Extended Shelf Life

Extended Shelf Life

ESL-Milch ist eine neue Produktionsform, um Milch für den Handel länger haltbar zu machen. Bisher bot der Einzelhandel hauptsächlich pasteurisierte Frischmilch und H-Milch an. Die Abkürzung ESL steht für „extended shelf life“, längere Haltbarkeit im Regal. Die Haltbarkeit liegt zwischen der von pasteurisierter (5–7 Tage) und der von ultrahocherhitzter H-Milch (3–6 Monate). Hersteller geben den im Vergleich zur H-Milch besseren Geschmack und höheren Vitamingehalt und die im Vergleich zur pasteurisierten Milch längere Haltbarkeit als Vorteile an.

Inhaltsverzeichnis

Definitionen

Der Begriff „extended shelf life“ (ESL) ist gesetzlich nicht definiert. ESL-Milch muss ebenso wie pasteurisierte Milch gekühlt (8–10 °C) werden. Die Haltbarkeit ist dann ungefähr 12–21 Tage in der geschlossenen Verpackung, bei einer Lagertemperatur von 5 °C sogar 20–40 Tage. Während mit thermischen Verfahren hergestellte ESL-Milch anfangs als hocherhitzt gekennzeichnet werden musste, ist diese Verpflichtung seit August 2007 entfallen. Solche Milch darf seitdem genau wie Frischmilch als lediglich pasteurisiert deklariert sein[1]. ESL-Milch ist seit 2003 im Handel erhältlich. Sie wird meistens auffällig auf den Verpackungen als „länger frisch“, „längerfrische Milch“, „extra lange frisch“ oder ähnlich bezeichnet und beworben.[2]

Herstellung

Die klassische Methoden zur Haltbarmachung von Milch sind Pasteurisation (30 Sekunden bei 72–75 °C, gekühlt 5–6 Tage haltbar), Ultrahocherhitzung (H-Milch, 1–4 Sekunden auf 135 °C, bei Zimmertemperatur 3–6 Monate haltbar) und Sterilisierung, thermische Verfahren. Die ESL-Milch ist von der Herstellung zwischen den ersten beiden anzusiedeln.

Die längere Haltbarkeit kann durch verschiedene Methoden erreicht werden:

  • Anstelle einer indirekten Erhitzung im Plattenapparat (Wärmetauscher) kann eine raschere Erhitzung mit direkter Dampfinjektion auf 127 Grad durchgeführt werden. Anschließend wird aseptisch homogenisiert und auf 3 bis 5 Grad Celsius heruntergekühlt (Fallstromerhitzung).
  • Mittels Mikrofiltration mit Membranen lässt sich ein Großteil der im Produkt enthaltenen Mikroorganismen mechanisch abtrennen und damit die Haltbarkeit der Milch verlängern. Diese Methode ist in Deutschland nicht zur alleinigen Haltbarmachung von Milch zugelassen, verschiedene Enzyme u. a. werden mit Membranen nicht abgetrennt oder inaktiviert. Die Kombination von membrantrenntechnischer und thermischer Behandlung ermöglicht jedoch eine produktschonende Verkürzung der thermischen Behandlung.[3]
  • Ein weiterer Ansatz ist die Verwendung von Tiefenfiltern. Der technische Aufwand scheint hier geringer zu sein, und da eine thermische Behandlung nachgeschaltet wird, ist eine vollständige Abtrennung nicht notwendig. Neben dem eigentlichen Herstellprozess spielen im Hinblick auf die Qualität und die Stabilität der Milch zudem vor- und nachgelagerte Faktoren (Rohmilchbeschaffenheit, Prozesshygiene und Verpackung sowie Lager- und Distributionsbedingungen) eine Rolle.

Welches Verfahren bei der Herstellung angewendet wurde, ist für den Verbraucher i. d. R. nicht zu erkennen.

