Extertal-Almena

Extertal-Almena
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Almena
Gemeinde Extertal
Koordinaten: 52° 6′ N, 9° 5′ O52.1058333333339.0786111111111150Koordinaten: 52° 6′ 21″ N, 9° 4′ 43″ O
Höhe: 150–200 m
Einwohner: 1553 (31. Dez. 2007)
Eingemeindung: 1. Jan. 1969
Postleitzahl: 32699
Vorwahl: 05262

Almena ist ein Ortsteil der Gemeinde Extertal und liegt in Ostwestfalen im Kreis Lippe. Der Ort war bis 1968 selbständig und zählt ca. 1640 Einwohner.

Inhaltsverzeichnis

Geographische Lage

Almena liegt im äußersten Nordosten von Nordrhein-Westfalen und ebenfalls im Nordosten des Landkreises Lippe im Weserbergland. Die Ortschaft liegt in einer Höhe von 110 m an der Exter bis hin zu 200 m ü. NN auf dem Almenaer Berg. Seit dem 1. Januar 1969 gehört sie - gemeinsam mit den umliegenden Ortschaften Bösingfeld, Laßbruch, Kükenbruch und Silixen - zur neu gegründeten Gemeinde Extertal. Das Dorf liegt etwa 10 Kilometer südlich von Rinteln und 14 Kilometer nördlich der Stadt Barntrup. Bielefeld als nächstgelegene Großstadt liegt etwa 40 Kilometer südwestlich.

Infrastruktur

Östlich von Almena verläuft die in den Jahren 1968/1969 erbaute Extertalstraße. Das Dorf selbst liegt im Schnittpunkt mehrerer Kreis- und Landesstraßen.

Zu den Nachbarorten bestehen regelmäßige Busverbindungen. Außerdem gibt es eine direkte Busverbindung nach Lemgo und nach Rinteln. Die erst 1927 vollendete und elektrisch betriebene Extertalbahn mit eigenem Bahnhof in Almena (östlich der Ortschaft) wurde inzwischen wieder stillgelegt und wird heute als Draisinenstrecke genutzt. Die nächsten Bahnstationen befinden sich in Rinteln, Lemgo, Herford, Bielefeld und Hannover. In der etwa 70 Kilometer entfernten niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover befindet sich der nächste überregionale Flughafen.

Geschichte

Die ersten Spuren menschlicher Besiedlung im Raum Almena gehen auf die Zeit um 6000 v. Chr. zurück. Aus der Zeit des Mesolithikums stammen „Feuersteinfunde aus der Umgegend von Almena“, die 1938 gemeldet wurden. Auch andere Funde aus den Nachbarorten beweisen, dass die Menschen der mittleren Steinzeit in diesem Gebiet heimisch waren. Im 3. Jahrtausend vor Chr. kamen die neolithischen Menschen in das Gebiet von Almena, brannten im leicht ansteigenden Gebiet südlich der Alme, dem niederen Feld, den Urwald ab und begründeten die Rodungsinsel Almena. Ein Fragment eines ihrer Werkzeuge, eines schuhleistenförmigen Keils aus Felsgestein von 7 cm Länge wurde 1938 durch Schulkinder in Almena gefunden.

Irgendwann um 500 n. Chr. wurde das Exter-Gebiet dem Herrschaftsbereich der Sachsen eingegliedert. Karl der Große (768-814) unterwarf in vielen Feldzügen die kontinentalen Sachsen und gliederte sie dem Reich der Franken ein.

So unterstanden alle Colone aus Almena seit dem 15. Jahrhundert dem Saalhof Varenholz.

Nach seiner Eroberung des Sachsenlandes beseitigte Karl der Große die bisherige Verfassung des Stammes und gliederte es völlig seinem Imperium ein. In den Stammesbezirken (den Gauen) setzte er als Vertreter der königlichen Macht Grafen ein. Diese waren ursprünglich ernannte und absetzbare Beamte. Bereits unter Karls Sohn, Ludwig dem Frommen, machten sie sich selbständig und ihr Amt erblich. Der beginnende Feudalismus erlaubte es ihnen, zu mächtigen Grundherren aufzusteigen.

Almena gehörte zum Osterburg-Gau. Umfang und Grenzen dieses Gebietes hat Walter Maack, (Fluren 17-19) rekonstruiert. Sitz des Gaugrafen war vermutlich die mächtige Osterburg am Hang des Wesergebirges oberhalb von Deckbergen. Das Geschlecht der Gaugrafen ist Ende des 9. Jahrhunderts erloschen. Ein Teil seiner Grundherrschaft diente der Ausstattung des Klosters Möllenbeck. Da Exten Urkirche des Osterburg-Gaues war, sind letztlich alle im Gau gelegenen Kirchen Töchter dieser Urpfarrei.

Nach dem Aussterben der Grafenfamilie geriet der Osterburg-Gau, wie alle Gaue des Bistums Minden, in den Machtbereich eines der mächtigsten Geschlechter des Sachsenlandes, der Billunge. Aus Eigengütern und Grafschaftsrechten schuf diese Familie im 10. Jahrhundert sich einen von der Weser bis zur Elbe reichenden Besitz. Hermann Billunge († 973), einer der wichtigsten Gefolgsleute Ottos des Großen (936-973), vereinigte in seiner Hand die Herrschaft über alle Gaue der weiteren Umgebung, die er durch Vizegrafen verwalten ließ. Dabei wird er sich auch, wie in vielen anderen Dörfern, den Zehnten in Almena angeeignet haben. Dieser war eine von Karl dem Großen geschaffene, ursprünglich der Pfarrkirche zustehende Abgabe, der Ursprung der heutigen Kirchensteuer. Die Grundherren verstanden es aber, den Zehnten der Kirche zu entfremden und an sich zu ziehen. Hermann Billungs Sohn Bernhard I. († 1011) erhielt als mächtigster Graf des Stammes die Herzogswürde. Sein Geschlecht starb 1106 in männlicher Linie aus.

Die Besitzungen in der Gegend (darunter mit Sicherheit auch der Zehnte in Almena) fielen durch die Heirat des Grafen Ottos von Ballenstädt (verst. 1123) mit Eilinka, der Tochter des letzten Billungers, an die Nachkommen dieses Grafen, die Askanier. Diese erhielten 1180 nach dem Sturz Heinrich des Löwen die sächsische Herzogswürde, aber nur als bloßen Titel. Sie eroberten 1227 die Grafschaft Lauenburg und begründeten dort 1296 die Nebenlinie Sachsen-Lauenburg, die 1305 in die Linien Bergedorf und Ratzeburg zerfiel. So ist der Almenaer Zehnte an die Herzöge von Sachsen-Lauenburg-Bergedorf gekommen. Eine Landesherrschaft im Osterburg-Gau aber konnten die Askanier nicht aufbauen, denn um 1100 hatten zwei andere Adelsgeschlechter hier die Macht an sich gerissen.

Die landwirtschaftliche Revolution

Diese Gesellschaftsordnung hat die Menschen unseres Landes aus ihrer seit dem Neolithikum bestehenden Stagnation herausgerissen und eine gewaltige, technische Umwälzung herbeigeführt. Die Arbeit des Bauern im 11. Jahrhundert unterscheidet sich kaum von der des Bauern aus dem 20. Jahrhundert v. Chr., die Anbaufläche hatte sich nicht wesentlich vergrößert. Im 11. Jahrhundert glich Mitteleuropa noch der Welt des Neolithikums: „ein Waldmantel mit Lichtungen“. Auch die Geräte waren seit der Jungsteinzeit dieselben geblieben, vor allem der räderlose Holzpflug, der die Erde kaum ritzte. Die Aussaat erbrachte nach wie vor nur den dreifachen Ertrag.

Die Grundbesitzer aber waren an einer Steigerung des Ertrages und einer Vergrößerung der Anbaufläche sehr interessiert. Ihrem Einfluss ist die große Agrarrevolution des 12. Jahrhunderts zu verdanken. Die allgemeine Verbreitung des Räderpfluges mit Streichbrett, des Jochs für die pflügenden Ochsen, die Einführung des Eisens bei landwirtschaftlichen Geräten wie bei der eisernen Pflugschar, die Erfindung der Egge, die Einführung der Dreifelderwirtschaft und neuer Nutzpflanzen wie des Klees, verdreifachten den Ertrag des Bodens und führten zur Epoche der Großen Rodung.

Überall wurde der Wald bis auf einen Grundbestand abgeholzt und in Bauernland verwandelt, das auch dem Grundherren unterworfen war. Der größere Ertrag machte die Teilung der Höfe möglich; erst jetzt entstanden überall echte Dörfer aus Weilern und Einzelhöfen. Die menschlichen Siedlungen waren nun nicht länger Inseln im Wäldermeer; die Wälder wurden zu Inseln in einer von Menschen gestalteten Kulturlandschaft.

Die Herrschaft Sternberg

Der Norden des Osterburg-Gaues befand sich in der Hand der Herren von Schaumburg, der südliche Bereich gelangte in den Besitz der Grafen von Schwalenberg. Sie stammen von den Gaugrafen des Weti-Gaues, des südlichen Nachbargaues, ab. Ihre Macht beruhte in erster Linie darauf, dass sie in den Besitz der Vogteien des Bistums Paderborn und der Abteien Herford und Corvey gelangt waren, das heißt, sie waren Verwalter des weltlichen Besitzes der drei geistlichen Stifte. In ihrer Glanzzeit, in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, herrschten sie über ein für damalige Verhältnisse bedeutendes Gebiet, zu dem neben ihrem Stammbesitz im lippischen Südosten die spätere Herrschaft Sternberg, Pyrmont, Lügde, Salzuflen und die nordhessische Grafschaft Waldeck gehörten. Jedoch vermochten sie es nicht, ihren Besitz zu festigen oder gar auszudehnen wie die Schaumburger oder die aus Lippstadt stammenden Edelherren zur Lippe. Die Schwalenberger zerschlugen nämlich ihren Besitz durch dauernde Erbteilungen selbst. 1184 wurde Pyrmont selbständig, 1231 Waldeck, 1243 das Gebiet im Extertal, das nach der damals erbauten Burg die Bezeichnung „Herrschaft Sternberg“ erhielt. Die Schwalenberger Linie erlosch 1365 und die Pyrmonter Linie 1494. In Waldeck herrschte das Geschlecht allerdings bis 1918 und besteht noch heute in männlicher Linie.

Unter der Herrschaft der Schwalenberger wuchs Almena zum Dorf heran. Seit 1243 war es Bestandteil des kleinen „Staates“ Sternberg, zu dem auch Salzuflen aus Außenposten gehörte. Um ihr Territorium aufzuwerten, haben die Grafen Bösingfeld, Alverdissen und Barntrup sogar zu Städten machen wollen, doch haben diese Orte nach dem Ende der Sternbergischen „Unabhängigkeit“ nur den Rang von Flecken behalten können.

Letzter Graf war Heinrich V. (1346-1385). Ihm verdankt man die erste schriftliche Erwähnung Almenas. Er heiratete 1348 Adelheid, die Tochter des Grafen Adolf VII. von Schaumburg. In einem Vertrag aus dem gleichen Jahr verschreibt er seiner Frau als Leibgedinge (Witwenbesitz) neben anderen Orten auch das Dorf Almena. Damit ist erwiesen, dass damals die Sternberger die Grundherren in Almena waren. Freilich besaßen die Sternberger offenbar nicht den Zehnten in Almena. Dieser war nämlich 1359 im Besitz des Herzogs Albrecht IV. von Sachsen-Lauenburg-Bergedorf (1359-1370) gewesen. Der Herzog stellte 1359 eine Urkunde aus, in der er den Zehnten über zwei Höfe zu Almena dem Ritter Friedrich von Kallendorp übertrug. Darin kann eine Erinnerung daran liegen, dass Almena auf zwei Urhöfe zurückgeht.

Neuzeitliche Geschichte von Almena

Die Urhöfe von Almena

Wenn man die Geschichte des Dorfes bis zur Zeit der großen Rodung zurückverfolgen will, so müsste man die Flurkarte von 1540, also aus der Zeit vor Errichtung der kleinen Kötterstätten zwischen 1570 und 1590, analysieren. Eine solche Karte gibt es nicht, da die erste Katasterkarte Almenas aus dem Jahre 1883 stammt. Dennoch kann man eine solche Karte erarbeiten. Alle zwischen 1600 und 1883 erfolgten Grundstücksveränderungen sind in den Gogerichtsakten und den Salbüchern lückenlos zu verfolgen.

Es hat nicht viele Landverkäufe bis 1796 in Almena gegeben. Diese betrafen auch nur kleine Gartenflächen. Der Grundherr hatte nämlich seit dem 15. Jahrhundert jede Hofesteilung untersagt. Das gesamte Kolonat musste ungeteilt dem Anerben übergeben werden. Auch die seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts errichteten landlosen Kleinkolonate sind keine Abspaltungen von Höfen, sondern wurden auf dem entlang der Alme gelegenen Dorfanger, einer Art Niemandsland, oder am Rande des Almenaer Berges angesetzt.

Im Salbuch von 1618 besitzen Hofstellen den Rang von „Vollspännern“, von „Großköttern“ und von „Mittelköttern“. Diese Bezeichnungen sagen etwas aus über die Größe des Hofes, seine wirtschaftliche Leistungskraft und damit über die Höhe der geschuldeten Abgaben und Dienste („Praestanda“. Die Fläche der Hofstellen ist aber viel kleiner als die Fläche rangmäßig vergleichbarer Höfe in anderen Dörfern. Die Almenaer Kolonate wurden denn auch zu Beginn des 18. Jahrhunderts stark zurückgestuft. Kein einziger Almenaer Hof kann in seiner Gestalt von 1540 aus der Zeit vor der großen Rodung stammen; der Bauer wäre verhungert.

Almenas Kriegserfahrung im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648)

Der Dreißigjährige Krieg ist Höhepunkt und Abschluss der Gegenreformation, der großangelegten Vernichtung des evangelischen Glaubens mit Waffengewalt.

Es war der Habsburgische Kaiser Ferdinand II. (1619-1637), der diesen furchtbaren Krieg entfesselte. Anfangs ging es nur um die Vernichtung des böhmischen und des pfälzischen Protestantismus (1618-1620). Ob damals überhaupt in Almena jemand etwas von diesen Kämpfen gehört hat? Nach seinem Sieg über die Böhmen und die Pfälzer waren der Kaiser und sein Feldherr Tilly die Herren Deutschlands. Die deutschen evangelischen Fürsten wagten keinen Widerstand. Dieser ging wesentlich nur von Dänemark und Holland aus. Führer der evangelischen Sache war damals Herzog Christian von Braunschweig.

Schon im März 1622 müssen die Almenaer sehr nachdrücklich von der heraufziehenden Kriegsfurie betroffen gewesen sein, denn es wurde erstmals zum Kriegsschauplatz. Damals zogen bayerische Truppen durch das Wesertal und bezogen Quartier in Exten und Umgebung. Sie verfolgten die Braunschweiger. Almena taten sie allerdings keinen Schaden, weil sich Lippe neutral verhielt. Die Bayern zogen bald wieder ab.

Im Februar 1623 erschien Herzog Christian persönlich an der Weser und besetzte Rinteln. Im Juni verließ er es wieder mit 21.000 Mann und 1.000 Reitern. Er zog durch das Extertal ab. Dies dürfte der erste Truppendurchzug gewesen sein, den die Almenaer Bevölkerung direkt zu sehen bekam.

Das Schreckliche an diesem Krieg waren die offiziellen und wilden Plünderungen, da alle Heere nach der Maxime verfuhren: „Der Krieg ernährt den Krieg“. Nun rückte von Süden Tilly heran. Bei Stadtlohn im Münsterland traf er auf den Braunschweiger und schlug ihn vernichtend. Ganz Norddeutschland stand nunmehr den kaiserlichen Truppen offen. Die Sache des Evangeliums schien verloren.

Im Winter 1623/24 wählte Tilly das Wesertal, also das Rintelner Becken, als Stätte der Winterquartiere. Er selbst residierte in Hameln. Obwohl Lippe neutral war, müssen die Kaiserlichen, zu denen auch viele Spanier gehörten, die sich durch besondere Grausamkeit auszeichneten, in Almena geplündert haben, denn im Pfarrhof wurden damals vom Kriegsvolk alle Papiere verbrannt, darunter auch sehr wichtige Urkunden. Die wilden Plünderungen machten offenbar vor Landesgrenzen keinen Halt. Im Frühjahr 1624 zog Tilly aus dem Weserbergland ab, kehrte aber im Winter zurück und besetzte das Wesertal aufs Neue. Wieder mussten die Almenaer um ihr Hab und Gut fürchten. Damals war es üblich, beim Herannahen von Soldaten in die Kirche zu flüchten, in der Hoffnung, dass die Landsknechte das Gotteshaus verschonen würden.

Einziger verbliebener Feind Tillys war König Christian von Dänemark. Nachdem die Kaiserlichen im Frühjahr 1625 das Weserbergland verlassen hatten, erschien nun der Däne im Wesertal, dem wiederum auf dem Fuße die Kaiserlichen folgten. Auch im Winter 1625/26 wurde das Rintelner Becken wieder Winterquartier der Kaiserlichen. Am 27.August 1626 schlugen sie den Dänen bei Lutter am Barenberge. Nun waren sie die unbestrittenen Herren Norddeutschlands.

