Extensivform (Spieltheorie)

Extensivform (Spieltheorie)
Spielbaum

Die Extensivform bezeichnet in der Spieltheorie eine Darstellungsform von Spielen, die im Gegensatz zur Normalform die zeitliche Abfolge von Entscheidungen abbilden kann und hierzu eine Baumdarstellung verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Ein Spiel in Extensivform ist ein Tupel, das aus folgenden Elementen besteht:

  • einem Spielbaum,
  • einer Menge von Spielern,
  • einem Auswahlsystem für den Spielbaum und die Menge der Spieler,
  • Auszahlungen für alle Endknoten des Spielbaums.

Ein Spiel in Extensivform wird häufig mittels eines Baumes dargestellt. Ein Spielbaum ist eine partiell geordnete Menge, die die folgenden Eigenschaften erfüllt:

  • es gibt ein Element, das vor allen anderen kommt, genannt Ursprung
  • für alle x und y gilt, dass wenn x vor y kommt, dann gibt es ein z, so dass x vor z kommt, aber weder kommt z vor y noch y vor z.

Für ein Spiel in Extensivform bedarf es noch eines Auswahlsystems. Ein Auswahlsystem für einen Spielbaum und eine Menge von Spielern ist ein Paar, das aus einer Menge von Entscheidungsknoten und einer Menge von Auswahlmöglichkeiten für jeden Spieler besteht, wobei diese Mengen folgende Eigenschaften erfüllen:

  • die Menge von Entscheidungsknoten besteht aus den Knoten an denen ein Spieler zwischen Alternativen wählen muss
  • die Menge der Auswahlmöglichkeiten ist eine Partition der Knoten, die auf die Entscheidungsknoten folgen
  • wenn zwei verschiedene Knoten gleichzeitig zur Auswahl stehen, dann müssen sie immer gleichzeitig zur Auswahl stehen
  • für jeden Knoten, der zur Auswahl steht, gibt es einen eindeutigen Namen

Informationsbegriff

Im allgemeinen wird vollständige Information vorausgesetzt, was auf die Spieltheorie übertragen bedeutet, dass Sicherheit über die Spielregeln besteht. Dies schließt nicht aus, dass der Spieler uninformiert über bisherige Entscheidungen der Gegenspieler ist. Dies wird als unvollkommene Information bezeichnet. Will man dies in einem Spielbaum graphisch verdeutlichen, so zeichnet man eine zusammenhängende Linie um die Menge der Knoten, von denen der Spieler nicht weiß, in welchem er sich befindet. Er weiß lediglich, dass er sich in einem von diesen Knoten befindet. Der von dieser Linie eingekreiste Bereich wird Informationsraum oder Informationsbezirk genannt. Die Menge aller Informationsbezirke (des ganzen Spiels oder eines Spielers) wird Informationsmenge (des ganzen Spiels oder eines Spielers) genannt. Eine Spielerfunktion weist sodann jedem Informationsraum (und nicht jedem Knoten) einen Spieler zu. Dieser Spieler ist der einzige, der bei diesem Informationsraum eine nichtleere Aktionsmenge hat.

In einem Spiel mit Vollkommener Information besitzen die Informationsbezirke aller Spieler nur ein Element.

Diskussion

Der Unterschied zwischen der Darstellung in Extensivform und jener in Normalform besteht darin, dass in der Extensivform ein Spiel als Abfolge von Entscheidungen der Spieler modelliert wird, während in der Normalform alle Entscheidungen als gleichzeitig stattfindend betrachtet werden.

Sequentielle Strukturen von Spielen machen Lösungskonzepte erforderlich, die über das Nash-Gleichgewicht hinausgehen. Insbesondere können Nash-Gleichgewichte Drohungen enthalten, die unglaubwürdig sind, wenn man die sequentielle Struktur des Spiels berücksichtigt. Eine Möglichkeit, solche Gleichgewichte auszuschließen besteht in der Anwendung des Konzepts der teilspielperfekten Gleichgewichte.

Literatur

  • Alós-Ferrer, Carlos/Ritzberger, Klaus (2005): Trees and Decisions, in: Economic Theory 25 (4): 763-798.
  • Fudenberg, Drew/Tirole, Jean (1991): Game Theory. Cambridge (Mass.): MIT Press.
  • Gibbons, Robert (1999): A Primer in Game Theory. Harlow: Pearson Education.
  • Eichberger, Jürgen (1993): Game Theory for Economists. New York: Academic Press.

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