Eigenschaften

Geschmack

ESL-Milch schmeckt laut Stiftung Warentest "ähnlich frisch wie herkömmlich pasteurisierte Milch".[4] Geschmacksabweichungen hängen im Wesentlichen vom Behandlungsverfahren ab. Der Geschmack ist bei Verwendung des Mikrofiltrationsverfahren deutlich besser.

Der Geschmack verdorbener ESL-Milch geht ähnlich wie bei H-Milch zunächst nur leicht ins Muffig-Bittere über, und nicht deutlich ins Saure wie bei rein pasteurisierter Milch. Es ist daher schwieriger, durch den Geschmack festzustellen, ob die Milch verdorben ist.

Vitamingehalt

Der von vornherein durch das Erhitzungsverfahren bedingte Vitamin-Verlust liegt bei etwa 10 % gegenüber der Rohmilch. Er nimmt durch Lagerung weiter zu: z. B. 5–15 % (gesamt 14,5–23,5 %) des Vitamin B1 und bis zu 7 % (gesamt 16,3 %) des Vitamin B6. Dabei weist die mittels indirektem Erhitzungsverfahren hergestellte ESL-Milch eine deutlich bessere Haltbarkeit der Vitamine auf als direkt erhitzte ESL-Milch.[5]

Vorteile

Die längere Haltbarkeit im Vergleich zur ausschließlich pasteurisierten frischen Milch ist ein bedeutender Vorteil für den Handel. Während pasteurisierte Milch innerhalb weniger Tage abverkauft sein muss, kann ESL-Milch in größeren Mengen auf Vorrat bestellt werden. Das Risiko, zu viel oder zu wenig Milch zu bestellen, ist für Einzelhändler und Vertriebe wesentlich geringer und Bestellungen können zeitlich zusammengefasst werden.

Gleichzeitig profitiert auch der Verbraucher, denn durch die längere Haltbarkeit muss nicht so oft eingekauft werden um immer Milch im Kühlschrank zu haben. Weiter ergibt sich daraus, dass gekaufte Mengen nicht sofort aufgebraucht werden müssen, von angebrochenen Packungen abgesehen. Der Geschmack weicht dabei nur wenig von der klassischen Frischmilch ab, im Gegensatz zur H-Milch.

Nachteile

Das lange Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) bezieht sich auf die geschlossene Verpackung, denn „längerfrische“ Milch ist nach dem Öffnen dieser nur noch bis zu einer Woche haltbar, sofern unter dem MHD, und das auch nur, wenn sie weiterhin gekühlt wird. Wenn die Kühlung nicht ausreichend ist, verdirbt sie schnell, ohne dass dies sofort deutlich am Geschmack zu erkennen ist. Damit ist sie trotz der intensiveren Haltbarmachung beim Verbraucher in etwa genauso haltbar wie frische pasteurisierte Milch, wenn die Packung nicht geschlossen bleibt. Aufgrund des Vitaminverlustes ist aber ein Kauf auf Vorrat nicht empfehlenswert, und ebenso der Kauf von längerfrischer Milch, deren MHD nicht mindestens 14 Tage in der Zukunft liegt.

Das Angebot von pasteurisierter frischer Milch wurde teilweise durch ESL-Milch verdrängt, sehr zum Bedauern jener Kunden, die den Geschmack von pasteurisierter Frischmilch als hochwertiger empfinden. Dazu ist oft aufgrund der ungenauen Bezeichnungen schwer zu erkennen, ob es sich um pasteurisierte und mikrofiltrierte oder höher erhitzte ESL-Milch, oder um nur pasteurisierte Milch handelt. Im Rahmen einer Selbstverpflichtung wird in Zukunft ESL-Milch als "länger haltbar" gekennzeichnet, die klassische Milch hingegen soll den Hinweis "traditionell hergestellt" tragen.[6] Die Handy-Software barcoo bietet eine Funktion zur Erkennung von ESL-Milch über einen Barcode-Scan.[7]

Rechtslage

In der EU ist umstritten, ob die durch Fallstromerhitzung behandelte Milch lebensmittelrechtlich gleichzusetzen ist mit pasteurisierter Frischmilch. Einige Länder wie z. B. Österreich oder Italien schreiben ein Verbrauchsdatum von höchstens fünf Tagen nach Abfülldatum für pasteurisierte Frischmilch vor. Anderenfalls dürfe die Milch nicht unter der Bezeichnung „frisch“ vermarktet werden.

