Experimentalpsychologie

Experimentalpsychologie

Experimentelle Psychologie (e.P.) ist ein naturwissenschaftlicher Zweig der Psychologie, der sich vornehmlich des Experiments als wissenschaftlicher Methode bedient, vgl. Stw. psychologisches Experiment.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die e.P. wurde um 1860 hauptsächlich von Hermann von Helmholtz, Gustav Fechner und Wilhelm Wundt durch Veröffentlichungen zur sensorischen Psychophysiologie, Psychophysik und physiologischen Psychologie begründet.[1] Erst 1879 eröffnete Wundt auch das erste psychologische Laboratorium in Leipzig, und hielt dort eigene Vorlesungen, die von Studenten aus aller Welt besucht wurden. So gründete z.B. Benjamin Bourdon, ein französischer Schüler Wundts, 1896 ein psychologisches Laboratorium in Rennes nach dem Vorbild von Wundt.[2] Auch Stanley Hall war zwei Jahre lang Schüler von Wundt in Leipzig und etablierte das erste psychologische Laboratorium der USA an der Johns Hopkins University in Baltimore ab 1882.[3]

Konzept

Das Konzept der e.P. bestand weniger im primären Verständnis für das Verhalten und die psychischen Zustände an sich, als vielmehr in den experimentell oder durch Interaktion nachweisbaren Fakten, aus denen heraus sich psychische Zustände erklären lassen, siehe die folgende Gegenüberstellung von Geistes- und Naturwissenschaften.

Naturwissenschaften – Erklären Geisteswissenschaften – Verstehen
Gegenstand ist die Natur. Sie kann nur untersucht und beobachtet werden. Über die Ursachen natürlicher Vorgänge werden Annahmen angestellt, ein Nacherleben ist nicht möglich. Sie hat die Erzeugnisse des menschlichen Geistes zum Gegenstand. Diese können, weil sie vom Menschen selbst hervorgebracht sind, verstanden werden.
Vorgänge in der Natur werden als Spezialfall eines abstrakten allgemeinen Gesetzes aufgefasst. Gegenstände geisteswissenschaftlicher Untersuchung werden in ihrem konkreten Zusammenhang aufgefasst.
Naturwissenschaftliches Begreifen ist seinem Untersuchungsobjekt gegenüber neutral und für die Persönlichkeitsentwicklung von geringerer Bedeutung. Das Verstehen fremden Daseins, vergangener Kulturen und Persönlichkeiten führt zu einer Umformung des Selbst. Fremde geistige Inhalte werden in die eigenen lebendig einbezogen.
Eine naturwissenschaftliche Erklärung kann durch ein Experiment bestätigt werden. Geisteswissenschaftliche Erkenntnisse können nicht verifiziert werden. Ob etwas gänzlich verstanden ist, lässt sich nie mit Sicherheit feststellen.
Unterschied von Geistes- und Naturwissenschaften nach Dilthey. Siehe auch: Artikel „Dilthey“ Begründung der Geisteswissenschaften.

Die Selbstbeobachtung ist nicht geeignet, als Methode objektiven Charakters angesehen zu werden, dagegen wird die dialogische bzw. kontrollierte Introspektion einer experimentellen Methodik durchaus gerecht.

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Karl Arnold et al. (Hrsg.): Lexikon der Psychologie. Bechtermünz Verlag, Augsburg 1996, ISBN 3-86047-508-8, Spalte 547
  2. Serge Nicolas u. Ludovic Ferrand, Psychologie et Histoire, 2001, vol. 2, Seite 148-173
  3. DSB, ISSN 1866-4784 Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte Berlin

Weblinks


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