Exodus International

Exodus International

Exodus International bezeichnet sich als „größter christlicher Informationsdienst“[1] der Ex-Gay-Bewegung. Die Organisation vertritt den Standpunkt, dass Menschen nicht homosexuell geboren werden, sondern dass die homosexuelle Ausrichtung durch unbewusste Dinge wie Missbrauch oder Ablehnung in der früheren Entwicklung des Menschen entsteht und ist daher der Überzeugung, dass ein Wechsel der sexuellen Orientierung von homosexuell zu heterosexuell möglich sei. Sie glauben, dass Homosexuelle durch Reparative Therapien, Gebete und andere Möglichkeiten „durch die verändernde Kraft des Herrn Jesus Christus“ verändert werden können.

Exodus International wurde im Jahr 1976 gegründet und ist eine konfessionsunabhängige christliche Organisation, die – nach eigenen Angaben – „heute über 120 lokale Dienste in den USA und Kanada sowie über 150 Dienste in 17 weiteren Ländern umfasst“.[1] Das „Unterstützungssystem“ von Exodus für Homosexuelle besteht aus einer Gemeinde, einem Therapeuten und einer Unterstützergruppe. Exodus bietet unter anderem jährliche Konferenzen und Vorträge an. Derzeitiger Präsident von Exodus ist Alan Chambers. Sein Amtsvorgänger war Andrew Comiskey.

Inhaltsverzeichnis

Kritik

Hauptartikel: Ex-Gay-Bewegung

Reparative Therapie, wie jede Therapie, die die Änderung der sexuellen Orientierung eines Patienten anstrebt, ist in den vergangenen Jahren in die Kritik geraten. Es gibt keine fundierte Evidenz für ihre Wirksamkeit, und die meisten führenden Fachverbände sind der Ansicht, dass sie – insbesondere für junge Patienten – potentiell schädlich ist. Ein offizielles Positionspapier der American Psychiatric Association (APA) besagt: „In den vergangenen vier Jahrzehnten konnten ‚reparative‘ Therapeuten keine überzeugenden Belege vorlegen, die ihren Heilungsansatz bestätigen würden. Ohne das Vorliegen eines solchen Beleges empfiehlt die APA ethischen Therapeuten, keine Versuche zu machen, die sexuelle Orientierung von Personen zu ändern und den medizinischen Grundsatz, den Patienten nicht zu schädigen, zu berücksichtigen.“[2]

Zu den Organisationen, die den Gedanken reparativer Therapien ablehnen, zählen die National Association of Social Workers, die American Psychological Association, die American Psychiatric Association, die American Counseling Association sowie die American Academy of Pediatrics.[3]

Kontroverse

Exodus International erregte erstmals 1979 größeres öffentliches Aufsehen, als Michael Bussee, einer der fünf Gründungsmitglieder, der 1976 jene Konferenz mitorganisiert hatte, die zur Gründung von Exodus führte, die Gruppe verließ, um mit Gary Cooper zusammenzuziehen, einem ehrenamtlichen Mitarbeiter des lokalen Exodus-Dienstes, in dem beide arbeiteten, der auch an der ersten Exoduskonferenz mitgearbeitet hatte. Mitauslöser war die Geschichte eines jungen Mannes, der sich nach Sex mit einem Unbekannten mit einer Rasierklinge die Genitalien aufgeschnitten und danach Rohrreiniger draufgeschüttet hatte, um seine Schuld zu büßen.[4] Später gingen beide eine Lebenspartnerschaft ein. Ihre Geschichte ist eines der Themen der Dokumentation One Nation Under God (1993) von Teodoro Maniaci und Francine Rzeznik.

Michael Bussee und zwei weitere ehemalige führende Mitglieder von Exodus, die die Organisation 1990 resp. 2000 verlassen hatten, haben sich im Juli 2007 entschuldigt für den Schaden, den sie angerichtet haben.[5]

Exodus beansprucht für sich, Hunderten von Männern und Frauen geholfen zu haben; allerdings gibt es für diesen Anspruch keinen Beleg von unabhängiger Seite. Bis heute hat Exodus auch keinerlei Angaben gemacht, auf welchen Informationen diese Schätzung beruht oder wie der Erfolg des Programms gemessen wird.

Die Paulk-Affäre

Exodus Internationals letzte und am stärksten beschädigende Affäre betraf John Paulk, der 1998 zum öffentlichen Gesicht einer Marketingaktion der Organisation geworden war. Paulk wurde in Focus on the Family aktiv und war gewählter Chairman des Vorstandes von Exodus International North America. Eine ehemalige Prostituierte und Drag Queen, Paulk und seine Frau Anne (die sich selbst als ehemalige Lesbe bezeichnet) wurden für ihre Arbeit für Exodus als Beispiele für Ex-Gays bekannt gemacht. Im gleichen Jahr erschien Paulks persönliche Lebensgeschichte (geschrieben unter Beteiligung von Tony Marco) unter dem Titel Not Afraid to Change bei Winepress Publishing. In dem Buch beschreibt Paulk seine homosexuellen Ursprünge als Student an der Ohio State University, seine Karriere als Prostituierter und seine Angewohnheiten, zu lügen – alles Dinge, die durch seine Lebensübergabe an Jesus Christus beendet sein sollten. Das Buch soll ein Zeugnis für christliche Leser und Leiter sein, die es als Beleg für die Kraft Christi für Lebensänderungen sehen.