Bis 1630 war die Grafschaft Schaumburg ununterbrochen von den Kaiserlichen besetzt. Diese wurde völlig ausgeplündert und das Dorf Almena wegen seiner Randlage war auf das schwerste gefährdet.

Aus den Gogerichtsakten ist diese Bilanz dieser Jahre erkennbar:

Die gesamte Landwirtschaft in Almena muss zum Erliegen gekommen sein. Hatte vor dem Krieg jeder der 14 Höfe mehrere Pferde und Kühe besessen, so waren diese Nutztiere in den 1630er Jahren gänzlich verschwunden. Das Kriegsvolk hatte sie alle geraubt. Aber auch das Saatkorn hatten die Plünderer mitgenommen. Dabei handelte es sich eindeutig um Rechtsbruch, da Lippe neutral war. Es hatte sich doch durch eine erhebliche Kontribution (Geldzahlung für Kriegszwecke) davon losgekauft, von den Kaiserlichen besetzt zu werden. Die Geldzahlung wurde von den ohnehin schon verarmten Untertanen eingetrieben. In Almena wurden Höfe verbrannt, vernichtet und von allem Vieh entblößt. Es dauerte über ein Jahrhundert bis sie sich wieder erholten. Die Soldaten schonten auch die Geräte der Kirchen nicht. Überall, so auch in Almena, raubten sie die Abendmahlskelche.

1629 konnte der Kaiser mit seinem geheimen Ziel, der Rekatholisierung Deutschlands, beginnen. In die Klöster Rinteln und Möllenbeck zogen Benediktinermönche ein, die den Kampf gegen die evangelische Lehre aggressiv aufnahmen. Besonders zu leiden hatte unter ihnen der Rintelner Superintendent Josua Stegmann, der Dichter des bekannten Kirchenliedes „Ach bleib mit Deiner Gnade“. In dieser Notzeit erschien am 4. Juli 1630 auf der Ostseeinsel Usedom das schwedische Heer unter König Gustav Adolf. Ganz sicher war er nicht nur Machtpolitiker, sondern ein tiefgläubiger Christ, der die Sache des Evangeliums und seiner Freiheit verfechten wollte. Er schlug in der Schlacht bei Breitenfeld (in Sachsen, bei Leipzig) Tilly am 17. September 1631 vernichtend. Dies war die entscheidende Wende des großen Krieges. Dieser Sieg hatte zur Folge, dass die Kaiserlichen erneut ins Wesertal kamen und 1631 bis 32 hier wieder ihr Winterquartier nahmen. In diesem Winter residierte der besonders gefürchtete General von Pappenheim auf der Burg Sternberg.

Im Februar 1632 erschienen nun die Schweden unter Herzog Georg von Braunschweig im Wesertal. Am 2. März siegten sie in der Schlacht bei Rinteln, am 28. Juni in der Schlacht bei Hameln. Sicherlich werden die Almenaer den Lärm der Rintelner Schlacht gehört haben, vielleicht auch vom Almenaer Berge aus das Schlachtfeld betrachtet haben. Über die Schlacht bei Hameln schrieb Maack:

„Herzog Georg hatte seine Truppen, etwa 7 000 Mann zu Fuß und 6 000 Reiter in dem von Schluchten zerrissenen Gelände zwischen Oldendorf und Barksen vortrefflich aufgestellt. Der linke Flügel lehnte sich an Oldendorf an, der rechte dehnte sich bis an den Mittelberg. Auf den Höhen bei Segelhorst standen in etwa gleicher Ausdehnung die Kaiserlichen, rund 11 000 Mann zu Fuß und 4 000 Reiter, das Zentrum nahe vor dem Dorfe. Eine heftige Kanonade leitete den Kampf ein. Durch Herzog Georgs überlegene Artillerie wurde das feindliche Fußvolk bereits schwer erschüttert. Als dann gegen Mittag auf dem linken, von Dodo zu Innhausen und Knyphausen geführten Flügel große Reitermassen vorbrachen und durch die tiefen Einschnitte in der Weserterrasse die Höhe von Segelhorst erstiegen, mussten die ihnen entgegen geworfenen kaiserlichen Reiter weichen. In ihrer Flucht wurde auch das Fußvolk des Zentrums hineingerissen, und als noch vom Oldendorfer Knick her Schweden und Hessen in ihre offene Flanke einbrachen, war die Niederlage der Kaiserlichen entschieden. Der Sieg der Evangelischen war einer der glänzendsten Siege des ganzen Krieges. Das Fußvolk der Kaiserlichen war fast völlig aufgerieben worden; ihre Reiterei kam erst in Minden zum Halten. Fast 7 000 Mann an Toten und Verwundeten betrug der Verlust; an 3 000 Mann wurde gefangen.“

Damit war die Bedrängnis der Evangelischen in der Grafschaft Schaumburg beendet, die Mönche verließen Rinteln.

Im gleichen Jahre, 1632, fielen beide Feldherren, Tilly und Gustav Adolf. Nachfolger Tillys wurde der berüchtigte Albrecht von Wallenstein, der Herzog von Friedland (ermordet 1634). Der große Krieg wurde nun zu einem planlosen, unentschiedenen Ringen. Dabei blieb das Wesertal Kriegsschauplatz bin 1646. Immer wieder stießen hier beide Parteien zusammen; Schaumburg und Lippe gehörten zu den Ländern, die am schwersten vom großen Krieg getroffen wurden. Die Einwohnerzahl Almenas ist dabei von 316 im Jahre 1617 auf 229 im Jahre 1648 gefallen.

Die Almenaer als Weber und Spinner

Über 300 Jahre bildete das Leinengewerbe die Lebensgrundlage des Dorfes. Für die Mehrzahl der Bewohner Almenas sind Weben und Spinnen wichtiger als die Landwirtschaft gewesen.

Die Bauern des Neolithikums (der Jungsteinzeit) haben schon um 6 000 v. Chr. Wolle und Flachs gesponnen und zu Textilien verwebt. So brachten die Pioniere, die den mitteleuropäischen Urwald rodeten, diese Technik aus ihrer Heimat im Nahen Osten bereits mit. Die Bewohner der Rodungsinsel Almena waren von Anfang an Spinner und Weber. Sie mussten alle Gebrauchsgegenstände selbst herstellen. Jeder Hof war auf die Kenntnisse und Fähigkeiten der Bauernfamilie und die Erzeugnisse der unmittelbaren Umgebung angewiesen. Arbeitsteilung gab es nur innerhalb der Familie. Bis zur Umwälzung der landwirtschaftlichen Methoden im 12. Jahrhundert ließ der geringe Ertrag des Bodens das Entstehen einer Schicht von Kaufleuten und Handwerkern nicht zu. So haben sich auch in der Umgebung bis zu dieser Zeit keine Städte bilden können. Das gesamte Gebiet des Sachsenstammes vom Rhein bis zur Elbe war bis zur Epoche der Großen Rodung rein dörflich organisiert.

Seit dem 9. Jahrhundert entwickelten sich aber in den großen kirchlichen Zentren erste Ansätze einer auf Arbeitsteilung beruhenden Gesellschaft. Die von den Bauern erhobenen Abgaben bildeten die Lebensgrundlage einer kleinen Schicht von hohen Geistlichen oder Stiftsdamen, die Handwerker in ihre Dienste stellen und Luxusgüter einführen konnten. So wuchsen um die Stifte in Hameln, Minden und Herford Siedlungen von Kaufleuten und Handwerkern. Auch Möllenbeck gehörte zu diesen Keimzellen städtischen Lebens. Es war der erste von Gewerbetreibenden bewohnte Ort in der Umgebung von Almena, wurde allerdings im 15. Jahrhundert völlig zerstört. Das Alltagsleben der Bauern, ihre auf Selbstversorgung beruhende Lebensweise wurde durch die neuartige Ansiedlung überhaupt nicht verändert.

Die große Steigerung des landwirtschaftlichen Ertrages, die das Ergebnis der Neuerungen des 12. Jahrhunderts (1150-1250) wurde das Sachsenland mit einem dichten Netz von Städten überzogen. Kurz vor 1200 entstand Lemgo, 1238 Rinteln. Viele Bauern verließen damals die Scholle, um „Bürger“, um von der Leibeigenschaft befreite Stadtbewohner zu werden. In den Städten aber entwickelte sich die strikt arbeitsteilige Welt des mittelalterlichen Handwerks, die in völligem Gegensatz zur Welt des Dorfes, der Welt der Selbstversorgung, stand. Besuchte ein Bewohner Almenas Rinteln oder Lemgo, so fand er Menschen vor, deren einzige Arbeit z. B. die Leineweberei für den Verkauf war. Durch den Handel mit Flachs und auf dem Dorf gesponnenes Garn entstand eine schwache Bindung zwischen Stadt und Land. Aber auch jetzt blieb der Bauer ganz überwiegend Selbstversorger. Bis zum 16. Jahrhundert webte er ausschließlich für den eigenen Bedarf.

Die Verwandlung Almenas aus einem Bauerndorf in ein Dorf der Spinner und Weber wurde nicht durch den Handel mit den benachbarten Städten bewirkt. Im 16. Jahrhundert geriet das Dorf vielmehr in den Sog der Textilindustrie. Die Entwicklung der Städte war nämlich Teil eines ganz Westeuropa umfassenden Bewegung, die in den Ländern westlich des Rheins viel früher begonnen hatte und vor allem im Gebiet Flanderns im 13. und 14. Jahrhundert zu einer Hochblüte städtischen Lebens führte. Das allgemeine Anwachsen der Städte schuf einen wachsenden Bedarf nach Textilien, der zur Entstehung der ersten europäischen Industrie führte. Technische Voraussetzungen waren zwei Erfindungen aus dem 12. Jahrhundert: der Trittwebstuhl und das Spinnrad. Sie steigerten die Leistung der Spinner und Weber enorm. Die Spinner konnten in der gleichen Zeit fünfmal mehr Garn herstellen als zuvor. Tuch und Leinwand waren die ersten Gegenstände des täglichen Bedarfs, die nicht mehr vom Handwerker auf Bestellung, sondern für ein ganz Westeuropa umspannendes Netz von Handelsbeziehungen, dem Markt, hergestellt wurden. Man bezeichnet diese erste Form der Industrie als Hausindustrie, weil die Produzenten in ihrem eigenen Haus arbeiteten und Webstuhl und Spinnrad ihnen selbst gehörten. Der Handel lag dagegen bei einer kleinen Schicht von Kaufleuten, die die Tuche und die Leinwand von den Produzenten erwarben und auf den Markt brachten, der nun nicht mehr ein für den Handel bestimmter Platz in der Stadt, sondern ein das gesamte Abendland erfassendes Verkehrs- und Produktionssystem war. Er beschränkte sich aber auf wenige Güter und ließ nach wie vor die Bauern, die über 90 % der Bevölkerung ausmachten, als Warenkäufer aus. Erst im 15. Jahrhundert wurden die Bauern als Produzenten in die industrielle Entwicklung einbezogen, zuerst in Flandern. Damals lag das Gebiet ganz am Rande des westeuropäischen Marktgeschehens.

Im 15. Jahrhundert war in Lippe die Unteilbarkeit der Kolonate zur Regel geworden. Die gesamte Stelle viel an den ältesten Sohn. In der Zeit von 1600 bis 1800 ist niemals auch nur eine kleine Parzelle an die Geschwister des anerben abgegeben worden. Wer nicht auf einem anderen Hof einheiratete, wurde besitzlos. Die Möglichkeit, Stadtbürger und Handwerker zu werden, bestand schon seit langer Zeit nicht mehr, da die Zahl der Betriebe durch die Zunftorganisation streng begrenzt war. In den Dörfern selbst war mit ganz wenigen Ausnahmen jede handwerkliche Betätigung verboten. So bildete sich eine besitzlose Dorfbevölkerung heraus, die dringend einer Beschäftigung bedurfte, sollte sie nicht für immer zum Gesinde ohne eigenen Haushalt und ohne die Möglichkeit der Eheschließung herabsinken. Im 16. Jahrhundert wurde diese Schicht in die Textilindustrie einbezogen.

Nur vor diesem Hintergrund ist die Anlage der 22 landlosen Kolonate in Almena im letzten Drittel des 16. Jahrhundert zu verstehen, denen bis 1720 noch 11 weitere folgten. Da mit dem Besitz einer Hausstelle der Zwang zu Geldabgaben an den Grundherren verbunden war, müssen die neuen Kolone eine Erwerbstätigkeit ausgeübt haben. Für die große Mehrheit unter ihnen kann dies nur die Spinnerei und Weberei gewesen sein. So geht die gesamte Anlage des Dorfes in der Neuzeit mit seiner dichten Besiedlung des Dorfangers auf den Einfluss der Hausindustrie zurück.

Im 16. Jahrhundert hatten niederländische Kaufleute die besonders gute Qualität des Flachses in der Grafschaft Ravensberg, d. h. in dem heutigen Großraum Bielefeld-Herford, entdeckt und die Bevölkerung zum Spinnen und Weben für den Großhandel ermutigt. Es war in erster Linie die Dorfbevölkerung, die in diese Bewegung hineingenommen wurde, waren Spinnen und Weben ihnen doch von Kindheit an vertraut. Offenbar war die Notwendigkeit einer Beschäftigung für die meisten Bewohner der Dörfer so dringlich, dass Ravensberg in kurzer Zeit zu einem vollständig von der Hausindustrie bestimmten Land wurde. Sehr rasch griff diese Bewegung auf Lippe über, schuf einen zusammenhängenden Wirtschaftsraum zwischen Teutoburger Wald und Weser, erreichte bald auch Almena und verwandelte es. Von den 38 Hausstellen, die 1614 bestanden, waren nur 14 zur Selbstversorgung mit Grundnahrungsmitteln in der Lage, für 24 Kolonate bildete die Tätigkeit für den Markt die Lebensgrundlage.

Mittelpunkt des neuen Wirtschaftsraumes wurde Bielefeld, dessen Kaufleute um 1600 von den Niederländern den Ankauf und Vertrieb des Ravensbergischen und Lippischen Leinens übernahmen. Das gesamte Gadderbaumer Tal zwischen der Sparrenburg und Brackwede wurde zu einer einzigen großen Bleichstätte. Da es in Lippe keine Großkaufleute und keine industriellen Bleichen gab, wurde auch das im Lipperland produzierte Leinen dort veredelt. Zur Kontrolle der Qualität des nunmehr wichtigsten und praktisch einzigen Ausfuhrartikels wurden in beiden Grafschaften Leggen errichtet, 1663 in Lemgo, 1678 in Bielefeld. In diesen Leggen wurde alles für den Handel bestimmte Leinen auf Qualität hin geprüft. Nur einwandfreie Stücke durften verkauft werden. Dabei wurden die in Lippe geprüften Leinenstücke mit der lippischen Rose gestempelt. Von Lemgo gingen sie über Bielefeld nach Bremen und Hamburg, von dort auf den Weltmarkt, der inzwischen durch die Einbeziehung Nordamerikas zu einem gewaltigen Handelssystem geworden war.

Das Textilgewerbe als Lebensgrundlage Almenas wird erstmals 1641 in den Gogerichtsakten bezeugt. Damals waren auf mindestens 23 Kolonaten Spinner tätig. Daraus geht klar hervor, dass die Spinnerei für den Markt allgemein verbreite war, auch auf den bäuerlichen Kolonaten. Es wurde auf allen Kolonaten gesponnen, hier lag gerade die Möglichkeit, auch Kinder und alte Menschen am Erwerbsleben der Familie zu beteiligen. Man muss annehmen, dass Almena vom 16. Jahrhundert an ein Weberdorf war, da man nur durch die Kombination von Spinnen und Weben innerhalb der Familie für die Kleinkolonate, die ursprünglich z. T. nicht einmal Gärten hatten, eine Lebensgrundlage gegeben war. Daneben mussten diese Kolonate ja auch Steuern und Feudalabgaben in Geldform erbringen, was für die Rentenkammer (Gräfliche Behörde, die für die Feudalabgaben der Leibeigenen zuständig war) ihre Daseinsberechtigung überhaupt ausmachte.

Häufig wird in den Gogerichtsakten der Anbau von Flachs erwähnt. "So haben die Schweine des Pastors Ermanius bei ihrer Verwüstung des Schöningschen Gartens 1720 auch den Flachs vernichtet." Offenbar wurde selbst in den Gärten der landlosen Kolonate Flachs angebaut, selbst im Pfarrgarten, denn 1701 beklagte der Pastor sich über Flachsdiebe. Grundlage des Almenaer Textilgewerbes kann dieser Anbau nicht gewesen sein. Bei der beschränkten Anbaufläche und dem Zwang, einen erheblichen Teil davon für das herrschaftliche Pachtkorn zu reservieren, müssen die Almenaer wohl den größten Teil des für die Spinnerein notwendigen Flachses von Auswärts gekauft haben. Aber auch das in Almena produzierte Garn reichte für die Webstühle nicht aus. Um einen Webstuhl mit Garn zu versorgen, mussten 5 Spinnräder in Tätigkeit sein. Im 18. Jahrhundert benötigten die damals vorhandenen ca. 28 Weberkolonate die Arbeit von 140 Spinnern, die es in Almena nicht gab. Deshalb musste der größte Teil des Garns von Auswärts bezogen werden. Dadurch aber gerieten die Almenaer in Abhängigkeit von ihren Lieferanten, den Bösingfelder Juden, die den Webern das Garn auf Kredit verkauften und bei Zahlungsunfähigkeit die Außenstände offenbar rücksichtslos eintrieben. Als solche Garnhändler treten Jonas 1736, Daniel Moses 1735, Schimmel-Jonas bzw. sein Knecht Moses Isaak 1745 und 1750 und Abraham 1749 auf.

