend für die geistliche Leitung und kirchliche Ordnung der Gesamtkirche und vertritt grundsätzlich auch die Kirche nach außen. Sie entscheidet in wesentlichen theologischen, rechtlichen, finanziellen und personellen Angelegenheiten von gesamtkirchlicher Bedeutung.[8]

Leitungsgremium der Kirchensynode ist der Kirchensynodalvorstand, dessen Vorsitzender der Präses ist. Seit 27. Mai 2010 hat Ulrich Oelschläger dieses Amt inne.[9] Vorgänger waren unter anderem Hans Wilhelmi (ab 1936) und Otto Rudolf Kissel (bis 1986) und Karl Heinrich Schäfer (1986-2010).

Verwaltung

In der Verwaltungshierarchie ist die Landeskirche von unten nach oben wie folgt aufgebaut:

An der Basis stehen die Kirchengemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit gewählten Kirchenvorständen und den Pfarrern. Mehrere Kirchengemeinden bilden zusammen ein Dekanat, an dessen Spitze ein Dekan steht. Die Dekanate sind ebenfalls Körperschaften des öffentlichen Rechts und haben als Gremium die Dekanatssynode mit einem Dekanatssynodalvorstand. Die Mitglieder der Dekanatssynode werden von den jeweiligen Kirchenvorständen der Kirchengemeinden gewählt.

Mehrere Dekanate bilden zusammen einen geistlichen Visitationsbezirk (Propstei), dem jedoch keine weiteren Verwaltungsfunktionen zugeordnet sind. Die sechs Propsteien werden von je einem Propst geleitet.

Propsteien

Ursprünglich gab es in der EKHN sieben Propsteien. 2000 wurden die damaligen Propsteien Nord-Starkenburg mit Sitz in Offenbach und Frankfurt zur neuen Propstei Rhein-Main mit Sitz Frankfurt am Main zusammengelegt. Darüber hinaus bestehen weiterhin die Propsteien Nord-Nassau mit Sitz in Herborn, Oberhessen mit Sitz in Gießen, Rheinhessen mit Sitz in Mainz, Starkenburg mit Sitz in Darmstadt (früher Süd-Starkenburg) und Südnassau mit Sitz in Wiesbaden.

Dekanate

Die sechs Propsteien gliedern sich in insgesamt 47 Dekanate. Ursprünglich gab es 61 Dekanate, von denen einige mit dem Inkrafttreten des von der Herbstsynode 2000 beschlossenen Dekanatsstrukturgesetzes zusammengelegt bzw. neu gegliedert wurden.

Propstei Nord-Nassau
Bad Marienberg (Westerwald)
Biedenkopf
Dillenburg
Gladenbach
Herborn
Runkel
Selters
Weilburg
Propstei Oberhessen
Alsfeld
Büdingen
Gießen
Grünberg
Hungen
Kirchberg
Nidda
Schotten
Vogelsberg
Wetterau
Propstei Süd-Nassau
Bad Schwalbach
Diez
Hochtaunus
Idstein
Kronberg
Nassau
Sankt Goarshausen
Wiesbaden
Propstei Rhein-Main
Dreieich
Frankfurt-Höchst
Frankfurt-Mitte-Ost
Frankfurt-Nord
Frankfurt-Süd
Groß-Gerau
Offenbach am Main
Rodgau
Rüsselsheim
Propstei Rheinhessen
Alzey
Ingelheim
Mainz
Oppenheim
Wöllstein
Worms-Wonnegau
Propstei Starkenburg
Bergstraße
Darmstadt-Stadt
Darmstadt-Land
Odenwald
Ried
Vorderer Odenwald

Kirchengemeinden

Die 1175 Kirchengemeinden bilden derzeit 47 Dekanate. Ihre Zahl veränderte sich über die Jahre erheblich. Bis in die siebziger Jahre stieg sie, vor allem in den Städten, durch Teilung oder Neuerrichtung von Kirchengemeinden an. Seit etwa 1990 schließen sich Gemeinden zunehmend wieder zusammen. Hierdurch soll erreicht werden, dass auch in Zeiten zurückgehender Gemeindegliederzahlen und rückläufiger Zuweisungen aus Kirchensteuermitteln die Handlungsfähigkeit beibehalten bleibt.

