Aktive Latente Steuer

Aktive Latente Steuer

Latente Steuern sind bilanzierte Differenzen zwischen steuer- und handelsrechtlich ermitteltem (fiktivem) Steueraufwand, die sich in den Folgeperioden wieder ausgleichen. Diese Differenzen entstehen, wenn die nach steuerrechtlichen Vorschriften ermittelte Steuerzahlung eines Unternehmens von der aus dem Handelsbilanzgewinn resultierenden Steuerlast abweicht.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Unterschiede kommen durch die unterschiedliche Zwecksetzung von steuerlicher und handelsrechtlicher Gewinnermittlung zustande. Unternehmen in Deutschland haben eine Handelsbilanz nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs zu erstellen. Diese dient der Bemessung der Gewinnausschüttung und der Information externer und interner Adressaten (Geschäftsführung, Anteilseigner, Gläubiger, etc.). Aus der Handelsbilanz wird der steuerliche Gewinn durch eine steuerliche Nebenrechnung oder die Erstellung einer Steuerbilanz ermittelt.

Arten der Abweichung

Abweichungen kann es beispielsweise geben bei der Bewertung von Vermögensgegenständen (z. B. unterschiedliche Abschreibungsmethoden, va. aber auch Subventionen des deutschen Steuerrechts) oder beim Ansatz von Vermögensgegenständen (z. B. Aktivierungswahlrechte nach dem HGB).

Ein Ausgleich dieser Differenzen (latenten Steuern) in der Handelsbilanz ist erforderlich, um die in § 264 Abs. 2 HGB geforderte korrekte Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu gewährleisten (siehe auch Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung). Durch den Ansatz latenter Steuern werden zukünftige steuerliche Belastungen (passive latente Steuern) oder Entlastungen (aktive latente Steuern) in der Handelsbilanz abgebildet. Die tatsächlich zu zahlende Steuer wird allerdings ausschließlich anhand der steuerlichen Gewinnermittlung festgesetzt.

Die Differenzen zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz können temporär oder permanent sein. Von temporären Differenzen spricht man, wenn sich die Gewinndifferenz in den kommenden Perioden wieder ausgleichen wird. Das kann zum Beispiel bei unterschiedlichen Abschreibungsmethoden der Fall sein, bei denen sich die Abweichungen immer zu Null saldieren. Permanente Differenzen gleichen sich nicht im Zeitablauf aus. Sie entstehen durch Aufwand, der steuerrechtlich nicht abzugsfähig ist, aber in der Handelsbilanz berücksichtigt werden muss (zum Beispiel Strafzahlungen).

Bilanzierung

Der temporäre Anteil der Steuerdifferenzen ist Basis für die Berechnung der latenten Steuern. Da hier momentan das steuerliche Ergebnis vom handelsrechtlichen abweicht, korrespondiert die tatsächliche Steuerlast nicht mit dem Handelsbilanzergebnis. Deshalb werden auf die temporäre Differenz latente Steuern berechnet, indem die Differenz zwischen handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Wertansätzen mit dem Steuersatz multipliziert wird. Die so ermittelte zukünftige steuerliche Be- oder Entlastung wird dann in der Bilanz entweder als Rückstellung passiviert oder als Bilanzierungshilfe aktiviert. Dieser Posten wird dann in den Folgeperioden aufgelöst, bis sich die Gewinndifferenz ausgeglichen hat.

Zwischen temporären und permanenten Differenzen stehen quasi-permanente Differenzen. Diese entstehen zum Beispiel, wenn in der Handelsbilanz ein Grundstück außerplanmäßig abgeschrieben werden muss, in der Steuerbilanz jedoch der bisherige Wertansatz fortgeführt wird. Da es sich um nicht abnutzbares Anlagevermögen handelt, löst sich die Differenz erst durch den Verkauf des Grundstücks auf, der möglicherweise erst in ferner Zukunft erfolgt. Entscheidend für die Abgrenzung zu den temporären Differenzen ist, dass sich die Differenz nicht automatisch ausgleicht, sondern zusätzliche Handlungen (Verkauf des Grundstücks) erforderlich sind.