Die schwierige Lage der Almenaer Weber im 18. Jahrhundert ist besonders in dem Schriftwechsel, der die Absetzung des bösartigen Bauerrichters Frevert 1736 behandelt bezeugt. Die Almenaer sind „meistenteils geringe Weber“, die Not der Almenaer war im gesamten 18. Jahrhundert in der Umgebung sprichwörtlich. Sie hatte im Wesentlichen zwei Ursachen.

1. Die sich immer weiter öffnende Schere zwischen Spinnerein und Weberei beruhte auf der technischen Struktur der damaligen Textilindustrie. Seit dem Mittelalter hatte sich das Verhältnis 5:1 zwischen Spinnen und Weben nicht mehr verändert. Nach wie vor mussten 5 Spinnräder betätigt werden, um einen einzigen Webstuhl mit Garn zu versorgen. Inzwischen aber hatte sich die Textilindustrie in England vor allem die Baumwollindustrie zu einer in der bisherigen Wirtschaftsgeschichte völlig unbekannten Höhe entwickelt. Als Bauerrichter Frevert die Almenaer Weber ausplünderte, weil sie das gekaufte Garn nicht bezahlen konnten, herrschte auf dem Weltmarkt eine gewaltige Nachfrage nach diesem Produkt. Die Spinner konnten sie nicht befriedigen, Englische Kaufleute zogen die entlegendsten Gebiete der Welt zur Garnproduktion heran. Natürlich stiegen die Preise immer mehr, das gesamte Textilgewerbe befand sich in einer Krise. Da es aber wie im Mittelalter der Motor des Weltmarktes war, handelte es sich um eine Krise des gesamten auf der Hausindustrie beruhenden Handelssystems. Die Almenaer Weber verarmten durch die steigenden Garnpreise. Schließlich konnten sie auch bei größter Anstrengung nicht das für ihre Webstühle notwendige Garn in der eigenen Familie spinnen lassen. Ihre Einkommen sanken, jede notwendige Reparatur an den Almenaer Häusern wurde unerschwinglich. Selbst die Erneuerung des Dachstrohes war nicht mehr möglich. 1736 hatten die 26 kleinen Kolone „dachlose Häuser“.

2. Das Fehlen einer landwirtschaftlichen Nebentätigkeit war ebenfalls eine Ursache für die Armut der Almenaer. Die Weber besaßen ja nicht die kleinste eigene Ackerparzelle. Zu jedem Kolonat gehörte zwar inzwischen ein Kohlgarten, der aber keine vollständige Selbstversorgung mit Nahrungsmittel ermöglichte. Jeder Kolon durfte auch ein Schwein im Almenaer Berg hüten lassen. Aber die Leistung der durch Eichelmast ernährten Tiere war gering. Schließlich hatten alle Hauseigentümer das Recht, zwei Kühe auf die Allmende zu treiben. Dies stand aber nur auf dem Papier der Salbücher, denn die Bauern verlangten für das Hüten einen Reichstaler jährlich pro Tier, so dass 1736 nur 16 Kühe im Besitz der geringen Kolone waren. Es waren weltgeschichtliche Bewegungen größten Ausmaßes, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert diese Grundprobleme von Almena lösten:

Die Geburt der auf dem Fabriksystem beruhenden Großindustrie und das Ende des Feudalsystems, wodurch Grund und Boden zur freiverkäuflichen Ware wurde.

Jüdisches Leben in Almena

Bis etwa 1786 war das Dorf religiös einheitlich. Alle Einwohner gehörten der evangelisch-reformierten Kirche an. Dies war das Ergebnis des landesherrlichen Kirchenregiments, das seit 1555 den Bekenntnisstand der Untertanen nach dem Grundsatz "Cuius regio eius religio" (wessen das Land, dessen die Religion) bestimmte. Ganz konsequent ist dies aber nicht durchgeführt worden. So waren die zur Kirchengemeinde Exten gehörigen Bewohner der Dörfer Bremke und Rott lutherisch, obwohl der Gottesdienst dieser Konfession im größten Teil der Grafschaft Lippe verboten war. Gänzlich außerhalb des landesherrlichen Kirchenregiments standen natürlich die Juden. Die christliche Kirche hat nämlich Zwangstaufen der Juden fast immer abgelehnt. Dies steht im krassen Gegensatz zum Verhalten gegenüber andersgläubigen Christen. Hier waren Zwangsbekehrungen im 16. und 17. Jhd. die Regel. Z. B. ist das Nachbarland, das Fürstbistum Paderborn, im Verlauf der Gegenreformation durch Fürstbischof Dietrich von Fürstenberg (1585-1618) mit brutaler Gewalt wieder vollständig der katholischen Kirche zugeführt worden. Man muss letztlich die leidvolle Geschichte der Juden im christlichen Europa auf dem Hintergrund dessen sehen, was Christen einander aus religiösen Gründen selbst anzutun in der Lage waren.

Die Zeit vom 13. bis zum 15. Jhd. war eine Zeit ungeheuren religiösen Überschwangs, der zu großer religiöser Intoleranz führte. Für die europäischen Juden war es eine schlimme Zeit. Sie verloren alle bürgerlichen Rechte, wurden aus den meisten westeuropäischen Staaten, in Deutschland aus fast allen Städten vertrieben, von immer wieder aufflammenden Verfolgungen bedrängt und praktisch von allen Erwerbszweigen außer dem des Zinsnehmens und des Hausierhandels ausgeschlossen. Im 16. Jhd. lebten in Deutschland verbliebene Juden vor allem auf dem Lande, wo sie als Händler mit gebrauchten Waren kümmerlich ihre Leben fristeten. Die Regierungen waren überall bestrebt, ihre Zahl zu begrenzen. Noch zu Beginn des 19. Jhd. durften sich nur Besitzer eines landesherrlichen Schutzbriefes, die "geleiteten" Juden, ungehindert niederlassen und ihre Religion frei ausüben. Katastrophal war die Lage der ungeleiteten Juden. Als ruhelose anderer mussten sie von einer jüdischen Gemeinde zur anderen ziehen und waren auf die Mildtätigkeit ihrer Glaubensgenossen angewiesen. Aber auch die geleiteten Juden standen stets in der Gefahr, ihr Geleit durch Willkürakte der Fürsten zu verlieren, weil die Schutzbriefe jederzeit widerruflich waren. In Lippe hat dieser Zustand bis 1850 gedauert.

Die erste Begegnung der Almenaer mit Juden fand etwa 1736 statt und war für beide Teile wenig erfreulich. Damals hatte sich in Bösingfeld eine kleine Judengemeinde gebildet, die sich auf den Garnhandel spezialisiert hatte. In jener Zeit aber stiegen die Garnpreise ständig, so das der Händler Schimmel Jonas die oft zahlungsunfähigen armen Almenaer Weber pfändete. Er fand dabei tatkräftige Unterstützung durch den damaligen Bauerrichter Frevert. Jonas muss verhältnismäßig wohlhabend gewesen sein, denn er hatte einen Knecht mit Namen Moses.

Der erste Jude, der sich in Almena niederließ, war Meyer Nathan aus Lüdenhausen (seit 1786). Er wohnte auf einem Almenaer Kolonat als Einlieger und trat mehrfach als Kreditgeber auf (für Heger Nr. 3 und Rickmeier Nr. 14). Er war, wie viele seiner Glaubensbrüder, als Händler mit gebrauchten Kleidungsstücken, alten Öfen, Fellen und dergleichen tätig. Damals kannten die Juden noch nicht den gebrauch von Familiennamen. Der jüdische Vorname Meyer hat nichts mit unserem deutschen Meier zu tun. Es handelt sich dabei um das Prinzip vom Verbum "'Or" = leuchten, also me'ir = der Erleuchtete oder Strahlende. Als 1810 die Juden gezwungen wurden, Familiennamen anzunehmen, nannte Meyer Nathan sich Alberg. Seine Familie ist über 150 Jahre mit Almena verbunden geblieben.

Auf Meyer Nathan folgte in seinem Gewerbe 1828 sein Schwiegersohn Wolf Samuel Rosenthal, der aus der großen jüdischen Gemeinde Frille in Schaumburg-Lippe stammte, wo es auch eine Synagoge gab. Rosenthal hat wie sein Schwiegervater mit gebrauchten Gegenständen gehandelt, wie er 1850 zu Protokoll gab. Damals erhielten die Juden volle bürgerliche Gleichberechtigung. Sein Enkel Isaak Rosenthal war eine der bemerkenswertesten Gestalten der Almenaer Geschichte. 1880 konnte die Familie Rosenthal ein eigenes Kolonat (Nr.80) bauen. Es handelt sich um die heutige Schlachterei Hannover. Das Haus war bis zum Verkauf 1937 im Familienbesitz. Isaak Rosenthal war Pferdehändler. Seine Beliebtheit bei der Almenaer Bevölkerung zeigte sich besonders darin, dass er bis 1918 dem Gemeindeausschuss angehörte.

Simon Albert berichtet über ihn: " Isaak Rosenthal war, wie die meisten Juden auf dem Lande, Viehhändler, an erster Stelle wohl Pferdehändler. Seine Familie war die einzige jüdische in Almena. Immer gut gelaunt und überall gern gesehen, gehörte er mit seinen kräftigen, aber doch niemals verletzenden Witzen zu den bekanntesten Persönlichkeiten auf den Viehmärkten der ganzen Umgebung. Seine Glanzzeit war der 2-jährige Militärdienst in Detmold. Er hatte es zum Hornist-Gefreiten gebracht. Den abendlichen Zapfenstreich konnte niemand so schön blasen wie der Gefreite Rosenthal. Der Vorname passte ihm nicht, von seinen Kameraden ließ er sich "Willem" nennen. Handgreifliche Reibereien an den Markttagen waren ganz nach seinem Geschmack. Musste er auch gelegentlich mal einige Hiebe einstecken, er sorgte dann schon dafür, dass er nichts schuldig blieb. Nachher wusste er nicht genug zu rühmen. War es aber friedlich zugegangen, sagte er wohl mit einer wegwerfenden Handbewegung: "Ach, war nichts los!" Auf dem Viehmarkt in Schwelentrup war einmal ein Almenaer in arge Bedrängnis gekommen. In der höchsten Not sieht er draussen seinen Freund Rosenthal vorbeigehen. Schnell reißt er das Fenster auf und ruft: "Isaak hilf!". Im Augenblick erscheint der Gerufene, wirft einen Gegner nach rechts, den anderen nach links, und damit ist der Friede wieder hergestellt.

Aber ein anderes Mal wurde doch wohl das Maß des üblichen überschritten. Einer der Beteiligten hatte gerufen: "Schlagt ihm tot!" Aber Isaak, der wohl am kräftigsten ausgeteilt haben mochte, gebot Einhalt: "Nein, totschlagen wollen wir ihn nicht!" Wegen dieser Äußerung kam er, als die Sache vor Gericht ihre Sühne fand, mit 4 Wochen Haft davon, während die anderen Raufbolde das doppelte Strafmass erhielten. ...

Glanz- und Höhepunkte waren die Schützenfeste, die jedes zweite Jahr im Sommer gefeiert wurden. Hoch zu Ross, erhielt Isaak Rang und Würde des Schützenobersten. Seine gewaltige Kommandostimme, die den ganzen Festplatz beherrschte, spornte die schützen zu voller Leistung an. Es war auch die Zeit, wo in den Gärten die Rosen blühten, womit alle Pferde überreich bekränzt wurden. Isaak hatte das von sich aus abgelehnt, aber am Festtag war sein Pferd doch am schönsten geschmückt, was den beteiligten Damen aber gar nicht passen wollte.

In schon gesetztem Alter musste der allzeit fröhliche noch ein hartes Unglück erleben. Der Zieglerverein Almena feierte sein 25jähriges Stiftungsfest (1925). Als Mitglied des Kriegervereins, der auch eingeladen war, wollte Isaak daran teilnehmen. Beim Betreten des Festzeltes war er auch dem vom geschmolzenen Schnee glatt gewordene Fußboden ausgeglitten und hatte im schweren Fall ein Bein gebrochen. Krankenhausbehandlung, die manche Erleichterung geboten hätte, gab es damals noch nicht. So musste er viele Tage und Wochen auf seinem Schmerzenslager aushalten. Sein Nachbar, ein Schneidermeister, der ihm gegenüber auf der anderen Straßenseite wohnte, hat ihn immer wieder zu trösten versucht. Als der jüdische Arzt aus Bösingfeld dann den Verband entfernte, da zeigte es sich, dass die Heilung nicht gut war. Ohne dem Patienten ein Wort zu sagen, hat man das Bein wieder gebrochen und nun gerade eingeschient. Der bedauernswerte Isaak aber soll in seinem Schmerz und seiner großen Enttäuschung immer wieder gerufen haben: "Oh, dieser verfluchte Jude!"

Nach seiner Genesung wurde Rosenthal stiller, aber sein frohes Gemüt ist ihm geblieben. Seine letzte Ruhe fand er mit seiner Ehefrau, die ihn überlebte, auf dem jüdischen Friedhof in Bösingfeld. Seine Kinder sollen im fernen Argentinien eine neue Heimat gefunden haben."

In der zweiten Hälfte des 19.Jhd. war bei den Almenaern offenbar jede Judenfeindschaft verschwunden. Dies entsprach dem allgemeinen Trend des Kaiserreiches. Zwar hat es auch in dieser Zeit nicht an Antisemitischen Strömungen gefehlt, die nicht mehr religiöse, sondern schon rassistische Züge trugen. Es waren aber ursprünglich Außenseiter, die diese Auffassung vertraten. Im Allgemeinen galten die Juden damals als deutsche Bürger jüdischen Glaubens. Wie der Text von Simon Albert zeigt, war die Zeit des Kaiserreiches die beste Zeit für die deutschen Juden in der gesamten Geschichte. Hatten sie sich bisher strikt von den Christen abgesondert, so nahmen sie nun am Leben der Gemeinschaft eifrig Anteil. Dies war natürlich nur möglich unter Verzicht auf die bisherige Lebensform, die strikte Absonderung von den "Gojim", den Nichtjuden, verlangte. Isaak Rosenthal macht völlig den Eindruck eines liberalen, emanzipierten Juden, der bemüht ist, sich völlig seiner Umgebung anzupassen.

Neben Rosenthal hat es zwischen 1856 und 1884 eine zweite jüdische Familie in Almena gegeben: den Kaufmann Salomon Julius Katz und seine Angehörigen. Noch vor den Rosenthals wurde Katz Kolon durch den Erwerb der Hausstelle Nr. 35. Er war als Schlachter tätig. Jüdische Schlachter hat es stets gegeben, weil sich im Judentum bereits vor über 2 000 Jahren ein sehr kompliziertes System von Speisevorschriften herausgebildet hatte. Nur ein jüdischer Schlachter konnte "koscher", d. h. dem Religionsgesetz entsprechend, schlachten. Die christliche Kirche hat diese Speisegesetze völlig beseitigt, was aber zur Folge hatte, das Juden und Christen nun nicht mehr zusammen essen konnten. Ein Verkauf von "koscherem" Fleisch an Christen war allerdings immer möglich, was zu einer Einnahmequelle für die Juden wurde. Katz stammte aus Silixen, wo seine Familie heimisch war. Sei Name ist eine Kurform von Kahen Hasedek = Priester der Gerechtigkeit. Die Familie Katz war also priesterlicher Herkunft. Im Alten Testament war nämlich der Opferkult im Tempel zu Jerusalem streng einer bestimmten Sippe, den Zadokiden oder 'Sadduzäern, den Nachkommen des Hohenpriester Zadok aus der zeit Davids (um 1000) vorbehalten. Niemand sonst durfte Opfer darbringen. Auch als im Jahre 70 der Tempel zerstört wurde, behielten die Priester, aber ohne Funktion, ihren Rang. Über fast zwei Jahrtausende erhielt sich das Bewusstsein, priesterlichen Standes zu sein.

Im 19.Jhd. nahmen solche Familien Namen an, die auf ihre Abstammung hinweisen, neben Katz hauptsächlich Kohen (Priester). Auch finden sich unter den Priestern häufig besonders orthodox-religiöse Juden, wie gerade die Familie Katz in Silixen zeigt. So ist auch Almena mit den Nachkommen der alten Jerusalemer Tempelpriesterfamilie verbunden, zu der auch Johannes der Täufer und Maria, Mutter Jesu, gehörten.

