Falko Peschel

Falko Peschel

Falko Peschel (* 20. Januar 1965) ist ein deutscher Lehrer und Pädagoge. Er hat für den offenen Unterricht eine konkrete wissenschaftliche Definition vorgelegt und erlangte große Beachtung für seine radikalen Unterrichtsversuche und Veröffentlichungen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Peschel gründete mit 18 (1983) die Firma FAE GmbH, deren geschäftsführender Gesellschafter er bis 1994 war. Danach machte er sein Diplom als „Audio Engineer“ der „School of Audio Engineering“. Von 1987–1994 absolvierte er die Lehrerausbildung für die Primarstufe an der Universität in Köln. Ab 1995 war er als Lehrer im Rhein-Sieg-Kreis tätig. Von 1999–2003 war er zusätzlich wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Siegen bei Prof. Dr. Hans Brügelmann, 2003 promovierte Peschel zum Dr. phil. Die Dissertation wurde mit dem Preis der Universität für hervorragende wissenschaftliche Leistung ausgezeichnet. Von 2003–2005 arbeitete er als Konrektor der Gemeinschaftsgrundschule Harmonie in Eitorf bei Köln. Zurzeit ist Peschel als Dozent und Moderator freigestellter Lehrer dieser Schule. Seit 2005 bereitet Peschel den Betrieb der Bildungsschule Harzberg als freier Grundschule vor. Die Schule nahm im Schuljahr 2009/2010 den Betrieb auf.

Im Laufe seines Berufsweges absolvierte er Langzeitpraktika an diversen internationalen freien Alternativschulen und Versuchsschulen, war langjähriger Betreuer des deutschen Fördervereins der Summerhill School und ist seit 1992 fortlaufend mit Moderationen und Vorträgen zu diversen Themen im In- und Ausland unterwegs. Seit 1996 arbeitet er als Mitglied der Projektgruppe „OASE“ um Hans Brügelmann an der Universität Siegen. 1997–1998 erfolgte eine projektbezogene Mitarbeit im Landesinstitut für Schule und Weiterbildung NRW, seit 1999 ist Peschel Projektentwickler und -leiter des „Integrierenden Schulpraktikums Primarstufe – ISP“ und für den Aufbau der „Integrativen Lernwerkstatt im Rhein-Sieg-Kreis“ mitverantwortlich. Er hat ständige Lehraufträge an den Universitäten Köln, Siegen, Frankfurt, Koblenz und Bremen.

Offener Unterricht

Falko Peschel führte vier Jahre eine Klasse durch die Grundschulzeit, ohne zu „unterrichten“. D.h. die herkömmliche Tätigkeit des Belehrens für alle wurde ersetzt durch die eigenständige und interessengeleitete Aktivität jedes einzelnen Schülers. Der Lehrer wird so zum Begleiter, indem er unterstützt und Anregungen gibt.

In seinem Unterricht und seinen Büchern zeigt Peschel die höhere Effizienz offenen Unterrichts auf und belegt:

  • der erreichte Leistungsstand war hoch (mehr Übergänge zum Gymnasium als der Schuldurchschnitt),
  • problematische Kinder konnten, statt an die Sonderschule ausgesondert, wieder integriert werden (Zeitraum: 4 Jahre),
  • die Lernatmosphäre war sehr anregend, weil sich die Kinder ihre Lernvorhaben gegenseitig vorstellten,
  • alle Themen des Lehrplans wurden behandelt,
  • Kinder achten selbst darauf, auch in den von ihnen ungeliebten Fächern erfolgreich zu arbeiten.

Voraussetzung für das Projekt war und ist, die Kinder nach ihren Interessen lernen zu lassen und sie nicht zum Lernen zu zwingen. Eine Schülerin beschrieb dies so: "Man kann z.B. sagen: Ich mach jetzt eine Seite Mathe und man kann auch mittendrin die Arbeit wechseln - ohne jemand etwas zu sagen!"

Peschel wandelt den bisher sehr unscharf benutzten Begriff offener Unterricht in einen wissenschaftlich exakten Begriff um. Er beschreibt offenen Unterricht von Seiten des Schülers als uneingeschränkte Freiheit, eigenständig zu lernen. Lernen bedeutet hier Erforschen. Der Lehrer hat die Aufgabe durch sein Verhalten, dieses eigenständige Forschen umfassend zu ermöglichen. Offener Unterricht ist außerdem gekennzeichnet durch Integration.