Bei Bilanzierung nach HGB dürfen nur temporäre Differenzen als latente Steuer erfasst werden (Timing-Konzept). Bei der Bilanzierung nach IAS/IFRS müssen auch quasi-permanente Differenzen erfasst werden (Temporary-Konzept). Außerdem müssen bei Anwendung der internationalen Bilanzierungsrichtlinien auch bei Neubewertung von Sachanlagen im Rahmen des "Allowed Alternative Treatment" latente Steuern gebildet werden. Da die Neubewertung erfolgsneutral über eine Neubewertungsrücklage erfolgt, die nach der Neubewertung höheren Abschreibungen jedoch erfolgswirksam verbucht werden, findet kein späterer Erfolgsausgleich statt. Es handelt sich um permanente Differenzen, die eigentlich keine latenten Steuern darstellen. Daher sieht IAS 12.61 vor, dass in diesem Fall ein Teil der Rücklagen (Eigenkapital) für latente Steuern reserviert wird. Der gesamte Vorgang ist erfolgsneutral. In Abweichung zum HGB unterliegen somit nach internationaler Rechnungslegung nicht nur Ergebnis-, sondern auch Eigenkapitalunterschiede dem Ausweis latenter Steuern. Latente Steuern sind daher nach internationaler Rechnungslegung von erheblich größerer Bedeutung als nach HGB. Dies wird insbesondere vor dem Hintergrund sinkender internationaler Steuersätze deutlich.

Aktive vs. passive latente Steuer

Man unterscheidet hierbei:

  • Aktive latente Steuer, § 274 Abs. 2 HGB:
    Wenn der Gewinn nach der Steuerbilanz höher als nach der Handelsbilanz ist, so ist die nach Steuerbilanz ermittelte Steuer zu hoch. Hierfür darf in der Handelsbilanz ein Rechnungsabgrenzungsposten (Bilanzierungshilfe) auf der Aktivseite gebildet werden (Wahlrecht). Wirtschaftlich entspricht dieser Posten einer Forderung gegenüber dem Finanzamt.
  • Passive latente Steuer, § 274 Abs. 1 HGB:
    Wenn der Gewinn nach der Steuerbilanz niedriger als nach der Handelsbilanz ist, so ist die gemäß der Steuerbilanz ermittelte Steuer zu niedrig. Hierfür ist in der Handelsbilanz eine Rückstellung zu bilden (Pflicht). Wirtschaftlich handelt es sich um eine Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt.

Bei Bilanzierung nach IAS/IFRS ist sowohl die Passivierung als auch die Aktivierung latenter Steuern, die durch zeitliche oder quasi-permanente Differenzen entstehen, Pflicht (IAS 12).

Beispiel

Ein Wertpapier ist für Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung mit 90.000 € anzusetzen. Der Wert nach IAS/IFRS beträgt 120.000 €. Die Differenz von 30.000 € ist in Höhe von 20.000 € auf eine erfolgsneutrale Zuschreibung über die Neubewertungsrücklage in der IAS/IFRS-Bilanz zurückzuführen. Der erwartete zukünftige Steuersatz des Unternehmens beträgt 30%. Da der Bilanzansatz nach IAS/IFRS höher als der steuerliche Wert ist, muss eine passive latente Steuerschuld bilanziert werden. Diese beträgt insgesamt 30 % x 30.000 € = 9.000 €. Davon sind 30 % x 10.000 € = 3.000 € erfolgswirksam über die GuV zu erfassen, da die Bewertungsdifferenz nur in dieser Höhe erfolgswirksam gebildet wurde. Der Rest ist erfolgsneutral über das Eigenkapital zu buchen.

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