Auf die gute Zeit des Kaiserreiches folgte für alle deutschen Juden die beispiellose Katastrophe des Faschismus. Der religiös bedingte Antijudaismus war im 19.Jhd. innerhalb der evangelischen Kirche gänzlich verschwunden. Zwischen Kirchen- und Synagogengemeinden existierten häufig gutnachbarschaftliche Beziehungen. Der in der Weimarer Republik in Deutschland immer häufiger auftretende Antisemitismus hatte keinerlei religiöse Begründung. Er wandte sich gegen die Juden nicht als Religionsgemeinschaft, sondern als biologisch minderwertige, ja bösartige Rasse, die angeblich seit Urzeiten einen Vernichtungskampf gegen den nordischen Menschen führt. Die rigorose Umsetzung dieses Irrsinnsgedanken in politisches Handeln wurde 6 Millionen Juden zum Verhängnis. Noch keine 80 Jahre nach der bürgerlichen Gleichberechtigung der Juden kam es zu den schrecklichsten Verfolgungen der gesamten bisherigen Geschichte. Dies ist nur dadurch zu erklären, dass die Loslösung von den christlichen Grundwerten jene Hemmschwelle beseitigt hatte, die den Juden bisher ein Überleben mitten im christlichen Europa ermöglicht hatte.

150 Jahre lang hatte die Familie Alberg-Rosenthal am Leben in Almena Anteil genommen. Mit dem Verkauf ihres Hauses 1927 verschwand sie endgültig aus Deutschland, zog nach Argentinien und entging so der physischen Vernichtung.

Almenaer Weber werden Kuhbauern

Die berufsmäßige Spinnerei war kurz vor ihrem Untergang wegen der Herstellung von Garn in großen Fabriken. Da es in Almena aber seit langem keine berufsmäßigen Spinner mehr gab, konnte dieser Untergang ihnen nichts anhaben. Die Weber in Almena waren zu einem gewissen Wohlstand gekommen, ein Beweis stellt die Krusesche Teilung 1796 dar. 1736 hatten die durch die hohen Garnpreise in Schulden geratenen Weber nicht einmal das Geld für die Reparatur ihrer Strohdächer. 1796 konnten 12 Almenaer Weber bestes Saatgut von ungefähr 1 ha 80 a erwerben, ohne sich zu verschulden. Damals hatten diese Weber also ihre wirtschaftliche Lage entscheidend verbessert. Sie konnten nun ihre Lebensbedürfnisse aus der eigenen Kleinlandwirtschaft bestreiten. Sie waren die ersten "Kuhbauern" Almenas. So brachte der Aufschwung der Leineweberei, dessen Ursprung im fernen Nordirland lag, diesen für das Dorf so charakteristischen Typ des Kleinbauern hervor. Bis zum Ende der Handweberei überhaupt war für Almena die Vereinigung von Hausindustrie und Kleinlandwirtschaft prägend. Die meisten Kolone nutzten ihren Wohlstand auch zum Bau neuer, besserer Wohnhäuser, die an die Stelle der baufällig gewordenen Hütten aus der Zeit der Gründung des Weberdorfes Almena stammten, von denen nur noch das Haus auf Nr. 17 erhalten ist. Zwölf der in den Jahren zwischen 1800 und 1850 errichteten Häuser stehen noch, doch ist in dieser Zeit auf jeder kleinen Hausstelle ein Neubau entstanden.

Der Aufschwung des Leinengewerbes führte auch in Almena zu einem Anstieg der Zahl der Hausweber. So hat hier wie überall die moderne Fabrik zunächst die Hausindustrie verstärkt. Als 1861 die erste lippische Gewerbezählung durchgeführt wurde, gab es 42 Webermeister, also selbständige Hausweber, in Almena, das damals 59 Hausstellen besaß. Auf fast jedem Kleinkolonat stand also ein Webstuhl. Im gesamten Amt Varenholz arbeiteten 118 Weber, von denen 35 % auf Almena entfielen. Damit dürfte Almena Zentrum der gesamten Textilindustrie des Amtes gewesen sein. Um 1800 gab es erst ca. 28 Webstühle in Almena, also muss der rasante Anstieg erst danach erfolgt sein. Der Höhepunkt dieser alles wirtschaftliche Leben in Lippe befruchtenden Hochkonjunktur der Hausweberei lag zwischen 1833 und 1838. Mit dem Jahre 1840 begann der unaufhaltsame Abstieg der Hausweberei und um 1860 zerfiel die Hausindustrie völlig.

Dieselbe geschichtliche Bewegung, die die Hochblüte der Hausindustrie bewirkt hatte, machte ihr auch ein Ende. In England siegte der mechanische Webstuhl innerhalb weniger Jahre, während in Deutschland die Hausweber durch Selbstausbeutung sich, wie 30 Jahre zuvor die Spinner, zu erhalten suchten. Das Weberelend begann. Für die Almenaer Weber dürfte das Ende mit dem Übergang Bielefelds zum Fabriksystem 1851 begonnen haben.

Auswanderung nach Amerika

Nicht nur Deutschland wurde durch die zweite industrielle Revolution von Grund auf verändert, der zweite Schauplatz dieser Umwälzung waren die Vereinigten Staaten. Die Entwicklung begann 1800 quasi bei Null, ein Jahrhundert später besaßen die USA das größte Eisenbahnnetz der Welt, die höchste Stahlproduktion und sie erzeugten mehr landwirtschaftliche Produkte als jedes andere Land auf der Welt. Diese Entwicklung war möglich, weil in diesem Land, zumindest im Nordosten, keinerlei Hemmnisse für die unternehmerische Initiative bestanden wie z. B. in Lippe, wo die Regierung aus Furcht vor Arbeitslosigkeit den Aufbau der Textilindustrie massiv behinderte. In Amerika konnte sich das Unternehmertum frei entfalten ohne Rücksicht auf staatliche Eingriffe und sich seine eigene Welt formen. Die Löhne, die von den amerikanischen Unternehmern gezahlt wurden, lagen damals immer erheblich über denen, die in den europäischen Industrieregionen üblich waren. Es ist klar, dass das Land mit seinem großen Bedarf an Arbeitskräften eine gewaltige Anziehungskraft auf die Bewohner der unterentwickelten Regionen ausübte. So kamen zwischen 1846 und 1854 2,8 Millionen Einwohner aus Europa, wo die zweite industrielle Revolution noch nicht gegriffen hatte und wo z. B. die arbeitslosen Handweber in großem Elend lebten.

Ungefähr 10.000 Personen haben bis 1877 das Fürstentum Lippe in Richtung Amerika verlassen. Auch viele Almenaer sind damals dem Ruf der Neuen Welt gefolgt. Dies war ein großes Abenteuer, denn Amerika kannte damals keine sozialen Absicherungen. Wer versagte, konnte keinen Anspruch auf staatliche Hilfe stellen. Aber Not und Elend waren im Dorf in der Zeit der Krise der Textilindustrie so groß, dass viele das Risiko der Auswanderung weniger fürchteten als die scheinbar ausweglose Armut in Almena.

Während die Namen der Auswanderer durch das Buch "Die Auswanderer aus dem Fürstentum Lippe" von F. Verdenhalven (Detmold 1980) bekannt sind, weiß man mit einer Ausnahme nichts über ihr Ergehen in der Neuen Welt. Bei dem starken Interesse, das wohlhabende Amerikaner an der Heimat ihrer Vorfahren haben, hätte eigentlich schon einmal ein Lebenszeichen in Almena eintreffen müssen, wenn die Almenaer drüben Erfolg gehabt hätten.

Almena im Zeitalter der Ziegler

Im Jahre 1862 befand sich Almena in der Übergangsphase vom Weber- zum Zieglerdorf. Eine Zählung aus diesem Jahr ergab, dass in dem Dorf bereits 58 Wanderziegler wohnten, darunter 3 Ziegelmeister. Es waren überwiegend Einlieger, d. H. Anerben und jüngere Söhne der Kolone. Diese selbst waren damals noch weitgehend als Leineweber tätig. Der Übergang vom Weber- zum Zieglerdorf hat sich in Almena also in der Form eines Generationenwechsels vollzogen.

Zu diesem Zeitpunkt gab es in Lippe ungefähr 8 000 Wanderarbeiter. Das Zieglergewerbe hat in Lippe zwar eine alte Tradition, zu einem für das Land und unser Dorf typischen Erwerbszweig konnte es erst nach der Krise der Hausindustrie und dem Beginn der zweiten Revolution werden.

Der Zieglerberuf war kein zunftmäßiges Handwerk, das eine vorgeschriebene Lehrzeit voraussetzte. Genau diese Tatsache dürfte den Lippern diese Arbeit attraktiv gemacht haben. Die Möglichkeit ein Handwerk zu erlernen, hatten nämlich damals nur wenige.

Steinbach beschreibt die Organisation des Zieglergewerbes wie folgt:

"Die Betriebsübernahme der Ziegelei, die von den Ziegeleibesitzern, den eigentlichen Besitzern der "Produktionsmittel", einschließlich der Gerätschaften und der Rohmaterialien (Ton, Lehm, Sand, Wasser) für einen begrenzten Zeitraum uneingeschränkt zur Verfügung gestellt wurde, geschah auf verschiedene Weise.

Ursprünglich übernahmen alle auf einer Ziegelei beschäftigten lippischen Arbeiter gemeinsam auf genossenschaftlicher Basis die Betriebsstätte, die sie mit gemeinsam getragenem Risiko, aber auch zu kollektivem Nutzen bewirtschafteten. Der Ziegelmeister wurde durch einen vorweg gezahlten "Meister-Vorzug" für seine Mühewaltung belohnt. Er war mehr Kolonnenführer und Vorarbeiter als Arbeitgeber, kam regelmäßig aus dem Gesellenstand, in den er zurückfiel, wenn er versagte und nicht das Vertrauen der Gesellen fand. Den Meistertitel erwarb er nicht aufgrund einer Prüfung, sondern legte ihn sich zu, wenn er glaubte, genügend Autorität zur Führung einer Ziegelei zu besitzen. Am Ende der Arbeitsperiode wurde mit dem Ziegeleibesitzer abgerechnet, der zu Beginn der Ziegelkampagne mit allen Lippern, der sogenannten "Lipperkommune", einen Arbeitsvertrag geschlossen hatte, der sie kurzzeitig zum Besitzer der Produktionsmittel machte. Der Ziegeleibesitzer zahlte in der Regel einen vorweg ausgemachten Satz für jeweils 1 000 Steine und übernahm deren Verkauf auf eigenen Rechnung; die Lipper teilten daraufhin die gesamten Gelder nach Abzug der Ernährungskosten anteilig auf und erhielten im Schnitt 100 bis 150 Taler.

Die genossenschaftliche Art der Ziegeleiübernahme machte es fast unmöglich, die Ziegelarbeit dieser Jahre mit Begriffen wie Abhängigkeit, Ausbeutung, "Lohnarbeit" und Kapital zu erfassen:

der Ziegeleibesitzer beutete die Ziegler insofern aus, als er die Ziegel mit teilweise beträchtlichem Gewinn auf eigene Rechnung verkaufte; auf der anderen Seite trat er gegenüber den Zieglern nicht als "Herr der Produktionsmittel" im eigentlichen Sinne auf. Auf der genossenschaftlich übernommenen Ziegelei gab es keine Bereicherung weniger auf Kosten vieler, vielmehr waren alle Lipper, wenn auch nicht Eigentümer, so doch Besitzer der Produktionsmittel. Dieser Arbeitsverfassung waren Auseinandersetzungen zwischen "Lohnarbeit" und "Kapital" bis weit in die zweite Hälfte des 19. Jhd. fremd.

Im Laufe der zweiten Hälfte des 19. Jhd. wurde die genossenschaftliche Arbeitsorganisation allmählich zurückgedrängt und machte der Einzelübernahme der Ziegelei durch den Ziegelmeister Platz. Der Meister machte bald große Gewinne und konnte sich Häuser im Landvillenstil errichten. Zu Beginn des 20. Jhd. hatte sich die Einzelübernahme vollständig durchgesetzt. Im Einzelübernahmevertrag verpflichtete sich der Ziegelmeister gegenüber dem Ziegeleibesitzer, für einen ausgemachten Festpreis eine bestimmte Anzahl Ziegelsteine fertigen zu lassen. Von der erwirtschafteten Summe zahlt der Meister dann die von ihm gedungenen Arbeiter. Auf diese Weise war er zwischen Ziegeleibesitzer, die eigentlichen Herren der Produktionsmittel, und die Zieglergesellen getreten, die Lohnabhängige geworden waren. Auch innerhalb der Ziegeleiarbeitsgruppe vergrößerten sich die Unterschiede. Ursprünglich unterschied man diejenigen Arbeiter, welche die Ziegel formten und "strichen", von denen, die sie brannten. Seit der Mechanisierung der Ziegeleibetriebe und der damit einhergehenden Differenzierung der Arbeitsteilung traf man Ofenleute, Brenner, Heizer, Maschinisten, Tongräber, Tonlader, Packensetzer, Schieber und Pressenleute, die entsprechend ihrer Funktion und ihrem Alter entlohnt wurden. Eine anschauliche Schilderung einer solchen "Lipperkommune" in Glidow bei Brandenburg hat selbst der berühmte Dichter Fontane geschrieben.

In Almena entstand in dieser Zeit das typische Zieglerkolonat, das an das alte Weberkolonat anknüpfen konnte. Der eigene Garten und die eigene kleine Landwirtschaft lieferten die notwendigen Lebensmittel. Die Besorgung von Feld und Garten lag bei der Zieglerfrau. Ein Teil der Kolonate waren Kuhbauernstellen, während auf anderen die landwirtschaftlichen Arbeiten von Bauern vorgenommen wurden. Dafür mussten die Frauen der Ziegler in der Ernte auf dem Hof arbeiten. Ohne diese Leistungen der Frauen wäre ein Zieglerkolonat nicht zu erhalten gewesen.

Der Lebensunterhalt der Ziegler in der Fremde musste natürlich so sparsam wie möglich gehalten werden, um möglichst viel Bargeld mit nach Hause nehmen zu können. Dies war möglich durch die gemeinsame Unterbringung und gemeinschaftliche Verpflegung meist mit Erbsen und Speck. So floss ein ständiger Gelstrom aus den Industrieregionen in unser Dorf. Allein durch diesen Geldtransfer ist die Besiedelung des Almenaer Berges seit 1850 überhaupt erst möglich gewesen. Von 1880 bis 1914 stieg dann die Anzahl der Hausstellen von 74 auf 114 an. 1890 begann man auch entlang der Fütiger Straße neue Kolonate zu gründen.

Das Jahr 1890 bildet in der Geschichte Almenas einen bedeutenden Einschnitt. Damals wurde nämlich in Fütig, auf dem Gelände des Hofes Nr. 6, die Katersche Zieglei mit Ringofen begründet. Heftigen Widerstand leistete der Rickbrucher Gutsbesitzer Heins, der befürchtete, sein kleines Wäldchen in Fütig könne durch die Abgase des Ziegeleischornsteins Schaden nehmen. Es entspann sich ein heftiger Rechtsstreit, der durch ein Gutachten des Landesforstmeisters beigelegt wurde. Nun fanden etwa 20 heimische Ziegler hier Arbeit und waren damit von der saisonalen Wanderschaft befreit. Seit dieser Zeit, also 1890, verschwand die Fachwerkbauweise fast völlig aus Almena, denn neue Häuser wurden nur noch in Massivbauweise errichtet. Zwischen 1819 und 1914 wurde in Almena durchschnittlich eine neue Hausstelle im Jahr begründet, zu dieser Zeit kann man von einem regelrechten "Bauboom" sprechen. Auch konnte sich von 1890 an wegen des im Dorf fließenden Geldes das Handwerk stärker entfalten als bisher. Dieses bedurfte ja zu seiner Existenz eines zahlungskräftigen Kundenkreises. Es waren die Ziegler, ohne die diese Handwerker nicht hätten bestehen können. Die Ziegler bildeten sozusagen den Motor, der das gesamte wirtschaftliche Leben in Almena in Gang hielt.

Das Ende des Kaiserreiches

Am 29. Oktober 1918 begann in Wilhelmshaven die Meuterei der Matrosen, die innerhalb von wenigen Tagen zu einer allgemeinen revolutionären Mobilisierung von Soldaten und Arbeitern führte und die festgefügte Ordnung des Kaiserreiches zerstörte. Sie war letztlich eine Reaktion auf das Eingeständnis der Obersten Heeresleitung vom 29. September 1918, dass der Krieg für Deutschland nicht mehr zu gewinnen war. Am 9. November 1918 übernahm ein "Rat der Volksbeauftragten" die Regierung, in dem sich die gemäßigten Kräfte durchsetzen konnten, die eine demokratische Republik und keinen sozialistischen Rätestaat anstrebten.

Am 2. Februar 1919 fand in Almena die erste wirkliche demokratische Kommunalwahl statt, bei der im Gegensatz zum Dreiklassenwahlrecht jede Stimme das gleiche Gewicht hatte und auch erstmals Frauen an der Wahl teilnehmen konnten. Es beteiligten sich zwei Gruppen: die Sozialdemokratie, die bisher wegen des nach Einkommensgröße gestaffelten Wahlrechts kommunalpolitisch nicht in Erscheinung treten konnte, und eine Bürgerliche Liste, in der sich konservative Persönlichkeiten aus verschiedenen Parteien zusammengeschlossen hatten. Führende Vertreter der SPD waren Heinrich Wieneke Nr. 82 und Wilhelm Bierhenke Nr. 117. Die bürgerliche Liste wurde geführt von Heinrich Knopsmeier Nr. 4 und Heinrich Siek Nr. 28. Beide Gruppierungen bildeten bis 1932 die einzigen Parteien im Almenaer Kommunalparlament, das also von der für die neue Republik kennzeichnenden parteipolitischen Zersplitterung verschont blieb. Aus den Wahlen 1919 ging die SPD als führende Kraft mit absoluter Mehrheit hervor. Sie errang 7 von 12 Ausschusssitzen und konnte diese Stellung bis 1932 behaupten. Zum Vorsteher wurde Heinrich Wieneke gewählt, der dieses Amt bis zum Wahlsieg der NSDAP 1932 verwaltete.