Am 19. September 2000 wurde Paulk auf einer Vortragsreise beobachtet, wie er in Mr. P's, einer Washingtoner Schwulenkneipe trank und flirtete. Nachdem er sich als John Clint ausgegeben hatte, ein Name, den er in seinen Tagen in Ohio bereits verwendet hatte, kontaktierte jemand Wayne Besen, einen Mitarbeiter der Human Rights Campaign, einer Organisation der Lesben- und Schwulenbewegung. Als Besen 40 Minuten später in der Bar erschien und „John Clint“ konfrontierte, leugnete er, dass er tatsächlich John Paulk sei. Beim Verlassen der Bar wurde er als Beleg fotografiert. Als er später von Besen mit diesem Vorkommnis konfrontiert wurde, gab Paulk zu, in der Bar gewesen zu sein, aber behauptete, nicht gewusst zu haben, dass es sich um eine Schwulenkneipe handele und nur die Toilette habe aufsuchen wollen. Augenzeugen berichteten aber, dass Paulk sich dort länger als eine Stunde aufgehalten hatte, mit anderen Männern geflirtet habe und auf die Frage nach seiner sexuellen Orientierung gesagt habe, er sei schwul (siehe Besens Buch: Anything But Straight).

Paulk wurde in das Hauptquartier von Focus on the Family gerufen und von James Dobson zu diesem Vorfall befragt. Zuerst soll er ausweichend reagiert haben, letztlich aber zugegeben haben, dass er sich zum Flirten in der Bar aufgehalten habe. Paulk wurde darauf zuerst vorübergehend, später endgültig seiner Ämter enthoben.

Der Vorfall erregte nationales Interesse in Zeitungen und Nachrichtenmagazinen und warf die Frage über das Programm und die Wahl der Führung in der Organisation auf. Paulk verließ mit seiner Familie den Staat und zog um nach Oregon.

Exodus heute

Exodus kann bis heute keine verlässliche Statistik der Therapiewirksamkeit vorweisen, allerdings enthält die Website eine Anzahl von Erklärungen, unter anderem eines des früheren Executive Directors Bob Davies.

Davies berichtet, dass er sich heute in nichtsexuellen Freundschaften mit heterosexuellen Männern – insbesondere aus der Gemeinde – wohlfühlt. „Mein ganzes Leben habe ich mich gegenüber anderen Männern sehr unsicher gefühlt. Durch gleichgeschlechtliche Bestätigung habe ich mich allmählich wie ‚einer von ihnen‘ gefühlt. Diese Wurzel meines homosexuellen Verlangens ist jetzt abgeschnitten.

Davies berichtet weiter, wie er eine Frau aus seiner Gemeinde kennengelernt und geheiratet hat. Er habe keine Angst vor den Problemen, die vor ihm liegen könnten, da Jesus für ihn gestorben sei. „Durch seinen Tod für mich ist der Kampf bereits gewonnen.

Anmerkungen

  1. a b laut Website der Organisation http://www.exodus.to (Stand: März 2007)
  2. COPP Position Statement on Therapies Focused on Attempts to Change Sexual Orientation (Reparative or Conversion Therapies) American Psychiatric Association, March 2000
  3. Just the Facts About Sexual Orientation & Youth: A Primer for Principals, Educators and School Personnel 2008, American Psychological Association
  4. Michael Heussen: US-Organisation „Exodus“ setzt auf Umerziehung - „Man muss das Schwulsein in den Griff bekommen“ (nicht mehr online verfügbar), tagesschau.de, 11. August 2007
  5. gay,com

Literatur

  • Jeffrey Satinover: Christian Treatments, S 200-204 in Homosexuality and the Politics of Truth, 1996, ISBN 0-8010-5625-X
  • Wayne Besen, Anything But Straight: Unmasking the Scandals and Lies Behind the Ex-Gay Myth The Haworth Press, Inc. (2003) ISBN 1-56023-4458 (hardcover) ISBN 1-56023-4466 (paperback)
  • Margaret Carlson, Praying Away the Gay, Time Magazine, July, 27, 1998.
  • Stanton L. Jones und Mark A. Yarhouse: Ex-Gays: A longitudinal Study of Religiously Mediated Change in Sexual Orientation, 2007, InterVarsity Press, ISBN 978-0-8308-2846-3
  • John Paulk, (with Tony Marco) Not Afraid to Change: The remarkable story of how one man overcame homosexuality Winepress Publishing (1998) ISBN 157921097X
  • Ben Tousey: My Egypt. Why I Left the Ex-Gay Movement. Printed on demand, Authorhouse, 2006, ISBN 1-42590-549-8. (engl.)

Weblinks


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