Ewerführer

Ewerführer
Ewerführer 1888

Ewerführer (im Hafenjargon Schlickschuber,Schutenschupser) ist die Bezeichnung des Führers einer Schute im Hamburger Stromgebiet. Der Name Ewerführer leitet sich vom Bootstyp Ewer, einem Elbsegelboot, ab.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Zwei Ewer, beladen und mit umgelegten Mast, Hamburg 1884

Ewerführer ist nach dem Beruf des Stauers im Hamburger Hafen der zweitälteste Hafenberuf. Anfänglich wurden Boote mit umlegbaren Segelmasten eingesetzt, um wenigstens einige Strecken segeln und trotzdem in die innere Stadt zu gelangen. Da sich Segelboote im Hafen als unpraktisch erwiesen, wurden sie durch Schuten, so werden offene Boote ohne eigenen Antrieb bezeichnet, ersetzt.

Die Ewerführer mit ihren Schuten hatten die Aufgabe im Hamburger Hafengebiet Güter von und auf die Seeschiffe zu befördern, wenn diese nicht an Land anlegen konnten. Da die Mehrzahl der Kaianlagen erst ab den 1880er Jahren erbaut wurden, war vorher die Beförderung von Waren im Hamburg Hafen durch Schuten die Regel. Noch 1913 wurden 52 % der Güter vom Staatskai mit Schuten verfrachtet. 1896 beteiligten sich die gut organisierten Ewerführer zu 95 % am großen Hamburger Hafenarbeiterstreik. 1899 arbeiteten rund 2.000 Menschen auf den Schuten in Hamburg und Altona.

Die Schauerleute entluden die Ladungen der Seeschiffe auf Schuten. Diese wurden von den Ewerführern übernommen, um zu den Speichern und Lagerhäusern, ab 1888 ausschließlich in die Speicherstadt oder zu anderen Schiffen gebracht und dort wieder entladen zu werden. Die Schuten wurden ursprünglich durch Muskelkraft fortbewegt. Entweder wurde dabei gewriggt oder mit einem Peekhaken gestakt oder mit Ziehen und Stoßen an den dafür an den Kaimauern eingelassenen Ringen bzw. Metallstäben (welche heutzutage noch sehr gut erkennbar sind) bzw. an Pfählen und anderen Schiffen sich fortbewegt. Später, als der Hafen sich auf die Südseite der Elbe ausbreitete, wurden Schlepper eingesetzt. Je mehr sich die Schlepper und größere Kähne durchsetzten, desto geringer wurde die Bedeutung des Ewerführers als ausgebildeter Schiffer.

Leben der Ewerführer

Ewerführer 1899

Bis Ende der 1880er Jahre lebten einige Ewerführer (Knackis) noch auf ihren Schuten, was in dieser Zeit üblich war. Sie hatten vom Laderaum einen abgetrennten Raum (Last oder Plicht), in dem sich eine Koje, Tisch und Stuhl, und eine Kochstelle befanden. Somit waren sie für die Befeuerung immer anwesend, und vor eventuellen Plünderungen der Ladung ständig vor Ort. Die Knackis waren durchaus kreativ, was die Einrichtung und Innenraumausstattung anging. Ein Ewerführer lebte teilweise mehrere Wochen auf seiner Schute, bevor es an Land zu seiner Familie ging. Der Vorteil des Lebens auf der Schute bestand darin, das der Ewerführer immer vor Ort war, wenn es eine neue Heuer gab.

Ausbildung

Der Ewerführer war ein Lehrberuf, der ursprünglich eine 4-jährige Ausbildung erforderte. Heute ist der Ewerführer ein anerkannter Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz BBiG. Er ist keinem Berufsfeld zugeordnet. Der Monoberuf wird ohne Spezialisierung nach Fachrichtungen oder Schwerpunkten in Hafenbetrieben ausgebildet, die Ausbildung dauert 3 Jahre. 2005 gab es 6 Auszubildende.

Heute

Um 1980 gab es noch um die 70-80 Ewerführereien, heute (2008) sind es noch 3-5 Firmen. Der Beruf des Ewerführer ist vom Aussterben bedroht, da immer mehr konventioneller Stückgut Umschlag in Containern verfrachtet wird. Deshalb haben sich die restliche Ewerführereien umorientiert und verschiffen mit ihren Schuten Container im Hamburger Hafengebiet.

Literatur

  • Michael Grüttner: Arbeitswelt an der Wasserkante. Sozialgeschichte der Hamburger Hafenarbeiter 1886-1914, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1984;
  • Arnold Kludas und Harry Braun: Ewerführer. Eine illustrierte Geschichte der Ewerführerei auf Hamburgs Wasserstraßen. Die Hanse in der Europäischen Verlagsanstalt; Auflage: 2 (2002), ISBN: 3-434-52602-1;
  • Maria Möring / Gisela Kühn: Der Hamburger Ewerführer im Wandel der Zeiten, Verlag Hanseat. Merkur, Hamburg 1965;
  • Jürgen Rath: Arbeit im Hamburger Hafen. Hamburg 1988, ISBN 3-925622-41-1.

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