Die Geschichte der Republik war eine Geschichte aufeinander folgender Krisen, die Almena in vielfältiger Weise in Mitleidenschaft zogen. Hier ist vor allem die 1920 einsetzende Geldentwertung (Inflation) zu nennen. Sie ist zurückzuführen auf die hohen Kriegskredite, die Kriegsfolgelasten und die brutalen Reparationsforderungen der Siegermächte. Durch die Inflation wurden die Mittelschichten durch die Vernichtung ihrer Guthaben ruiniert, das Lohnniveau der Arbeiter sank gegenüber der Zeit von 1914 erheblich. Nach kurzfristiger Erholung der Wirtschaft setzte 1929 die große Weltwirtschaftskrise ein, die die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland auf 6 Millionen ansteigen ließ.

Der Nationalsozialismus in Almena (1932-1933)

Anfänge

Die Geschichte des Dritten Reiches beginnt in Almena eigentlich nicht erst am 30. Januar 1933, sondern ein Jahr früher. Am 15. Februar 1932 wurde ein neuer Gemeinderat verpflichtet. Der Gemeinderat oder Ausschuss ging aus freien Wahlen hervor, er hatte wechselnde Mitgliederzahlen. Der Vorsitzende des Gemeinderates, der Vorsteher, war kein Ratsherr und auch nicht stimmberechtigt. Er wurde vom Ausschuss gewählt. Er war nicht ehrenamtlich tätig, sondern wurde bezahlt. Seine beiden Stellvertreter wurden Beigeordnete genannt. Der Ausschuss wählte Unterausschüsse, die für verschiedene Aufgaben zuständig waren. Die Mitglieder der Unterausschüsse waren häufig auch Mitglieder des Rates, es konnten aber auch Nichtmitglieder in Unterausschüsse gewählt werden. Die Wahl vom Februar 1932 brachte entscheidende Veränderungen für Almena.

Das Protokollbuch weist für den 15. Februar 1932 zwei Sitzungen aus. In der ersten Sitzung gab der alte Ausschuss einen abschließenden Rechenschaftsbericht über seine Tätigkeit. Der alte Vorsteher, Wieneke, der nun verabschiedet wurde, hatte dieses Amt 13 Jahre lang innegehabt. Die Finanzlage weist einen Schuldenstand von 12 000 Reichsmark aus. Ein Teil der Schulden war entstanden durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der Gemeinde Almena, ein Beleg dafür, dass auch in Almena die allgemeine wirtschaftliche Lage zu besonderen Schwierigkeiten geführt hatte. Nach dem "schwarzen Freitag" an der New Yorker Börse im Oktober 1929 war im Zuge der Weltwirtschaftskrise die Arbeitslosenzahl in Deutschland auf über 6 Millionen gestiegen. Einen Arbeitsplatz zu bekommen und genug für den Lebensunterhalt der Familie zu verdienen, war für die Almenaer nie einfach und wurde in den Jahren der Weltwirtschaftskrise noch schwieriger. Auch danach blieb diese Problem in Almena akut. In der zweiten Sitzung des Ausschusses wurde der neue Vorsteher gewählt. Im neuen Ausschuss waren 9 Mitglieder, von denen offenbar die Mehrheit bereits Nationalsozialisten waren. Ob sie reguläre Parteimitglieder, Mitglied anderer NS-Gruppierungen oder vorerst nur Sympathisanten waren, ist nicht feststellbar. Fest steht jedoch, dass sie nach der Machtergreifung in den Protokollen mit der Bezeichnung "Pg" - Parteigenosse - erscheinen. Sie wählten mit einer Stimme Mehrheit Heinrich Siek zum Vorsteher. Auch die beiden Beigeordneten waren Nationalsozialisten. Zu ihnen gehörte der Ortsgruppenleiter der NSDAP, August Korf. In den beiden Beigeordnetenwahlen unterlag jeweils der Ortsvereinsvorsitzende der SPD, Bierhenke, mit 4 Stimmen.

Wenn man so will, fand die Machtergreifung in Almena also schon ein Jahr früher als anderswo statt. Damit änderte sich jedoch zunächst nicht sehr viel. Die Arbeit des Ausschusses unterschied sich nicht von der der vorangegangenen Ausschüsse. Es wird über Vorkaufsrechte der Gemeinde in Grundstücksangelegenheiten entschieden, Jagdpachtangelegenheiten werden verhandelt, die Finanzen werden geregelt und geprüft. Straßenbaumaßnahmen und Straßenbeleuchtung diskutiert und beschlossen oder abgelehnt. Der Einfluss nationalsozialistischen Gedankenguts ist nicht feststellbar.

Die Lippewahl 1933

Auf dem Weg der Nationalsozialisten zur Macht und zur Machtergreifung am 30. Januar 1933 spielt das Land Lippe eine besondere Rolle. Nach ständig steigenden 'Wahlergebnissen in der Weltwirtschaftskrise im Oktober 1929, gleichsam parallel mit den steigenden Arbeitslosenzahlen, begannen die Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise, die im wesentlichen noch unter der Regierung Brüning eingeleitet worden war, allmählich zu greifen. Es zeichnete sich ab, das in der zweiten Jahreshälfte 1932 der Höhepunkt der Arbeitslosenzahl und damit der Krise erreicht war und das es wieder aufwärts gehen würde. Damit begannen auch die Wähler wieder von der NSDAP abzuwandern. In der 2. Reichstagswahl des Jahres 1932, am 6. November, musste sie einen Verlust von 41,13 % auf 34,72 % in Kauf nehmen. Außerdem war die Finanzlage der Partei schwierig. Die Mitgliedsbeiträge und Zuwendungen der Industrie waren in den großen Wahlkämpfen nahezu aufgebraucht, ohne dass sich die Position der NSDAP im Reich insgesamt wesentlich verbessert hatte. Sie verfügte zwar in vielen Kommunalparlamenten, Landtagen und im Reichstag über zahlreiche Sitze, war aber von ihrem Ziel, auf "legalem" Weg die Regierung im Reich zu übernehmen, noch weit entfernt.

In dieser Lage versuchte die Führung der NSDAP, die Landtagswahl in Lippe am 15. Januar 1933 dazu zu benutzen, ihren Anhängern und Gegnern zu demonstrieren, dass ihr Stern keineswegs im Sinken begriffen war. Die Landtagswahl in Lippe eignete sich aus Sicht der NSDAP-Führung deswegen besonders gut, weil die Wahlkampfkosten in einem so kleinen Land nicht so hoch sein würden wie in einer Reichstagswahl. Der Sieg in Lippe sollte der Wendepunkt im Trend gegen die NSDAP werden. Der Wahlkampf wurde daher bis ins Detail geplant und in äußerst massiver Form geführt. Das Land wurde mit einem dichten Netz von Wahlkampfveranstaltungen überzogen, das auch kleinste Flecken und Dörfer nicht ausließ. Die gesamte Führung der NSDAP wurde in diese Veranstaltungen einbezogen.

Goebbels-Rede

- Inhaltliche Wiedergabe: "Er spricht von der Seele des deutschen Volkes, schildert den harten Kampf (der) sieben Männer um dieses Volk und ermahnt und trommelt zu Einigkeit. Lasst alle Klassenschranken fallen, lasst allen Kastengeist beiseite; denn heute geht es nicht um diesen oder jenen Stand, heute geht es um Deutschland! Er spricht vom lippischen Wahlkampf und seiner Bedeutung für Deutschland."

Prinz August Wilhelm - Kundgebung

in Langenholzhausen am 11. Januar 1933 - Inhaltliche Wiedergabe: "Der schlichte Mann im braunen Hemd, der sich durch ein Meer von Misstrauen zu uns fand, nachdem er alle Brücken hinter sich abgebrochen hatte, sprach, von der Liebe zum Vaterland beseelt und von der Dankbarkeit gegen den Führer durchglüht, der ihm in den Reihen unserer Bewegung eine neue Heimstatt geöffnet hatte. Die Ausführungen des Redners waren ein Appell an die Kameradschaft, ein Gelübde für den Aufbruchswillen des Volkes und eine scharfe Abrechnung mit der schmierigen Hetze des jüdischen Zuchthäuslers Fechenbach, den bisher parteipolitische Vorteilssucher stützten, und der jetzt fallen wird. Noch einmal wurde der erregten Versammlung ein Beweis für das zweierlei Maß gegeben, mit dem noch heute in Deutschland gemessen wird. Der Redner erinnerte an den jahrelangen Kampf des Frontsoldaten Adolf Hitler um die Staatsangehörigkeit und an den schmählichen Auftritt der alten russischen Vettel Klara Zetkin (sie hatte am 30. August 1932 als Alterspräsidentin den Reichstag eröffnet) im Reichstag. Sodann rechnete der Redner mit den vergeblichen Bemühungen der Regierung an, durch Notverordnungen eine Änderung herbeizuführen und den Zusammenbruch aufzuhalten."

Wahlergebnis der Lippe-Wahl

Partei Ergebnis
NSDAP 39,5 %
SPD 30,2 %
KPD 11,2 %
DNVP 6,0 %
Evangelischer Volksdienst 4,6 %
DVP 4,4 %
Katholische Volksvertretung 2,6 %
Staatspartei 0,8 %
Lippisches Landvolk 0,7 %

Damit war die NSDAP im lippischen Landtag stärkste Partei, hatte aber keineswegs eine absolute Mehrheit erreichen können, wie es die nationalsozialistischen Wahlkampfstrategen wohl erhofft hatten. Sie nutzten diesen Sieg in Lippe propagandistisch jedoch so geschickt, das die "Lippe-Schlacht" tatsächlich zu einem nicht unwesentlichen Schritt Hitlers zur Reichkanzlei wurde.

Das Wahlergebnis in Almena

Partei Stimmen
15. Januar 1933
Stimmen
6. Januar 1929
NSDAP 214 4
SPD 205 177
Evangelischer Volksdienst 26 -
DNVP 24 20
KPD 20 17
Deutsche Staatspartei 9 40
DVP 2 20
Lippisches Landvolk 1 40

Das Ergebnis zeigt, das in Almena die bürgerliche Mitte (DVP, "Staatspartei" und "Lippisches Landvolk") ihre Wähler fast vollständig an die NSDAP verlor. Die Kommunisten konnten nur geringfügig Gewinne verzeichnen und die SPD ihr Wählerpotenzial erhalten. Die Nationalsozialisten dagegen hatten die Stimmen auf Landesebene schlagartig vervierfacht.

In Almena gab es also schon vor der Machtergreifung 1933 zahlreiche Parteimitglieder oder -anhänger der NSDAP. Über ihr Auftreten und ihre Aktivitäten ist nur wenig bekannt. Zeitzeugen erinnern sich, dass bei Fahrradtouren des Radfahrvereins schon 1930 Parteiabzeichen auftauchten. Es gab ein SA-Lokal im Ort, die Gastwirtschaft Korf. Anfangs hatte die SA etwa 4-5 Mitglieder, später stieg die Zahl auf etwa 30.

Gleichschaltung der Almenaer Gemeinschaft

der Kriegerverein wurde in die SA überführt, der Sportverein gleichgeschaltet, d. h. sein Vorsitzender Bierhenke (SPD) wurde durch einen Nationalsozialisten ersetzt, der CVJM verboten und die Mitglieder in die HJ überführt, der Radfahrverein wurde aufgelöst, der stark von der SPD beeinflusste Zieglerverein stellte seine Aktivitäten ein. der Gesangverein blieb bestehen, sein Vorsitzender war Heinrich Siek, so dass keine Notwendigkeit der Gleichschaltung bestand. Die Auswirkungen der nationalsozialistischen Machtergreifung waren in Almena nicht anders als im übrigen Reich. Auch der Alltag der Volksgenossen sollte möglichst gleichgeschaltet werden, die Volksgemeinschaft war das Ziel, ein Volk, das im Gleichschritt marschiert. "Es muss Ordnung sein", das angebliche Chaos der "Systemzeit", der Demokratie in der Weimarer Republik, beseitigt werden. Dazu war der Zugriff auf alle Volksgenossen notwendig, das Volk musste total erfasst und in den Dienst der nationalsozialistischen Sache gestellt werden. Dieser Zugriff durch vielfältige Maßnahmen durchgesetzt, durch eine geschickte Mischung von Drohungen und Belohnungen. Der Erfolg dieser Politik war beeindruckend, wenn auch nicht so vollständig, wie die Nationalsozialisten es wünschten. Viele "schwenkten um", sie wurden Nationalsozialisten, auch ehemalige Sozialdemokraten. Sie gewöhnten sich an den deutschen Gruß, traten der Partei oder einer ihrer Gliederungen bei, hissten an nationalsozialistischen oder nationalen Feiertagen die Hakenkreuzfahne, machten Dienst im "Jungvolk", in der "Hitlerjugend" (HJ) oder beim "Bund deutscher Mädel" (DBM), sammelten für die Winterhilfe, wurden Blockwarte oder gingen sogar zur SS. Viele Blockwarte waren gefürchtet, weil sie eifrig als Spitzel, Aufpasser und Denunzianten betätigten.

Veränderung im alltäglichen Leben

Auch in Almena gab es Spitzel, Aufpasser und Denunzianten. Es wird von Hausdurchsuchungen bei Mitbürgern berichtet, bei denen angeblich nach Waffen gesucht wurde, man in Wirklichkeit aber belastendes Material zu finden hoffte, weil diese Mitbürger anderen Parteien, vor allem der SPD, angehört hatten und vermutet wurde, das das immer noch der Fall war. So entstand ein Klima des Misstrauens, in der jeder jedem auf die Finger sah und vor jedem auf der Hut war. Ein unbedachtes Wort hätte nachteilige Folgen haben können. Das sollte sich bald zeigen. Die Nazis machten Ernst mit der Drohung, mit ihren Gegnern aufzuräumen.

Einem Almenaer Bürger wurde die Tätigkeit als Fleisch- und Trichinenbeschauer weggenommen, mit der er sich zusätzlich etwas Geld verdiente, weil er den Führer mit den Worten "Das ist ein Verbrecher!" beleidigt hatte. Er wurde von einem Mitbürger angezeigt und verhaftet. Nach 14 Tagen wurde er aus der Untersuchungshaft in Detmold entlassen, vermutlich auf Intervention eines ihm verwandten Offiziers, der über gute Beziehungen zur Gestapo in Detmold verfügte.

Wer sich nicht in die Volksgemeinschaft einfügte oder wer nach den Maßstäben der Nazis nicht hineingehörte, wurde verfolgt und ausgemerzt. Deutschland wurde "gesäubert", auch äußerlich. Bettler und Obdachlose verschwanden aus dem Straßenbild und kamen als Arbeitsscheue und Asoziale in die Lager. Kriminalität schien es nicht mehr zu geben, Deutschlands Straßen waren sicher. Das war natürlich nur die Fassade, die eine gleichgeschaltete und zensierte Presse verbreitete. Aber an dieser Fassade wurde eifrig gearbeitet, und viele dieser Legenden haben sich bis heute im Bewusstsein der Menschen erhalten.

Das Bild des faschistischen Alltags setzte sich aus vielen kleinen Mosaikstückchen dieser Art zusammen, die für sich betrachtet oft harmlos genug sind. Als Ganzes aber ergeben sie ein Fundament von Anpassung, Gehorsam und bedingungsloser Gefolgschaft, das zu ganz anderen, furchtbaren Zwecken missbraucht werden konnte. Die Motive für ein solches Verhalten sind vielfältig. Immer wieder wird als Grund die Drohung mit Arbeitsverlust genannt oder die Angst, erst gar keinen Arbeitsplatz zu bekommen. Auch in den ersten Jahren des nationalsozialistischen Regimes bis etwa 1936 war die Lage auf dem Arbeitsmarkt noch sehr schwierig, und ein Leumundszeugnis konnte hilfreich sein, überhaupt einen Arbeitsplatz zu bekommen. Dieses Zeugnis konnte natürlich nur ein NSDAP-Mitglied ausstellen wenn die betreffende Person sich nationalsozialistisch verhielt.

Arbeitslosigkeit

Eine der Maßnahmen zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit war die Einrichtung des Reicharbeitsdienstes, RAD, der zunächst freiwillig und ab Juni 1935 verpflichtend war. Das Gesetz bestimmte, das jeder Mann und jede Frau im Alter von 18 Jahren für 6 Monate zum Arbeitsdienst eingezogen werden konnte. Es wurde zunächst nur auf Männer, in den folgenden Jahren auch schrittweise auch auf Frauen angewandt. Die Männer wurden als "Arbeitsmänner", die Frauen als "Arbeitsmaiden" bezeichnet. Sie trugen während ihrer Dienstzeit eine braune Uniform mit einer Hakenkreuzbinde um den arm. Die Männer wurden bei Erd- und Forstarbeiten, beim Straßenbau und bei Moorentwässerungen eingesetzt, die Mädchen zur Unterstützung der Landfrauen auf Bauernhöfen. Die Dienstzeit beinhaltete auch eine gezielte Erziehung zur nationalsozialistischen Gemeinschaft.