Deutschland hingegen unterscheidet explizit zwischen pasteurisierter Frischmilch und durch Hocherhitzung pasteurisierter Milch. Letztere darf dabei ebenfalls den Aufdruck „frisch“ auf dem Etikett tragen, zeichnet sich aber durch eine Haltbarkeit von 15 bis 20 Tagen aus. In der Praxis ist es jedoch häufig so, dass auf den meisten Milchverpackungen pasteurisiert angegeben wird, obwohl der Inhalt hocherhitzt (fallstromerhitzt) wurde.

Eine klare gesetzliche Definition von Frischmilch forderte der Verbraucherzentrale Bundesverband anlässlich einer Bundestagsdebatte zum Thema am 13. Februar 2009. „Die Bezeichnung Frischmilch sollte der üblichen pasteurisierten Milch vorbehalten bleiben“, erklärt Vorstand Gerd Billen. Die Bundesregierung müsse durch verbindliche Kennzeichnungsvorschriften sicher stellen, dass Verbraucher Frischmilch, H-Milch und ESL-Milch (extended shelf life) auf einen Blick unterscheiden können.[1]

Handelsnamen

ESL-Milch wird im Einzelhandel beispielsweise unter den folgenden Handelsnamen angeboten:

  • Bärenmarke, Die Alpenfrische Vollmilch, von Allgäuer Alpenmilch GmbH [8]
  • Weihenstephan, Frische Alpenmilch, von Molkerei Weihenstephan GmbH & Co. KG[9]
  • milfina, Frische Vollmilch, von Humana Milchunion eG, vertrieben bei ALDI Süd
  • "Frische Bio-Vollmilch" von Gläserne Meierei GmbH mit Bio und Naturland Siegel, vertrieben bei Tegut

Referenzen

  1. a b http://www.vzbv.de/go/presse/1121/index.html?ref_presseinfo=true
  2. http://www.landwirtschaft-mlr.baden-wuerttemberg.de/servlet/PB/menu/1062178_l1/index1060773659209.html „Was ist ‚längerfrische‘ Milch?“, LEL Schwäbisch Gmünd (Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg)
  3. http://www3.interscience.wiley.com/cgi-bin/abstract/113444218/ABSTRACT „Kombination von Mikrofiltration und thermischen Verfahren zur Haltbarkeitsverlängerung von Lebensmitteln“ (Abstract), Lehrstuhl für Lebensmittelverfahrenstechnik und Molkereitechnologie, TU München-Weihenstephan
  4. "Die gute, alte Frischmilch verschwindet leise"
  5. http://www.swissmilk.ch/de/uploads/media/15_PDF_295_1_.pdf Artikel über ESL-Milch im „Maillaiter“ Mai 2004 der Schweizer Milchproduzenten
  6. http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/394761 Nachricht zur Kennzeichnung im Newsticker der "Sueddeutschen Zeitung", erschienen am 4. Februar 2009 um 09:54 Uhr
  7. http://www.barcooblog.de/2009/04/08/esl-milch-mit-barcoo-erkennen/
  8. http://www.allgaeuer-alpenmilch.de/frameset.php?category=baerenmarke Bärenmarke Produktinformation der Molkerei
  9. http://www.molkerei-weihenstephan.de/esl_milch.0.html Produktinformation der Molkerei Weihenstephan

Weblinks


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