Dazu entwickelt er mehrere Einschätzskalen für die Dimensionen des „Offenen Unterrichts“. Mittels derer kann man überprüfen, ob und wie weit der eigene Unterricht tatsächlich offen ist oder doch nur eine versteckte Verschleierung der Lehrersteuerung vorliegt. Aus den Kriterien der Schätzskalen können auch Impulse abgeleitet werden, wie der eigene Unterricht in Bezug auf mehr Offenheit verändert werden kann. Peschel unterscheidet grob 5 Aspekte, unter denen Lehrer ihren eigenen Unterricht nach Merkmalen des offenen Unterrichts einschätzen können:

  • organisatorische Offenheit: Entscheiden Schüler z.B. den Zeitraum, den Zeitpunkt, den Ort und die Sozialform selber ?
  • methodische Offenheit: Hat der Schüler die Freiheit seinen Lernweg eigenständig zu finden?
  • inhaltliche Offenheit: Entscheiden Schüler im Rahmen eines offenen Lehrplanes welche Themen sie bearbeiten möchten?
  • soziale Offenheit: In welche Entscheidungen werden Schüler mit einbezogen? Werden Schüler in die Unterrichtsplanung, den täglichen Ablauf, gemeinsame Vorhaben ... etc. miteinbezogen? Entscheiden Schüler über Regeln des Miteinanders? ...etc.
  • persönliche Offenheit: Gibt es partnerschaftsähnliche Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern? Kommen die Kinder untereinander klar? Werden sie angeleitet, Konflikte einvernehmlich zu klären?

Er führt eine kritische Auseinandersetzung mit Formen des (bisherigen) offenen Unterrichts: Wochenplan, Stationenlernen, Freie Arbeit und anderen alternativen Unterrichtsformen und Lernwegen, die viel, aber auch wenig Offenheit bedeuten können.

Peschel entwickelt dabei eine deutliche Nähe zur Freinet-Pädagogik, auch wenn er selbst das nicht erwähnt. Seine Tätigkeit als Konrektor an der Grundschule Harmonie, die einen engen Bezug zur Freinet-Pädagogik aufweist, ist somit eine logische Konsequenz seiner Arbeit.

OASE

Falko Peschel ist Mitarbeiter der Werkstatt: OASE an der Uni Siegen. Die OASE-Werkstatt ist 1997 im Rahmen des Projekts OASE („Offene Arbeits- und Sozialformen entwickeln“, 1994-2002 Erhard Friedrich Stiftung) entstanden, das sich mit den Bedingungen für die Öffnung von Unterricht beschäftigt.

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Offener Unterricht in der Evaluation Teil I und II Schneider Verlag Hohengehren: Baltmannsweiler 2006.
  • Offener Unterricht – Idee, Realität, Perspektive und ein praxiserprobtes Konzept in der Evaluation. Baltmannsweiler (Schneider Verlag Hohengehren) 2003
  • Offener Unterricht – Idee, Realität, Perspektive und ein praxiserprobtes Konzept zur Diskussion. Teil I: Allgemeindidaktische Überlegungen. Baltmannsweiler (Schneider Verlag Hohengehren) 2002
  • Offener Unterricht – Idee, Realität, Perspektive und ein praxiserprobtes Konzept zur Diskussion. Teil II: Fachdidaktische Überlegungen. Baltmannsweiler (Schneider Verlag Hohengehren) 2002
  • mit Reinhardt, Astrid: Der Sprachforscher. Rechtschreiben. Seelze (Friedrich) 2001
  • mit Reinhardt, Astrid: Der Sprachforscher. Rechtschreiben. Informationen für Lehrer und Eltern. Seelze (Friedrich Verlag) 2001
  • (Hrsg.)/ Appleton, Matthew: Summerhill – Kindern ihre Kindheit zurückgeben. Demokratie und Selbstregulierung in der Erziehung. Baltmannsweiler (Schneider Verlag Hohengehren) 2000

Literatur

  • Hans Brügelmann: Die Öffnung des Unterrichts muss radikaler gedacht, aber auch klarer strukturiert werden. In: Heiko Balhorn & Heide Niemann(Hrsg.): Sprachen werden Schrift. Lengwil (Libelle) 1997 (S. 43-60). Überarbeitete Fassung in: Hans Brügelmann/ Erika Brinkmann (2008): Öffnung des Anfangsunterrichts. Theoretische Prinzipien, unterrichtspraktische Ideen und empirische Befunde. Arbeitsgruppe Primarstufe/ Universität: Siegen (2. verb. Aufl. 2009).
  • Astrid Reinhardt: Wirkungen und Vorteile des ISP. Unv. Manuskript. Troisdorf 2001.
  • Hannelore & Helmut Zehnpfennig: Was ist "Offener Unterricht". In: Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hrsg.): Schulanfang. Soest (Landesinstitut für Schule und Weiterbildung) 1992 (S. 46-60).

Weblinks


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