Die Arbeitsverpflichteten waren in der Regel in Baracken in RAD-Lagern untergebracht. Arbeitsdienstlager befanden sich in Kükenbruch, auf dem hof von Hugenberg und in Bösingfeld. Hier eine Auflistung der Gemeinde Almena über die Inanspruchnahme von Arbeitern aus dem Bösingfelder Lager:

Gemeinde Maßnahmenbezeichnung Tagewerke
Almena Weidedrainage 173
Almena Wiesendrainage 228
Almena Wiesendrainage 500
Almena Einebnung 1361
Almena Roden und Rigolen 1250
Almena Ödlandkultivierung 445
Almena Wiesendrainage 80
Almena Wiesendrainage 85
Almena Wiesendrainage 40
Almena Schlammteich 680
Almena Schlammteich 490
Almena Schlammteich 164

Die Lage in der Gemeinde hinsichtlich der Arbeitslosigkeit kann in den Jahren 1933/34 nicht zufriedenstellend gewesen sein. Der 1.Mai war 1933 im Zusammenhang mit der Zerschlagung der Gewerkschaften im Zuge der Gleichschaltung zum nationalen Feiertag, zum "Tag der Arbeit", proklamiert worden. Er wurde öffentlichkeitswirksam mit großen Paraden und Aufmärschen gefeiert, zu denen alle Volksgenossen mobilisiert wurden. Die Veranstaltungen am 1.Mai sollten Volksnähe und Akzeptanz der Nazis demonstrieren, besonders gegenüber der Arbeiterschaft. Das war gerade 1934 noch besonders wichtig, da die Ablehnung der Arbeiterschaft dem neuen Staat gegenüber durchaus noch nicht überwunden war. Es gab noch keine Vollbeschäftigung, die Löhne waren niedrig, vor allem auch im Reichsarbeitsdienst. Die Ausschaltung der Gewerkschaften und die Zwangsgemeinschaft mit den Unternehmen in der "Deutschen Arbeitsfront" (DAF) machten vielen klar, welche Interessen die Nazis vertraten. Die überwiegende Mehrheit der Arbeiterschaft hatte also keinen Grund, diesen Staat zu feiern. Dazu mussten Anreize geschaffen werden. 1934 fand eine große Maifeier in Bösingfeld statt.

Propaganda der NSDAP

Der nationalsozialistische Staat setzte Wohlverhalten und Anpassung auch mit anderen Mitteln durch. So war ein Parteizeugnis nötig, um ein Ehestandsdarlehen in Anspruch nehmen zu können. Um überhaupt heiraten zu können, waren etliche Hindernisse zu überwinden.

Auf dem Parteitag der NSDAP wurde am 15.September 1935 ein Gesetzespaket verabschiedet, zu dem auch das sogenannte Blutschutzgesetz gehörte. Dies "Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre" verbot die Eheschließung zwischen Juden und Nichtjuden und stellte sie unter Strafe. Wer heiraten wollte, musste also erst einmal seine deutschblütige Abstammung nachweisen. Darüber hinaus war eine ärztliche Untersuchung auf Ehetauglichkeit erforderlich. Dabei sollten Erbkrankheiten und körperliche Gebrechen festgestellt werden, die es gegebenenfalls verhindert hätten, dass die Heirat zustande kam, weil sie nicht im Interesse der Volksgemeinschaft gewesen wäre.

In den Jahren des Krieges nach 1939 mit der Rationierung von Lebensmitteln, Kleidung und Brennmaterial konnte mit der Vergabe von Berechtigungsscheinen Druck ausgeübt werden. Immer wieder wird als Begründung für bestimmte Verhaltensweisen gesagt:

"Man musste das ja machen, sonst bekam man ja nichts."

Die knappen Mittel wurden nach politischer Gesinnung zugeteilt. Das Volk wurde auf den Führer und seine Ideologie ausgerichtet, und es passte sich an. Wer Bedenken hatte, in die Partei oder eine ihrer unmittelbaren Gliederungen einzutreten, wurde meist Mitglied in Organisationen, die als eher harmlos oder sogar nützlich angesehen wurden., z. B. der "NS-Frauenschaft" oder der "Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt".

Gelegentlich wurde die Indoktrination der Bevölkerung auch in den Dörfern durch besondere Propagandaaktionen unterstützt. So gab es am 5.April 1937 in der Gaststätte Korf eine Ausstellung der Gauleitung Westfalen-Nord in Almena mit dem Titel "Weltfeind Bolschewismus". Sie zeigte im typischen Stil der NS-Propaganda in 12 Gruppen, wie die Nazis den Bolschewismus sahen.

Die Gruppen der NS-Ausstellung in Almena gegen den Bolschewismus trugen Überschriften wie:

  • "Der Kampf gegen Gott und Religion"
  • "Kirchenschändung"
  • "Sittenzerstörung"
  • "Kindernot"
  • "Judenherrschaft"
  • "Terror und Mord"
  • "Zwangsarbeit und Elend"
  • "Hungertod"

Die Tafeln und Schaukästen zeigten Bilder, Plakate und Schriften, die Menschenfeindlichkeit und Gefährlichkeit des Bolschewismus belegen und die Betrachter abschrecken sollten. Die letzte Gruppe stellte dann Material zur Bekämpfung des Bolschewismus durch den Nationalsozialismus zur Verfügung, meistens NS-Schrifttum, das die Besucher kaufen sollten.

Widerstand in Almena gegen die Nazis

Trotz aller Bemühungen der Nationalsozialisten ist die Idee der Volksgemeinschaft, eines total ausgerichteten Volkes niemals restlos verwirklicht worden. Auch in Almena gibt es Beispiele dafür, dass sich Bürger den Forderungen des nationalsozialistischen Staates entzogen oder seine Maßnahmen zu unterlaufen versuchten. Es ist des Öfteren vorgekommen, dass Hausdurchsuchungen bei Mitbürgern stattfanden, die man verdächtigte, dass sie den illegalen Organisationen der SPD angehörten. Von einigen ist bekannt, dass das zutraf. Einer von ihnen hat bei der Reichtagswahl 1936 versucht, eine 100%-Wahlbeteiligung in Almena zu verhindern. Es war der Ehrgeiz vieler Funktionäre in den Gemeinden und Kreisen, bei Wahlen und Volksabstimmungen möglichst 100%ige Ergebnisse abzuliefern, um zu beweisen, dass sie erfolgreich gearbeitet hatten. Bei den Wahlen war es Aufgabe der Blockwarte, dafür zu sorgen, dass alle ihre Stimme abgaben. Als er kurz vor Schließung der Wahllokale auch das schon erwähnte SPD-Mitglied zur Wahl auffordern wollte und bei ihm anklopfte, wurde er zu einem Schnaps eingeladen. Aus dem einen Schnaps wurden mehrere, so das schließlich nicht nur der SPD-Mann seine Stimme nicht abgab, sondern auch der Blockwart so betrunken war, dass er die Wahl und seine Stimmabgabe vergaß. Bei dieser Wahl soll auch ein sehr religiös eingestellter Almenaer Bauer den Wahlzettel mit folgenden Worten ergänzt haben:

"Ich wähle Jesu und sein Licht, alles andere hilft dir nicht!"

Es ist nicht bekannt, ob diese Aktionen irgendwelche Folgen nach sich zogen.

Eine andere Geschichte zeigt, dass die Bewohner Almenas durchaus nicht alle einig waren in einer bedingungslosen, ja fanatischen Gefolgschaft des Nationalsozialismus. Gegen Ende des Krieges stürzte in der Nähe des Dorfes ein amerikanisches Flugzeug ab. Der Pilot sprang mit dem Fallschirm ab. Dieser Absturz wurde von Kindern im Konfirmandenunterricht beobachtet, und alle rannten mit anderen Dorfbewohnern zur Absturzstelle, wobei einer der Erwachsenen vorschlug:

"Den machen wir kaputt!"

Einer der Jungen ging auf den Piloten zu. Die anderen versuchten, ihn zurückzuhalten, und warnten ihn:

"Junge, geh da nicht hin. Der schießt dich tot."

Er ging trotzdem zu dem Piloten, der ihm eine Tafel Schokolade gab. Wieder wurde er gewarnt:

"Iß das nicht. Das ist bestimmt vergiftet."

Er aß die Schokolade ohne nachteilige Folgen für ihn. Als einige Dorfbewohner auf den alliierten Soldaten eindringen wollten, um ihre Drohung wahr zu machen, wurden sie von anderen, unter anderem der Gemeindeschwester und einem auf Urlaub befindlichen Soldaten, daran gehindert. Diese brachten den schwerverletzten Amerikaner dann weg. Am nächsten Tag wurde er vom Militär mit zwei Lastwagen abgeholt.

Ereignisse während des Zweiten Weltkrieges

Beginn des Krieges im September 1939

Als am 1.September 1939 der Krieg begann, wurde sofort die Lebensmittelrationierung eingeführt. Alles war perfekt vorbereitet. Hinfort waren die Waren für den täglichen Bedarf nur noch gegen Lebensmittelmarken zu bekommen. Die Ausgabe der Karten wurde sehr streng überwacht. Es wurde eine Abgabepflicht für alle die Selbstversorgung überschreitenden Produkte eingeführt. Für die meisten Kolone des Dorfes, die ja nur eine geringe Anbaufläche und wenig Möglichkeiten der Viehhaltung besaßen, bedeutete das vor allem eine scharfe Kontrolle der Schweinehaltung, während die Ziegen niemals staatlich bewirtschaftet wurden. Da die Almenaer selbst stets an Selbstversorgung gewohnt waren, war die Rationierung für sie keine besonders einschneidende Maßnahme. Allerdings sind mehrfach Schweine schwarz geschlachtet worden. Dies war nur möglich durch die Mithilfe der örtlichen Hausschlachter, aber sehr gefährlich. Ein Landwirt aus der unmittelbaren Nachbarschaft hat das Schwarzschlachten mit dem Leben bezahlen müssen. Er wurde in eine Strafkompanie versetzt und ist dort bald gefallen.

Eine weitere Sofortmassnahme war die Pflicht zur Verdunkelung, um feindlichen Flugzeugen kein Ziel zu bieten. Dies wurde von den örtlichen Parteibeauftragten sorgfältig überwacht. Für die Warnung vor Luftangriffen stand allerdings nur die handbetriebene Sirene der Feuerwehr zur Verfügung.

Bereits am ersten Tag des Krieges fiel Gerhard Begemann Nr. 82, dessen Vater Heinrich Begemann, ein Schwiegersohn des Ortsvorstehers Heinrich Wieneke, auch der erste Kriegstote im Ersten Weltkrieg gewesen ist. Anders als in diesem Krieg ist aber in der Zeit der Blitzfeldzüge kein weiterer Mann Almenas gefallen. Dies änderte sich schlagartig, als die deutsche Führung am 22. Juni 1941 Russland angriff. Auch damals hatte sie an einen raschen Panzervorstoß geglaubt. Aber daraus sollte der schrecklichste Kampf werden, den die Neuzeit je gesehen hatte.

Die Verluste aus Almena

Jahr Gefallene Vermisste
1941 (ab Juni) 9 -
1942 10 -
1943 9 10
1944 20 12
1945 (bis Mai) 15 19

Man muss davon ausgehen das auch alle Vermissten gefallen sind. So hat Almena 105 Gefallene zu beklagen. Die schreckliche Pflicht, den Angehörigen die Todesnachricht zu übermitteln, lag bei Ortsgruppenführer Korf, bis dieser schließlich im letzten Kriegsjahr selber eingezogen wurde.

Der Luftkrieg

Der Luftkrieg, das Charakteristikum dieses Krieges, machte sich in Almena erst 1941 bemerkbar. Damals wurden die ersten feindlichen Flugzeuge gesichtet. Von 1942 an begannen die zunehmenden britischen und amerikanischen Luftangriffe gegen deutsche Großstädte, die der Zermürbung der Zivilbevölkerung dienen sollten. Dabei erwies sich die vollständige Luftüberlegenheit der Alliierten. Natürlich wurde Almena nie Ziel eines Luftangriffs. Allerdings warfen die Feinde Brandplättchen aus Kautschuk, mit Phosphor gefüllt, ab, um das Getreide in Brand zu stecken. Sie mussten von den Schülern eingesammelt werden wie die abgeworfenen Flugblätter, die die Moral der Bevölkerung untergraben sollten und die auch nur zu lesen streng verboten waren. Von 1943 an zogen in immer steigender Zahl feindliche Verbände über das Dorf hinweg. Die wenigen Bomben, die dabei in der Umgebung Almenas fielen (in Malmershaupt, in Göstrup und im Vogelsang), waren alle Notabwürfe. 1943 konnte man einen Luftkampf beobachten. Ein feindliches Flugzeug stürzte in die Schlucht am Hamsterbach bei Rohbraken. Der Pilot rettete sich mit dem Fallschirm. Er landete am Siekbach auf dem Gelände der heutigen Turnhalle. Dabei brach er sich ein Bein und wurde von zwei Almenaern (Heinrich Humke und Heinrich Falke) in den Saal des Lindenkrugs gebracht, bis er von den Deutschen abgeholt wurde. Kapitän i. R. Brüggemann vom Breidingsberg diente als Dolmetscher. Die Almenaer haben sich dem Piloten gegenüber anständig verhalten, während es andernorts zu Lynchmorden an abgeschossenen Piloten kam.

Seit dem Sieg der Roten Armee Ende Januar 1943 bei Wolgograd und der Landung der Westalliierten in der Normandie am 6. Juni 1944 rückten die Fronten immer näher an Deutschland selbst heran. Die Führung versuchte, die trostlose Lage zu vertuschen. Das Abhören feindlicher Sender, vor allem von Radio London, war strengstens, sogar bei Todesstrafe, verboten. Es geschah dennoch, auch in Almena, um wenigstens halbwegs glaubwürdige Informationen über die militärische Situation zu gewinnen. 1944 bekam auch Almena die Folgen des Luftkrieges zu spüren. Immer wieder gab unsere Sirene Luftalarm, wenn die riesigen Verbände die Nachbargroßstädte Bielefeld, Paderborn, Hannover, Kassel in Schutt und Asche legten. Nun wurden auch in Almena die Keller zu Luftschutzbunkern umfunktioniert, die mit Wassereimern, Sandsäcken und Spaten versehen werden mussten. In der Schule fanden Luftschutzübungen statt.

Flüchtlingsströme aus dem Ruhrgebiet

1943 hatten die großangelegten Angriffe auf das Ruhrgebiet begonnen. Nun strömten die "Fliegergeschädigten" auf das Land, auch nach Almena. Wo es irgend möglich war, wurde vom Bürgermeister für die Opfer des Bombenkrieges, die meist all ihr Hab und Gut verloren hatten, Wohnraum beschlagnahmt. Die Transporte kamen vor allem aus dem Raum Gelsenkirchen und Recklinghausen. Insgesamt musste das Dorf über 150 Evakuierte aufnehmen, eine stattliche Zahl, wenn man bedenkt, das Almena damals nur 148 Hausstellen besaß. Als 1945 auch die Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten untergebracht werden mussten, beschränkte sich der Wohnraum für die Almenaer selbst auf ein Minimum.

Das Kriegsende in Almena

Im Herbst 1944 nahmen die Tiefangriffe durch Alliierte Jabos (Jagdbomber) im Reichsgebiet besonders zu. Sie erschienen gern bei klarem Wetter, um die deutschen Verkehrsanlagen zu beschädigen oder zu zerstören. So griffen sie auch 1945 die mit Tarnfarbe gestrichene Extertalbahn bei Bremke an. Sie schossen aber darüber hinaus auf alles, was sich bewegte.

Zu einem kleinen Luftangriff auf Almena kam es an einem Sonntag 1945. als die Gemeinde gerade zum Gottesdienst versammelt war, gab es Luftalarm. Jagdbomber waren im Anflug auf das Dorf. Pastor Schäfer ordnete an, dass Frauen und Kinder in der Turmhalle hinter den dicken Mauern des Turmes Zuflucht suchen sollten, während die Männer unter den Kirchenbänken in Deckung gehen mussten. Er selbst blieb auf der Kanzel. Aber die Feinde dachten nicht daran, dem Gotteshaus Schaden zu tun. Sie schossen aber auf den Arzt Dr. Settgast aus Bösingfeld, der sich gerade in Almena aufhielt und sich auf den Friedhof geflüchtet hatte. Dabei wurden einige Grabsteine beschädigt. In einem Almenaer Wohnhaus flog ein Geschoss durchs offene Fenster, setzte ein Bett in Brand und explodierte in der wand. Das Haus Sandermann stand durch abgeworfenen Leuchtspurmunition in Flammen. Nachdem Entwarnung gegeben war, konnte Pastor Schäfer den unterbrochenen Gottesdienst mit einem Dankgebet für Verschonung des Dorfes beenden.

Am Abend des 30. April 1945, am Gründonnerstag, läuteten die Kircheglocken. Die Panzerspitzen der Alliierten hatten den Hang des Teutoburger Waldes bei Werther erreicht. Am darauffolgenden Karfreitag überwanden sie den Pass bei Dornberg. Sie drangen von dort in den Raum Bielefeld und Lippe ein.

