Fanatiker

Fanatiker

Als Fanatismus (von fr: fanatique oder lat. fanaticus; göttlich inspiriert) bezeichnet man

  • im engeren Sinn das Besessensein von einer Idee, Vorstellung oder Überzeugung („ein fanatischer Anhänger einer Ideologie oder einer Gruppierung“),
  • im weiteren Sinn eine besonders hohe emotionale Wertschätzung bestimmter Tätigkeiten, Interessengebiete (fanatischer „Motorrad-Freak“ oder „Fußball-Fan“) oder Objekte wie z. B. Sammelobjekte.

Fanatismus im engeren Sinn ist durch das unbedingte Fürwahrhalten der betreffenden Vorstellung und meistens durch Intoleranz gegenüber jeder abweichenden Meinung gekennzeichnet. Der Fanatiker will häufig andere von seinen Ansichten überzeugen („missionarischer Eifer“), lässt jedoch seinerseits keinerlei Zweifel an der Richtigkeit und dem besonderen Wert seiner Überzeugungen zu. Vielmehr verteidigt er sie vehement gegen jede Infragestellung und ist dabei einer vernünftigen, rationalen Argumentation nicht zugänglich. Die betreffende Vorstellung ist seinem kritischen Denken bzw. Reflexionsvermögen entzogen. Damit verbundene negative Konsequenzen für sich selbst oder andere werden als solche nicht erkannt bzw. anerkannt.

Erscheinungsformen von Überzeugungen, die häufig in fanatischer Weise vertreten werden, sind u. a. extremistische Ideologien (Extremismus), Rassismus, Fundamentalismus und religiöser Fanatismus.

Vom Begriff „Fanatiker“ leitet sich der Begriff „Fan“ ab, der aber ausschließlich im Sinne von „Enthusiast“ verwandt wird und keine ernsthafte politische, weltanschauliche oder religiöse Überzeugung meint, sondern überschwängliche Begeisterung für Sportler oder Popkünstler.

Inhaltsverzeichnis

Fanatismus und Bildung von Gruppierungen bzw. Massenbewegungen

In welchem Umfang extreme Geisteshaltungen bzw. Ideologien Anhänger finden, bzw. ob sie zu Massenbewegungen werden, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Besonders wesentlich sind in diesem Zusammenhang die wirtschaftliche und soziale Lage, aber auch die sozialpsychologische Situation der betreffenden sozialen Gruppen. In bestimmten historischen Situationen – in wirtschaftlichen Krisenzeiten, wenn Bevölkerungsgruppen sich unterdrückt bzw. nicht anerkannt fühlen oder ihre Lage als perspektivlos empfinden – sind Menschen besonders anfällig für extreme Ideologien, besonders, wenn diese von demagogisch begabten, charismatischen Führerpersönlichkeiten wie z. B. Adolf Hitler vertreten werden.

Beispiele für derartige Massenbewegungen sind der deutsche Nationalsozialismus, der italienische Faschismus und das Kreuzrittertum, aber auch Gruppierungen wie die jüdische Zelotenbewegung (Bar Kochba), die RAF und verschiedene radikale muslimische Gruppierungen (u. a. Al Qaida).

Es hat in nahezu jeder Geschichtsepoche Menschen gegeben, die von ihren Überzeugungen besessen waren, missionarischen Eifer entfalteten und gesellschaftliche, politische oder religiöse Bewegungen begründeten. Ob dies zu wünschenswerten Erneuerungen oder zu Fehlentwicklungen führt, hängt von den betreffenden Überzeugungen bzw. Glaubensinhalten ab. Auch bedeutende und einflussreiche Persönlichkeiten der Vergangenheit wie der amerikanische Revolutionär Paul Revere (Freiheitskämpfer) oder Päpste, die zu Kreuzzügen aufriefen, könnten in diesem Sinne als Fanatiker gelten.

Fanatismus aus psychologischer Perspektive

Aus psychologischer Perspektive gehört Fanatismus zu den Phänomenen, bei denen – auf der Basis bestimmter Konstellationen von Persönlichkeitseigenschaften – Teilaspekte des Lebens idealisiert, d. h. emotional übermäßig hoch bewertet werden (siehe z. B. auch Idol, Fetischismus oder Verhaltenssucht), was meistens zu Lasten einer ausgewogenen, realistischen Selbstregulation geht. Daraus kann sich eine erhebliche Einseitigkeit der Lebensführung ergeben und es kann nicht zuletzt zu Spannungen mit Partnern oder Bezugspersonen kommen, die sich vernachlässigt fühlen.

Fanatismus steht oft mit weiteren Persönlichkeitseigenschaften in Zusammenhang (siehe z. B. autoritärer Charakter). Die Intoleranz im Zusammenhang mit dem Objekt des Fanatismus führt u. a. häufig auch zu Humorlosigkeit und fehlender Selbstironie.

Siehe auch

Literatur

  • Peter Conzen: Fanatismus – Psychoanalyse eines unheimlichen Phänomens Kohlhammer, 2005, ISBN 3-17-017426-6
  • Günter Hole: Fanatismus - Der Drang zum Extrem und seine psychischen Wurzeln Psychosozial-Verlag, 2004, ISBN 3-89806-293-7

Weblinks


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