Gesangbücher

Wie in den übrigen Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland ist in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau das Evangelische Gesangbuch von 1993 in Gebrauch. Die Lieder im Regionalteil (ab Lied Nr. 536) wurden gemeinsam mit der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck festgelegt.

Evangelisches Gesangbuch – Ausgabe für die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, Frankfurt am Main, 1993. Auf Beschluss der 8. Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau vom 3. Dezember 1993 herausgegeben; eingeführt im Oktober 1994.

Davor waren unter anderem folgende Gesangbücher in Gebrauch:

Gemeinsame Landeskirche
Evangelisches Kirchengesangbuch, Ausgabe für die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, Darmstadt, 1950, hrsg. auf Beschluss der Ersten Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau vom 14. April 1950.
Hessen-Darmstadt
Hessen-Darmstädtisches allgemeines Gesang-Buch auf Höchste Landesfürstliche Verordnung hrsg. im Jahr 1788.
Allgemeines Evangelisches Gesangbuch für das Großherzogthum Hessen, Darmstadt, eingeführt 1825.
Gesangbuch für die Evangelische Kirche im Großherzogtum Hessen, Darmstadt, 1880 bzw. mit dem Titel "Gesangbuch der Evangelischen Landeskirche Nassau-Hessen für Hessen".
Nassau
Gesangbuch für die evangelisch-christlichen Einwohner des Herzogthums Nassau bzw. mit dem Titel "Gesangbuch für die evangelisch-christliche Kirche in Nassau".
Evangelisches Gesangbuch herausgegeben von der Bezirkssynode Wiesbaden, Wiesbaden, 1895 bzw. mit späteren Titeln Gesangbuch für die Evangelische Landeskirche in Nassau und Evangelische Landeskirche Nassau-Hessen: Gesangbuch für den Bereich der bisherigen Evangelischen Landeskirche in Nassau.
Frankfurt am Main
Frankfurtisches neues Gesangbuch zur Beförderung der öffentlichen und häuslichen Andacht, Frankfurt am Main, 1788.
Gesangbuch für den öffentlichen Gottesdienst der evangelisch-protestantischen Gemeinden der freien Stadt Frankfurt, Frankfurt am Main, 1825 eingeführt für beide Konfessionen, ab 1867 mit einem Anhang.
Frankfurter Evangelisches Gesangbuch, Frankfurt am Main, 1881.
Frankfurter Evangelisches Gesangbuch, Frankfurt am Main, 1927, eingeführt aufgrund des Kirchengesetzes der Landeskirchenversammlung der Evang. Landeskirche Frankfurt am Main vom 26. November 1926 am 22. Januar 1927.

Literatur

  • Karl Herbert: Kirche zwischen Aufbruch und Tradition. Entscheidungsjahre nach 1945. Stuttgart 1989 (Radius), ISBN 3-87173-779-8.
  • Martin Hofmann u. a. (Hrsg.): Dokumentation zum Kirchenkampf in Hessen und Nassau. bearbeitet und herausgegeben im Auftrag der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Darmstadt 1989 (Verlag der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung), ISBN 3-924103-04-6.
  • Eberhard Jaekel: Chronik der Darmstädter kirchlichen Ereignisse. Ein Rückblick auf die letzten 90 Jahre Darmstädter Kirchengeschichte 1900-1989. Darmstadt 1992 (Evangelischer Gemeinde- und Dekanatsverband Darmstadt).
  • Heinrich Steitz: Geschichte der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. 5 Bände, Marburg 1961-1977, ISBN 3-87822-068-5.
  • Sebastian Parker: Die Marburger Konferenz. Darmstadt und Kassel 2008, ISBN 978-3-931849-28-3.

Weblinks

 Commons: Evangelische Kirche in Hessen und Nassau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Kleine Statistik der EKHN (PDF)
  2. Steitz, Band 4, S. 609.
  3. [1]
  4. http://fuenf.scm-digital.net/show.sxp/2486_volker_jung_wird_evangelischer_kirchenpr_sident_von_.html?&mantemp=jdeartikel&kein_pdf_anzeigen=1
  5. Kirchenordnung der EKHN, Artikel 48
  6. Vgl. Ordnung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau , §§ 47 bis 50.
  7. Pressemitteilung der EKHN vom 20. Februar 2010
  8. Vgl. Ordnung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau , §§ 34 bis 46.
  9. http://ekhn.de/inhalt/presse/pressemitteilungen/archiv/10/33_synode1.php

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