An diesem Tag baute der Volkssturm, der aus Veteranen und Hitlerjugend bestand, zwei Panzersperren am Friedhof. Zugleich wurden Panzerfäuste ausgegeben. Allerdings war vom Generalkommando keine besondere Verteidigungsanstrengung für den Raum des Extertales und des Kalletales vorgesehen. Der Hauptwiderstand der Deutschen richtete sich gegen die 5. US-Panzerdivision, die entlang der Weser vorstieß. Hier glaubte man, den Vormarsch der Alliierten stoppen zu können. Am Dienstag, 4. April, wurden in Rinteln um 16 Uhr die Weserbrücke und die kleine Brücke am Fockenkamp unter Sirenengeheul gesprengt, um die Verbindung zwischen dem umkämpften Gebiet nördlich der Weser und dem von den Alliierten bereits eroberten Bereich südlich des Stromes zu unterbinden.

Wie die anderen Orte im Almenaer Bereich wurde am 4. April nachmittags auch Almena kampflos besetzt. Bürgermeister Siek und die anderen bekanntesten Nazis hatten zuvor Almena fluchtartig verlassen und sich in Bistrup versteckt. Der Leiter der Volkssturmabteilung, Simon Frevert, ließ die Panzersperren gar nicht erst schließen, um das Dorf nicht in Gefahr durch alliierten Beschuss zu bringen. Der Volkssturm trat zum Kampf nicht an. Auf den Rat des Ortsbauernführers Wilhelm Sandmann hin blieb auch die Hitlerjugend zu Hause.

Inzwischen hatten viele Almenaer alle möglicherweise belastenden Gegenstände (Uniformen, Fahnen, Waffen, sogar Fotografien) eingegraben oder auf andere weise versteckt und Bettlaken als "weiße Fahnen" zum Zeichen der Kapitulation an ihren Häusern befestigt.

Die Nachkriegszeit

Nach der bedingungslosen Kapitulation am 8. Mail 1945 ging die gesamte Regierungsgewalt an die Alliierten über. Lippe wurde der britischen Besatzungszone zugeschlagen. Überall standen nun neben den neuernannten deutschen Behördenleitern britische Verantwortliche. Der Oberbefehlshaber der britischen Streitkräfte in Deutschland wurde als "Commander-in-Chief" auch oberste politische Instanz der britischen Zone. Sie residierten auf Gut Rickbruch in unmittelbaren Nachbarschaft zu Almena.

In der Gemeinde Almena lag die Verantwortung für die Verwaltung zunächst ausschließlich bei dem von der Besatzungsmacht ernannten Bürgermeister. Es war zunächst Friedrich Grote, der aber schon bald durch den Ziegler Heinrich Lesemann abgelöst wurde. Erst von Januar 1956 wurde Lesemann durch einen ernannten Ratsbeschluss unterstützt, dem die politisch unbelasteten Personen aus Almena angehörten. Stellvertreter des Bürgermeisters wurde der Schuhmachermeister Heinrich Brand Nr. 102.

Ziel der britischen Besatzungsmacht war die Demokratisierung, die Rückkehr zu freiheitlich-politischen Verhältnissen. Dabei sollte die Demokratie von unten her, von den Gemeinden und Kreisen, neu aufgebaut werden. So fanden am 15. September 1946 Kommunalwahlen, am 13. Oktober 1946 Kreistagswahlen statt. Zu Landtagswahlen kam es in Lippe nicht mehr, weil das Land auf Befehl der Militärregierung durch "Ordonance No.77" am 21. Januar 1947 aufgelöst wurde und Bestandteil des im Jahr zuvor aus den Provinzen Westfalen und den nördlichen Teil der Rheinprovinz gebildeten Landes Nordrhein-Westfalen wurde.

Seit 1405 war Almena Bestandteil des lippischen Staates gewesen. Im Laufe der Jahrhunderte war es zur Entstehung eines lippischen Bewusstseins gekommen, das auch durch die Entscheidung der Engländer nicht zerstört werden konnte. Entscheidend für die Entstehung eines solchen Bewusstseins im Lande war die gemeinsame Sozialgeschichte, vor allen Dingen des Zieglerwesen, und die konfessionelle Besonderheit durch Abgrenzung gegen die umliegenden lutherischen und katholischen Gebiete, aber wohl auch die Treue zu dem angestammten lippischen Fürstenhaus. Auch der Heimatkundeunterricht war damals gänzlich auf Lippe konzentriert. Noch viele Jahre nach der Eingliederung unseres Landes in das Land Nordrhein-Westfalen wurde im Unterricht die lippische Landkarte verwendet, die unser Land als Einheit zeigte und seine verschiedenen Landesteile durchgenommen, obwohl es ein Land Lippe als Einheit gar nicht mehr gab, sondern nur noch die beiden Kreise Detmold und Lemgo.

Einschneidend war die Veränderung in der Gemeindeverfassung, die durch die Besatzungsmacht nach britischem Vorbild 1945 eingeführt wurde. Sie zielte auf eine strikte Trennung von Verwaltung und Gemeinderat. Bisher war der Bürgermeister sowohl Verwaltungschef als auch Vorsitzender des Rates gewesen. Nun wurde als Leiter der Verwaltung ein Stadt- bzw. Gemeindedirektor eingesetzt, während dem Bürgermeister nur noch der Vorsitz im Gemeinderat verblieb. Das Amt sollte nun ehrenamtlich versehen werden. Wir nennen dies die duale Struktur. Eine solche Ämtertrennung war aber in den kleinen lippischen Dörfern gar nicht durchzuführen, weil es hier ja die hauptamtlichen Bürgermeister nie gegeben hatte So verfiel man auf den Ausweg, den Bürgermeister gleichzeitig zum Gemeindedirektor zu ernennen. Nach seiner Wahl wurde er durch eine Urkunde des Oberkreisdirektors zum Ehrenbeamten auf Zeit befördert. Er bekam für seine Mühe ein Gehalt, das in Almena zuletzt 500 DM betrug. In Lippe gab es nämlich nach 1945 nicht, wie im übrigen Nordrhein-Westfalen, Amtsverwaltungen, die den Gemeinden den größten Teil der administrativen Arbeit abnahmen.

Die lippischen Bürgermeister hatten sämtliche Verwaltungsaufgaben einer Kommune selbständig zu erledigen. Für all diese Aufgaben stand dem Almenaer Bürgermeister nur eine Schreibkraft zur Verfügung, die keineswegs für den kommunalen Verwaltungsdienst vorgebildet war. Zu den üblichen Verwaltungsaufgaben kamen in der Nachkriegszeit aber noch viele andere. So hatte der Bürgermeister von 1945 bis 1948 zahlreiche Heimatvertriebene auf den Almenaer Kolonaten unterzubringen. Damals war die Einwohnerzahl des Dorfes um über die Hälfte gestiegen. Es gab aber nur 148 Kolonate. Bei der damals herrschenden strengen Wohnraumbewirtschaftung musste der Bürgermeister überall Wohnungen beschlagnahmen, um die Heimatvertriebenen unterzubringen. Die Einheimischen wurden auf den notwendigsten Wohnraum beschränkt. Hieraus erwuchs die dringende Verpflichtung für die Gemeinde, für Wohnraum zu sorgen.

Anfänge des Fremdenverkehrs in Almena

1912 war in Almena das Christliche Erholungsheim Wieneke errichtet worden, der erste Fremdenverkehrsbetrieb im Extertal. Damals befand man sich in der Frühzeit des modernen Massentourismus. Das deutsche Mittelgebirge als Ziel von Urlaubsreisen wurde erst entdeckt, als auch die Mittelschichten das Bedürfnis nach der "Sommerfrische", wie man den Urlaub damals nannte, entdeckten.

Bei der Begründung des Fremdenverkehrs im Extertal hat Heinrich Wieneke sich als Pionier betätigt. Ihm folgte 1925 der Kaufmann Schröder Nr.120, bald darauf auch der Gastwirt Rinne Nr. 37. Auch in den Nachbarorten entstanden damals Fremdenpensionen. Für Almena war besonders wichtig die Pension Breiding, die zwar zur politischen Gemeinde Kükenbruch gehörte, sonst aber völlig auf Almena ausgerichtet war.

Aber erst in den 50-er Jahren wurde das Leben des Dorfes wirklich vom Fremdenverkehr geprägt. In dieser Zeit wurde der Urlaub zu einem selbstverständlichen Bedürfnis für alle schichten der Bevölkerung, weil in den Industriestaaten eine sprunghafte Steigerung des Wohlstandes die Lebensbedürfnisse der Menschen völlig verändert hatte.

Die Entwicklung des modernen Massentourismus musste auch für Almena genutzt werden. Um die Voraussetzungen hierfür zu schaffen, wurde 1953 der Heimat- und Verkehrsverein begründet. Neben der Pflege heimatlicher Sitten und Gebräuche waren seine Hauptaufgaben die Hebung des Fremdenverkehrs und die damit verbundene Verschönerung des Dorfes. Der Verein musste alles das leisten, was über die Kräfte einer einzelnen Fremdenpension gegangen wäre. Als Werbeslogan hatte man sich für Almena die Bezeichnung "Juwel im Extertal" ausgedacht. Außerdem wurde ein Prospekt entwickelt, den der Heimat- und Verkehrsverein Mitte der 60-er Jahre herausbrachte. Er enthält auch ein Verzeichnis der Almenaer Pensionen, wie sie damals, auf dem Höhepunkt als Fremdenverkehrsort, bestanden.

Almena verliert seine Selbständigkeit und geht mit anderen Dörfern in der Großgemeinde Extertal auf

Almena hatte sich eine moderne Infrastruktur geschaffen. In vielen anderen noch kleineren Gemeinden war dies aber praktisch unmöglich. So gab es ein großes Gefälle zwischen dem Leistungsangebot einer Großstadt und einer ländlichen Gemeinde. Besonders augenfällig ist dieses im Verwaltungswesen. Während bei uns der Bürgermeister alle Aspekte der Kommunalverwaltung selbst erledigt, war in den größeren Gemeinden hierfür eine Vielzahl von ausgebildeten Fachkräften tätig. Von der Vergabe von Baubewilligungen bis zur Erteilung von Reisepässen, von der Sozialfürsorge bis zum Straßenbau reichten die Kompetenzen unseres Bürgermeisters.

So war die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen von 1965 an entschlossen, die kleinen Gemeinden zu Großgemeinden zusammenzuschließen. Dies sollte auf dem Weg über die Landesgesetzgebung, nicht etwa durch demokratische Abstimmungen der betroffenen Bürger geschehen. Im Almenaer Bereich wurde damals um zwei Lösungen gerungen: Entweder sollten die Gemeinden des gesamten Extertals zu einer einzigen Super-Großgemeinde vereinigt werden, oder man würde zwei Gemeinden bilden, eine für das obere und eine für das untere Extertal.

Zunächst glaubte man an die zweite Lösung. Hier aber erhob sich natürlich die Frage, wo der Verwaltungssitz der Gemeinde für das untere Extertal liegen würde. Es gab schließlich nur zwei Möglichkeiten:

die beiden Kirchdörfer Almena und Silixen.

Der im Jahre 1966 kulminierte Streit um die Dörfergemeinschaftsschule Almena ist vor allem auf dem Hintergrund dieser Rivalität der beiden Gemeinden zu sehen. An sich bot sich Almena ja als Gemeindemittelpunkt förmlich an. Während Silixen in seiner Randlage viel schwerer erreichbar war, bildete Almena den natürlichen Mittelpunkt des unteren Extertals. Auch besaß es bereits eine moderne Infrastruktur. Für Silixen sprach eigentlich nur, das es erheblich industrialisierter war als Almena, was vor allem auf die Neuansiedlung der Kesselfabrik Röntgen zurückzuführen ist. Mit der Existenz einer Mittelpunktschule aber wäre dieser Streit praktisch entschieden worden. Für beide Orte stand einiges auf dem Spiel.

Ein Verwaltungsmittelpunkt zieht notwendig zahlreiche zentrale Einrichtungen, Geschäfte und Dienstleistungsbetriebe an sich. Er wird zu einer kleinen "City", bekommt ein städtisch geprägtes Leben.

So ist denn auch die Verbitterung und die Härte zu verstehen, mit der der Schulkampf auf beiden Seiten geführt wurde. Bekanntlich ist Almena dabei unterlegen. Aber für Silixen gab es keinen Grund, sich seines Sieges zu freuen, denn letztlich haben die Verantwortlichen sich für die Lösung der Super-Großgemeinde mit Sitz in Bösingfeld entschieden.

Am 31. Dezember 1968 ging für Almena die seit dem späten Mittelalter bestehende kommunale Selbständigkeit zu Ende. Jetzt entschied der Extertaler Gemeinderat über alle Angelegenheiten Almenas. So erlosch bei vielen Bürgern des Dorfes das Interesse an der Kommunalpolitik fast ganz. Almena besaß nur noch 2, später 3 Ratsmitglieder, während es bisher in der Zeit der Selbständigkeit 13 gewesen waren.

Almena brachte in die Großgemeinde eine Reihe von Einrichtungen ein, die in anderen Dörfern erst geschaffen werden mussten. Es hatte bereits seit 1952 eine eigene Wasserleitung, seit 1962 eine eigene Kanalisation, seit 1968 einen Kindergarten. Es war noch viel durch die Almenaer Gemeinde beschafftes Bauland vorhanden, sodass auch nach dem Anschluss die Bautätigkeit in Almena in dem gewohnten Tempo weiterging. Zu Beginn der 1980-er Jahre verlangsamte sie sich spürbar, um dann fast ganz zu erlöschen. Erst um das Jahr 2000 herum begann dann wieder eine neue rege Bautätigkeit in Almena.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Der Almenaer Markt

Historisches

Auch ältere Bürger des Dorfes wissen nicht mehr, dass es früher in Almena einen Jahrmarkt gegeben hat. Er fand am letzten Sonntag des Septembers statt und war, nach den Angaben des Protokollbuchs der Gemeinde Almena zu urteilen, damals in erster Linie ein Viehmarkt. Er wurde wegen der um 1911/12 grassierenden Maul- und Klauenseuche damals eingestellt. Zu einer Wiederaufnahme ist es nach dem Ersten Weltkrieg dann nicht mehr gekommen. Wir wissen nicht aus welchem Grunde. Als der Markt noch bestand, wählte der Ratausschuss jeweils zwei Mitglieder als "Marktaufseher".

Dieser Jahrmarkt muss eine lange Geschichte gehabt haben. In den Gogerichtsakten wird er bereits 1660 als "Michalismarkt" erwähnt. Damals war es ein ausgesprochener Krammarkt, es ist von Ständen die Rede, in denen Kaufleute aus Rinteln (Knoblauch, handelte mit Messingwaren) und Lemgo ihre Waren feilboten. Es wurden allerlei Gegenstände des täglichen Bedarfs verkauft, unter anderem auch Leinen. Es mag seltsam erscheinen, dass in einem Weberdorf auswärtige Kaufleute mit Leinen handelten. Aber dabei handelte es sich natürlich um Qualitätsware, die mit dem für den Eigenbedarf gewebten Leinen nicht zu vergleichen ist. Die Besucher des Jahrmarktes stammten damals aus der näheren Umgebung unseres Dorfes, aus Laßbruch, Meierberg, Bremke und Silixen.

1746 hatte der Gastwirt Brandt aus Fütig einen Bierstand errichtet. Dies ließ seinen Almenaer Konkurrenten, den Wirt Rickmeier, nicht ruhen. In den Gogerichtsakten heißt es: "Krüger von Fütig wruget (rügt), daß ihn der Krüger zu Almena von freiem Markte zwei Tonnen Bier, eine Bouteille (Flasche) Branntwein weggenommen, und ein Tonnen vom Lager gerissen, daß das Bier auf die Straße geloffen."

Der Markt wurde "Michaelismarkt" genannt, weil er am Sonntag nach dem Fest des Heiligen Erzengels Michael (29. September) gehalten wurde. Solche Jahrmärkte waren damals von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Viele Gegenstände des täglichen Bedarfs konnten nicht von den örtlichen Kramläden auf Lager gehalten werden, so dass die Jahrmärkte für die bäuerliche Bevölkerung oft die einzige Möglichkeit waren, diese Dinge einzukaufen. Wir wissen zwar nicht, ob der Almenaer Markt bereits in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg ein Viehmarkt war, doch ist dieses anzunehmen. Jedenfalls ist er in seiner Endphase gewesen. Die Tatsache, dass Bier ausgeschenkt wurde, belegt, dass der Markt auch als Volksbelustigung galt. Sicher werden auch Gaukler und Marktschreier aufgetreten sein.

