- Aktion „Arbeitsscheu Reich“
-
Im Rahmen der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ (ASR) wurden im April und Juni 1938 bei zwei Verhaftungswellen über 10.000 Personen als sogenannte „Asoziale“ in Konzentrationslager verschleppt.
Seit dem NS-Grunderlass „Vorbeugende Verbrechensbekämpfung“ vom 14. Dezember 1937 konnte, wer „ohne Berufs- und Gewohnheitsverbrecher zu sein, durch sein asoziales Verhalten die Allgemeinheit gefährdet“, mittels sicherheitspolizeilicher Schutzhaft in ein Konzentrationslager eingewiesen werden.
Der bereits seit dem 19. Jahrhundert in mehr oder weniger bestimmtem Sinne geläufige Ausdruck „arbeitsscheu“ war in diesem Zusammenhang von den zuständigen nationalsozialistischen Organen zu einem ideologisch-programmatischen Kampfbegriff konkretisiert worden.
Die Durchführungsverordnung von 1938 definierte als „asozial“ eine Person „die durch gemeinschaftswidriges, wenn auch nicht verbrecherisches Verhalten zeigt, daß er sich nicht in die Gemeinschaft einfügen will“ und sich „durch geringfügige, aber sich immer wiederholende Gesetzesübertretungen, sich der in einem nationalsozialistischen Staat selbstverständlichen Ordnung nicht fügen wollen“. Dies waren nach der Verordnung Landstreicher, Bettler, Prostituierte, Zigeuner, und Trunksüchtige. Auch Personen mit Geschlechtskrankheiten wurden dazugerechnet.
Im Rahmen der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ wurden mehr als zehntausend Menschen – die Mindestvorgabezahl von 200 Personen je Bezirk wurde meistens weit überschritten – zur Zwangsarbeit in Konzentrationslager gebracht. Die Aktion „Arbeitsscheu Reich“ diente in erster Linie der Disziplinierung sogenannter „subproletarischen Gruppen“ und der Arbeitskräftebeschaffung. In einigen Fällen wurde die Aktion zudem als zweckmäßiger Vorwand zur Entfernung von solchen politisch missliebigen Personen aus dem öffentlichen Leben genutzt, die nicht dem Stigma des „Asozialen“ entsprachen.
Im Laufe der antisemitischen Juni-Aktion wurden vor allem in Berlin und Breslau über 1200 Juden verhaftet.
Literatur
- Wolfgang Ayaß: „Asoziale“ im Nationalsozialismus. Klett-Cotta, Stuttgart 1995, ISBN 3-608-91704-7
- Stefanie Schüler-Springorum: Masseneinweisungen in Konzentrationslager. Aktion „Arbeitsscheu Reich“, Novemberpogrom, Aktion „Gewitter“. In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. 6 Bde. Beck, München 2005–07, Bd. 1, S. 156–164
Weblinks
Kategorien:- NS-Zwangsarbeit
- 1938
- Klassismus
- Rassismus im Nationalsozialismus
- Roma
Wikimedia Foundation.