Es ist nun aber sehr unwahrscheinlich, dass der Markt erst nach dem Dreißigjährigen Krieg gegründet worden ist. Dazu hätte eine ausdrückliche Marktrechtsverleihung an Almena stattfinden müssen, von der uns aber nichts überliefert ist und die auch schwerlich stattgefunden hätte. Die Rechte zur Abhaltung von Märkten wurden nämlich nur an Städte und Marktflecken gegeben. Sie waren ja geradezu ein Kennzeichen des städtischen Wesens, wie z. B. die Rintelner Messe. Dörfliche Märkte dagegen haben einen ganz anderen Ursprung. Sie sind keineswegs durch ein Messeprivileg begründet worden. Ihr Ursprung ist vielmehr auf kirchlichem Gebiet zu suchen. Es ist ja auffällig, dass solche Märkte stets am Sonntag stattfanden. Natürlich war dies die einzige Gelegenheit für die entfernt wohnenden Marktbesucher, zum Markt zu gehen, da sie ja sonst von der Arbeitszeit voll beansprucht wurden. Aber damals wurde die Sonntagsheiligung, besonders in einem reformierten Lande wie Lippe, sehr ernst genommen. Dass die Jahrmärkte trotzdem am Sonntag stattfanden, ohne dass die Kirche protestierte, ist darin begründet, dass die Jahrmärkte ursprünglich entweder Kirchweihfeste (vgl. das Wort "Kirmes" = Kirchmesse) oder die Feste des Namenspatrons, des Schutzheiligen der Kirche. Bereits in den Anfängen der Christianisierung unseres Landes, also um 800, wurden diese Feste an allen Pfarrkirchen gehalten. Sie waren mit Trinkgelagen und Volksbelustigungen verbunden. Damit wollte man einen Ersatz für die abgeschafften heidnischen Opferfeste bieten, die trotz ihres religiösen Scheins im Wesentlichen große Gelage der Bevölkerung waren. Während natürlich das heidnische Ritual aufgehoben wurde, blieben die Volksbelustigungen bestehen. Sie sind also ein ursprünglicher, nicht etwa ein später hinzugekommener Bestandteil des Marktgeschehens, denn es ist klar, dass erst in späterer Zeit die Verkaufsstände und der Viehhandel hinzukamen, weil bei der zahlreichen versammelten Gemeinde hier in erster Linie Gelegenheit zum Handel gegeben war.

Wir müssen also den Ursprung des Almenaer Marktes in Verbindung mit der Gründung der Kirche in unserem Dorf im 12. Jahrhundert sehen. Damals wurde am Gedenktag der Kirchweihe oder am Fest des Schutzheiligen unserer Kirche eine solche "Kirmes" abgehalten, die sich dann auch zu einem Jahrmarkt entwickelte. Nun könnte man aus der Tatsache, dass der Almenaer Markt am Sonntag nach dem Michaelisfest stattfand, schließen, dass der "Heilige Erzengel Michael" der Schutzpatron unserer Kirche war. Aus der Überlieferung ist uns nämlich das Patronat nicht bekannt. Ganz sicher hat unsere Kirche aber einen Schutzheiligen besessen. Es wird berichtet, dass am Turmeingang unserer Kirche sich der Kopf einer weiblichen Figur, vielleicht der Schutzheiligen, befunden hat. Es könnte sich natürlich bei dieser Figur auch um einen Engel gehandelt haben, da diese in der bildenden Kunst ebenfalls bartlos und mit langem Haar dargestellt werden. So könnte man schließen, dass unsere Kirche eine Michaeliskirche gewesen ist und der Almenaer Markt zum Gedächtnis an diesen Schutzheiligen stattgefunden hat. Dies ist aber ein Trugschluss:

1. war es im 12. Jhd. noch nicht üblich, Engel zu Schutzheiligen von Kirchen zu wählen. In ganz Lippe gibt es keine einzige Kirche, deren Schutzpatron ein Engel gewesen ist.

2. tragen auch viele Märkte die Namen von Heiligen, die keineswegs Schutzpatrone der Kirche waren, bei der sie abgehalten wurden. So heißt z. B. die Rintelner Herbstmesse ursprünglich "Simm Jui", ist also nach den Heiligen Simon und Juda benannt, obwohl diese keineswegs Schutzpatrone der Rintelner Kirche waren. Dies war aber vielmehr der Heilige Nicolaus. Auch die Gedächtnisfeiern der Kirchweih und die aus rein wirtschaftlichen Gründen eingerichtete städtischen Märkte wurden nämlich nach Heiligen benannt, im allgemeinen nach dem bekanntesten Heiligen, dessen Fest in der Nähe des Markttermins lag. Die Heiligentage wurden im Mittelalter allgemein zur Datierung von Ereignissen benutzt.

So müssen wir also annehmen, dass es sich bei dem Almenaer Jahrmarkt und das Gedächtnis der Kirchweihe handelt, die am Tage des Erzengels Michael oder am Sonntag darauf stattgefunden hat. Wir kennen also mit aller Wahrscheinlichkeit zwar nicht die Jahreszahl, wohl aber das Datum, an dem unsere Kirche geweiht wurde. Eine solche Kirchweihe war ja ein in der ganzen Umgebung beachtetes Ereignis, da sie nur vom Bischof vorgenommen werden konnte, der sicher damals mit großem Gepränge von Minden nach Almena geritten kam und in einem sehr umständlichen und komplizierten Ritual den ersten Gottesdienst in unserer Kirche feierte. Dabei wurde der Altar mit Öl gesalbt und Überreste des Schutzheiligen in einer Vertiefung des Altars beigesetzt. Engel wurden damals schon deswegen nicht als Patrone gewählt, weil es von ihnen ja keine Reliquien (Überreste) gab. Die erste Kirchweihe war natürlich mit einem großen Gelage der Bevölkerung verbunden, dessen Erinnerung Jahr für Jahr durch den Jahrmarkt fortgesetzt wurde. Auch in evangelischer Zeit wurden die Jahrmärkte beibehalten, wenn auch das Fest der Kirchweihe und das Patronatsfest nicht mehr begangen wurden. Sie waren nun rein weltliche Volksbelustigungen, die aber dennoch dadurch ihren kirchlichen Ursprung verrieten, dass sie am Sonntag stattfanden.

Der heutige Markt in Almena

An jedem Samstag vor Totensonntag im November findet der schon traditionell gewordene Herbstmarkt des Heimat- und Kulturvereins Almena statt. Bereits seit 1995 findet er mit Hilfe der Marktbeschicker und der örtlichen Vereine im Dorf statt. Zuerst im Dorfmittelpunkt doch seit 2005 rund um das Dorfgemeinschaftshaus an der Fütiger Straße. Es werden neben weihnachtlichen Bastel- und Dekorationsartikeln vor allem kulinarische Waren angeboten. Außerdem runden einige örtliche Vereine das Rahmenprogramm ab. Im Dorfgemeinschaftshaus befindet sich die Cafeteria mit selbstgebackenen Torten, Kuchen und Kaffee.

Bauwerke

  • Ev.-ref. Pfarrkirche. Der Gründungsbau des 13. Jahrhunderts wurde 1865/66 durch eine neugotische Stufenhalle nach Plänen von Ferdinand Ludwig August Merckel ersetzt. Vom Ursprungsbau blieb nur der quadratische Westturm erhalten. Das Gewölbe ruht auf schlanken Metallsäulen. Aus der Erbauungszeit blieben die Orgel, das Gestühl und Kronleuchter erhalten. Das Bistum Würzburg war für die Christianisierung um 800 nach Christus im Gebiet in dem Almena liegt zuständig. Sie erbaute für den Osterurg-Gau, zu der das Gebiet Almenas gehörte eine Pfarrkirche in Exten bei Rinteln. Länger als 400 Jahre gehörte auch Almena zu dieser Urkirche. Im 12. Jahrhundert wurden mit der großen Rodung die Hofstellen Almena und Nalhof zu Dörfern, der Meierberg wurde gerodet und urbar gemacht. Almena gehörte damals den Grafen von Sternberg, die die Rechtsnachfolge der Osterburg-Grafen angetreten hatten. In ihnen kann man die Stifter der Almenaer Kirche sehen. Es sind keine mittelalterlichen Urkunden über die Pfarrei Almena erhalten geblieben, erst 1510 wird sie schriftlich erwähnt. Man kann die Entstehung aber aufgrund vieler Hinweise auf das Jahr 1200 schätzen. Sie ist wie alle Kirchen des Mittelalters als Wehrkirche in Ost-West-Richtung erbaut. Bis zur Reformation unterstand der Priester dem Bischof von Minden. Bis 1780 wurden alle Toten rund um die Kirche begraben. Wie die Einführung des römischen Glaubens, so kam auch die Hinwendung zum Evangelium für Almena von Außen. Der regierende Graf Simon V. zur Lippe war bis zu seinem Tod ein treuer Sohn der katholischen Kirche. Nach seinem Tod erzwang der regierende Landgraf von Hessen die Einführung der Reformation in Lippe. 1538 war Lippe lutherisches Land. Ohne Widerstand vollzog sich der Wechsel der über 300 Jahre geltenden katholischen Ordnung zur lutherischen Reformation. 1605 wurde die Einführung des reformierten Glaubens vom Grafen Simon VI. befohlen. Die aus dem 12. Jahrhundert stammende romanische Kirche ist im Laufe der Zeit immer baufälliger geworden. 1865 wurde dann das Kirchenschiff neu errichtet und vergrößert. Dieses Verhältnis zwischen dem mittelalterlichen Turm und der neuen Kirche ist nicht sehr glücklich. Die Kirche wirkt „geduckt“. Der Turm ist ja für eine wesentlich niedrigere Kirche gebaut worden. Seine Aufstockung war aber schon aus Kostengründen, wahrscheinlich auch aus Gründen der Statik unmöglich. Gerade aber diese Besonderheiten der Almenaer Kirche, die man sonst nirgends vorfindet, dürfte bei vielen Almenaern eine Art „Heimatgefühl“ hervorrufen.
  • Dorfgemeinschaftshaus Almena (ehemalige Dorfschule). Das 1890 errichtete Gebäude nahm die bereits seit 1580 bestehende Dorfschule Almena auf. Die steigende Schülerzahl machte 1910 den Bau eines zweiten Schulhauses notwendig, da es nun 4 Klassen geben musste. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren sogar 6 Klassen in der Almenaer Schule untergebracht. Bereits 1961 gründete Almena mit den umliegenden Dörfern einen Schulverband für die Dörfergemeinschaftsschule. 1965 erwarb die Gemeinde Almena für 90.000 DM ein Gelände und plante eine Schule mit 14 Klassenzimmern, Turnhalle, Schwimmbad, Lehrerzimmer, Hausmeisterwohnung, Lehrküche und pädagogischem Zentrum. Für den Bau versprach die Bezirksregierung Detmold 2.268.000 DM zu übernehmen. Kurz vor Baubeginn im Oktober 1966 widerrief die Regierung auf Empfehlung des Kreises Lemgo die Baugenehmigung und somit mussten alle Schüler aus den umliegenden Dörfern nun ins bis zu 10km entfernte Silixen in die dortige gerade erst fertiggestellte neue Mittelpunktschule. Brisant an der ganzen Sache war, dass der Landrat des Kreises Lemgo gleichzeitig Bürgermeister in Silixen war. Die in Rinteln erscheinende Schaumburger Zeitung schrieb hierzu am 22. Oktober 1966: „Bevor der Baustopp verfügt wurde, war eine Meldung durch die Presse gegangen, dass die neue Mittelpunktschule in Silixen für den vorhandenen Bedarf viel zu groß sei. Die Silixer Schule könne rund 100 Kinder mehr aufnehmen, als im Einzugsgebiet vorhanden seien. ... Aufgrund dieser Meldung und sonstiger Vorgänge folgerte man in Almena, dass ihre Nachbargemeinde Silixen und insbesondere deren Bürgermeister Winter, der ja auch Landrat und darüber hinaus auch einflussreicher Landtagsabgeordneter ist, stark an dem Baustopp interessiert gewesen sei.“ Gegen den erbitterten Widerstand der Almenaer Bevölkerung und nach langem Rechtsstreit wurde der Schulbetrieb also 1975 eingestellt und nach Silixen verlagert. Seit dieser Zeit wird das Gebäude durch die örtlichen Vereine genutzt. Es wurde 1992/1993 nach langen Verhandlungen mit den Kostenträgern mit sehr viel Eigenleistung der Almenaer Bevölkerung renoviert. 1988 erfolgte der Anbau des Feuerwehrhauses. Heute beherbergt das Dorfgemeinschaftshaus Übungsräume für die örtlichen Vereine, die beiden ehemaligen Klassenräume werden vom Heimat- und Kulturverein Almena für private Feiern vermietet und im Obergeschoss befinden sich Räume des Vereins Jugend und Kultur Extertal, der die Jugendarbeit in Almena übernommen hat.
  • Alte Färbe. Dieser kleine Bruchsteinbau an der alten Dorfstraße ist das einzig erhaltene Gebäude aus der Zeit der 260 Jahre andauernden Hausweberei in Almena. Es steht unter Denkmalschutz und damals standen hier große Bottiche, in denen man die Farblösungen aufbewahrte. Es wurden aber nicht alle Farben eingefärbt, sondern in der Hauptsache bekam das Leinen seine Blaufärbung. Dieses war nötig, da man in Almena damals nur Anzüge aus Leinen trug, die blau gefärbt waren. Auch sonst bestand die Bekleidung zumeist aus diesem selbst hergestellten und gefärbten Leinen. Daneben stellte man auch Bettzeug aus Leinen her, dieses wurde in der Färbe mit Handstempeln bunt bedruckt. Es ist bekannt das seit 1600 immer mehr Almenaer Bürger, die nicht auf einem landwirtschaftlichen Hof einheirateten oder ihn erbten besitzlos wurden. Diese neuen landlosen Besitzer einer Hausstelle mussten Geldabgaben an den Grundherren leisten, weswegen sie unbedingt eine Erwerbstätigkeit ausüben mussten. Hier kam fast nur die Spinnerei und Weberei in Betracht. Diese Spinner und Weber durchlebten in den nächsten Jahrhunderten in Almena eine wechselvolle Zeit, die ihnen mal ihre Existenz nahm und mal zu größerem Wohlstand brachte. Ab 1860 verschwand die Hausweberei und verlagerte sich in die Großindustrie. Dies bedeutete in Almena das Ende und gleichzeitig den Anfang eines neuen Zeitalters. Von nun an war es das Zieglergewerbe das den Rhythmus der Dorfbewohner bestimmen sollte.
  • Altes Spritzenhaus. In diesem renovierten Gebäude befindet sich die historische von Pferden gezogene Handspritze der Freiwilligen Feuerwehr Almena. Sie wurde 1909 hergestellt und tat etwa 40 Jahre bis zum Zweiten Weltkrieg ihren Dienst. Danach wurde sie von einer Motorspritze abgelöst. In dem Turm wurden früher die Schläuche hängend aufgewahrt um sie vor Schäden zu schützen. Schon vor 1799 muss es bereits seit langer Zeit eine Freiwillige Feuerwehr, damals Spritzengesellschaft genannt, in Almena existiert haben.

Gewässer

  • Alme. Almena, ursprünglich „Almina“, bedeutet „fließendes Gewässer“. Alme ist eine Kurzform dieses Wortes. Name des Baches und des ursprünglich einzigen an seinem Ufer liegenden Ortes waren also gleich. Auch das Wort „Bache“, mit dem wir noch heute die Alme bezeichnen, ist vorindogermanischen Ursprungs. Die Bezeichnung „Almena“ gibt es bereits seit mindestens 4000 Jahren. Bereits im Neolithikum gaben die Ureinwohner diesem Ort ihren Namen. Als ab 1400 vor Chr. ein Reitervolk aus der russischen Steppe ganz Europa, Persien und Indien überflutete, unterwarfen sich diese Ureinwohner. Diese neuen Herrscher, wir nennen sie Indogermanen übernahmen häufig die Ortsnamen der Ureinwohner. So blieb die Bezeichnung „Almena“ bestehen. Das beweist also, dass in unserem Dorf ununterbrochen Menschen gesiedelt haben; sonst wäre das Wort in Vergessenheit geraten und durch eine indogermanische Bezeichnung ersetzt worden.

Hügelgrab

  • Grabhügel von Almena. Dieser Grabhügel hat einen Durchmesser von 6 Metern und ist etwa 40cm hoch. Er ist in der Bronzezeit (ca. 1800 vor Chr.) aus Steinen errichtet worden. Dieser Grabhügel lässt uns einen Siedlungsplatz des Neolithikums erkennen. Man betrieb damals einen ausgeprägten Totenkult. Die Gräber der Ahnen waren die Heiligtümer der Sippen. Dieses Grab wurde an einer Stelle angelegt, die einen besonders schönen Ausblick auf die Rodungsinsel Almena bot. So blieben die Toten in Verbindung mit ihrem Dorf. Mit diesem Grabhügel endet die durch Funde belegbare Geschichte unseres Dorfes. Mit der Invasion der Indogermanen wurde nämlich die Erdbestattung aufgegeben. Die Toten wurden nun durch Verbrennen den Göttern, die man sich als Himmelswesen vorstellte, geweiht und auf zentralen Urnenfriedhöfen beigesetzt. Mit dem Übergang zum Christentum um 800 nach Chr. kam die Erdbestattung wieder in Gebrauch. Erst 1348 taucht unser Dorf in einem schriftlichen Dokument wieder auf. Die Erhaltung des alten Namens über 2600 Jahre hinweg beweist aber, dass in diesen dunklen Jahrhunderten stets Menschen die Rodungsinsel Almena bewohnt und bebaut hatten.

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Landschaftsaufnahmen von Almena
Landschaftsaufnahmen von Almena

Literatur

  • Almena – Geschichte eines Dorfes. Heimat- und Kulturverein Almena e. V., ISBN 3-87085-150-3.

Weblinks

  • almena.de Website des Heimat- und Kulturvereins Almena e. V.

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